Deadwood - Pete Dexter

  • Gebundene Ausgabe: 448 Seiten
    Verlag: Liebeskind; Auflage: 1., Aufl. (29. August 2011)
    ISBN-13: 978-3935890823
    Preis: Euro 22.00 / CHF 31.90


    Autor


    Pete Dexter, 1943 in Michigan geboren, arbeitete über fünfzehn Jahre als Zeitungsreporter in Philadelphia. Nachdem er im Zuge einer kontroversen Berichterstattung angegriffen und krankenhausreif geschlagen wurde, gab er seinen Beruf auf. Heute lebt er als freier Schriftsteller im Bundesstaat Washington. Pete Dexter gilt als einer der profiliertesten Drehbuchautoren Amerikas und veröffentlichte bislang sieben Romane, darunter "God's Pocket" und "Paris Trout", für den er 1988 mit dem National Book Award ausgezeichnet wurde.


    Kurzbeschreibung / Klappentext


    Dakota-Territorium, 1876. Der legendäre Revolverheld Wild Bill Hickok und sein Freund Charley Utter erreichen mit einem Treck, der aus Cheyenne kommt, die Goldgräberstadt Deadwood. Obgleich von Alter und Krankheit gezeichnet, ist Wild Bill immer noch in der Lage, jeden Mann in einem fairen Duell zur Strecke zu bringen. Er aber möchte nichts weiter, als seine Tage in Ruhe im Saloon verbringen. Nur ist Deadwood kein Ort, an dem man Ruhe findet. Hier herrscht das Gesetz des Stärkeren. Und so trachtet bald schon mehr als ein Mann nach Wild Bills Leben. Denn er ist einer der wenigen, die in dieser Stadt noch Recht von Unrecht unterscheiden können.
    In "Deadwood" stützt sich Pete Dexter auf historische Quellen und schildert den Wilden Westen so, wie er tatsächlich war: schmutzig, korrupt, voller Gier und roher Gewalt. Doch seine Haltung ist die eines lakonisch erzählenden Chronisten. Und so wird aus einem Tatsachenroman über die Anfänge Amerikas fast beiläufig eine menschliche Komödie voller Melancholie und schwarzem Humor.


    Meine Meinung


    "Der Ort hier bietet sich geradezu an für dunkle Gedanken. Hier ist nichts normal, nicht mal das Wetter. Blitze wie hier haben Sie noch nie gesehen. Am Tag unserer Ankunft hier waren zwei Männer auf der Strasse unterwegs, die menschliche Köpfe mit sich herumschleppten..."

    Zitat von Charley Utter, Seite 335 dieses Buches


    Der Ort Deadwood wurde 1876 gegründet und ist weniger ein Dorf als vielmehr ein improvisiertes, aus dem Boden gestampftes Lager von Goldsuchern und anderen Abenteurern. Die Hoffnung in den von Sioux-Indianern besetzten Black Hills Gold zu finden zieht die schrägsten Galgenvögel in diese schnell wachsende Kleinstadt. Der Ort ist schmal, wirkt meilenlang und mitten durch fliesst der namensgebende Bach Deadwood. Die Strasse ist voller Dreck und Morast und jeder erdenkliche Abfall wird einfach auf die Gassen geworfen. Man landet nicht ohne Grund an einem gottverlassenen Ort wie diesem, bei manchen ist es ist das Schicksal, bei anderen die Gier, die Goldsucher, Revolverhelden und Hurentreiber ganz magisch in dieses Dorf zieht. Ein lasterhafter Ort wie aus dem Alten Testament der Bibel und zwar aus dem Teil als Gott zornig wurde, hier ist nichts und niemand immun oder unantastbar. Diese Geschichte handelt von legendären Berühmtheiten wie Wild Bill Hickok, Charley Utter oder Calamity Jane die heutzutage eine mystische Aura umgibt und doch ist es der Ort Deadwood der die heimliche Hauptrolle in dieser Geschichte inne hat.


    Wer sich für dieses Buch interessiert muss sich von den verklärten und romantisierten Vorstellungen des Wilden Westens lösen. Vergesst Karl May und den idealisierten Winnetou, die idyllische Bonanza-Serie, den heldenhaften John Wayne oder was euch sonst gerade beim Bergriff Wilder Westen in den Sinn kommt. Dies ist eine Erzählung die das Leben um 1876 schildert wie es war - hart, gnadenlos, unbarmherzig, unmenschlich und deutlich trister als man vermuten könnte. Der Autor Pete Dexter erzählt die Geschichte ohne Pathos und Heldenverehrung und es bleibt schlussendlich das wahre eher nüchterne Gesicht des Wilden Westens übrig. Er erzählt in einer knochentrockenen Art die ich erst nach ein paar Tagen nach Leseschluss voll zu würdigen weiss. Während des Lesens wirkt sie unscheinbar und eintönig, aber jetzt nach ein paar Tagen trifft mich die volle Wucht des Buches, der Stil passt wie die Faust aufs Auge zum Inhalt und dort wo es vulgärer hätte beschrieben werden können nimmt sich der Autor (ein bisschen) zurück und setzt dafür dort ganz starke Akzente wo es zur Dramatik passt. Die Sprache ist teilweise derb, etwas fläzig und der Autor hat einen pechschwarzen, morbiden Humor den er immer wieder einfliessen lässt.


