Der Mann, der niemals schlief - Simon X. Rost

  • Lübbe Verlag 2012, 478 S.


    Über den Inhalt:
    Jahre ist es her, dass Tom zusammen mit seinem Freund Huck St. Petersburg unsicher machte. Jahre, dass er die Stadt verließ, um als Detektiv zu arbeiten. Jahre, in denen er sich einen Namen gemacht hat, das Attentat auf Präsident Lincoln aber nicht verhindern konnte. Seither hat Tom kein Auge mehr zubekommen. Um an der Hochzeit seines Halbbruders Sid teilzunehmen, kehrt er in seine Heimatstadt zurück. Dort aber erwartet ihn keine Hochzeitsfeier, sondern Tante Pollys Beerdigung. Sie wurde heimtückisch erschlagen. Eigentlich hat sich Tom geschworen, nie wieder als Detektiv zu arbeiten. Doch unter Verdacht steht ausgerechnet sein bester Freund Huckleberry Finn ...


    Über den Autor:
    Simon X. Rost, geb. 1972, aufgewachsen in Singapur und Herrenberg /Baden-Württemberg lebt und arbeitet in Stuttgart. Seit Abschluss an der Filmakademie Ludwigsburg arbeitet Simon als freier Autor und Regisseur für Spielfilme, Theaterstücke, Hörspiele und Romane.


    Meine Meinung:
    1865: Wir sind zurück im (fiktiven) St. Petersburg, dem kleinen Ort am Mississippi, in dem Tom Sawyer aufgewachsen ist. Nach vielen Jahren der Abwesenheit kehrt er heim, um an der Hochzeit seines Halbbruders Sid teilzunehmen. Tom hat als Detektiv für die Pinkerton Agentur in Washington gearbeitet, bis er Leibwächter bei Präsident Lincoln wurde. Traumatisiert, weil er das Attentat auf den von ihm hoch verehrten Mann nicht verhindern konnte, leidet Tom seitdem an Schlaflosigkeit. Und was ihn in seinem Heimatort erwartet, trägt auch nicht dazu bei, ihn zur Ruhe kommen zu lassen. Sids Braut entpuppt sich als Becky Thatcher, Toms große Jugendliebe. Und dann wurde auch noch Tante Polly ermordet und Huckleberry Finn soll der Täter sein. Jedenfalls glauben das die Einwohner von St. Petersburg, allen voran Sheriff Joe Harper, Toms Freund aus Kindertagen. Eigentlich wollte Tom nie wieder als Detektiv arbeiten, aber er kann nicht glauben, dass Huck wirklich der Mörder ist. Er beginnt Fragen zu stellen und findet bald heraus, dass es neben Tante Pollys Ermordung noch weitere ungeklärte Vorkommnisse gibt und dass mehrere Frauen aus der Umgebung spurlos verschwunden sind. Tom vermutet, was keinem in dem beschaulichen Ort bisher auffiel: dass hier ein Serientäter am Werk ist.


    Kann man eine solch großartige Geschichte wie die von Tom Sawyer und Huckleberry Finn weitererzählen? Dürfen diese Figuren erwachsen werden? Man kann und sie dürfen!


    Simon X. Rost ist es auf bemerkenswerte Weise gelungen, sich in die Figuren hinzuversetzen und ihre Geschichte fortzuschreiben. Dabei hat er nicht versucht, Mark Twains Schreibweise nachzuahmen, sondern findet seinen ganz eigenen, passenden Erzählstil.


    Rost hat Tom Sawyers Abenteuer gründlich gelesen, seine Zuneigung zu den Figuren spürt man auf jeder Seite und es gelingt ihm sehr glaubhaft, die Geschichte von Tom, Huck und Becky fortzuschreiben. Ich war mit der Entwicklung seiner Protagonisten mehr als einverstanden. Es wirkt alles sehr selbstverständlich und authentisch, es kam beim Lesen nie ein Zweifel daran auf, dass es genau so gewesen sein könnte.


