Zinken oder Hexenzeichen

  • Hallo,


    wie manche der Büchereulen schon wissen, habe ich seit zwei Jahren einen kleinen Job, der mir sehr viel Spaß macht. Er ist zwar nicht besonders anspruchsvoll, eher gibt es für den Spaß, mit Menschen aller Art zu tun zu haben , auch noch Geld...so jedenfalls sehe ich das...und da ich nur ein paar Tage im Monat jobbe bisher, vergeht einem auch nicht so die Laune daran.


    Das Witzigste und Interessanteste daran finde ich aber immer noch, dass man einen regelrechten "Logenplatz" einnimmt, von dem aus man die verschiedensten Typen beobachten kann.


    Ich hatte gestern eine ganz niedliche ältere Kundin, die felsenfest der Meinung ist, bei ihr werde demnächst eingebrochen und/oder Schlimmeres. Sie erzählte mir von Markierungen an ihrer Wohnungstür, Zweigen auf dem Bürgersteig usw. usf., die darauf hindeuten würden, dass speziell sie bespitzelt, ausspioniert etc. würde.....Gut, möglich ist es ja. Sie war auch angeblich schon bei der Kripo.


    Aber jetzt kommt`s: DIE Beamten dort hätten ihr geraten, alles fein säuberlich aufzuschreiben und als Buch herauszugeben!....Jo! Alle Achtung! Die Jungs von der Kripo haben offenbar jede Menge Humor...ich hätte jedenfalls beinahe in die Tischkante gebissen, wenn nicht hinter der älteren Lady ein freundlicher älterer Herr gestanden hätte, der mir beim Zuhören der Storys von der Dame kleine Zeichen gegeben hätte....der Art, ich solle das bloß nicht so ernst nehmen.


    Nun erzählte ich das heute morgen ein paar Freunden von mir in einem anderen Forum...und staunte nicht schlecht, als mir dort gesagt wurde, die ältere Dame könnte tatsächlich recht haben mit ihren Beobachtungen. das sogenannte "fahrende Volk" habe früher Hexenzeichen oder auch "Zinken" benutzt.


    Diese Links gaben mir meine Freunde.


    Hier der zweite Link:


    Frage an Babyjane: Du bist doch Polizistin. Kennst Du sowas? Und wenn, was macht ihr dann, ratet den Menschen, etc.?


    Die alte Dame war ja auch eher niedlich, wie gesagt. Hörte sich alles bloß so unglaubhaft an. Aber auf jeden Fall war sie nicht ängstlich, oder so. Sie war im Gegenteil wohl richtig froh drüber, dass mal was los war. Ich glaub, sie hat die Aufregung regelrecht als was Positives genossen.


    Ich wünsche ihr jedenfalls das Beste.


    Gruß
    Baumbart

  • Ich muß gestehen, von diesen "Zinken" habe ich als Kind mal was gelesen.


    Damals gab es auch noch mehr fahrendes Volk als heute, das unterwegs war und an der Haustüre Geschäfte machen und Scheren schleifen und Schnürsenkel verkaufen wollte. Meine Oma hat fest an diese heimlichen Zeichen geglaubt.


    Wir haben damals gerne Kreuze und andere Symbole heimlich an anderer Leute Häuser gemalt. Wie ich gerade aus Baumbarts Link sehe, haben wir mit den "X" ja einen super Volltreffer gelandet. :-)

    Lieben Gruß,


    Batcat


    Ein Buch ist wie ein Garten, den man in der Tasche trägt (aus Arabien)

  • Hm...noch nie was von gehört...allerdings gibts an meinem Arbeitsplatz auf der Autobahn ja auch kaum Häuser, wo man einbrechen könnte....lach....


    Allerdings gewöhnst du dich an die seltsamsten Dinge.......


    als ich in der Ausbildung war packte mich irgendwann mein Ausbilder ein und gab mir eine Rolle Alufolie. "Hier bastel dir ein Hütchen!" Ich sah ihn irritiert an... "Los mach schon bastel dir ein Hütchen und dann umwickel das Funkgerät mit dem Rest der Alufolie.
    Ich hab gedacht, jetzt dreht er durch, und trotzdem getan wie mir geheißen, wir sind zu einer Villa gefahren, ausgestiegen, vor der Türe hat mir mein Ausbilder das Aluhütchen auf den Kopf gestzt und mir das mit Alu umwickelte funkgerät in die Hand gedrückt.
    Eine ältere Dame öffnete uns.
    "Oh nett das sie gekommen sind, sie sind schon wieder da!" flüsterte sie und wackelte mit ihrem Kopf auf dem ein ähnliches Hütchen thronte wie auf meinem.
    Dann lief sie eifrig vor und her zu einem Riesigen Schrank, öffnete die Türe und sagte, " Da sind sie dieses Mal drin." Mein Ausbilder, nickte ernst, "sieht böse aus diesmal.... scheint wir müssen den Meaglotor einsetzen. Gib ihn mir mal." Verständnislos sah ich ihn an, als er mir das Funkgerät aus der Hand nahm. Es ohne Rauschsperre einschaltete und knisternd und rauschend mit dem Ding durch den Schrank wedelte.
    Schließlich hörte ich leise die Stimme unseres Chefs, der sich auf der Wache befand, aus dem Funkgerät dringen: "Wir geben auf, wir geben auf, nicht der Megalotor." Dann ein Knacken und Piepsen und das Funkgerät war still. Die Alte Dame schloß den Schrank, bedankte sich herzlich und wir machten uns wieder vom Acker.
    Im Auto erklärte mein Ausbilder mir, daß die Dame alle paar Monate Außerirdische in ihrem Haus hat, wenn niemand auf ihre Anrufe reagiert und die Außerirdischen mit dem Alu umwickelten Funkgerät vertreibt, dann findet man sie einige Zeit später verwirrt und meist nackt, wie sie durch die Straßen flitzt und sich verängstigt weigert in ihr Haus zurück zu kehren.
    Also stiftet der Chef alle paar Monate eine Rolle Alufolie und ein Team macht sich als Ghostbusters auf den Weg.


