'Das dunkle Netz der Lügen' - Kapitel 14 - Ende

  • Soeben habe ich das Buch zugeklappt und wie immer schiessen mir tausend Gedanken durch den Kopf.


    Es war also doch Ferdinand Weigel der Elise von Sannberg getötet hat. Als sich das Ende des Buches immer mehr näherte, aber der Hauptschauplatz des Geschehens immer in den Gängen unter Ruhrort lag, habe ich mir gedacht das wahrscheinlich Ferdinand der Täter ist, ganz einfach mangels Anzahl Seiten die für eine kompliziertere Auflösung benötigt würden. Dann ist er also tatsächlich Nachts von Moers nach Ruhrort gereist, hat Elise getötet und ist dann nach Moers zurückgereist.


    Das Robert getötet worden ist habe ich keine Sekunde lang geglaubt. Das hätte so gar nicht zum Stil des Buches und auch zu Silvia Kaffke gepasst. :grin Niemals hätte Silvia es übers Herz gebracht Robert sterben zu lassen... :nono


    Bei einer anderen Leserunde habe ich gelesen wie eine andere Eule den Ausdruck "am Schluss wurden alle Handlungsfäden sauber vernäht" gebraucht hat. Diese Redewendung passt vortrefflich zu allen Geschichten und Personen die im Roman vorkommen. Das Schicksal bzw. die Zukunft aller Personen wurde am Schluss tadellos aufgeklärt und beschrieben. Selbst das kleine Geschichtchen mit dem Kästchen und dem gepflegten Grab der verrückten Kätt wurde aufgelöst. Meine Kompliment an dieser Stelle an Silvia Kaffke.


    So kurz nach Beendigung des Buches würde ich sagen das vom Handlungsgerüst und der Struktur her ein deutlicher Fortschritt zum ersten Roman feststellbar ist. Alle Geschichten sind bis zum Schluss spannend und die Story als ganzes vermochte mich die ganzen 500 Seiten zu überzeugen. Keine Längen oder Passagen die ich als eher langweilig oder sogar überflüssig bezeichnen würde. Die Handlung wird stets vorangetrieben und es entsteht ein sehr flüssiger und harmonischer Lesefluss.


    Nun überlasse ich als "kopflastige" männliche Eule den Platz den Eulendamen und schaue wie sie das Ende des Romans erlebt haben.

  • Zitat

    Original von sapperlot


    Das Robert getötet worden ist habe ich keine Sekunde lang geglaubt. Das hätte so gar nicht zum Stil des Buches und auch zu Silvia Kaffke gepasst. :grin Niemals hätte Silvia es übers Herz gebracht Robert sterben zu lassen... :nono


    .


    Tja, in Wahrheit hat mir meine Lektorin verboten, Robert sterben zu lassen... Den Sehrei durchs Telefon hättet ihr mal hören sollen, als ich die Absicht äußerte! :lache


    LG Silvia

  • Zitat

    Original von SilviaKaffke


    Tja, in Wahrheit hat mir meine Lektorin verboten, Robert sterben zu lassen... Den Sehrei durchs Telefon hättet ihr mal hören sollen, als ich die Absicht äußerte! :lache


    LG Silvia


    Ich korrigiere meinen obenstehenden Beitrag wie folgt: Das Robert getötet worden ist habe ich keine Sekunde lang geglaubt. Das hätte nicht zum Stil des Buches gepasst obwohl ich es der Autorin Silvia Kaffke durchaus zutraue den sympathischen Robert einfach so und unheldenhaft in den unterirdischen Gängen Ruhrorts sterben zu lassen. :chen


    *duckundweg* :schnellweg

  • Hm, für mich wäre es auch durchaus okay gewesen, wenn er gestorben wäre. Denn zwei Schüsse zu überleben, die aus nächster Nähe abgegeben wurden, erscheint mir recht unglaubwürdig. Mitte des 19. Jahrhunderts eine Kugel aus der Brust eines Mannes zu operieren, ohne dass er an der OP oder an den Folgen stirbt, grenzt ja schon an ein Wunder.


    Dass Ferdinand der Mörder von Elise war, war ja eigentlich klar. Der Baron kam für mich keinen Moment in Frage.


