ich mache dann mal den anfang

  • da ich meinen "dumm gelaufen"-beitrag gern ins eulenbuch geben möchte, würde ich gern wissen, was ich tun kann, um ein wenig mehr in richtung "schönstmöglicher stil" zu tendieren.
    mir ist bewusst, dass einiges, was dazu geschrieben wird, meinem ego nicht unbedingt förderlich sein könnte, aber ich vertraue darauf, dass alles, was von bereits registrierten(!) usern hier geäussert wird, dazu dienen soll, mir zu helfen.
    einige bearbeitungen nehme ich gleich selbst vor (das eingesternte soll raus)


    DER STRATEGE:


    Wohlgefällig betrachtete er sich im Spiegel.
    Auf seinem solariumgebräunten Körper waren noch die Spuren des großzügig verspühten "Aramis" zu sehen. Während die letzten Tröpfchen verschwanden, legte er sich sein Goldkettchen um und freute sich wieder einmal, das Krokodil günstig am Strand von Antalya erstanden zu haben. Jetzt noch das Hemd und die Jeans, seine Papiere und seine Brieftasche - fertig.
    *Fröhlich* pfeifend, immer drei Stufen auf einmal nehmend, würdigte er die *mühsam* mit ihren kleinen Einkaufsbeuteln die Treppe hinaufkeuchende Rentnerin aus der seiner Behausung gegenüber liegenden Wohnung kaum eines Blickes. Seine Gedanken waren bereits bei seiner Verabredung. Heute würde er Bianca zum Essen einladen. Natürlich nicht in ein wirklich gutes Restaurant, so etwas würde diese Vorzimmerschnepfe ohnehin nicht zu würdigen wissen und *wirklich* viel ausgeben wollte er *auch* nicht. Er war sicher, auch so zum Ziele zu kommen. Freilich, *auch* (neu: selbst) für das Schmuddellokal - gegenüber dem Stehimbiss, in dem sie sich sonst getroffen hatten, immerhin eine Steigerung - reichte seine Barschaft nicht. Aber deshalb machte er *ja auch* (neu: schliesslich) noch den Abstecher ins Altenwohnheim.
    Tante Malwine würde sich bestimmt freuen, wenn er sie wieder einmal besuchte und sich, die Ohren innerlich auf Durchzug stellend, ihre immergleichen Geschichten von ihrem Dasein im Krieg, als Trümmerfrau, kinderlose Kriegswitwe, Putzfrau und nun seit Jahren Heiminsassin scheinbar interessiert anhörte.
    Und sicher würde sie *auch* wieder aus lauter Dankbarkeit ein, zwei Scheinchen rüberrücken.
    Wofür sollte sie denn *auch* sonst ihre bescheidene Rente ausgeben? Was brauchte sie noch, was sie da nicht schon hatte, die alte Frau, die sich ihr Zimmer mit 2 anderen Omas teilte? Er hingegen war jung und hungrig. Damit sie *auch ja* Zeit genug hatte, das Geld zu besorgen, hatte er ihr seinen Besuch extra 2 Wochen vorher per Postkarte angekündigt. Jetzt noch schnell zu Aldi, für 3,99€ einen Blumenstrauss besorgt. Nicht mehr ganz frisch? So gut waren Tante Malwines Augen zum Glück nicht mehr...