    Tja Polizei dein Freund und Helfer.

  • BabyJane,
    mit der Geschichte gibst Du mir fast den Glauben an die Menschheit wieder.
    Klasse.
    Daß Du nichts von 'Zinken' gehört hast, wundert mich ein bißchen, bestätigt aber meine Einschätzung, daß sie als 'Universalsprache' bei Bettlern, Fahrenden etc. eher außer Gebrauch sind.
    Ich kenne sie noch aus den frühen 80ern in Städten, aber auch da ganz selten.
    Drauf gekommen bin ich als Kind, in einem Büchlein aus unserer winzigen Pfarrbibliothek: Wie werde ich Detektiv. Da wurde beschrieben, wie man eine Steckbrief schreibt, was man so beobachten soll, wie man Profile von Autoreifen erkennt, Entfernungen schätzt und (harmlose) Nachbarn verfolgt. Das Morsealphabet gab's auch und eben eine Seite mit den 'Gaunerzinken'. Es war ein ziemlich abgegriffenes Buch, die Kinder in meinem Stadtteil müssen seit Generationen ganz hervorragende Detektive gewesen sein :grin
    magali

    Ich und meine Öffentlichkeit verstehen uns sehr gut: sie hört nicht, was ich sage und ich sage nicht, was sie hören will.
    K. Kraus

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  • :wow :lache BabyJane: Das ist ja eine der besten Alltags-Geschichten, die ich seit langem gehört habe. Klasse!!!!! Die besten Storys schreibt das Leben selbst; wenn Du so was erfindest, meint jeder, es wäre wohl etwas zuuuu übertrieben.


    Noch eine Anmerkung zu den "Gaunerzinken". Das ist wirklich eine alte - und in seltenen Fällen auch noch heute praktizierte - Tradition. Dazu gibt es in bestimmten Gegenden in Süddeutschland auch noch eine völlig eigene Geheimsprache, die von "Fahrenden" benutzt wurde und in manchen Gemeinden lange Zeit als eine Art zweite Alltagssprache benutzt wurde, das "Manische". Nur wenige können sich darin auch noch heute unterhalten. Es gibt zwar einige Aufzeichnungen dazu, die gesprochene Überlieferung und der praktische Sprachgebrauch wird sich aber wohl in absehbarer Zeit leider nicht mehr finden.

  • Zitat

    Original von Rabarat
    @ BJ


    Ist deine Story nicht doch nur eine Mittwochsgeschichte? Oder doch wahr?


    sie ist wahr.....und ich kam mir noch nie so bescheuert vor, wie vor der Haustüre mit diesem dummen Hütchen auf dem Kopf..... :cry

  • Zitat

    Original von Babyjane


    sie ist wahr.....und ich kam mir noch nie so bescheuert vor, wie vor der Haustüre mit diesem dummen Hütchen auf dem Kopf..... :cry


    Ich wette, du warst unwiderstehlich.
    Ihr habt nicht zufällig Photos vom Tatort :lache
    magali

    Ich und meine Öffentlichkeit verstehen uns sehr gut: sie hört nicht, was ich sage und ich sage nicht, was sie hören will.
    K. Kraus

  • Zitat

    Original von Babyjane



    sie ist wahr.....und ich kam mir noch nie so bescheuert vor, wie vor der Haustüre mit diesem dummen Hütchen auf dem Kopf..... :cry


    Das erinnert mich an eine Geschichte, die ich vor Jahren einmal als Sanitäter erlebt habe: Wir mussten eine Frau abholen, die von Terroristen verfolgt, denn eines wusste sie ganz sicher, nämlich dass Christian Klar (die Alten unter uns kennen den namen noch; war ein RAF-Häupting vor gut 20 Jahren) mit ihrem Chef unter einer Decke steckt. Das Problem ließ sich leider nicht so lustig lösen,

  • Rabarat,
    sowas ist meistens nicht lustig zu lösen, ich weiß auch bis heute nicht welcher der Kollegen auf die Ghostbusters Idee kam....wäre da mal neugierig.

  • @ BJ


    aber mal ganz im Ernst. Deine Geschichte zeigt, dass evtl. mancher langjähriger Klapsenaufenthalt durchaus vermeidbar sein könnte, wenn man ein bisschen auf den Hau der Leute eingehen würde, statt ihn ihnen auszutreiben.


    Ich finde die Lösung super! Echt kreativ! Vielleicht sollte das anfangs nur ein (übler) Scherz sein, der sich als Treffer erwies.

  • Zitat

    Original von Alexx61
    BJ..auf so etwas kommen Leute mit gesundem Menschenverstand.
    Der beste Weg mit *Verückten* klarzukommen, ist sich auf deren Niveau zu begeben, bzw. sich den *Schuh* dessen anzuziehen und ein paar Meter mitzulaufen.


    Oh das trifft nicht nur auf *Verrückte* zu auch bei einigen anderen Menschen zieht diese Variante sehr oft....