    Der Schluss macht mir ein paar Probleme.
    1. Robert folgt Zita ohne ihre Worte groß zu hinterfragen in die unterirdischen Gänge mit nur 2 Polizisten an seiner Seite und unbewaffnet? So unbesonnen ist er nicht. Da hätte er auf Verstärkung gewartet.
    2. Wie praktisch. Rose findet einen Brief und schon ist der Mord an Elise geklärt. Das ging mir zu einfach und zu simpel.
    3. Zita kommt praktisch unbestraft davon. Sie darf einfach so mit Hermann auswandern, ohne dass sie gerichtlich belangt wird? Gefällt mir nicht.
    4. Ich bezweifle sehr stark, dass der gewalttätige Kesseler die kleine Resi so lange mit sich herumgeschleppt hätte. Ich könnte mir eher vorstellen, dass er das Kind tötet, weil es ihm lästig ist und Zita nur vorlügt, sie sei noch am Leben.
    5. Mina bekommt nur 2 Jahre Gefängnis, obwohl sie Robert beinahe getötet hat? Das erscheint mir ein viel zu mildes Urteil ziu sein.


    Insgesamt ein sehr unterhaltsames Buch mit vielen interessanten Detalis über die Lebensumstände im Ruhrgebiet Mitte des 19. Jh. Die bereits im 1. Band liebgewonnenen Figuren enttäuschen auch diesmal nicht, ihre Geschichte wird spannend fortgeführt. Einzig der Schluss hat mich ein wenig enttäuscht. Zwar lösen sich alle Handlungsfäden auf und ich konnte mich entspannt zurücklehnen, weil sich auf alles eine Antwort findet, aber trotzdem, einiges daran hat mir nicht so recht gefallen.

  • Guten Abend JaneDoe


    Betreffend Deinen "Problemen" erlaube ich mir kurz meine Senf dazuzugeben.


    1. Da hast Du grösstenteils recht. Beim "Roten Licht..." hatte die Polizei ja Hilfe von ein paar kräftigen Schiffern die für von Sannberg arbeiteten. Hier konnte er diese Hilfe in der Kürze der Zeit nicht auftreiben. Allerdings verfügt Robert über ziemlich grosses Beziehungsnetz in der Stadt und ich schätze es wäre durchaus Möglich gewesen in kurzer Zeit ein paar kräftige Männer zu finden und mitzunehmen.


    2. Für mich ist eigentlich ziemlich klar das nur ein Zufallsfund von einem entlastenden Indiz Cornelius helfen konnte. Ferdinand hätte nie im Leben ein Geständnis abgelegt. Die andere Lösung wäre gewesen das plötzlich ein Zeuge der Tat auftaucht. Da finde ich das entlastende Indiz mit dem Brief besser.


    3. Zita hätte eine Strafe verdient da hast Du recht. Zwar keine allzugrosse aber ein Strafe hätte sein müssen.


    4. Das ging mir auch kurz durch den Kopf. Kellerer und ein schreiendes Kind? Allerdings ist es nie gut ein Druckmittel zu früh aus den Händen zu geben. Deshalb doch irgendwie recht plausibel.


    5. Da hast Du meine ungeteilte Zustimmung.


    Liebe Grüsse
    sapperlot

  • :yikes


    Na, ich war auch entsetzt als Robert angeschossen wurde. Ein "Neeeiinnn" entfuhr mir und ich hatte auch kurz den Gedanken - wie soll er das überleben. Im Buch wurde ja Äther für die Betäubung und Bleiche erwähnt um die Sterilität zu wahren, aber Operationen von früher und die in heutiger Zeit - da liegen Welten zwischen.
    Robert hat Glück gehabt und ich bin so froh drum :-]


    Bis 0.30 Uhr habe ich das Buch zu Ende gelesen - obwohl ich heute früh zur Arbeit musste. Aber ich konnte nicht abwarten und freue mich irgendwann auf ein neues Abenteuer von Lina und Robert und die ganze Sippschaft.


    Würde mich auch interessieren was mit Mina passiert - im Frauenknast...