    Jens unterdrückte ein Gähnen. Jetzt keinesfalls schlapp machen! Eine halbe Stunde musste er schon durchhalten, dann würde sie ihre Börse zücken und dann hielte ihn nichts mehr ab, Bianca genügend in Stimmung zu versetzen, damit sie nicht länger Sperenzchen machte.
    Er schrak zusammen. Schon eine Weile war der Redefluss der Alten versiegt.
    "Wie interessant du immer zu plaudern verstehst, liebes Tantchen" rang er sich ab und lächelte *strahlend*. "Aber jetzt muss ich leider. Ich treffe mich heute noch mit einigen Studienkollegen. Du weisst ja..."
    "Da werdet ihr sicher einige Biere trinken und du kannst bestimmt auch sonst einen *kleinen* Zuschuss gebrauchen, nicht wahr?" fragte Tante Malwine, von seinen Augen gierig verfolgt in ihrem uralten Handtäschchen nach der Börse greifend. Da, zwei Hunderter hatte sie in der Hand. Das war *ja* mehr, als er zu hoffen gewagt hatte, das würde *auch* (neu: zusätzlich) noch für Susi und Marianne reichen. Und für eine neue Solariums10erkarte obendrein.
    "Aber das ist doch nicht nötig, Tantchen..." wehrte er zum Schein ab, die Hand schon in Richtung auf die Spende hinbewegend.
    "Nein? Da bin ich aber froh! Ich habe zur Zeit so hohe Medikamentenkosten, da wäre es mir wirklich sehr schwergefallen," sagte Tante Malwine - und steckte mit einem dankbaren Lächeln ihre Börse wieder weg.

    "Ein Buch ist wie ein Spiegel: Wenn ein Affe hineinschaut, kann kein Weiser herausschauen."(Lichtenberg)

  • Huhu, Frosch1.


    Du wolltest ja wissen, was ich mit "nicht der schönstmögliche Stil" gemeint habe. Okay, here we go:


    Zitat

    Wohlgefällig betrachtete er sich im Spiegel.


    Gleich das erste Wort ein Adjektiv :grin - und dann auch noch ein schwer verstehbares (weil wenig gebräuchliches) und behauptendes. Wie wäre es mit "Lächelnd" stattdessen?


    Zitat

    Auf seinem solariumgebräunten Körper waren noch die Spuren des großzügig verspühten "Aramis" zu sehen.


    Die Perspektive hälst Du später nicht ganz durch (Du wechselst zwischen Innen- und Außenansicht, gleich im nächsten Satz). Bei "Aramis" setzt Du voraus, daß man weiß, daß es sich um ein Eau de Toilette handelt (gibt's das überhaupt noch, "Aramis"?). Dieser Satz ist insgesamt seltsam und etwas zu kompliziert. Es ist nicht nötig, einen Betrachter einzuführen ("waren ... zu sehen"). "Auf seinem Oberkörper glitzerten Spuren des großzügig versprühten Parfums." Oder so.


    Zitat

    Während die letzten Tröpfchen verschwanden, legte er sich sein Goldkettchen um und freute sich wieder einmal, das Krokodil günstig am Strand von Antalya erstanden zu haben.


    Du verbindest zwei - eigentlich sogar drei - Dinge, die nichts miteiander zu tun haben, um mit "Während" anfangen zu können. Wie so oft Informationsoverkill innerhalb eines Satzes. Bei "Krokodil" dachte ich eigentlich an Lacoste-Hemden, zumal man dieses Zeug ja auch billig an den Stränden dieser Welt kauft. Sprachlich ein bißchen zu dick aufgetragen - "erstanden".


    Zitat

    Jetzt noch das Hemd und die Jeans, seine Papiere und seine Brieftasche - fertig.


    Völlig - absolut völlig - überflüssig. Der Satz hat nicht den leisesten Sinn, außer vielleicht den, dem Leser die Angst zu nehmen, der Held würde nackt losgehen. Dafür ist es aber nicht nötig, alles aufzuzählen. Davon abgesehen beißt sich dieser Stil mit dem des vorigen Satzes.


    Zitat

    Pfeifend, immer drei Stufen auf einmal nehmend, würdigte er die mit ihren kleinen Einkaufsbeuteln die Treppe hinaufkeuchende Rentnerin aus der seiner Behausung gegenüber liegenden Wohnung kaum eines Blickes.


    Sowas kann man in gut und gerne drei Sätze stecken. "Behausung" fällt in die Kategorie "erstanden". Gnadenloser Informationsoverkill. Auch hier wieder ein kleines Perspektivproblem. Wenn er sie keines Blickes würdigt - wer sieht dann die Rentnerin? Wer erzählt von ihr?


