Sturmwolken am Horizont - Elisabeth Büchle

  • Alles um sie herum befand sich im Umbruch; eine Entwicklung löste die vorherigen in rasanter Geschwindigkeit ab, noch ehe Anki sie vollständig erfassen konnte. Sicherheit gab es nicht. (Seite 359)


    478 Seiten, gebunden
    Verlag: Gerth Medien GmbH, Aßlar 2013
    ISBN-10: 3-86591-921-9
    ISBN-13: 978-3-86591-921-2


    Die Meindorff-Saga:
    1) Himmel über fremdem Land
    2) Sturmwolken am Horizont
    3) Hoffnung eines neuen Tages



    Zum Inhalt (Quelle: eigene Angabe)

    Der Erste Weltkrieg hat begonnen und macht auch vor den über Europa verstreuten Meindorffs nicht Halt. Während Phlippe Flugzeuge baut und Piloten ausbildet, versucht Demy den Haushalt im Stammhaus in Berlin am Laufen zu halten. Anki in St. Petersburg / Petrograd hat sich in den jungen Arzt Robert Busch verliebt, doch der gerät unversehens zwischen die Fronten.



    Über die Autorin


    Elisabeth Büchle wurde 1969 in Trossingen geboren und absolvierte sowohl eine Ausbildung zur Bürokauffrau als auch zur Altenpflegerin. Sie wohnt mit ihrem Mann und den fünf Kindern im süddeutschen Raum.


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    Vorbemerkung


    Um Mißverständnisse zu vermeiden: Das ist in einem christlichen Verlag erschienen. Das Thema Religion und Glaube an Gott wird also nicht, wie ansonsten heute üblich, ausgeblendet bzw. ignoriert, sondern ist bei einzelnen Figuren Bestandteil ihrer Persönlichkeit und kommen dementsprechend im Buch vor.



    Meine Meinung


    Da sitz ich nun, ich armer Tor, und weiß nicht so recht, wie ich das, was nach Abschluß des Buches in mir tobt, in Worte fassen soll. Denn es ist ein Ding, ein Sachbuch über den Ersten Weltkrieg zu lesen, aber ein ganz Anderes, die gleichen Geschehnisse in einem Roman anhand konkreter, teilweise historischer, Figuren erzählt zu bekommen.


    Es sind nicht immer die Kriegsbeschreibungen, und von denen gibt es einige im Buch, die emotional am Heftigsten wirken. Viel eher sind es die Geschehnisse abseits der Front, die aufwühlen. Im direkten Kugelhagel bleibt nicht viel Zeit zum Nachdenken, aber im Lazarett, zuhause bei den Familien vermag es den Leser um so härter zu packen und das Grauen, das Unsinnige eines Krieges, in dem Freunde plötzlich zu Feinden werden, in all seiner Fürchterlichkeit vor Augen zu führen.


    Hatte ich mit dem ersten Band der Trilogie, der noch recht deutlich die Merkmale einer Familiengeschichte aufwies, so meine Schwierigkeiten, hat mich dieser recht schnell gepackt und in seinen Bann gezogen. Zwar spielen auch hier eine Reihe von Angehörigen der Familie Meindorff eine Rolle, aber eingebettet in die historischen Ereignisse ist es vor allem ein historischer Roman, in welchem eine Reihe der Figuren durch verwandtschaftliche Verhältnisse miteinander verbunden sind.


    Manche der Ereignisse waren mir aus den Geschichtsbüchern vertraut. In den Anmerkungen finden sich dann Erläuterungen zu wesentlichen Vorkommnissen, im Personenregister werden die historischen Personen kurz vorgestellt. Es hat mich erstaunt, wie gut die Autorin ihre fiktiven Figuren in die Historie eingefügt hat - als ob sie dabei gewesen wäre und nun ihre Erzählung darüber schreibt.


    Es gab einige Szenen im Buch, die ich als hochemotional und aufwühlend empfand, die ich hier aber ohne zu spoilern nicht erwähnen kann. Und es gab eine Konstellation, an der ich unwillkürlich an einen anderen Arzt und seine Krankenschwester denken mußte, auch wenn deren Verhältnis zueinander sehr verschieden von dem von Robert Busch zur Schwester hier ist. Auf der anderen Seite der Front, in ganz anderer Gegend, aber im gleichen Weltkrieg. Jurij Andréitsch Schiwago und Lara Fjodorowna Antipov. Ich kann nur hoffen, daß die Autorin mit den Figuren hier gnädiger verfährt als Pasternak mit den seinen.