  • Dann will ich hier auch mal meinen Senf abgeben :schleck
    Bin ja schon seit Samstag Nachmittag fertig, meine Migräne gestern hat mich aber handlungsunfähig gemacht .... und Notizen habe ich mir im letzten Abschnitt leider auch keine mehr gemacht :-(



    Punkt 1: Robert hatte nicht genügend Zeit um Verstärkung zu holen. Zita hatte ja auch Angst um Ihre Tochter und das sie zu spät kommen würden. Sie hat ja zur Eile getrieben ..... Vor lauter Aufregung hatte sie sich dann auch verlaufen. Sie wollten die Greiferbande nicht entkommen lassen.
    Aber - voher hatten die denn die amerikanischen Pistolen her? :gruebel


    Punkt 2: da gebe ich sapperlot Recht. Diese Lösung fand ich auch am idealsten. Ferdinand hätte nie im Leben die Tat zugegeben. Wie wäre er denn da gestanden???


    Punkt 3: das Zita ungestraft auswandern darf hat mir auch nicht so Recht gefallen. Immerhin sind durch ihre Lügen sehr viel Leid passiert.


    Punkt 4: das Kind war das Druckmittel gegen Zita. Kellerer hat sich ja nicht darum kümmern müssen. Das war doch sonst bei der Pepi im Zimmer.


    Punkt 5: Mina bekommt 2 Jahre Frauengefängnis. Der hätte ich doch lebenslänglich gegönnt.


    Schade fand ich, dass Uli nicht überlebt hat :cry Ich hätte ihm die Auswanderung nach Amerika so sehr gegönnt!!!


    Ich hätte mit dem Tod von Robert auch keine Probleme gehabt. Klar war ich auch im ersten Moment auch geschockt und habe "OH NEIN" geschrien. Aber ich hätte den Tod Roberts akzeptiert. Wenn diesen Schluss die Lektorin verboten hat, dann hätte ich nur den Beinschuß erwähnt, aber einen Brustschuss in der damaligen Zeit zu überleben (ohne Antibiotika, etc) halte ich für unmöglich :wow
    Kramer und Schröder haben es ja auch nicht überlebt ...... ;-(


    Wer hat eigentich Kellerer erschossen? War das Zita weil sie im Weg stand oder Dietrich? :gruebel


    Klasse fand ich am Schluss zu erfahren, wer der frühere Liebhaber der verrückten Kätt war, der ihr immer frische Blumen aufs Grab gelegt hat. Und auch schön zu lesen, dass Robert das auch aufgefallen ist. DLina und Robert haben sich einfach perfekt verstanden.


    Mir hat der 2. Teil wieder sehr viel Spaß gemacht zu lesen und ich bedanke mich bei Silvia Kaffke für die Leserundenbegleitung und für die Beantwortung der Fragen :knuddel1
    Gibt es schon Pläne für weitere Buchprojekte?

    to handle yourself, use your head, to handle others, use your heart
    SUB 15
    _______________________________________________________
    :kuh:lesend

  • Zitat

    Original von bonomania
    Schade fand ich, dass Uli nicht überlebt hat :cry Ich hätte ihm die Auswanderung nach Amerika so sehr gegönnt!!!


    Ich nicht. Der Mann hat doch jahrelang die Drecksarbeit für Kellerer gemacht und auch für ihn getötet. Da hätte ich ihm kein Leben in Freiheit gegönnt. Nene, das war schon völlig in Ordnung, dass er nicht überlebt hat. Um die beiden Polizisten Schröder und Kramer, die so sinnlos gestorben sind, hat es mir da mehr leid getan.

  • Hmm ... ich muß gestehen, als Robert angeschossen wurde, ist mir nicht mal der allerkleinste Seufzer über die Lippen gekommen. Im Gegenteil, auch als alle dachten er wäre tot, war mir völlig klar, daß er dies nicht ist. Allein schon aus dem Grund, daß man den Protagonisten einer Serie nicht im 2. Teil sterben läßt. Deshalb hätte der Brustschuß absolut nicht sein müssen, ich empfand das eher wie Effekthascherei ohne Effekt und wäre von einer kleinen Schußwunde überzeugter gewesen. Oder Robert hätte tatsächlich sterben sollen. Das hätte für mich dann wenigstens einen Überraschungseffekt.


    JaneDoes Punkte kann ich im Großen und Ganzen recht gut nachvollziehen.


