Berlin Werwolf - Rainer Stenzenberger

  • Zum Autor


    Rainer Stenzenberger kommt ursprünglich aus dem Reich der Wirtschaft & Politik. Mitte der 90er Jahre begründete er als Autor und Regisseur die erste deutsche Daily Soap im Internet, die "Kleine Welt". Danach verfasste er Drehbücher und Werbetexte, bis er sich 2005 selbstständig machte. In diesem Jahr gewann er beim Writing Tournament des Scriptforum Berlin mit "Über den Wolken" den Ersten Preis für die beste Dialogszene. Ende 2010 erschien mit "Berlin Werwolf" sein Debütroman - der Beginn einer Reihe mit dem lässigen Kreuzberger Helden Gerolf von Sarnau.


    Kurzbeschreibung


    REFLEXE AUF MAXIMUM – GEHIRN AUF RESERVE. Eine Serie ungewöhnlicher Morde erschüttert Berlin und beschäftigt jeden verfügbaren Mann der Polizei. Vier Freunde nutzen die Situation und planen einen Raubüberfall auf den berüchtigten Kreuzberger Wettpaten Yildiray. Gerolf von Sarnau ist einer von ihnen. Doch er trägt ein Geheimnis, das sich bei Vollmond offenbart. Besser, du flüchtest dann. Sofort. Rasant, lässig, metropol - das ist Berlin Werwolf.


    Meine Meinung zum Buch



    Berlin erschüttern seltsame Morde. Die Polizei ist mit allen verfügbarem Personal an den Aufklärungen beteiligt. Aber sie kommen auf keine sinnvolle Spur.


    Ein Quartett von Anti-Helden lebt im Berliner Bezirk Kreuzberg vor sich hin. In den Tag hinein und immer irgendwie am Limit. Gerolf von Sernau, ein harter Kerl, intelligent und gut aussehend, der ein Geheimnis mit sich rum trägt, von dem er niemanden erzählen kann. Nur seinem besten Freund Pierre. Der wiederum ist die personifizierte Berliner Antwort auf den großen Lebowski. Josh, der Pfälzer Komiker, dessen Mundwerk kaum still stehen kann und Matte, der mal in Musikerkreisen ein minder erfolgreiches Zuhause hatte und nun doch mehr dem Alkohol zugetan ist.


    Gero ist ein Werwolf. Nachts wachsen ihm bei Vollmond Haare auf dem Rücken und Krallen an den Händen. Wenn Pierre es nicht schafft ihn aufzuhalten, durchstreift er Berlin und treibt sein Unwesen. Aber wer rechnet schon damit? Die Polizei schon gar nicht. Bis eines Tages ein Vampierjäger engagiert wird.


    Aber ansonsten lebt er ein ziemlich normales Leben. Eben für Kreuzberger Verhältnisse. Und als alle Freunde mal wieder abgebrannt sind, Gero sowieso auf die türkische Familie seiner Angebeteten sauer ist, weil sie nicht mit ihm zusammen sein darf, planen sie den berüchtigten Wettpaten Yildiray zu überfallen.



    Eine moderne und rasante Story im Berliner Kietz-Milljöh. :grin Frech, nicht immer politisch korrekt, humorvoll und leidenschaftlich. Mit viel Liebe zum Detail werden hier Charaktere und ihr buntes Leben gezeichnet.
    Ich war mir nicht sicher, ob man das Buch lieber bei Krimis oder doch in den Bereich Fantasy einordenen soll. In beide passt er ausgezeichnet.


    Ich glaube, wer ein Fan vom Tom-Liehr-Stil ist, der könnte auch an diesem Buch gefallen finden. ;-)


    Edit: Autorenname im Threadtitel ergänzt. LG JaneDoe

    _______________________
    Grüßle, Heaven


    Auch aus Steinen, die einem in den Weg gelegt werden, kann man Schönes bauen. (Goethe) ;-)

  • Mit Büchereule.de kommt man bekanntlich zu vielen Büchern. Man kommt darüberhinaus auch zu Büchern, auf die man sonst nie gekommen wäre, obwohl es sie gibt.
    Zuweilen aber kommt man sogar an Bücher, bei denen man völlig verdrängt hat, daß es sie auch gibt.
    Wie 'Berlin Werwolf'.