    Zitat

    Natürlich nicht in ein wirklich gutes Restaurant, so etwas würde diese Vorzimmerschnepfe ohnehin nicht zu würdigen wissen und viel ausgeben wollte er nicht. Er war sicher, auch so zum Ziele zu kommen. Freilich, selbst für das Schmuddellokal - gegenüber dem Stehimbiss, in dem sie sich sonst getroffen hatten, immerhin eine Steigerung - reichte seine Barschaft nicht. Aber deshalb machte er schliesslich noch den Abstecher ins Altenwohnheim.


    "Natürlich nicht in ein wirklich gutes .." - "wirklich" kann m.E. raus. "würde" bildet einen Binnenreim mit "würdigen", Konjunktiv ist immer problematisch. Kruder Satz, unschön. "auch so zum Ziele zu kommen" - auch wieder zu dick. Der "Freilich ..."-Satz kann in zwei gesplittet werden. Holprig.


    Zitat

    Tante Malwine würde sich bestimmt freuen, wenn er sie wieder einmal besuchte und sich, die Ohren innerlich auf Durchzug stellend, ihre immergleichen Geschichten von ihrem Dasein im Krieg, als Trümmerfrau, kinderlose Kriegswitwe, Putzfrau und nun seit Jahren Heiminsassin scheinbar interessiert anhörte.


    Das liest sich einfach nicht gut. Tausend Sachen müssen in einem Satz untergebracht werden - warum nur? Waren 45/46 die Satzzeichen knapp? :grin


    Die Story ist von der Idee und Anlage her wirklich nett. Zumal sich viele wiederfinden/-erkennen werden - dieses Spielchen mit dem Etwashabenwollen, dabei aber so zu tun, als würde man es ablehnen ("Sie lehnten höflich ab, griffen aber tüchtig zu."). Im vorliegenden Fall: Pech gehabt. Eben dumm gelaufen. Die Resthöflichkeit dieses Schnösels hat ihm den Abend verdorben.


    Aber es kommt eben nicht nur auf das Was an, sondern auch und vor allem auf das Wie.

  • Danke, Tom.
    Zuerst wollte ich mich frisch ans Werk machen und begann zu kürzen.
    Dann erschien mir plötzlich fast ALLES entbehrlich.
    Ein bei dir gelesenes Zitat dazu fiel mir ein. Frust.
    Das "solariumgebräunt" wollte ich aber unbedingt haben. Oder doch gleich auf der Treppe beginnen?
    Innanansicht? Aussenansicht? Overkill?
    Ich liebe meine Schachtelsätze. Und schöne alte Worte.
    Aber gut, dann hätte ich dich nicht zu fragen (und du vor allem nicht zu antworten!) brauchen.
    Folgendes ist jetzt eine versuchte Essenz aus deinen Ratschlägen und meinem ICH.
    Ich möchte jetzt nicht über jedes Wort mit dir verhandeln, dann könntest du die story ja gleich selbst schreiben. Aber ich wollte dir das Ergebnis präsentieren. Vielleicht kannst du sagen, ob es analog der eulenbewertungsskala von angenommen vorher 1 jetzt etwas in richtung 10 gekrabbelt ist. Kann man überhaupt ab einem gewissen Alter seinen Stil noch verändern? Sollte ich mir ein Wortlimit pro Satz verordnen? Wieviele?


