Sigrid Undset (* 20. Mai 1882 in Kalundborg, Dänemark; † 10. Juni 1949 in Lillehammer, Norwegen) war eine norwegische Romanautorin, Novellistin und Essayistin. Sie erhielt 1928 den Nobelpreis für Literatur.
"Kristin Lavranstochter" ist ein dreibändiges Werk, das in den Jahren 1925 - 27 entstand. "Die Frau" ist der zweite Teil. Ohne Kenntnis des ersten Teils bleibt manches unverständlich. Viele Dinge, die im zweiten Teil aufgelöst werden, sind im ersten angedeutet worden.
Inhalt
Kristin hat sich gegen ihre Eltern durchgesetzt und ihre große Liebe Erlend geheiratet. Sie stürzt sich in die Arbeit, um den vernachlässigten Hof ihres Mannes wieder auf Vordermann zu bringen. Doch glücklich ist sie nicht, da sie große Schuldgefühle und Heimweh plagen. Schuldig, weil ihr Kind, das sie erwartet, unehelich gezeugt wurde, weil sie ihre Eltern belogen und enttäuscht hat, weil sie jede Menge christliche Gebote gebrochen hat, weil sie sich mitschuldig am Tod von Erlends ehemaliger Geliebter fühlt. Nach der Geburt ihres ersten Kindes pilgert sie zum Bischof, um Lossprechung von ihren Sünden zu erlangen.
Auf ihrem Pilgerweg hat sie Gelegenheit, über sich und ihre Beweggründe in Bezug auf ihre große Liebe klar zu werden. Dabei fühlt sie sich nur schlecht, egoistisch und sündig. Das, was sich im ersten Band als Emanzipation andeutet, versteht sie selbst als eigensinniges Aufmucken, wodurch sie sich an Gott und an ihren Eltern vergangen hat. Zwar bereut sie nicht, sich gegen die arrangierte Ehe gewehrt zu haben, sondern wie sie ihren Willen durchgesetzt hat.
Trotz des Sündennachlasses kann Kristin sich und ihrem Mann ihre Verfehlungen nicht verzeihen. Außerdem erkennt sie jetzt die Schwächen ihres Mannes, der zwar freundlich und tatkräftig, aber unvernünftig und leichtfertig ist. Erlend wiederum ist die, wie er meint, übertriebene Frömmigkeit seiner Frau ein Dorn im Auge. Es senkt sich ein Schatten über die Ehe. Doch trotz vieler Verletzungen verlieren sie ihre Liebe zueinander nicht.
Meinung
Im zweiten Teil geht der Blickwinkel nicht mehr so häufig von Kristin aus, so dass der Leser mehr Einblick in die Gedankenwelt anderer Personen erhält. Dadurch werden die Akteure mit ihren unterschiedlichen Charakterzügen, wie sie über die Jahre wachsen und lernen, und die Beziehungen zueinander wunderbar anschaulich.
Fast noch mehr als im ersten Teil erfährt der Leser über das Alltagsleben, die Bräuche bei Taufe, Hochzeit und Beerdigungen oder auch über die Art zu Denken, über Ehre und Schicklichkeit. Briefe sind wochenlang unterwegs, Verwandte können sich über lange Zeiträume nicht besuchen.
Außerdem ist der Leser Zaungast bei den politischen Gesprächen. Ohne entsprechende Vorbildung versteht man nicht viel von den verworrenen Beziehungen zwischen Norwegen, Schweden und Dänemark, worüber man aber auch hinweglesen kann.
Zeitweise war es für mich schwer erträglich, über die in meinen Augen übertriebene Frömmigkeit zu lesen. Doch auch das gehört zu dieser Zeit. Zwar ist der Glaube ein Hilfsmittel, um die zahlreichen Schicksalsschläge zu überstehen, im Glauben an ein Leben nach dem Tod. Doch andererseits verbreitet dieser Glaube auch sehr viel Angst. Die Menschen sorgen sich um das Seelenheil ihrer neugeborenen Kinder, solange sie noch nicht getauft sind. Manche gehen ins Kloster, um damit von Gott Heilung für kranke Familienangehörige zu erkaufen. Die Menschen befürchten Gottes Strafe für ihre Untaten und, dass ihre Sünden an ihren Kinder vergolten werden. Das geht soweit, dass Kristin es für unverdiente Gnade hält, dass ihr erstes Kind gesund geboren wurde.
Das Glanzlicht in diesem Buch ist für mich die Vater-Tochter-Beziehung. Im ersten Teil beschränkt sich diese auf das liebevolle Verhältnis eines Vaters zu seinem Kind und umgekehrt. Im zweiten Teil ist Kristin erwachsen. Trotz der arg strapazierten Beziehung bleibt ihre Liebe zueinander über die ganzen Jahre bestehen. Seit sie selbst ein Kind hat, kann sie ihre Eltern in ihren Sorgen um sie als Kind besser verstehen und durchschaut die Probleme in der Ehe ihrer Eltern. Doch auch ihr Vater erinnert sich an früher, als er jung war, erkennt, was damals in seiner Ehe falsch gelaufen ist, und bringt die Stärke auf, noch manches in Ordnung zu bringen.
In vielfacher Hinsicht schließt sich der Kreis.
Tipp:
Hilfreich wäre es, von Anfang an ein Personenverzeichnis anzulegen, da sehr viele Personen mit für uns ungewohnten Namen vorkommen.
Edit: Ich habe eine ISBN einsetzt (statt der B... Nummer), damit das Buch auch im Verzeichnis auftaucht. LG JaneDoe