    1. Zeitmangel hin oder her, Robert wurde im Buch als sehr vernünftig dargestellt, der nicht zu unüberlegten Handlungen neigt. Hier aber folgt er Zita sofort ohne auch nur anzuzweifeln, daß Zita die Wahrheit sagt. Das passte meiner Meinung nach einfach nicht zu seinem Charakter.


    2. Als Rose den Brief fand, empfand ich das auch etwas zu viel des Guten. Wenn ich mal so ehrlich sein darf, Silvia, kam mir spontan der Gedanke, daß du entweder unter Zeitdruck gestanden hast oder daß dir da einfach die Ideen ausgegangen sind.


    3. Das Zita ungestraft davonkam, fand ich nicht ganz so schlimm. Schließlich war sie "nur" eine Helfershelferin und hatte weder mit den Einbrüchen, noch noch mit dem Mord etwas zu tun. Von daher hat sie sich meines Erachtens nicht wirklich strafbar gemacht.


    4. Darüber habe ich mich während des lesens eigentlich gar keine Gedanken gemacht, fiel mir also nicht unbedingt negativ auf.


    5. Yep, für einen versuchten Mord nur 2 Jahre ..... definitv zu wenig.


    Auch wenn sich die Kritikpunkte hier erst einmal nach viel anhören ..... es sind für mich eigentlich nur kleinere Details, die mir keine Sekunde den Spaß am lesen genommen haben.

  • Zitat

    Original von bonomania
    sind durch ihre Lügen sehr viel Leid passiert.
    Schade fand ich, dass Uli nicht überlebt hat :cry Ich hätte ihm die Auswanderung nach Amerika so sehr gegönnt!!!


    Das fand ich auch schade, ich hätte ihm ebenfalls ein ( wahrscheinlich ) besseres Leben gegönnt, er hat sich ja doch gewandelt. Und die Art, wie er sterben musste, war einfach nur grausam. :cry


    Dass Robert tot ist habe ich auch keine Sekunde geglaubt. Wir wahrscheinlich es war, diese zwei Schüsse zu überleben, kann ich nicht beurteilen.


    Zita kam mir auch fast ein bisschen zu gut weg - klar, sie hatte Angst um ihr Kind und war deshalb bereit, alle anderen zu verraten und zu verkaufen. Aber trotzdem bleibt da irgendwie ein schaler Geschmack.....


    Mir war auch klar, dass Ferdinand der Täter sein muss. Mit der Entdeckung des Briefes kann ich gut leben. :-)


    Mina - was für eine unglaublich herzlose Frau sie doch ist. Ihr wünsche ich wirklich nichts Gutes.


    Für Hermann freue ich mich dagegen sehr, sieht aus, als würde seine Zukunft positiv verlaufen.


    Lina und Robert: Ja, es stimmt, die beiden sind sehr gut und durchweg positiv dargestellt. Aber mich stört das eigentlich nicht. Warum sollten sie jetzt z.B. plötzlich ungerecht sein oder sonstwie negativ dargestellt werden, wenn es einfach nicht ihrer Art entspricht?
    Sicher, mal ein Streit oder eine sonstige Differenz im harmonischen Eheleben wäre vielleicht etwas realistischer - muss aber mMn nicht unbedingt sein. Sollen die beiden doch glücklich miteinander sein. ;-)


    Insgesamt ein tolles Buch, es liest sich sehr leicht und man möchte am liebsten am Stück dranbleiben. :-)

  • Zitat

    Original von bonomania
    sind durch ihre Lügen sehr viel Leid passiert.
    Schade fand ich, dass Uli nicht überlebt hat :cry Ich hätte ihm die Auswanderung nach Amerika so sehr gegönnt!!!


    Zitat

    Original von Rosenstolz
    Das fand ich auch schade, ich hätte ihm ebenfalls ein ( wahrscheinlich ) besseres Leben gegönnt, er hat sich ja doch gewandelt. Und die Art, wie er sterben musste, war einfach nur grausam. :cry


    Genau das meinte ich damit.... Du verstehst mich :knuddel1 Uli blieb ja gar keine andere Wahl, als mit den Wölfen zu heulen. Daher hätte ich ihm ein Leben in Amerika gegönnt!

    to handle yourself, use your head, to handle others, use your heart
    SUB 15
    _______________________________________________________
    :kuh:lesend

  • Und ich dachte kurz, dass Robert stirbt. Aber wie jemand hier schrieb - das hätte nicht zum Buch gepasst. Wie schön, dass es trotzdem noch so gut ausgegangen ist.


