Anständig essen - Karen Duve

  • Erschienen: 30.12.2010
    334 Seiten + Anhang Literaturverzeichnis und Sachverzeichnis
    ISBN 13 :978-3-869-71028-0


    Kurzbeschreibung:


    Lebt es noch oder isst du es schon? Ein Selbstversuch. "Die dringendste Frage zu Beginn meiner Bio-Phase: ob ich weiterhin Cola-Light trinken kann. Davon gehe ich nämlich aus. Cola-Light besteht doch sowieso ausschließlich aus Chemie. Da dürfte sich die Bio-Frage eigentlich gar nicht erst stellen." Karen Duve gehörte nicht eben zur Gesundheitsfraktion. Bratwürstchen und Gummibären wanderten genauso in ihren Einkaufswagen wie Schokolade und Curryketchup in 1-L-Plastikflaschen. Doch dann zog sie mit jemandem zusammen, der schnell den Spitznamen Jiminy Grille erhielt - nach dem personifizierten Gewissen der Holzpuppe Pinocchio. Denn Jiminy schrie auf, wenn Karen Duve nach der "Grillhähnchenpfanne für 2,99" griff. Und Karen Duve musste einräumen, dass das Leben der "Grillhähnchenpfanne" vor ihrer Schockfrostung wohl eher unerfreulich gewesen war. So stellten sich vor der Tief kühltruhe schnell grundlegende Fragen: Darf man Tiere eigentlich essen? Und wenn Tiere nicht, warum dann Pflanzen? Wo beginnt die menschliche Empathie, und warum? Was sind wir bereit aus Rücksicht auf die Mitlebewesen zu opfern? Oder können wir sogar einen persönlichen Gewinn daraus ziehen, unsere Gewohnheiten zu ändern? Irgendwann wollte Karen Duve es wirklich wissen: Jeweils zwei Monate lang testet sie seitdem Ernährungsweisen mit moralischem Anspruch: Biologisch-organisch, vegetarisch, vegan und am Ende sogar frutarisch, also nur das, was die Pflanze freiwillig spendet. Parallel dazu setzt sie sich mit der dahinterstehenden Weltsicht auseinander - und liefert sich mit Jiminy Grille die unausweichlichen Verbalduelle. Erst kurz vor der Veröffentlichung dieses Buches wird sie eine Lebensentscheidung treffen - die, wie sie sich weiter ernähren und weiter leben will. Schonungslos und mit der ihr eigenen knochentrockenen Komik setzt sie sich jenseits aller Ideologien mit der Frage auseinander: Wie viel gönne ich mir auf Kosten anderer?


    Über den Autor:


    Karen Duve, 1961 in Hamburg geboren, lebt mit einem Maultier, einem Pferd, einem Esel, zwei Katzen und zwei Hühnern auf dem Lande in der Märkischen Schweiz. Sie wurde mit zahlreichen Preisen ausgezeichnet. Weihnachten mit Thomas Müller und Thomas Müller und der Zirkusbär sind inzwischen Klassiker, ihre Romane Regenroman (1999), Dies ist kein Liebeslied (2002), Die entführte Prinzessin (2005) und Taxi (2008) waren Bestseller und sind in 14 Sprachen übersetzt.


    Meine Meinung:


    Interessant, provozierend und doch einigermassen humorvoll geschrieben. Inhaltlich bot mir dies Buch nichts neues, aber so zusammengetragen sind die Fakten über unsere Lebensweise recht beeindruckend. Die Kernaussage steht auf Seite 176 des Buches: „In Wirklichkeit heißt das aber, dass unser Alltag ein Skandal ist und das etwas grundsätzlich falsch ist an der Art, wie wir leben.
    Karen Duve beschreibt einen Selbstversuch und in den ersten Seiten fand ich den wiederholten Spruch „als ich beschloss ein besserer Mensch zu werden“ schwer nervig. Letztlich aber regt das Buch zum Nachdenken an. Gerade habe ich in der AKW Diskussion massiv die Meinung vertreten nur eine Verhaltensänderung des einzelnen Verbrauchers könne etwas bewirken, nicht „die da oben“, die „korrupten Politiker“ oder die“Kapitalisten“ sind schuld, sondern wir als Verbraucher. Dies sieht die Autorin dieses Buches auf dem Gebiet der Ernährung genauso. Diesen Denkansatz kann ich also nur unterstützen. Was Frau Duve aber inhaltlich schreibt, teile ich so absolut nicht. Sie erklärt der Mensch sei ein ganz normales Wirbeltier, keinesfalls die Krone der Schöpfung. Wieso sie dann aber dazu kommt der Mensch könne aus dieser seiner Natur ausbrechen und seine Raubtiernatur einfach kraft der Vernunft und der Liebe zur Natur überwinden- dies Frage stellt sie sich nicht, sie setzt einfach voraus, dass der Mensch das könnte und damit Rücksicht nehmen auf seine Mitgeschöpfe Tiere und Pflanzen und sie nicht als Nahrungsmittel sehen sondern eben als leidende Mitgeschöpfe. Ich halte das für eine Illusion. Frau Duve beschreibt aber interessant und humorvoll und durchaus selbstreflektierend ihre Erfahrungen mit dem Selbstversuch zunächst nur Bio, dann vegetarisch, dann vegan und am Schluß sogar als Fruktarier zu leben-mit allen Folgen für einen Fastfoodjunkie auf Cola light Trip mit Liebe zu Hähnchenfleisch.


    Manches davon wird dann schon heftig extrem- das Enfernen jeglichen Leders im Haushalt oder der Verzicht auf Honig wegen der Ausbeutung der Bienen zum Beispiel, aber das überlässt Frau Duve durchaus der Betrachtung des Lesers, nie will sie belehren oder wird missionarisch eifernd. Man glaubt ihr ihre Entwicklung und ihre Überlegungen und auch ihre Perspektiven, die sie für sich am Ende des Buches entwickelt und die das Ergebnis ihres Denkvorganges sind. Genau das macht dieses Buch lesenswert, das es jedem einen Denkanstoß gibt. Auch wenn er wie ich nach dem Lesen des Buches erstmal ein Steak aus dem Tiefkühl holt und es mit Genuß verspeist.

    Nemo tenetur :gruebel


    Ware Vreundschavt ißt, wen mahn di Schreipfelerdes andereen übersiet :grin


    :lesend  :lesend

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  • Danke für deine Eindrücke, dass hört sich ja doch positiver an, als dein Zwischenfazit.


    Ich werde das Buch auf jeden Fall weiter auf der Wunschliste haben und beobachten, aber als Hardcover ist mir es dann doch einfach zu teuer und ich werde lieber auf das Taschenbuch warten.

  • Zitat

    Original von beowulf
    Die Kernaussage steht auf Seite 176 des Buches: „In Wirklichkeit heißt das aber, dass unser Alltag ein Skandal ist und das etwas grundsätzlich falsch ist an der Art, wie wir leben."


    Das ist tatsächlich einer der wichtigsten Sätze des Buches.


    Genauso wichtig finde ich den Satz auf Seite 314:
    "Vielleicht kommt es weniger darauf an, was ich tue, als auf das, was ich lasse."


    Während ich das Buch "Anständig essen" gelesen habe ist mir der Mensch, die Person Karen Duve sehr ans Herz gewachsen. Ich mag ihren Schreibstil, ihren Humor, ihre Gedanken und ihr Tun.
    Ich habe grössten Respekt vor ihrem "Selbstversuch" - den ich mit Spannung von Kapitel zu Kapitel verfolgt habe. Ihren Willen, dies durchzuziehen, ihre Erkenntnisse, die sie nach und nach machte und die Konsequenzen, die sie daraus gezogen hat.


    Der Leser erfährt viel Bekanntes aus dem Bereich der Massentierhaltung - man kann aber auch noch Neues erfahren. Was für mich für den Bereich der Schaf- oder Ziegenmassentierhaltung zutrifft.


    Sehr deutlich wird die Tierliebe von Karen Duve, ihr unbedingte Zielstrebigkeit, wenn es darum geht, Dinge zu erkennen und zu erfassen.


    Ich kann sehr gut mit den Entscheidungen, die Frau Duve am Ende des Buches trifft, leben.
    Für mich jetzt schon mein Monatshighligt. Ich kann das Buch nur empfehlen und wünsche ihm viele, viele Leser.