    Rost ist eine außerordentlich spannende Verschmelzung von Krimi und Abenteuerroman gelungen, in die die literarische Vorlage immer wieder liebevoll eingebunden wird. Dabei fließen auch die zeitgeschichtlichen Themen wie das Alltagsleben kurz nach dem Bürgerkrieg, die Rassenprobleme und der aussichtslose Kampf der Indianer um ein selbstbestimmtes Leben mit ein. Es war eine raue Zeit und entsprechend wenig zimperlich geht der Autor mit seinen Figuren um. Der Leser weiß nie mehr als die Hauptfigur und befindet sich so gemeinsam mit Tom auf der Suche nach dem Täter. Das ist durchgängig spannend und unterhaltsam gemacht, auch der Humor kommt nicht zu kurz, so dass ich das Buch nur sehr ungern zwischendurch aus der Hand gelegt habe.

    Es gibt ein sehr informatives Nachwort und man sollte die Warnung des Autors ernst nehmen, dieses erst nach dem Roman zu lesen, denn hier wird Bezug auf den Inhalt genommen.


    Ein Buch, das ich herzlich gerne neben Mark Twains „Tom Sawyer und Huckleberry Finn“ ins Bücherregal stelle. Man kann es sicher auch ohne Kenntnis des Klassikers lesen, der besondere Lesespaß entsteht aber ganz sicher erst bei der etwas wehmütigen Erinnerung an Toms und Hucks und auch die eigene Kindheit.
    Ein mutiges und gelungenes Wagnis des in Deutschland lebenden Autors Simon X. Rost, das mich begeistert hat.

  • Großartiger, spannender und vielseitiger Kriminalroman
    Als Kind war ich großer Fan von Tom Sawyers Abenteuer. Als Erwachsener nahm ich mir neulich mal wieder seine Abenteuer als Detektiv und im Ballon zur Hand und stieß bei Recherchen darüber im Internet zufällig auf Simon X. Rosts Roman „Der Mann, der niemals schlief“. Zugegeben, ich ging mit nicht besonders hohen Erwartungen an das Buch. Einfach aus dem Grund weil es auch zig Verfilmungen über Tom und Hucks Abenteuer gibt und kaum eines davon wirklich gut ist (abgesehen von der TV-Serie aus dem Jahr 1979, die den Geist der Abenteuer und Figuren perfekt einfängt). Warum also sollte es bei diesem Roman anders sein?
    Die Antwort darauf: Weil Simon X. Rost erstens weiß, wovon er schreibt (zumindest hatte ich während des Lesens des Romans stets diesen Eindruck) und zweitens er sämtliche Charaktere mit großem Respekt behandelt. Die Weiterentwicklungen funktionieren und das, was in „Der Mann, der niemals schlief“ geschieht, könnten tatsächlich so mit ihnen passiert sein.
    Aber davon abgesehen ist der Roman eine spannende, vielseitige und angenehm verzwickte Krimi-Geschichte, in der nichts so ist, wie es anfangs scheint. Ich habe das Lesen jeder der insgesamt 478 Seiten sehr genossen, habe gebangt, gerätselt, mitgefiebert und gelacht. Ein wirklich tolles Buch. Nicht nur für jeden Tom-Sawyer-Fan.

  • Tom Sawyer, einer der Helden meiner Kindheit! Als ich JaneDoes Buchvorstellung gesehen habe war mir sofort klar – das muss ich lesen. Und es war ein großartiges Lesevergnügen!


    Simon X. Rost ist es tatsächlich gelungen, den alten Zauber in dieser Fortsetzung wieder aufleben zu lassen. Die scharfzüngige Becky, der coole Tom, die ganze kleinstädtische Atmosphäre mit ihrem kaum verhohlenen Rassismus – und dazu noch eine mitreißend spannende Krimihandlung.


    Eine filmreife Szene reiht sich an die andere, in stetig steigendem Tempo. Am Ende konnte ich mich des Eindrucks nicht ganz erwehren, dass er es absichtlich auf die Spitze treibt mit der Action, hart an der Grenze zum Klamauk. Aber egal, ich habe mich bestens unterhalten mit diesem Buch. Der sarkastisch-ironische Unterton passte für mich perfekt zur Geschichte und war ganz nach meinem Geschmack.


    Einzig der Titel hat mir nicht besonders gefallen, und auch nicht, wie diese Schlaflosigkeit immer wieder bemüht wurde .


    Nach Beendigung des Romans habe ich mir sogleich ein weiteres Buch dieses Autors bestellt :-].