    Jens lächelte seinem Spiegelbild zu. Auf seinem solariumgebräunten Oberkörper glitzerten Spuren des reichlich versprühten Herrenparfums.
    Während
    (ich meine "während" nicht als Vergleich, sondern zeitlich und möchte es gern stehen lassen, denn "in der zeit, in der" ist mir zu lang. Ob es Aramis noch gibt, weiss ich nicht, ich empfand es seinerzeit als aufdringlich und wollte Jens recht unsympathisch wirken lassen)
    sie verdunsteten, band er sich das Goldkettchen mit dem Anhänger um. Das Lacostekrokodil war ein am Strand von Antalya gekauftes Imitat. Der Gedanke an dieses Schnäppchen hob seine gute Stimmung weiter.
    Wenige Minuten später sprang er pfeifend die Treppe hinab. Beinahe hätte er seine schwer mit Einkaufstaschen beladene ältliche Nachbarin umgerannt.
    (Er sah sie schon, aber KAUM)
    Seine Gedanken eilten voraus. Heute würde er Bianca einladen. Selbstverständlich in kein hervorragendes Restaurant, das wäre an diese Vorzimmerschnepfe ohnehin verschwendet. Da er sie aber endlich ins Bett bekommen wollte, musste er sie schon etwas beeindrucken. Sonst trafen sie sich immer in einem Stehimbiss, das für heute geplante Schmuddellokal war also eine gewisse Steigerung. Allerdings reichte auch dafür sein Geld nicht aus.
    Aber deswegen machte er schließlich vorher noch den Abstecher ins Altersheim. Tante Malwine würde sich über seinen Besuch freuen und wieder ihre alten Geschichten erzählen. Jens kannte sie bereits auswendig, die Erlebnisse während des Krieges, als kinderlose Kriegerwitwe und Trümmerfrau, später als Putzfrau und nun schon jahrelang im Heim.
    (Die Aufzählung soll seine Überdrüssigkeit verdeutlichen)
    Er konnte seine Ohren auf Durchzug stellen und dabei trotzdem aussehen, als hinge sein Leben an Tantes nächstem Satz.
    Aus Dankbarkeit, einen Zuhörer gefunden zu haben, würde sie bestimmt wieder ein oder zwei Scheinchen spendieren.
    Wofür sollte sie denn sonst ihre bescheidene Rente ausgeben? Sie hatte doch alles in ihrem kleinen Zimmerchen, welches sie sich mit zwei anderen Omas teilte. Jens hingegen war jung und hungrig.
    Er hatte ihr seinen Besuch rechtzeitig angekündigt, damit für sie Zeit genug war, das Geld zu besorgen.
    In der Nähe des Heimes ging er noch schnell zu Aldi und besorgte einen Blumenstrauss für 3, 99€. Dass der nicht mehr ganz frisch war, machte nichts aus. So gut sah Tante Malwine zum Glück nicht mehr....


    Jens unterdrückte ein Gähnen. Jetzt durfte er keinesfalls schlapp machen! Eine halbe Stunde musste er schon durchhalten, dann würde Tante Malwine die Börse zücken. Anschliessend stand der Verwirklichung seines Plans nichts mehr im Wege.


    Er schrak zusammen. Schon eine Weile war der Redefluss der Alten versiegt.
    "Wie interessant du immer zu plaudern verstehst, liebes Tantchen" rang er sich ab und lächelte sie an. "Aber jetzt muss ich leider los. Ich treffe mich heute noch mit einigen Studienkollegen. Du weisst ja..."
    "Da werdet ihr sicher einige Biere trinken. Und auch sonst kannst du bestimmt einen Zuschuss gebrauchen, nicht wahr?" fragte Tante Malwine. Seine Augen verfolgten, wie sie in ihrem uralten Handtäschchen nach der Börse suchte. Aufatmend sah er die zwei Hunderter in Tantchens Hand. Das war mehr, als er erhofft hatte. Jetzt würde es zusätzlich für Susi und Marianne reichen. Und für eine neue Solariums10erkarte obendrein.
    "Das ist doch nicht nötig, Tantchen..." wehrte er zum Schein ab, die Hand schon ausgestreckt.
    "Nein? Da bin ich aber froh! Ich muss im Moment so viel für Medikamente ausgeben, da wäre es mir diesmal sehr schwer gefallen," sagte Tante Malwine - und steckte mit einem Lächeln die Scheine zurück in die Börse.