    Überhaupt fand ich die Stimmung an den verschiedenen Schauplätzen gut getroffen. Egal, an welchem Ort die Handlung spielte, ich hatte immer das Gefühl, mitten drin dabei zu sein. Die Figuren waren zum Leben erwacht, das Kopfkino lieferte farbige Bilder, die ich aber vermutlich nicht unbedingt im Kino oder auf dem TV-Bildschirm sehen möchte. Denn was hier der Fantasie überlasssen bleibt oder nur angedeutet wird, würde dort unbarmherzig gezeigt werden müssen. Oder ließe sich nur schwer in die Filmsprache übersetzen.


    Wo man hinschaut, scheint die Welt im Umbruch zu sein. Geht eine Ordnung unter, ohne daß ersichtlich wäre, was für eine neue folgen wird. Mein Vater wurde in den letzten Tagen des Ersten Weltkrieges geboren. Ich habe mich oft gefragt, wie das damals für die Menschen wohl gewesen ist, in was für eine Welt die Kinder hineingeboren wurden. Hier im Buch wird diese Welt lebendig, diese Frage zumindest teilweise beantwortet.


    „Sturmwolken über dem Horizont“ hat mir deutlich besser gefallen als „Himmel über fremdem Land“. Mit einer gewissen Beklemmung beginne ich nun den dritten und abschließenden Band der Trilogie. und ich habe durchaus Angst um Philippe und Demy, Hannes und Edith, Robert und Anki, um Henny, die Chabenskis und wie sie alle heißen. Denn ich fürchte, nicht alle werden die letzten Kriegsjahre überleben. Ein starker und mitreißender Mittelband der Trilogie, unbedingt lesenswert.



    Kurzfassung


    Im Sturm fegen die Jahre des Ersten Weltkrieges die Welt- und Gesellschaftsordnung hinweg. Lesenswertes Porträt einer untergehenden Epoche.


    Edit hat einen Link ergänzt
    .

    Unter den Büchern finden wir wieder, was uns in der Fremde entschwand, Frieden im Innern und Frieden mit unserer Umgebung.
    (Gustav Freytag, 1816 - 1895, aus "Die verlorene Handschrift")

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  • Zitat

    Original von SiCollier
    Mein Vater wurde in den letzten Tagen des Ersten Weltkrieges geboren. Ich habe mich oft gefragt, wie das damals für die Menschen wohl gewesen ist, in was für eine Welt die Kinder hineingeboren wurden.


    Einer meiner Großväter war Teilnehmer an diesem Krieg. Seine Erlebnisse und Traumata haben auch die Enkelgeneration noch beeinflusst. Teilweise eben auch durch sein Schweigen, durch sein Handeln. Wie sehr seine Gefühle beschädigt waren, habe ich nie wirklich herausfinden können, aber ich fürchte, er war nicht der Einzige, dem es so ging. Und ich glaube, dass vieles, was dann nach dem Zusammenbruch des Kaiserreichs und in der Weimarer Republik geschah, seine Ursache auch in den nicht aufgearbeiteten Folgen des Krieges hatte.

  • Zitat

    Original von Lipperin
    Einer meiner Großväter war Teilnehmer an diesem Krieg.


    Mein Großvater mütterlicherseits ebenfalls. Allerdings habe ich keine Ahnung, wie er davon beeinflußt wurde, er starb bereits 1931. Familienintern hieß es, an den Folgen des 1. Weltkrieges (schlechte Ernährung etc.).


    Zitat

    Original von Lipperin
    Und ich glaube, dass vieles, was dann nach dem Zusammenbruch des Kaiserreichs und in der Weimarer Republik geschah, seine Ursache auch in den nicht aufgearbeiteten Folgen des Krieges hatte.


    Es ist hier sicherlich kein Spoiler für den dritten Band, wenn ich erwähne, daß Elisabeth Büchle genau diese Entwicklung in ihren Anfängen dort (3. Band) mit schon beängstigender Deutlichkeit aufgezeigt hat.