    Und im Gegensatz zu beo verspüre ich nicht den geringsten Wunsch, mir ein Steak aus dem Gefrierfach zu holen und es dann zu verspeisen. ;-)


    Das ich dem Buch 10 Punkte gebe, brauche ich ja wohl nicht extra erwähnen. :grin

  • Auch mir hat das Buch sehr gut gefallen.


    Ich muss schon sagen, dass ich beeindruckt davon war, dass Karen Duve das ganze Experiment so durchgezogen hat. :wow
    Das frutarisch Leben hätte mich, glaube ich vor unlösbare Probleme gestellt. Alleine darüber nachzudenken bzw. herauszufinden, welche Planzen
    ihre Früchte quasi freiwillig und "schmerzfrei" abgeben, ist ja schon schwierig.


    Im Gegensatz zu Safran Foers "Tiere essen" enthält dieses Buch weniger harte Fakten als vielmehr
    Karen Duves humorvolle Beschreibung Ihrer Erfahrungen mit den vier Ernährungsweisen. Wenn man
    schon ein paar Artikel oder Bücher zum Thema gelesen hat, erfährt man natürlich nicht viel Neues, aber das ist wohl auch nicht
    die reine Botschaft des Buches. Ich denke sie will vielmehr über einen amüsanten Stil auch die
    zum Nachdenken bringen, denen unser Umgang mit Schlachttieren noch nicht so im Bewußtsein verankert ist.


    Das Buch hat mich gut unterhalten, wenn es mir auch keine Aha-Effekte gebracht hat, bis auf die Tatsache, dass es
    Frutarier gibt und was diese Ernährungsweise bedeutet.


    8 von 10 Punkten

  • Zitat

    Original von Rosenstolz



    Während ich das Buch "Anständig essen" gelesen habe ist mir der Mensch, die Person Karen Duve sehr ans Herz gewachsen. Ich mag ihren Schreibstil, ihren Humor, ihre Gedanken und ihr Tun.
    Ich habe grössten Respekt vor ihrem "Selbstversuch" - den ich mit Spannung von Kapitel zu Kapitel verfolgt habe. Ihren Willen, dies durchzuziehen, ihre Erkenntnisse, die sie nach und nach machte und die Konsequenzen, die sie daraus gezogen hat.


    :write


    vor allem die Monate, in denen sie versucht hat, frutarisch zu leben, haben mich sehr beeindruckt, ich weiß nicht, ob ich das eine Woche überleben würde.


    mir hat das Buch sehr gut gefallen, vor allem der humorvolle Schreibstil der Autorin, und mich über meine eigenen Essgewohnheiten nachdenken und Konsequenzen ziehen lassen.


    Auch sind viele (gerade auch Nicht-Vegetarier oder bisher Fleischliebhaber) daran interessiert, es zu lesen (mein Exemplar ist ständig verliehen), weil es sie nicht so sehr abschreckt wie "Tiere essen" beispielsweise.
    Deshalb von mir auch die volle Punktzahl :wave

  • Danke für die Rezi, Beo. Ich war eigentlich immer ein gedankenloser Genußesser, aber über die Jahre hinweg, mit den verschiedenen Lebensmittelskandalen da und den Fernsehberichten über Tierquälereien dort, habe ich irgendwie meine "Lust am Essen" verloren. Ich bin gespannt, was Frau Duve zu dem Thema zu sagen hat.

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    "Es hat alles seine Stunde und ein jedes seine Zeit, denn wir gehören dem Jetzt und nicht der Ewigkeit."

  • Stellen wir uns mal vor, vier verschiedene Leute würden mich fragen, um was es bei diesem Buch geht. Dem Ersten würde ich vielleicht antworten: Es ist ein Erfahrungsbericht, die Beschreibung eines Jahres, in dem jemand seine Essgewohnheiten ändert und hinterfragt. Dem Zweiten jedoch würde ich sagen: es ist ein Sachbuch, in dem viele Tatsachen zu Tierhaltung und Lebensmittelindustrie zusammengetragen werden. Der Dritte würde zu hören bekommen, es ist ein humorvolles Buch, ein Schwank voller witziger Anekdoten, bissiger Kommentare und haarsträubender Einsichten. Und der Vierte würde mit dem Kommentar von mir nach Hause gehen, dieses Buch biete einen packenden und oft unerwarteten Einblick in das Privatleben einer Schriftstellerin. Wenn diese vier Personen nun zusammenträfen, würden sie sich wohl erstmal streiten - doch jeder hätte Recht!


