'Alias Grace' - Kapitel XII - Ende

  • Wow ... was für ein Ende ! Es ging also doch um multiple Persönlichkeitsstörung, wie von Rosha eigentlich von Anfang an vermutet. Da es Mary Whitney tatsächlich gegeben hat, habe ich mich doch recht früh von dieser Idee verabschiedet. :lache Grace wurde von Jeremiah hypnotisiert und ich muß gestehen, daß mir anfangs der Gedanke kam, die zwei spielen Theater, um Grace als unschuldig darzustellen. So, wie die Hypnosesitzung dann aber letztendlich verlaufen ist, kann ich mir nicht vorstellen, daß diese nur gespielt war, denn geholfen hat es ihr weiß Gott nicht.


    Von Dr. Jordans Verhalten war ich sehr enttäuscht. Ich kann verstehen, daß er sich von seiner Vermietern Mrs Humphrey in die Ecke gedrängt gefühlt hat, aber das er durch seine Flucht auch Grace im Stich lassen würde, hätte ich nicht von ihm erwartet. Nicht einmal einen Endbericht, der ihr sicher bei einer frühzeitigen Begnadigung geholfen hätte, hat er ihr ausgestellt.


    Marys Vorhersage trifft nun endlich ein ... Grace heiratet nach dreimaliger Überquerung des Wassers Jamie Walsh. Wirklich glücklich war ich mit diesem Ende nicht, da er doch wesentlich dazu beigetragen hat, daß Grace überhaupt im Gefängnis gelandet ist. Aber es paßt zu Grace ... sie kann verzeihen.


    Auch am Ende des Buches frage ich mich, ob Grace nicht in ihrem Unterbewußtsein wußte, was sie getan hat und deshalb ihre fast 30-jährige Strafe ohne großes Hadern hingenommen hat. Für mich war es jedenfalls ein ganz wundervolles intensives Buch und mit Sicherheit nicht mein letztes von Margaret Atwood.

  • Was für ein Buch! Die letzten Abschnitte flogen nur so vorbei - ich konnte nicht mehr mit dem Lesen aufhören (sehr zum Ärger meines Mannes, der Urlaub hat....) :rofl


    Das Grace eine Persönlichkeitsstörung hat, damit hatte ich auch nicht gerechnet... Wobei die Erinnerungslücken ja eigentlich darauf hindeuteten...


    Zitat

    Original von -Christine-
    Grace wurde von Jeremiah hypnotisiert und ich muß gestehen, daß mir anfangs der Gedanke kam, die zwei spielen Theater, um Grace als unschuldig darzustellen. So, wie die Hypnosesitzung dann aber letztendlich verlaufen ist, kann ich mir nicht vorstellen, daß diese nur gespielt war, denn geholfen hat es ihr weiß Gott nicht..


    Ich dachte auch zuerst, daß die Beiden sich abgesprochen hätten... Aber ich muß Dir zustimmen Christine: diese Sitzung hat Grace sicher nicht geholfen, sondern eher geschadet!


    Dr. Jordan's Verhalten hat mir gar nicht gefallen. Auch sein Verhältnis mit seiner Vermieterin (eine 2.Grace? Die ihren Ehemann umbringen lassen will?) fand ich sehr eigenartig. Ich kann nachvollziehen, daß er sich schnell "vom Acker macht" - aber er hätte sich trotzdem von Grace verabschieden können und seinen Bericht abgeben können.


    Und Jamie heiratet am Ende Grace! Mit diesem "J" hatte ich nun gar nicht mehr gerechnet! Und das Grace ihm vergibt, paßt sehr gut zu ihrem Charakter.


    Alles in allem ein sehr schönes Buch. Es hat mir fast so gut wie "der Report der Magd" gefallen... :wave

  • Auch ich bin durch die letzten Abschnitte nur so hindurchgeflogen. Atwood schreibt richtig gut, sogartig.