    Unter den Büchern finden wir wieder, was uns in der Fremde entschwand, Frieden im Innern und Frieden mit unserer Umgebung.
    (Gustav Freytag, 1816 - 1895, aus "Die verlorene Handschrift")

  • Die Meindorf - Saga


    Band 1 : Himmel über fremden Land


    Band 2 : Sturmwolken am Horizont


    Band 3 : Hoffnung eines neuen Tages


    " Sturmwolken am Horizont "


    Philippe begegnet auf einem Ball überraschend Demy von Campen in
    Frankreich , die zu einer jungen hübschen Frau heran gereift ist.
    Der 1. Weltkrieg bricht aus und Demy muss aus Frankreich fliehen, mit
    Philippe an ihrer Seite . Eine waghalsige und Abenteuerliche Flucht
    beginnt.


    Auch Anki im fernen St. Petersburg ist von dem Krieg betroffen.
    Sie hat sich in den jungen Arzt Robert Busch verliebt , aber über
    ihrem jungen Glück ziehen dunkle Wolken auf. Das Leben in Russland
    ist gefährlich geworden.


    Auch im Hause Meindorff geht es seit dem Ausbruch des Krieges
    drunter und drüber. Die Söhne sind im Krieg und der Alte Patriarch
    erkrankt schwer. Demy wie immer Tatkräftig übernimmt die Führung ,
    sie nimmt Kriegswaisen auf . Die Lebensmittel sind Knapp und es
    herrscht große Not in Berlin. Aber irgendwie schafft sie es , auch
    Dank der Unterstützung des Personals im Hause, die sie Tatkräftig
    unterstützen.


    Das Geständnis ihrer sterbenden Schwester Tilla , über ihren
    Vater , öffnet ihr die Augen. Sie weiß nun endlich warum sie und
    Anika aus dem Haus mussten. Sie ist sehr erschüttert , auch über
    Tillas Tod.


    Aber das Leben muss weiter gehen . Wie viel Unheil , Leid und
    Trauer der Krieg noch bringen wird , ahnt noch keiner von ihnen, noch
    sind alle voll Hoffnung auf einen baldigen Frieden.....


    Die Autorin E. Büchle schafft es wieder einen in den Bann der
    Familiensaga zu ziehen.


    Spannend , fesselnd und facettenreich erzählt sie von Freud ,Leid
    und den Schicksalen,


    der Menschen des Hauses Meindorrfs und den übrigen Menschen im 1.
    Weltkrieg.


    Die Protagonisten wirken sehr lebendig und man wird eins mit
    ihnen. Auch die Hintergründe der Handlung sind sehr gut
    rescheschiert.


    Eine gelungene , bewegende Familiensaga . Menschen die um ihr Leben kämpfen und ihre Liebe. Ein starke Geschichte voller Gefühle. Die einem nicht kalt lässt.

  • "Sturmwolken am Horizont" von Elisabeth Büchle ist der zweite Teil einer Trilogie. Zum besseren Verständnis empfehle ich auf jeden Fall, zuvor Band 1 zu lesen.


    In diesem zweiten Band geht die Geschichte der Schwestern Demy, Anki und Tilla weiter, wobei hier Ankis Schicksal im Vordergrund steht. Anki ist immer noch Kindermädchen in Russland, als 1914 der Erste Weltkrieg ausbricht. Sie steht vor der Wahl, in Russland bei ihren geliebten Schützlingen zu bleiben, oder zurück nach Deutschland zu ihren Schwestern Tilla und Demy zu reisen.


    Auch Robert, der Arzt der Familie, in den Anki sich verliebt hat, reist mit seiner Familie nach Deutschland zurück. Wie wird Anki sich letztendlich entscheiden?


    Aber auch die Geschichte um Demy geht weiter. War sie in Band 1 noch ein junges Mädchen, so ist sie in diesem Band schon erwachsen geworden und entwickelt sich immer mehr zu einer starken und selbstbewussten Frau.


    Es hat mir viel Freude gemacht, Anki und Demy zu begleiten, ihre Gefühle nachzuempfinden und mit ihnen zu bangen und zu hoffen.


    Die Geschichte wird immer abwechselnd erzählt. Mal befindet sich der Leser bei Anki in Russland, dann bei Demy in Berlin, mal auch bei Hannes oder aber Philippe in Frankreich. Stück für Stück gehen so die einzelnen Handlungsstränge voran, so dass es immer spannend bleibt.


    Die Figuren sind alle sehr charakterstark, so dass sie mir schnell ans Herz gewachsen sind. Besonders Demy mag ich sehr und bin auf ihr weiteres Schicksal sehr gespannt. So freue ich mich natürlich, nun bald den Abschluss der Trilogie lesen zu können!

