• Taschenbuch: 400 Seiten
• Verlag: Deutscher Taschenbuch Verlag (1. April 2013)
• Sprache: Deutsch
• ISBN-10: 3423249455
• ISBN-13: 978-3423249454
Über die Autorin
Anja Jonuleit wurde in Bonn geboren, wuchs am Bodensee auf und lebte einige Jahre im Ausland. Sie studierte Italienisch und Englisch und arbeitete als Übersetzerin und Dolmetscherin, bis sie anfing, Romane und Geschichten zu schreiben. Sie hat vier Kinder und lebt mit ihrer Familie in der Nähe von Friedrichshafen.
Kurzbeschreibung (Amazon)
»Cho hatte das Gefühl, in einen Schlund zu stürzen. Er fiel und fiel, während er reglos verharrte und zusah, wie die Frau, die ihn Vater genannt hatte, die Tür öffnete, auf den Bürgersteig trat, eine schmale, hochgewachsene Gestalt im dunklen Mantel, und zwischen den parkenden Autos verschwand ...«
In Paris kennt ihn jeder: Monsieur Cho, den geheimnisvollen Teemeister, der die feinste Nase für Tee haben soll. Eines Tages besucht ihn eine junge Frau, Lin, die Erbin einer großen Teedynastie. Sie behauptet, seine Tochter zu sein, und verschwindet noch am selben Tag spurlos ... Cho stellt Nachforschungen an, er muss Lin wiedersehen. Und bald kommt er gefährlich nahe an das schreckliche Geheimnis der mächtigen Familie.
Meine Eindrücke:
Die Geschichte beginnt geheimnisvoll. Monsieur Cho, Meister der chinesischen Teezeremonie, führt ein ruhiges und zurückgezogenes Leben in Paris. Er hat sich in seiner Einsamkeit eingerichtet. Eines Tages taucht eine junge Frau namens Lin bei ihm auf, trinkt bei ihm den zeremoniell bereiteten Tee und verlässt ihn mit den Worten - “Ich danke ihnen, Vater“. Dies reißt ihn komplett aus seinem Gleichgewicht, lange verdrängte Erinnerungen kommen hervor, Erinnerungen an seine große Liebe. Natürlich setzt er alle Hebel in Bewegung um Lin wiederzusehen, sie jedoch ist wie vom Erdboden verschluckt, aber er gibt nicht auf. Seine Suche wird immer intensiver, jedem Faden folgt er, den er aus dem verworrenen und undurchsichtigen Geflecht von Schuld und Verdrängung herausziehen kann. Stück für Stück setzt er die Geschichte eines Dramas von verblüffenden Ausmaßen zusammen, welches die immer schon psychisch labile Émilie damals endgültig zusammen brechen ließ.
Émilie, ätherisch, verträumt und künstlerisch begabt, entspricht ganz und gar nicht den Vorstellungen ihrer dominanten Mutter. Statt sich für das familieneigene Teeimperium zu interessieren, studiert sie gegen den Willen ihrer Eltern (vor allem der Mutter) an der Kunstakademie. Sie glaubt sich dort glücklich zu fühlen, gerät in Kontakt mit Drogen, die sie an die Schwelle des Todes bringen. Ihre Mutter ist entsetzt, möchte Émilie beschützen, wiederum ihr weiteres Leben planen und schickt sie nach dem Entzug auf eine Teeplantage nach China. Lange hat Émilie Probleme, sich in der Fremde einzugewöhnen und lernt doch irgendwann das Leben dort zu mögen. Sie liebt „den Garten der tausend Träume“ – und sie trifft Cho…
Cho und seine Ermittlungen bewegen sich in der Gegenwart, der Erzählstrang mit und um Émilie beginnt im Jahr 1978. In zumeist kurzen Kapiteln wechselt die Autorin zwischen den beiden Erzählebenen und manchmal hatte ich das Gefühl, sie flössen irgendwie ineinander.
Es ist ein vielschichtiger Roman voller emotionaler Tiefe, auch in Sprache und Erzählweise. Mir sind viele wunderschöne, exquisite Formulierungen und eindrucksvolle sprachliche Bilder in Erinnerung geblieben.
Je mehr Puzzlestückchen Cho zusammensetzt und sich die Hinweise auf ein Verbrechen mehren, desto spannender wird die Geschichte.
Am Ende schienen mir alle Fäden verknüpft – und deren gab es wirklich viele. Den Schluss fand ich gelungen - irgendwie Abschluss und möglicher Anfang zugleich.
Tee und auch dessen zeremonielle Zubereitung spielen hier eine größere Nebenrolle. Die Informationen dazu fand ich ganz interessant, gingen aber nicht in die Tiefe. Nach meinem Eindruck bildeten sie lediglich den Rahmen für Geschehnisse, die auch in einem anderen Umfeld hätten angesiedelt werden können.
Ich habe das Buch gern und mit Interesse gelesen, weil es seine Geschichte so klug und feinfühlig erzählt. Wirklich mitgerissen war ich nicht, wohl wegen der Figur Émilie. Menschen wie sie, labil, versponnen, schwer neurotisch und immer auf der Flucht vor der Realität sind einfach nicht meine Welt und ich bekomme nur schwer, meist gar keinen Zugang zu ihnen.
Wer vielschichtige, dramatische Familiengeschichten mag, wird hier sicher nicht enttäuscht werden.
Edit: Ich möchte noch ergänzen, dass das Buch keine 400 S. umfasst, es enthält bestimmt 50 komplett leere Seiten :wow.