    "Ein Buch ist wie ein Spiegel: Wenn ein Affe hineinschaut, kann kein Weiser herausschauen."(Lichtenberg)

    Dieser Beitrag wurde bereits 4 Mal editiert, zuletzt von frosch1 ()

  • Frosch, ich gebe Tom in vielem Recht, aber was den ersten Satz angeht -- NJET!
    Ich fand den Einstieg mit »Wohlgefällig betrachtete er sich im Spiegel« als völlig ausreichende (Selbst-)Charakterisierung -- eben genau wegen des ungewöhnlichen Einstiegs mit einem "Wiewort". Dieses Wörtchen "wohlgefällig" ist nämlich eindeutig Innenperspektive -- und bei der solltest du auch konsequent bleiben!
    Selbstverständlich mußt du als Autorin alles wissen, was die Geschichte betrifft -- aber du mußt dem Leser Raum für seine eigenen Gedanken und Vorstsllungen lassen, d.h. die Informationen eher tröpfeln lassen und nicht wie eine Sturmflut über den Leser hinwegfahren lassen.
    Überlege dir also sehr genau, was dein Perspektiventräger wahrnimmt, was er denkt, wie er sich fühlt, wie er die Dinge sieht, und schildere genau das -- nicht mehr und nicht weniger!


    Guter Tip: Man kann eine solche Geschichte auch aus mehreren Perspektiven schreiben, um herauszufinden, welche die beste ist.
    Mehr dazu im unten erwähnten, auf Deutsch leider nicht erhältlichen Buch.

  • dankeschön, iris.
    aber heute bin ich nicht mehr so aufnahmefähig zu so etwas wichtigem.
    ich melde mich morgen.
    das mit dem buch... naja, ich kann mich auf englisch unterhalten, aber ein fachbuch lesen?
    ich denke mal drüber nach!
    :knuddel1 :anbet :wave

    "Ein Buch ist wie ein Spiegel: Wenn ein Affe hineinschaut, kann kein Weiser herausschauen."(Lichtenberg)

  • Frosch1,
    1. aramis gibt es natürlich noch. Sie werben mit dem Spruch always a classic ;-) ich wußte auch sofort, wie Du das meintest.


    2. du hättest einfach ein paar Punkte mehr setzen sollen.
    Alternative: Schachtelsätze studieren, es ist nämlich eine echte Kunst, wie man vorne so anfängt, daß man hinten unbeschadet wieder herauskommt.
    (nicht mal Thomas Mann kriegt immer die Kurve)


    3. wohlgefällig? Tja, das ist das Problem, inwieweit man sich dem herrschenden Sprachgebrauch anpaßt oder auch mal Wörter benutzt, die nicht so geläufig sind. Schmaler Grat, Absturzgefahr hoch. (Ich balanciere gern rum, schwanke aber oft gefährlich) Hier fand ich es gut.


    4. Adjektive? Ich verteidige meine mit Zähnen und Klauen, streiche dann heulend die Hälfte, schließe im zweiten Durchgang einen Kompromiß bei ca. 20% des ursprünglichen Bestands und schmuggle beim Korrekturlesen aus reinem Trotz noch schnell eins ein!


    5. Perspektivwechsel: ist alles dazu gesagt.


    6. Die erste Version war frischer, trotz der Stolperer. Wie kommt jetzt das? :gruebel

    Ich und meine Öffentlichkeit verstehen uns sehr gut: sie hört nicht, was ich sage und ich sage nicht, was sie hören will.
    K. Kraus