    Auch Cornelius ist unschuldig, da habe ich ja nie dran gezweifelt ;-)
    Dass es nur Ferdinand sein konnte, war doch klar. Aber warum ist der Brief erst so spät aufgetaucht - damit hätte man uns viel Kummer erspart ;-)


    Mina ist endlich mal verurteilt worden. Das muss ein Schock für Lina sein, dass Mina schon wieder ihre Hände im Spiel hatte.


    Danke, Silvia für das tolle Lesevergnügen. Du hast mir mit dem Buch ein tolles Wochenende beschert.


    Jetzt kann ich nur hoffen, dass der Verlag einem dritten Teil zustimmt.

  • Zunächst vielen Dank für euer aufmerksames und kritisches Lesen. Ich weiß, ein paar von euch lesen vielleicht noch, aber ich möchte doch schon auf ein paar Punkte eingehen.
    Da wäre zunächst der Mord an Elise. Manche von euch sind da herangegangen wie halt die versierten Krimileser an einen "Papierfall" herangehen. Die Geschichte interessiert weniger, man geht nach den Leseerfahrungen vor: "Wer scheint am wenigsten verdächtig?" zum Beispiel. Wenn das "Dunkle Netz" ein klassischer Whodonit wäre, dann wäre die Lösung über den Brief tatsächlich enttäuschend. Aber es ist kein Whodonit und der Mord an Elise ist eine kleine falsche Spur, ein "Red Herring", nicht mehr.
    Andere gingen nach Sympathie und trauten Cornelius den Mord nicht zu. Ich habe auch ernsthaft überlegt, ob ich wenigstens ihn opfern sollte. In meiner Konzeption war er lange tatsächlich der Mörder und ich habe mich auch von meiner Sympathie hinreißen lassen. Möglicherweise wäre die andere Lösung besser gewesen.


    Warum folgt Robert Zita in die Gänge? Er tut es unter Zeitmangel, aber nicht unüberlegt. Er nutzt die knappe Zeit, um sehr schnell die Bande zu fassen, vom Wasser her, dazu ist einiges zu organisieren (Zita sagt ihm ja, dass die Bande die Stadt verlässt). Zita tut das, worauf er lange gewartet hat: sie führt ihn zu der Bande und er will ihnen endlich das Handwerk legen. Und weder er noch seine Polizeidiener sind unbewaffnet, alle Polizisten trugen damals einen Säbel, er gehörte zur Uniform. Wir müssen uns vom Bild des Polizisten, der mit gezückter Schusswaffe in ein verdächtiges Haus geht, freimachen. Und damals wie heute ist es nicht ungewöhnlich, wenn die Verbrecher besser ausgerüstet sind.


    Einer der Hauptkritikpunkte, nicht nur von einigen von euch, sondern auch von anderen Kritikern: Lina und Robert seien zu glatt, zu gut, alles sei zu kuschelig. Das ist ein Grundproblem bei Fortsetzungen, nachdem sich die Helden gefunden haben. Sie geben eigentlich nicht mehr viel her. Sie sind ein altes Ehepaar. Natürlich hätte ich sie mit Konflikten überfrachten können - die Kinderlosigkeit, Robert und Lina im Machtkampf, wer die Hosen an hat, Lina nimmt Robert die Verhaftung von Cornelius übel (was sie ja tatsächlich tut), Robert ist eifersüchtig auf Cornelius, weil der immer noch etwas von Lina will usw. Aber so sind die beiden nicht. Sie haben sich als reife Erwachsene gefunden und nehmen einander, wie sie sind, wobei Robert sicher das größere Päckchen zu tragen hat, wenn man bedenkt, was z.B. Simon zum Thema Hosen zu sagen hat.
    Sie behandeln ihr Hauspersonal gut - das hat Lina schon immer getan und mehr noch jetzt, denn das ist praktisch ihre Familie. Die preussische Gesindeordnung, die ja auch beim städtischen Hauspersonal und nicht nur auf den ostelbischen Gütern griff, machte das Personal zu wenn auch (schlecht) bezahlten Leibeigenen. Dass Lina in allen, einschließlich der dicken Martha oder Kätt den Menschen sieht, ist einer ihrer grundlegendsten Charakterzüge. Den hatte sie schon im "Roten Licht", nur da hat sie selbst mehr gelitten.
    Außerdem bin ich sicher, wenn ich böse Konflikte hineingeschrieben hätte oder Robert und Lina mehr getan hätten, als Kompetenzen zu überschreiten oder Simon hinauszuwerfen, hätte das sicher auch Leserprotest hervorgerufen. Eine Hauptfigur darf nur in einem gewissen Maße beschädigt werden.
    Aber - es stimmt schon, es ist natürlich ein wenig langweilig. Und deshalb sind in diesem Buch Robert und Lina etwas in den Hintergrund gerückt und mit Hermann und vor allem Zita zwei Figuren anderen Kalibers hinzugekommen.