    Natürlich konnte Karen Duve zu dem Zeitpunkt, als sie sich zu diesem Experiment entschloss, nicht wissen, dass ausgerechnet im selben Jahr ein sehr ähnlich gelagertes Sachbuch eines noch viel berühmteren Kollegen erscheinen würde - "Tiere essen" von Jonathan Safran Foer. Und ich finde es auch verfehlt, Karen Duve an diesem Buch zu messen - was ich aber leider aus vielen Kommentaren und Besprechungen herauslese. Sie ist keine kühle Analytikerin, und sie stand auch vor keiner Lebensentscheidung wie Foer, bevor sie das Buch schrieb. Der wurde nämlich Vater, und musste sich grundsätzliche Fragen über sein weiteres Leben stellen. Nein, bei ihr war es - geradezu grotesk banal - die "Grillhähnchenpfanne für 2,99 Euro", die ihr mit einem Kreischen von der gesundheitsbewussten Freundin aus der Hand gerissen wurde. Überhaupt fungiert diese Freundin, von ihr "Jiminy Grille" genannt (nach einer Figur aus "Pinocchio"), das ganze Buch hindurch wie ein Gegengewicht, ein Spiegel, ein Pendant, das Anlass ist für so manche witzige Anekdote. Wie ein Pat zum Patachon. Oder ein Watson zum Holmes.


    Es fängt schon damit an, dass das Buch so nicht geplant war. Eigentlich wartete der zuständige Lektor schon seit über einem Jahr auf einen neuen Roman von Karen Duve, und es kostete sie (und vermutlich ihn!) viele Nerven, ihn von der absoluten Wichtigkeit dieser absolut neuen Idee zu überzeugen. Sich selbst überzeugen musste Karen Duve allerdings nicht: nach der Episode mit der Grillhähnchenpfanne scheint sich die Idee mit einer Plötzlichkeit völlig unhinterfragt ihn ihren Schädel gesetzt zu haben, die ihresgleichen sucht. Zumindest wird dem Leser dieser Eindruck vermittelt.


    Mit der ihr eigenen lakonischen Entschlusskraft, und einer guten Portion trockenen Humor, startet Karen Duve in dieses Jahr. Es stimmt übrigens nicht ganz, was der Klappentext sagt: immer zwei Monate der Beschreibung einer neuen Ess-Strategie. Die ersten zwei Monate, Januar und Februar, sind in der Tat der Bio-Ernährung gewidmet. Doch werden die beiden Kapitel durch ein eher nachdenkliches unterbrochen: "Familienbande". Hier reflektiert die Autorin - überraschend tiefsinnig - darüber, was den Menschen eigentlich vom Tier unterscheidet. Oder ob überhaupt. Dieses Rezept wird im Buch wiederholt - immer wieder werden die "Ess-Kapitel" aus ihrem Alltag unterbrochen durch nachdenkliche, eher referierende Kapitel, in denen sie ihre Gedanken oder auch Ergebnisse ihrer Nachforschungen zusammenträgt. Da geht es z. B. um Mitgefühl, menschlichen Egoismus, wann ändert man sein Verhalten und warum - und wann eben nicht, die Milch und ihre Produktionsbedingungen, moralische Überlegenheitsgefühle, die Lebensrechte von Insekten, und und und. Und immer wieder schreiend komische Passagen, die mich wirklich oft laut haben auflachen lassen! Die Lese-Kompatibilität dieses Buches in der Öffentlichkeit sollte also genauestens überdacht werden...