  • die erste war authentischer. das war ICH.
    okay, es gehörten ein paar "auchs" und "wirklichs" und "jas" raus.
    aber bei der zweiten hab ich nicht frei von der leber weg geschrieben (JA, ich liebe WIRKLICH altmodische begriffe oder AUCH schachtelsätze :lache), sondern bausteine richtig zusammenzufügen versucht.
    ich bin mir in der ganzen sache AUCH (das muss was psychisches sein!!) noch überhaupt nicht sicher. einerseits versteht ihr euer handwerk, andererseits weiss ich nicht, ob ich mich so verbiegen kann (tom, das ist alles MEINE überlegung und kein amgriff auf deine person, im gegenteil, ich bin dir und den anderen sehr dankbar, okay?!).
    ich denke jetzt mal laut.
    das, was tom gesagt hat, ist bestimmt richtig. ich vergleiche es jetzt einmal mit einem fahrplan eines ausflugsbusses. da gibt es ganz bestimmte kriterien, die man einhalten muss, sehenswürdigkeiten, die angefahren werden sollen. ausgewählt nach sachlichen gesichtspunkten und basierend auf erfahrungen.
    so. und nun ist der fahrer krank und frosch setzt sich ans steuer. hat die liste zuhaus am teich liegenlassen. fährt einfach drauf los. abgesehen jetzt mal von dem kritischen professor, der sich die diesen ausflug anpreisende und in allen einzelheiten beschreibende zeitungsanzeige ausgeschnitten hat und jedes versprochene und nun auch aufgesuchte ziel mit einem bleistift "abhakt" - könnte es da nicht sein, dass viele ausflügler das "aus dem bauch raus" AUCH sehr schön finden? okay, wollen wir uns nicht verhüpfen... die frage ist, MERKEN normalleser das von tom kritisierte? achtung, ich will jetzt nicht auf die schiene, dass man lesern zB etwas historisch falsches unterjubeln soll!!! es geht mir allein um das sprachliche. *grübel* andererseits liebe ich die deutsche sprache, das spiel mit worten. und würde deshalb natürlich gern "richtig" schreiben. aber warum bin das dann nicht mehr ICH?
    ähm... wie ich schon sagte: ich denke noch.
    thema perspektivwechsel.
    ehrlich gesagt bin ich mir da noch nicht ganz sicher, ob ich euch richtig verstanden habe.
    ich nehme jetzt mal einen krimi(film). wenn ich da an perspektive denke, komme ich eher mit klar. man entscheidet sich, aus welcher perspektive der TVzuschauer sieht. ob er mehr oder weniger informationen als der ermittelnde kriminalbeamte hat. das leuchtet mir ein.
    aber in meiner geschichte? aus mehreren perspektiven schreiben, rät iris.
    ja, aus WELCHER denn? tantchen weiss nix von bianca, bianca nichts von tante malwine. der einzige, der alles weiss, ist der aramisduftende jens.
    und wenn ich seine kenntnisse (bianca mit malwines geld verführen) nicht dem leser vermittle, kommt doch die pointe nicht raus.
    sorry, wenn ich mich da jetzt blöd anstelle, aber ich steh da auf dem schlauch.
    frage: auch, wenn es aus perspektive der profis scheinen mag, die laientexte lieferten das ohnehin schon zur genüge... wäre es möglich, dass sich irgendwann mal einer von euch opfert und einen völlig falschen text schreibt?
    und WIR die fehler finden müssen? vielleicht würde DAS einiges verdeutlichen?
    (ich meine jetzt natürlich weder rechtschreib- noch historische fehler...).
    aber wahrscheinlich ist das echt zuviel verlangt. vielleicht kann man das auch gar nicht mehr, wenn man das "richtige" drauf hat.
    wie auch immer... ich lass das alles noch ein wenig sacken und entscheide dann spontan, ob und wie ich weitermache.
    danke fürs zuhören :grin :wave

    "Ein Buch ist wie ein Spiegel: Wenn ein Affe hineinschaut, kann kein Weiser herausschauen."(Lichtenberg)

  • hm, der zweite überarbeitete versuch klingt wie eine ansammlung von spo-sätzen.


    ich finde toms hinweise richtig und wichtig - und gerade die perspektive ist eine problematik, die ich auch nicht im griff habe.


    ein paar sätze in der ersten variante klingen noch holprig und sind wirklich zu lang. da mal zwei sätze draus machen oder auch eleganter umstellen, wäre schon besser.
    aber du kannst doch deshalb nicht deinen stil aufgeben! es ist deine geschichte, deine denke, deine schreibe! daran kann man feilen, aber nicht alles über board werfen.


    ich beziehe mich auf die erste version!


    wohlgefällig finde ich gut!
    waren zu sehen - das stört mich auch! vielelicht: auf...körper glänzten die spuren...
    mich stört auch aramis nicht! im gegenteil, ich finde es doof, wenn immer alls total allgemein gehalten wird. es klingt dadurch niht authentisch.