    Dieses Buch richtet sich an Erwachsene und eher männlichen Leser (ich hoffe aber das es hier hier im Forum zumindest eine Calamity Jane gibt die sich der Geschichte annimmt) und eignet sich gewiss nicht für Jugendliche, es gibt etliche Passagen die als frauenfeindlich bezeichnet werden können (sie sind aber historisch korrekt). Ich denke es braucht etwas Lebenserfahrung und Reife damit man das Gelesene einordnen kann und ausserdem würde ich es ausschliesslich Viellesern empfehlen. Meiner Meinung braucht es eine gewisse Leseroutine damit man den den Roman als Ganzes zu honorieren weiss. Natürlich ist eine gewisse Affinität zu Western hilfreich und Flasche Whiskey sollte auch bereit stehen. Ah, und falls ihr den Roman lesen solltet grüsst bitte meine heimliche Lieblingsfigur den "Flaschenfreund" recht herzlich von mir.


    „Am Ende möchte man die Dinge im Gleichgewicht sehen, aber so kommt es nicht, aber alle Dinge haben ihre Zeit.“

  • Ich habe mir sehr viel Zeit für dieses Buch genommen und am Anfang musste ich auch erst einmal in den Stil hineinfinden. Ganz Deadwood, die Bewohner, das alles musste sich für mich sehr langsam erst einmal aufbauen, sodass ich am Ende das Gesamtgefüge vor mir sehen konnte.


    Ich finde es toll, dass sapperlot zur historischen Korrektheit etwas sagen konnte, ich hatte jetzt abgesehen von Calamity Jane vorab gar keine Vorstellung von den Figuren und auch mein Bild von Calamity Jane wurde deutlich schärfer und lebendiger.


    Der "Flaschenfreund" ist auch mein heimlicher Liebling...an vielen Stellen ist es doch erschreckend, wie leicht man die Weltsichten von einem Flaschenfreund, einem Charley Utter, einer Mrs. Langrishe, etc. in die heutige Welt übertragen kann.


    Die Sprache in diesem Buch ist wie eine Melodie - mal derb und rau, mal wiederum sehr metaphorisch und poetisch angehaucht. Jede Figur hat ihre Art "Anstrich" bekommen für die Geschichte.


    Ich bin froh, dass ich dieses Buch nicht einfach oberflächlich gelesen habe, denn dafür ist es ein zu großes Juwel.


    9 Punkte.

  • Titel: Deadwood
    Autor: Pete Dexter
    Übersetzt aus dem Englischen von: Jürgen Bürger und Kathrin Bielfeldt
    Verlag: Verlagsbuchhandlung Liebeskind München
    Erschienen: August 2011
    Seitenzahl: 448
    ISBN-10: 3935890826
    ISBN-13: 978-3935890823
    Preis: 22.00 EUR


    Das sagt der Klappentext:
    Dakota-Territorium, 1876. Der legendäre Revolverheld Wild Bill Hickok und sein Freund Charlie Utter erreichen mit einem Treck, der aus Cheyenne kommt, die Goldgräberstadt Deadwood. Obgleich von Alter und Krankheit gezeichnet, ist Wild Bill immer noch in der Lage, jeden Mann in einem fairen Duell zur Strecke zu bringen. Er aber möchte nichts weiter, als seine Tage in Ruhe im Saloon verbringen. Nur ist Deadwood kein Ort, an dem man Ruhe findet. Hier herrscht das Gesetz des Stärkeren. Und so trachtet bald schon mehr als ein Mann nach Wild Bills Leben. Denn er ist einer der wenigen, die in dieser Stadt noch Recht von Unrecht unterscheiden können ..


    Der Autor:
    Pete Dexter, 1943 in Michigan geboren, arbeitete über fünfzehn Jahre als Zeitungsreporter in Philadelphia. Als er 1981 im Zuge einer Berichterstattung angegriffen und krankenhausreif geschlagen wurde, gab er seinen Beruf auf. Heute lebt er als freier Schriftsteller im Bundesstaat Washington. Pete Dexter gilt als einer der profiliertesten Drehbuchautoren Amerikas und veröffentlichte sechs Romane.