    März und April sind vegetarisch, und danach folgen vier, nicht zwei, Monate des Herantastens an die vegane Lebensweise. Ich sage bewusst "Lebensweise", denn genau aus diesem Grund dauert es für Karen Duve so lange, es umzusetzen. Schritt für Schritt trennt sie sich sogar von Gegenständen und Gewohnheiten, die auch nur in irgendeiner Weise der Ausbeutung von Tieren dienen. Das verdient meinen Respekt als Leser - auch und gerade weil sie immer wieder ehrlich zugibt, dass es doch oft eben "Verzicht" bedeutet. Sie wendet sich in einer geradezu radikal ehrlichen Weise an alle Moral-Apostel, und bestreitet deren Postulate, es sei alles ganz einfach, sobald man nur einmal "die richtige" Einstellung gewonnen habe.


    September und Oktober - frutarisch. Hier habe ich wohl am meisten mit der Autorin sympathisiert, weil sie sich doch arg quält, mit der Richtigkeit der Entscheidung hadert, und sich u. a. auch fragt, ob das Leben, und somit das Essen, nicht eben auch Genuss bedeuten sollte. Zum Schluss ist es fast Trotz, mit dem sie ihren Obstsalat und ihre Erbsen mit Kokosmilch verputzt. Man kann förmlich ihre Erleichterung spüren, mit der sie in den November startet - der Monat, in dem sie zu einer Entscheidung kommen will.


    Und in der Tat formuliert sie 5 Grundsätze, nach denen sie in Zukunft zu leben gedenkt. Manche Leser waren hier ob ihrer scheinbaren Inkonsequenz erstaunt. Doch ich finde, das mag daran liegen, dass man schon während des ganzen Buches die Zweifel, Kämpfe und Unsicherheiten evtl. überlesen hat. Schließlich muss man sich klar machen, dass es an sich schon eine große Leistung ist, innerhalb eines Jahres ohne äußere Not sich zu dieser Entscheidung zu zwingen! Ich finde die Grundsätze, die ich hier im Einzelnen nicht aufzählen werde, aus der Sicht der Autorin durchaus konsequent, und vor allem - machbar. Man muss bedenken, dass es immer ein konkreter Mensch ist, der da sein Leben ändern will oder soll. Und dies geht sie mit großer Furchtlosigkeit an. Das, was sie ändert, ist schon viel mehr, als es die "Grillhähnchenpfanne" hätte vermuten lassen.


    Und genau aus diesen Gründen verleihe ich dem Buch auch 5 Sterne. Es mag kein zu 100 % fundiertes Sachbuch sein, es mag subjektiv sein, und es mag gelegentlich die Pointe der Wissenschaftlichkeit vorziehen. Dennoch - wer schafft das schon, Information mit Privatem und Humor zu einer solch gekonnten Einheit zu verbinden? Und sich selbst vor dem Leser dermaßen "auszuziehen"? Mein Fazit jedenfalls lautet, Hut ab vor Karen Duve!

  • sehr schöne Rezi rumble-bee, danke :-) selten etwas gelesen, dass so umfassend beschreibt, worum es in Duves Buch geht :-)



    soweit ich gehört habe, ist Frau Duve mittlerweile strenge Vegetarierin und Teilzeit-Veganerin. Das liegt wohl daran, dass sie auch die Eier von ihren Hühnern isst. Das klang ja in ihrem Fazit am Ende des Buches noch etwas anders, nicht ganz so konsequent. Hab hier noch ein Interview mit ihr gefunden :-)
    Auch, dass sie sich umfassende Gedanken gemacht hat, also nicht nur über ihre Essgewohnheiten, sondern auch darüber, was man sich beispielsweise auch gebraucht kaufen könnte, finde ich gut.

  • Ich habe mir das Buch gestern zugelegt und es regelrecht verschlungen. Seit mehreren Jahren bin ich Vegetarierin und lese auch ganz gern was zum Thema. Frau Duves Zugang gefällt mir unglaublich gut - ein ehrlicher Selbstversuch, humorvoll geschrieben und mit einigen Hintergrundinformationen.


    Mit Vegetarismus und Veganismus habe ich mich schon ausführlich befasst, da konnte mir das Buch nichts neues erzählen - in den Fru(k)tarier-Kapiteln konnte ich aber auch einiges dazulernen und habe Lust bekommen, mich weiter damit auseinander zu setzen.