    In Zeiten, in denen Urban Legends grassieren, fragt man sich, warum Berlin eigentlich noch keinen hauseigenen Werwolf hatte. Man muß halt draufkommen. Nun ist er da, und er trägt den Wolf sogar im Namen, Gerolf, der Speerwolf.
    Nomen est omen.


    Der Gute, bei Vollmond eher Ungute, turnt im Kreuzberger Kiez herum, zusammen mit drei Freunden, im Alter zwischen dreißig und vierzig. Von Beruf sind sie irgendetwas zwischen dauer-cool und pleite, ihre Drogen sind Alkohol, Zigaretten und Frauen. Und Geld.
    Da es daran viel zu oft mangelt, beschließen sie, den großen Coup anzugehen. Am besten im eigenen Kiez. Und so machen sie sich daran, im heimischen Revier zu wildern. Es geht natürlich schief, wobei Geros Probleme mit den Auswirkungen stärkeren Mondlichts ihr Teil beitragen. Und natürlich ist ihm auch noch ein Vatikan-eigener Werwolfjäger auf den behaarten Fersen.


    Die Liebe kommt auch nicht zu kurz, neben vielen schönen Frauen, auf deren Tischen/Küchenzeilen und in deren Betten unser Wolf seine Gymnastikübungen absolviert, gibt es auch eine romantische Beziehung zur wahren Schönen.


    Nichts an der Geschichte ist neu, gar nichts. Tatsächlich kann man beim Lesen kaum glauben, daß eben dieser Handlunsgablauf unverändert in Köpfen herumgeistert. Der Umstand läßt eine wirklich staunen.


    Trotzdem entwickelt die Story einen eigenen Charme. Das hat verschiedene Gründe. Das erste, was beim Lesen auffällt, ist, wie weit enfernt alles vom Alltag der Jahre des ersten Jahrzehnts des neuen Jahrtausends ist. Die Personen rauchen Camel und Gauloises, lassen Zippos flippen - man hört das charakteristische Geräusch förmlich - essen Pizza und Curry-Wurst, trinken Bier und Jim Beam, und in einer Wohnung steht ein Fernseher auf umgedrehten Mineralwasserkästen.


    Trotz der häufigen Bezugnahme auf den Coen-Film 'The Big Lebowski' kommt kein 90er-Jahre-Flair auf, ehrlich gesagt, nicht einmal ein 80er-Jahre-Flair. Selbst den Mustang, den unser Protagonist voll fährt, mutiert unter diesem Aspekt zu einem 70er-Jahre-Modell. Es überascht eine beim Lesen jedesmal aufs Neue, wenn eine Figur ein Handy herauszieht, so sehr hat man das Gefühl, in einer Zeitschleife der späten 1970er hängegebleiben zu sein.


    Sprachlich-stilistisch, der zweite Punkt, ist es ähnlich. Es ist betont flapsig geschrieben, die Metaphernsuche überbordend, kein 'das war so, wie ...' wird ausgelassen, was die Lektüre nach einigen Seiten ermüdend macht. Es wird auch kein Stereotyp ausgelassen, you name it, you get it.
    Daß das Deutsch gelegentlich schwächelt, allerdings, hat eine Komik ganz eigener Art zur Folge und frischt den Text ganz unvermutet auf.

    Aber auch hierbei gibt es keine Bezugnahme auf hier und heute, Alltagssprache, Gegenstände, die die heutige Zeit prägen, fehlen. Die Vorzeit regiert. Für ältere Leserinnen wie mich war das eine echte Flashback-Leseerfahrung.


    Spätestens nach der Hälfte der Geschichte, das ist der dritte Punkt, muß man sich fragen, ob man nicht in einer Parodie gelandet ist. Ist 'Berlin Werwolf' die satirische Antwort auf die zeitgenössischen Urban Legends?
    Es ist nämlich eher ein Comic, grellbunt, überzogen, aus Heldenzeiten, von Flash Gordon bis Marvel, ohne die späteren düsteren Einsprengsel. Es ist Jerry Cotton und Malko, Männermagazin und Carlo Manzoni seligen Andenkens. Es ist das männliche Pendant von Chicklit, nur eben versetzt in eine andere Zeit.
    Wilkommen in den späten 1970ern.