    Während die letzten Tröpfchen verschwanden, - find ich unwichtig...
    mit dem krokodil konnte ich nix anfangen.


    seine Papiere und seine Brieftasche - nervige wiederholung von seine - aber der satz stört mich nicht


    das mit der renterin ist wirklich zu lang! etwas in der art: er rannte sie beinahe um genügt, um seine arroganz zu zeigen.


    den teil, dass er nun ein etwas besseres lokal geht, statt zum stehimbiss, finde in der zweiten version etwas besser gelöst...


    die Ohren innerlich auf Durchzug stellend, - find ich gut. nur der schachtelsatz ist extrem holprig - kann man auch 2 draus machen. in jedem fall, finde ich hier die erste variante gelunger! er muss sich davon überzeugen, dass er ja nichts unrechtes tut, ihr das geld aus der tasche zu ziehen - und dafür opfer zu bringen.


    dann würde sie ihre Börse zücken und dann hielte ihn nichts mehr ab, - da hat auch jemand ein dann-problem!


    das würde *auch* (neu: zusätzlich) noch für Susi und Marianne reichen. Und für eine neue Solariums10erkarte obendrein. - wird mir zu fett! hätte ich nicht noch eingefügt...



    he,


    wie oben schon gesagt: ein paar adjektive weniger, die sätze ein wenig aufräumen - und auf den point of view achten!


    ich hätte garnicht so viel geändert!


    bo :-)

  • danke, bo, dass du dir die zeit genommen hast.


    ja, ich habe unverkennbar einen "spleen" mit ja, dann, aber, auch, wirklich und
    irgendwie.
    ich werde das genauso im auge behalten wie die adjektive und die schachtelsätze.
    erstere sind oft entbehrlich. sind sie es nicht, gibt es ersatz wie: schliesslich, jedoch, definitiv, ebenfalls...
    reine disziplin, schätze ich mal.
    bei den schachtelsätzen genügt es (ha! soeben ein JA eliminiert *rofl*) oft schon, wenn ich ein verb VOR den neuen nebensatz stelle, um ein wenig holprigkeit zu nehmen.
    ich lerne...
    *lächel*

    "Ein Buch ist wie ein Spiegel: Wenn ein Affe hineinschaut, kann kein Weiser herausschauen."(Lichtenberg)

  • frosch1,


    mit 'Perspektive' ist die sogenannte Erzählperspektive gemeint, ein Fachausdruck bei der Beschäftigung mit erzählender Literatur, gleich ob man sie liest, interpretiert, kommentiert, kritisiert oder produziert.
    Es geht um die Frage: wer erzählt die Geschichte?


    Man unterscheidet grundsätzlich drei Erzählperspektiven


    1. die Ich- Erzählung
    2. die personale, d.h man sieht alles, was passiert, aus den Augen einer Figur aus der Geschichte.
    3. die auktoriale, der sog. allwissende Erzähler.


    Alle drei haben Vor-und Nachteile, ihre Benutzung hängt davon ab, was für eine Art Geschichte man schreiben will.
    (Deswegen der sehr gute Vorschlag von Iris, die Geschichte mal aus verschiedenen Perspektiven zu schreiben.)
    In längeren Texten, Romane, können sie auch nebeneinader und durcheinandergemischt auftreten.


    Dein Text begann mit der personalen Perspektive, genau das, was man instinktiv und automatisch und ganz zu Recht beim Erzählen gerade eines so kurzen Geschehensablaufs wählt.


    Die Crux bei der Sache ist aber schon das 'instinktiv'. Denn die Perspektive, die man gewählt hat, muß man durchhalten. Infolgedessen muß man Sätze bauen, aus denen immer so deutlich wie nur möglich hervorhgeht, daß wir durch die Augen einer bestimmten Person sehen. Dein zweiter Satz läßt einen schon zweifeln, wer denn da jetzt die Rasierwasserspuren sieht. Ist es Jens oder ist da noch jemand?
    Tom hat es Dir ja auseinandergenommen.
    Ja, ist knifflig. Immer die Frage stellen, was transportieren meine Worte denn nun tatsächlich?