    Allerdings war der Schluss nicht so die richtige Überraschung für mich. Im Endeffekt hat sich meine Anfangsvermutung bestätigt, ebenso meine Abneigung Dr. Jordan gegenüber. Jämmerlich, der Knilch.


    Die Szene mit der Hypnose hat mich irritiert. Jeremiah ist doch ein Scharlatan. Wie schafft er es quasi "auf Bestellung" die andere, multiple Persönlichkeit von Grace hervorzuholen? Zu welchem Zweck?


    Was jetzt mit Shades of Grey solche Wellen schlägt, haben Dr. Jordan und seine Vermieterin längst exerziert. Master and slave-Rollenspiele, Macht und Unterwerfung. Mir hat Rachel richtig leid getan. Sie hat anscheinend ihre sexuelle Erfüllung gefunden, sich mit Haut und Haaren in Simon verliebt und sich in die Obsession hineingesteigert. Und dann haut der Mistkerl einfach ab. Ts, ts.

  • Ich muss gestehen, dass ich gar nicht mehr bis hierhin gelesen und irgendwann in der Mitte das Buch abgebrochen hab. Irgendwie interessierte es mich einfach nicht, und auch der wirklich gute Schreibstil konnte mich da nicht durchziehen. Finde es einfach extrem schwierig fuer mich hier diesen Balanceakt zu verfolgen, wo es einerseits um historische Fakten geht (wovon vieles ja in Raetseln liegt) und andererseits totale Fiktion. Das ist mir mit anderen historischen/historisierenden Romanen nie so schwer gefallen wie hier.


    Zitat

    Original von -Christine-
    Es ging also doch um multiple Persönlichkeitsstörung,


    arrrgrrrr, da bin ich erst recht froh, dass ich mich nicht bis um Ende weiter gequaelt habe. So eine Diagnose ist doch inzwischen recht umstritten in der Medizin. Und in diesem Fall kommt es mir als eine zu einfache Loesung vor, um einer echten Antwort in der Schuldfrage aus dem Wege gehen zu koennen.

    Gruss aus Calgary, Canada
    Beatrix


    "Well behaved women rarely make history" -- Laura Thatcher Ulrich

  • Zitat

    Original von Beatrix


    arrrgrrrr, da bin ich erst recht froh, dass ich mich nicht bis um Ende weiter gequaelt habe. So eine Diagnose ist doch inzwischen recht umstritten in der Medizin. Und in diesem Fall kommt es mir als eine zu einfache Loesung vor, um einer echten Antwort in der Schuldfrage aus dem Wege gehen zu koennen.


    Ja, ich fand das auch unbefriedigend. Zumal das Ende irgendwie konsturiert und lieblos daherkam. Die Heirat mit Jamie Walsh fand ich seltsam. Ebenso seine Obsession, sich dauernd bei Grace entschuldigen zu wollen und daraus Befriedigung zu ziehen. Was die Autorin damit bezwecken wollte, entzieht sich meiner Kenntnis.

  • Zitat

    Original von Beatrix
    Ich muss gestehen, dass ich gar nicht mehr bis hierhin gelesen und irgendwann in der Mitte das Buch abgebrochen hab. Irgendwie interessierte es mich einfach nicht, und auch der wirklich gute Schreibstil konnte mich da nicht durchziehen.


    Das ist aber schade, daß du das Buch abbrechen mußtest. Wie gesagt, den Schluß fand ich auch nicht wirklich überzeugend, aber im Großen und Ganzen hat mir der Erzählstil M.A. sehr gut gefallen. Ich hatte mich mit der Geschichte vorher überhaupt nicht befaßt und wußte nicht, daß es damals keine 100%-ige Auflösung des Falles gegeben hat. M.A. hat dem Leser viel Raum für eigene Spekulationen und Meinungen gelassen und das fand ich sehr interessant. Ich bin auf jeden Fall sehr froh, dieses Buch gelesen zu haben.