    Lustige, zeitweilig aber ermüdende Leseerfahrung. Am Ende steht man eher verwundert da. Und das liegt nicht am Vorhandenseins eines Werwolfs.




    :wave


    magali

    Ich und meine Öffentlichkeit verstehen uns sehr gut: sie hört nicht, was ich sage und ich sage nicht, was sie hören will.
    K. Kraus

  • Gero und seine Freunde Pierre, Matte und Josch haben Spaß am Leben aber sind dauerhaft pleite. Alkohol, Frauen und Autos müssen irgendwie finanziert werden. Sie beschließen den Wettpaten Yildiray, der gleichzeitig Vater von Suna ist, Geros Freundin, auszurauben. Doch es geht etwas schief und sie geraten in große Gefahr. Doch damit nicht genug. Gero ist außerdem ein Werwolf. In den Vollmondnächten zeigt er sein zweites Ich. Als auch noch der Werwolfjäger Fortesquieue auftaucht, der seine Frau wegen anderen Werwöfen verloren hat, ist das Chaos und die Gefahr komplett...


    Zum Buch:
    Ich muss sagen ich war richtig erstaunt. Erst einmal spielt die Geschichte in Berlin. Auch wenn man die Großstadt nicht kennt, kann man sich alles bildlich und genau vorstellen, weil es super beschrieben wird.


    Fantasyfans, die komplett in einer anderen Welt versinken wollen, sind hier vielleicht nicht ganz richtig. Das Buch handelt zwar von einem Werwolf, aber er wird nicht direkt wie ein Fantasywesen dargestellt, sondern wie ein Mann mit ganz normalem alltäglichen Problemen der eben ab und zu zum Werwolf wird. Es wird richtig realistisch dargestellt, was mir richtig gut gefällt. Das Buch ist eine erfrischende und spannende Abwechslung zu allen anderen Fantasybüchern.


    Die Charakter waren mir alle sehr symphatisch. Gero ist mir total ans Herz gewachsen, auch wenn er viele Macken und Fehler hat. Aber ein Werwolf der Macken hat den muss man doch mögen :D


    Das Buch ist in relativ kurze Kapitel unterteilt, was es noch schwerer macht es aus der Hand zu legen. Es ist leicht und flüssig zu lesen.


    Mein Fazit:
    Das Buch war spannend, nie langweilig und absolut toll zu lesen. Eine erfrischende und neue Geschichte, die perfekt im Einklang mit Realität und Fantasy ist. Ich bin schon sehr gespannt auf den nächsten Teil, der mit Sicherheit gleich in meinem Bücherregal landen wird.

  • Gero von Sarnau ist nicht nur ein Kleinganove und notorisch pleite, nein, er ist auch (genetisch bedingt) ein Werwolf. Als er mit seinen drei besten Kumpels beschließt, einen türkischen Buchmacher zu überfallen, der auch noch der Vater seiner Freundin ist und zeitgleich ein Werwolfjäger nach Berlin kommt, der, da er selbst seine Frau und zwei seiner Extremitäten durch einen Werwolf verloren hat, alles daran setzt, die Werwölfe auszurotten, überschlagen sich die Ereignisse und sowohl Gero als auch seine Freunde geraten in große Gefahr.


    Hier präsentiert sich das Werwolfthema einmal erfrischend anders, der städtische moderne Kontext passt wunderbar, es muss nicht immer Fantasy sein. Auch steht das Werwolf-Sein nicht im Mittelpunkt, dort findet sich die Männerfreunschaft, die vier sind zwar, trotz der gemeinsamen Interessen (Alkohol, Fußball, Zigaretten und Frauen) recht unterschiedlich, aber sie gehen miteinander durch Dick und Dünn. Schön, dass auch der Humor nicht zu kurz kommt, obwohl nicht alles, was passiert, zum Lachen ist.


    Mir gefiel das Buch sehr gut, es war spannend, ließ sich flüssig lesen und machte Lust auf mehr. Und mehr wird es auch geben, der Autor arbeitet bereits am Nachfolgeband. Ich bin schon sehr gespannt darauf, wie es mit Gero weitergeht.


    9 von 10 Punkten!