    Wenn man damit anfängt, nämlich mit allem Wissen über Schreibtechniken im Kopf, sei es zu lesen, sei es zu schreiben, dann fliegen erstmal alle Einzelteile auseinander. Kein Satz ist mehr ein Satz, jedes Wort eine Falle, jedes Satzzeichen ein feindlicher Angriff.
    Warum? Weil Schreiben in letzter Konsequenz nichts ist, was *aus dem Bauch* heraus geschieht. Man will etwas ganz bestimmtes sagen und zwar auf die bestmögliche Art. Solange man aber mehr 'fühlt' als bewußt arbeitet, ist es eben nicht das Beste. Sondern bloß eine ureigene, persönliche Lösung.
    Die Kunst besteht darin, unter bewußter Benutzung von bestehenden Regeln, von solchen Sachen wie der Erzählperspektive bis zur Grammtatik, einen eigenen Stil zu entwickeln und durchzusetzen.
    Also: ein Goldschmied weiß genau, wie er mit seinem Material umgehen muß, kennt alle Werkzeuge und alle möglichen Techniken und macht trotzdem einen ganz besonderen Ring, der bloß von ihm stammen kann und von niemandem sonst.
    So, wie der Goldschmied mit allen möglichen Materialien arbeiten muß, angefangen vom einfachen Kitt und anderen Knetmassen zu Blechen und einfachen Metallen, bis er endlich mit Gold arbeiten darf, so lernt man Schreiben beim Schreiben. Und Lesen. Und darüber Nachdenken, natürlich
    Irgendwann setzen sich die wild herumschwirrenden Einzelteile wunderbarerweise wieder zusammen.
    Bei mir inzwischen wieder, wenigstens, wenn ich lese. Beim Schreiben folgt es, so hoffe ich, irgendwann auch noch mal in diesem Leben. ;-)

    Ich und meine Öffentlichkeit verstehen uns sehr gut: sie hört nicht, was ich sage und ich sage nicht, was sie hören will.
    K. Kraus

  • Ist es Jens oder ist da noch jemand?


    jens. denn der betrachtet sich wohlgefällig im spiegel.
    und es war auch niemand sonst im treppenhaus. ich schrieb: er würdigte sie KAUM EINES BLICKES. nicht: KEINES blickes.
    deswegen war ich ja verwirrt.
    aber ich werde das alles mal weiter verinnerlichen.
    danke, magali!!!!

    "Ein Buch ist wie ein Spiegel: Wenn ein Affe hineinschaut, kann kein Weiser herausschauen."(Lichtenberg)

  • Zitat

    Original von frosch1
    aus mehreren perspektiven schreiben, rät iris.


    Nein, um Gottes willen, bloß nicht!!!
    Ich meinte, du solltest dich ausschließlich darauf beschränken, was dein Schönling wahrnimmt, fühlt und denkt. D.h. bei ihm haben wir Innensicht, aber wenig bis keine Außensicht, von allen anderen Personen nur die Außensicht bzw. Schönlings Ansicht über sie.


    Wird 's jetzt deutlich, was ich meinte?


    Der Vorschlag war, testweise mal alle Perspektiven konsequent durchzuspielen, um herauszufinden, welche die für diese Geschichte angemessenste ist.

  • Zitat

    Original von frosch1
    ich schrieb: er würdigte sie KAUM EINES BLICKES. nicht: KEINES blickes.


    Das ist allerdings wieder die Sicht eines wertenden Erzählers.


    Der Schönling selbst würde nur an einer Alten vorbeieilen, die ihm mit ihren Türkenkoffern den Weg versperrt.

  • Zitat

    Original von Iris


    Nein, um Gottes willen, bloß nicht!!!
    Der Vorschlag war, testweise mal alle Perspektiven konsequent durchzuspielen, um herauszufinden, welche die für diese Geschichte angemessenste ist.


    Iris, danke, genau, gut, daß du es noch mal verdeutlicht hast. so meinet ich das auch.


    frosch, je kürzer der Text detso eindeutiger die Perspektive, wenn Du nicht willst, daß sich die LeserInnen völlig verhuddeln.

    Ich und meine Öffentlichkeit verstehen uns sehr gut: sie hört nicht, was ich sage und ich sage nicht, was sie hören will.
    K. Kraus