    Besonders positiv ist mir aufgefallen, dass die Autorin niemals den moralischen Zeigefinger erhebt, jedenfalls nicht dem Leser gegenüber. Ihr eigener Bekanntenkreis musste wohl etwas unter dem Aufklärungsdrang von Frau Duve leiden, aber was soll ich sagen.. ich wollte in meiner Anfangs-Veggie-Zeit auch unbedingt mein neu erworbenes Wissen unter die Leute bringen. ;-)
    Die Autorin ist am Ende ihres Selbstversuchs zu dem Schluss gekommen, dass sie einen Kompromiss zwischen ihrer Lebensqualität und ihren moralischen Ansprüchen finden muss. Auf den letzten Seiten habe ich mich sehr wiedererkannt..


    Alles in allem: TOLLES Buch! Ich hoffe, ich kann auch ein paar Menschen in meinem Umfeld zum Lesen bewegen.

  • Zitat

    Original von Rosenstolz
    Für mich immer noch das beeindruckendste Buch des Jahres 2011 ( welches ich gelesen habe ).
    Ich hoffe, es wird noch sehr, sehr viele Leser finden.


    zählt für mich auch auf jeden Fall zu den Jahreshighlights 2011 :wave

  • Was für ein klasse Buch. Ein Sachbuch, bei dem es mir schwerfiel es aus der Hand zu legen.


    Karen Duves Selbstversuch "anständig zu essen" mit einem angenehmen, amüsanten Schreibstil (trotz ernster Thematik), ist für mich bisher ein Jahreshighlight 2012. Die Autorin wirkte meiner Meinung nach nie mit erhobenen Zeigefinger auf den Leser ein in Hinblick auf Moral und Ethik bei der Nahrungsaufnahme, sie zwingt nichts auf, sondern regt zum nachdenken an. Die Beschreibung ihrer Sicht auf die Dinge, wird mir in bleibender Erinnerung bleiben.


    10 Punkte von mir.

  • Angeregt durch diesen thread (und einige TV-Berichte zum Thema "Wiesenhof") schlich ich sozusagen gedanklich schon eine Weile um dieses Buch herum und habe nun die TB-Version erstanden und gelesen.
    Der Auffassung die beiden wichtigsten Sätze betreffend kann ich mich ebenso anschließen wie dem Lob und wäre da nicht das "Glücks-Buch" von Dr. Eckart von Hirschhausen, wäre dieses hier mein Monatshighlight geworden.
    Ich wünsche uns allen, dass dieses Buch noch viele Leser findet! :wave

    “Lieblose Kritik ist ein Schwert, das scheinbar den anderen, in Wirklichkeit aber den eigenen Herrn verstümmelt.”Christian Morgenstern (1871 – 1914)

  • Ich muss sagen, ich stehe diesem Buch eher zwiespältig gegenüber.
    Einerseits hat es mir gut gefallen und es hat mich definitv zum Nachdenken gebracht, andererseits hat es mich zwischenzeitlich auch etwas genervt.
    Daher fällt es mir auch relatibv schwer eine Rezi dazu zu formulieren. Ich probier's aber trotzdem mal.


    Ich hatte dieses Buch schon ganz lange auf meiner Wunschliste und beim letzten Bücherreibesuch, ist es mir dann in die Hände gefallen.


    Der erhobene Zeigefinger war vielleicht dem Leser gegenüber nicht da, allerdings ging mir Karen Duves Verhalten ihrer Familie gegnüber ziemlich auf den Keks. Da war sie nämlich mehr als belehrend. hätte ich so jemanden in der Familie, würde ich mich schön bedanken. Ich hab kein Problem damit mich zu dem Thema zu unterhalten, aber ich hatte bei ihr sehr wohl das Gefühl, daß die versucht hat ihre dirkete Umwelt zur dringenden Umkehr zu bewegen.


    Den Ansatz mal selbst zu probieren wie es ist bio / vegetarisch / vegan / fructarisch zu leben fand ich sehr gelungen. Ist es doch wesentlich einfacher über etwas zu urteilen, was man auch kennt. Ich hatte aber trotzdem mehr mit einem reinen Erfahrungsbericht gerechnet, mir waren zwischendrin einfach zu viel Sachbuchartige Einschübe. Wie gesagt, ich hatte etwas anderes dabei erwartet, daher bin ich über die Passagen teilweise etwas nachlässig hinwegegangen.
    Trotzdem habe ich genügend Infos zum Thema bekommen.