    Im Falle von Minas Bestrafung kann man davon ausgehen, dass sie nicht für den versuchten Mord verurteilt wurde. Wie hätte die Familie Kaufmeister und vor allem ihre Söhne damit gelebt? 2 Jahre Zuchthaus (viel schlimmer als Gefängnis!) sind schon schwer genug für die Familienehre. Und dummerweise sind es auch noch Protestanten, sie können sie nicht einmal ins Kloster stecken, hinterher :-).


    Übrigens noch ein Nachtrag zum Thema Robert umbringen: wenn ich gedurft hätte, wäre er nicht zum Showdown, sondern viel eher im Buch ums Leben gekommen. Lina als leidgeprüfte und auch rachedurstige Witwe wäre sicher auch spannend gewesen. Aber diese Variante habe ich nie wirklich durchgespielt.


    Ich bin gespannt auf die weiteren Kommentare und die Rezis...


    Nochmals vielen Dank!


    Liebe Grüße


    Silvia


    P.S. @ Bonomania: Hermann hat Kellerer erschossen.

  • Vielen Dank an Silvia für diese interessanten Ausführungen. Was Du schreibst klingt für mich soweit logisch und macht Sinn. Dank diesem Forum dürfen wir Eulen immer wieder an den Gedankengängen der Autoren teilhaben und können etwas "hinter die Kulissen" schauen. Manchmal dürfen Schriftsteller/innen auch nicht immer ihre Vorstellungen und Ideen umsetzen weil da ein Verlag ist der auch eine Meinung hat und diese durchsetzen will.


    Eventuell werde ich mich heute Abend, wenn ich von meinem Termin wieder zurück bin, oder morgen nochmals zu gewissen Gedankengängen äussern. :wave


  • Liebe Silvia,
    vielen lieben Dank für Dein ausführliches Statement und für Deine Mitteilung, wer Kellerer erschossen hat :knuddel1


    sapperlot: über Deine Überlegungen Dich zu gewissen Gedankengängen zu äußern würde ich mich sehr freuen :wave

    to handle yourself, use your head, to handle others, use your heart
    SUB 15
    _______________________________________________________
    :kuh:lesend

  • Also dann will ich etwas zu Silvia Kaffkes Ausführungen schreiben. Nach meinen bescheidenen Leseerfahrungen unterscheiden sich Historische Kriminalromane von "Standart" Krimis/Thrillern. Bei den einen sind ambivalente Figuren und die Ambiance die die Geschichte ausstrahlt eher nebensächlich, Schockmomente und eine rasant fortschreitende Handlung mit sehr kurzen Kapiteln sind wichtig. Bei Historischen Kriminalromanen ist das "Drumherum" um Personen und Handlungsort sehr zentral und unverzichtbar, zumindest für mich. Einen klassischen "Who done it" Krimi haben wir hier nicht, da muss ich Silvia vollkommen recht geben. Als solcher war er aber offensichtlich auch nicht ausgelegt und gedacht. Als Verdächtige für den Mord an Elise haben wir bloss Cornelius und Ferdinand, zuwenige Personen zum wirklich rätseln wer der Täter sein könnte. Wer die Näherin Anna ermordert hat und weshalb war ja schon früh bekannt, also auch hier nix mir rätseln. Wahrscheinlich muss man einen Historischen Kriminalroman tatsächlich anders angehen als einen klassischen "Who done it" Krimi/Thriller.