  • „Sturmwolken am Horizont“ ist ein historischer Roman von Elisabeth Büchle, der 2013 bei Lübbe als Hardcover erschienen ist. Es ist der zweite Band der dreiteiligen Meindorff-Saga. Dieser Roman ist auch ohne Kenntnis des ersten Bandes „Himmel über fremdem Land“ gut verständlich. Trotzdem empfehle ich nach Möglichkeit den ersten Band vorweg zu lesen.
    Wieder stehen die Söhne der Meindorff-Familie und die van Campen Schwestern im Mittelpunkt der Geschichte. Dieser Teil der Trilogie spielt in den ersten Jahren des ersten Weltkriegs. Ein Schwerpunkt liegt diesmal in St. Petersburg, wo Anki van Campen als Kindermädchen in einer russischen Offiziersfamilie tätig ist. Sie verliebt sich dort in den Arzt Robert Busch und begegnet auch Rasputin. Das Hauptaugenmerk liegt aber auf dem Berliner Part der Geschichte. Die Meindorff-Söhne sind in den Krieg gezogen, das Familienoberhaupt schwächelt und Demy übernimmt die Verantwortung für den Haushalt. Die Weiterentwicklung der Figuren hat mich sehr beeindruckt. In schon aus dem ersten Band gewohnter Weise beleuchtet die Autorin diverse Themen, ohne das die eigentliche Geschichte darunter leidet. Durch viele Perspektivwechsel wird die Spannung noch erhöht und man liest immer weiter. Auch Nebenfiguren sind mit viel Aufwand und Akribie gekennzeichnet und die Handlung nimmt manchen unerwarteten Pfad. Ein absoluter Sympathieträger sind Anki und Demy van Campen, die sich als sehr junge aber auch sehr starke Frauen erweisen. Allein noch offen bleibt die Frage, wer Demys Herz erobern wird. Ich warte schon voller Ungeduld auf die Lektüre des abschließenden Bandes „Hoffnung eines neuen Tages“. Das van Campen Universum lässt mich nicht mehr los!

    :lesend James Lee Burke - Die Tote im Eisblock

    hörend: Hanna von Feilitzsch - Bittersüße Mandeln

  • Den ersten Band habe ich letzte Woche mit Begeisterung gelesen, deshalb mußte ich gleich weitermachen.


    Zum Inhalt wurde bereits alles gesagt. Ich finde die Autorin hat die Stimmung der Zeit sehr gut vermittelt und die einzelnen Familienmitglieder darin eingebettet. Sie hat die jeweiligen Länder und die Atmosphäre lebendig werden lassen - ob es nun Deutschland oder Rußland war. Man konnte mit den Figuren leben und mußte mit ihnen leiden.


    Für mich wieder ein echtes Highlight. Die Autorin und die Trilogie habe ich hier im Forum gesehen und sie ist für mich eine Entdeckung. Den 3. Band werde ich mir zeitnah besorgen, denn ich will jetzt wissen wie es weitergeht.


    Eindeutig 10 Eulenpunkte!

  • Eigentlich kann man der Rezi von SiCollier nicht wirklich etwas hinzufügen, und zur Handlung ist ja wirklich schon alles gesagt, aber meinen Eindruck muß ich doch trotzdem loswerden:


    Fand ich den ersten Teil noch etwas "ruhig", auch wenn man die dunklen Wolken am Horizont auch hier schon erahnen konnte, so legt dieser zweite Teil noch gewaltig nach. Gleich zu Anfang zieht Deutschland in den Krieg, voller Begeisterung bejubelt man die ausziehenden Soldaten, niemand ahnt das dieser Krieg die Welt für immer verändern wird.


    Die Autorin hat ihre Hautfiguren absolut geschickt platziert: in Berlin, an der Front, bei den Piloten, im Lazarett, sogar in St. Petersburg/Petrograd, um so ausführlich und weitläufig erzählen zu können was sich an verschiedenen Orten ereignet hat.
    Mir hat - und das hätte ich nicht gedacht - der Handlungsstrang um Anki und Robert in Russland am besten gefallen.


    Ich hatte nicht das Gefühl das die Autorin die Szenen unnötig brutal oder ausufernd beschreibt, trotzdem bleibt einem manchmal einfach der Atem weg, denn die Realität ist brutal und schrecklich genug.


    Für diesen zweiten Teil gibt es von mir die volle Punktzahl! Selten hat mich ein Buch so begeistert