    Im Großen und ganzen hat das Buch bei mir die Frage ausgelöst, ob wir uns unsere Probleme teilweise nicht selbst schaffen.
    Aber das geht für eine Rezi dann doch zu weit.


    Alles in allem ein interessantes Buch, daß mir durchaus im Gedächtnis bleiben wird, wenn auch nicht unbedingt so positiv wie meinen Vorschreibern.

  • Vor ein paar Tagen habe ich dieses Buch geschenkt bekommen. Ich mag Karen Duve und es klang so interessant, dass ich sofort mit dem Lesen begann. Nun bin ich noch mittendrin, und das anfangs so amüsante Buch ist inzwischen ganz schön ernst geworden und setzt bei mir eine Menge Bewusstseinsarbeit in Gang...


    Ich bin zwar schon länger "Flexitarieren" (dass das so heißt, habe ich in diesem Buch gelernt), was einerseits daran liegt, dass das Bio-Fleisch so teuer ist und andererseits, dass es sooo viele leckere Gemüsegerichte gibt.


    Ich habe mich aber bislang weder mit der vegetarischen noch mit der veganen Ernährung oder möglichen Gründen dafür inhaltlich auseinander gesetzt. Auch die Einzelheiten der Massentierhaltung hatte ich erfolgreich umschifft, bin dann trotzdem beim Bio-Fleisch gelandet, weil ich ider Meinung bin, dass auch Tiere ein artgerechtes Leben verdient haben. Dass auch die Bio-Tierhaltung inzwischen fragwürdige Blüten treibt, war mir nicht bewusst.


    Kurz: Für mich ist es bislang ein ganz schön aufrüttelndes Buch und ich bin schon jetzt gespannt auf mein ganz persönliches Fazit zu diesem Thema, wenn ich es ganz durchgelesen habe.

  • Karen Duve hat einen tollen Schreibstil und ich neige dazu, ihr jeden Satz zu glauben.
    allem die früh genannte Einsicht, dass jeder seine eigenen Entscheidungen treffen muss, die dann von der gesamten Erdbevölkerung getragen werden muss, kann man nur unterstreichen.
    Und auch, dass sie verstehen kann, warum die meisten Menschen lieber gar nicht wissen wollen, woher ihre Lebensmittel kommen und zu welchem Preis; dass das nämlich zu weiterem Nachdenken und Konsequenzen führt, wenn man nicht ein Mega-Obera…loch sein möchte.
    Und dann doch die Zerrissenheit, was ihre eigenen (guten) Taten betrifft: dass jeder Schritt weiter immer noch nicht genug ist.


    Manchmal habe ich zwischendurch gedacht, dass Karen Duve doch zu sehr auf den Männern herumhackt. Aber letztendlich hat Beos letzter Satz genau diese Einstellung (der Männer) bestätigt. Nichts für ungut, Beo.

    Nur für die, die es interessiert: Gewünscht habe ich mir dieses Buch, weil ich selber 2 Jahre lang aus reiner Selbstüberzeugung vegetarisch gegessen habe (konsequent nichts vom toten Tier), und sehen wollte, ob sie dieselben Reaktionen ihrer Familie erfahren hat, wie ich. Da sind ja zum einen die, die sich furchtbare Sorgen machen und zum einen die anderen, die der Meinung sind, das, was man tue, sei noch nicht genug. Schwach und rückfällig geworden bin ich während meiner ersten Schwangerschaft und bin es nun seit 4 Jahren bis gestern.


    Das Buch hat mir zumindest geholfen, wieder ein Stück zu mir selbst zu finden, und mein Ess-Verhalten der letzten Jahre zuerst zu überdenken und nun definitiv auch wieder zu ändern.


    FAZIT: „Anständig essen“ kann man nicht weiterempfehlen. Jeder sollte selbst den Wunsch verspüren, dieses Buch zu lesen! Und es dann auch tun.


    Von mir gibt es die vollen 10 Punkte.

    „An solchen Tagen legt man natürlich das Stück Torte auf die Sahneseite — neben den Teller.“