    Bei diesem Buch hier machen die Aura und das Flair von Ruhrort und der vorherrschende Zeitgeist der Industrialisierung richtig viel Laune. Die längeren Kapitel, die Silvia die Möglichkeit geben alles in Ruhe zu schildern, tragen ihren Teil dazu bei. Silvia möge mir verzeihen, aber ich empfand es insgesamt als eher ruhigen und kuschligen Krimi der aber über viel Atmosphäre und Ausstrahlung verfügt. So wie es geschrieben ist, konnte ich als Leser gar nicht anders als etliche Hauptfiguren zu mögen, auch die von mir als zu anständig und zu glatt kritisierten Lina und Robert konnte ich sehr gut leiden. So ergibt sich mir ein Gesamtbild des Romans zu dem es so ganz und gar nicht gepasst hätte wenn Robert gestorben oder Cornelius der Mörder von Elise gewesen wäre. Es wäre ein kompletter Stilbruch gewesen der mich mehr gestört hätte als das ich ihn als überraschende Bereicherung empfunden hätte.


    Mit den Erklärungen zum Punkt "Hauptfiguren beschädigen" und zur Strafe von Mina kann ich leben und finde sie schlüssig und logisch.


    Hermann und Zita sind als starke Persönlichkeiten bei mir angekommen und nehmen Lina und Robert die Last, die gesamte Handlung auf ihrem Schultern zu tragen, ab. Sollte es tatsächlich einen 3. Band geben könnten Lina und Robert langsam in den Hintergrund treten und Zita und Hermann könnten die Hauptpersonen werden. Aber leider sind sie ja ausgewandert...


    Silvia Weshalb wurde Zita nicht bestraft? Klar, sie war in einer Notlage/Zwickmühle und wurde mittels Erpressung zu ihren Taten gezwungen. Aber so eine kleine Strafe wäre durchaus angemessen gewesen.

  • Ich habe heute den Krimi ausgelesen und war von der Auflösung nicht sonderlich überrascht. Das tut der Unterhaltung aber keinen Abbruch. Auch dieses mal habe ich den eher ruhigen Verlauf sehr genossen und konnte in das historische Geschehen eintauchen. Auch wenn die Täter schon früh definiert waren, war es doch interessant, den Verlauf zu lesen. Allerdings hätte es für Robert meines Erachtens etwas weniger dramatisch sein können.


    Die Bestrafungen habe ich einfach mal so hingenommen. Eine Begründung, warum Mina nur zwei Jahre Gefängnis bekam und andere lebenslänglich, hat die Story auch nicht gebraucht. Schade finde ich es, dass wohl Hermann nun in einem eventuellen dritten Band keine so große Rolle mehr spielt, wo er doch nun auswandert. Aber Zeiten können sich ändern und er kommt ja vielleicht zurück.


    Silvia
    Vielen Dank, dass du diese Leserunde begleitet hast und einige Hintergründe verdeutlichen konntest. Mir hat das Lesen sehr viel Spaß gemacht und ich drücke die Daumen für Band 3.

  • Das Buch ist beendet, die Täter sind gefasst und alles ist doch gut ausgegangen, oder?


    Auch ich habe nicht im Traum daran gedacht, das Robert einfach da unten in den Kellergängen erschossen wird. Das hätte nicht gepasst. Ansonsten hätte ich mit seinem Tod gut leben können, aber etwas spektakulärer hätte es sein können... :grin


    Die Aufklärung des Mordes an Elise mithilfe eines gefundenen Briefes fand ich durchaus plausibel. Nur durch Zufall ist der Mord aufgeklärt worden und der richtige Täter kam hinter Gittern.


    Für Hermann und Zita freue ich mich, dass er ihr verzeihen konnte und die beiden gemeinsam ein neues Leben anfangen. Für Weingart fand ich es schade; auch er hätte es durchaus verdient, da er sich ja geändert hat. Jeder verdient eine zweite Chance, aber nicht jede Person darf am Ende überleben! Das finde ich aber durchaus auch in Ordnung.


    Ich danke Silvia Kaffke für das tolle Buch und eine schöne Leserunde - auch wenn sich bei mir alles etwas in die Länge gezogen hat. Ich werde mir auf jeden Fall den ersten Teil noch besorgen und dann sehe ich bestimmt noch klarer... :grin