    Meine Meinung:
    Endlich einmal ein historischer Roman der das Adjektiv „historisch“ auch zu Recht trägt. Keiner dieser pseudohistorischen Mittelalter- und Vergewaltigungsschinken. Pete Dexter schildert den „Wilden Westen“ so wie er vielleicht wirklich gewesen ist. Dreckig, stinkend und keinesfalls romantisch. Die Menschen waren hart bis gefühllos und es galt das Recht des Stärkeren. Eine funktionierende Justiz gab es nicht, alles passierte mehr oder weniger willkürlich. Dexter schildert das alles sehr realistisch und man könnte fast meinen er sei dabei gewesen. Menschenleben zählten nicht viel und das Leben eines Indianers oder auch eines Chinesen war noch weniger wert als „gar nichts wert“. Es war eine dunkle Zeit, auf die das heutige Amerika gewiss nicht stolz sein sollte. Die aus heutiger Zeit verklärte Sichtweise auf den Wilden Westen, gaukelt uns immer wieder eine Welt vor, die es nie gegeben hat. Heroische Legenden sind ausschließlich eine Erfindung der Filmindustrie.
    Ein Roman ohne Helden und echte Bösewichter. Ein Roman mit Menschen, die sich entsprechend der damaligen Zeit verhielten.Nur auf den eigenen Vorteil bedacht.
    Kein „Spiel mir das Lied vom Tod“ und auch kein „High Noon“ - vielmehr eine Symphonie aus Dreck, Schlamm, Saufen und Rumhurerei.
    Pete Dexter ist ein wirklich großartiger Roman gelungen, ein Roman der wirklich sehr lesenswert ist, ein Roman der nichts beschönigt, der nicht romantisiert, sondern ein Roman der beschreibt. 8 Eulenpunkte.

    Ich mag verdammen, was du sagst, aber ich werde mein Leben dafür einsetzen, dass du es sagen darfst. (Evelyn Beatrice Hall)


    Allenfalls bin ich höflich - freundlich bin ich nicht.


    Eigentlich mag ich gar keine Menschen.

  • Das Buch steht schon eine Weile ungelesen in meinem Regal herum und jetzt endlich habe ich es geschafft, das Buch bis zum Ende zu lesen.


    Pete Dexters Bücher sind immer harter Stoff, aber dieses fand ich besonders heftig. Versteht mich nicht falsch. Der Roman ist ein kleines Meisterwerk.
    Die Sprache lässt an Deutlichkeit nichts zu wünschen übrig. Beschönigt nicht, übertreibt nicht sondern beschreibt, was es zu beschreiben gibt.
    Viele Szenen schildert Dexter mit so gruselig schwarzem Humor, dass mir das Lachen im Hals stecken geblieben ist.


    Zudem gibt es Deadwood und die meisten handelnden Personen hat es wirklich gegeben.


    Schrecklich ist die Welt von der da erzählt wird. Das Goldgräberlager Deadwood. Hier regiert einzig und allein das Gesetz des Stärkeren. Gewalt, Alkohol, Dreck und Krankheiten sind allgegenwärtig. Schon die nicht eben emotionsbetonte Freundschaft zwischen dem Revolverhelden Wild Bill Hickok und seinem Freund Charley Utter ist etwas Besonderes, weil Freundschaft und Loyalität sonst eher unbekannt ist.
    Überhaupt schein mir Charley der einzige Mann im gesamten Buch zu sein, der überhaupt zu irgendwelchen freundschaftlichen Gefühlen fähig ist.


    Gelegentlich habe ich mich bei der Lektüre gefragt, ob man so einige Gegebenheiten der heutigen US amerikanischen Politik nur dann verstehen kann, wenn man Bücher wie dieses gelesen hat.


    sapperlot sprach von frauenfeindlichen Passagen. Es ist eine Welt gewesen, in der nur Männer etwas galten. Und zwar weiße Männer. Alle anderen waren minderwertig. Man konnte Mexikaner, Indianer, Chinesen ungestraft ermorden. Und Frauen standen ganz am Ende der Skala. Sie hatten nur die Wahl, als Ehefrauen immerhin vor fremden Männern geschützt zu sein (solange der eigene Mann lebte), dafür aber dem Ehemann in jeder Hinsicht ausgeliefert zu sein. Oder als Hure zu leben. Die in besserer Etablissements immerhin davor geschützt war, gar zu brutal misshandelt zu werden. Weil der Hurentreiber ja mit ihr noch Geld verdienen wollte.
    Hurentreiber passt in dem Zusammenhang wirklich gut. Vieh wird getrieben. Und genauso wurden diese Frauen behandelt.
    Ich habe wenig Zweifel daran, dass diese Darstellungen der Realität entsprechen. Da ist nichts voyeuristisches in diesen Schilderungen - sie werden als genauso grausam und bösartig dargestellt, wie sie vermutlich waren.
    Deshalb ist für mcih die Beschreibung in diesem Roman völlig in Ordnung.


    Eine Episode hat mich wirklich geschockt, für alle, die das Buch noch nicht gelesen haben, verstecke ich sie mal.


    Eine unbedingte Empfehlung für alle, die sich für den Wilden Westen interessieren, wie er wohl wirklich war. Gute Nerven sind unbedingt nötig.


    edit sagt: dieses Interview mit Pete Dexter wollte ich noch verlinken.