Mondhitze - Gioconda Belli

  • Gebundene Ausgabe: 288 Seiten
    Verlag: Droemer HC Februar 2016
    Sprache: Deutsch
    ISBN-10:

    ASIN/ISBN: 3426281317

    ISBN-13: 978-3426281314
    Originaltitel: El intenso calor de la luna


    Kurzbeschreibung (Amazon)
    "Mondhitze", der neue Roman der lateinamerikanischen Kultautorin Gioconda Belli, handelt von den Geheimnissen, Erfahrungen und Abenteuern einer Frau um die Fünfzig. Oder davon, wie der Verlust der physischen Fruchtbarkeit auch der Beginn einer persönlichen Revolution sein kann.
    Emma ist eine attraktive Arztgattin aus Nicaragua, und sie hat etwas gegen die unschöne Rolle, die einer reiferen Frau von der Gesellschaft zugedacht wird. Da ihr Körper erste Zeichen des Alterns zu zeigen beginnt, packt sie die Panik. An einem besonders schwarzen Tag voller negativer Gedanken ändert ein zufälliges Ereignis ihre Situation jedoch komplett: Sie begegnet unerwarteter Leidenschaft, wird aus ihrer bequemen Routine gerissen und öffnet sich in dieser nächsten Lebensphase neuen Möglichkeiten der Liebe und weiblicher Macht. Denn die Schönheit der Frauen mag sich wandeln, aber sie vergeht nicht ...


    Über die Autorin
    Gioconda Belli, geboren in Managua / Nicaragua, beteiligte sich ab 1970 am Widerstand der Sandinisten gegen die Diktatur in ihrem Land und ging 1975 ins Exil nach Mexico. Seit ihr 1988 mit "Bewohnte Frau" der internationale Durchbruch als Schriftstellerin gelang, hat sie mit zahlreichen Romanen, Gedichtbänden und ihrer Autobiographie ein millionenfach gelesenes Werk geschaffen. Nach mehreren Jahren in den USA lebt sie heute wieder in Nicaragua.


    Meine Meinung
    Ich wollte schon lange ein Buch von Gioconda Belli lesen und „die Erfahrungen und Abenteuer einer Frau in der Mitte des Lebens – sinnlich, poetisch und ungeschönt zugleich“ – klingt für mich durchaus vielversprechend. Und diese Kurzbeschreibung zu Mondhitze kann ich so stehen lassen – passt!


    Emma definiert sich seit frühester Jugend über ihre Weiblichkeit und ihr Äußeres. In ihrem gesellschaftlichen Umfeld ist das alles andere als ungewöhnlich und so hat sie es von ihrer Mutter übernommen. Als sie mit 48 Jahren, „plötzlich und unerwartet“, mit ihrer Menopause konfrontiert wird fällt sie aus allen Wolken und ist dermaßen durch den Wind, dass sie einen jungen Mann über den Haufen fährt. Trotz der etwas unglücklichen Umstände ihres Kennenlernens knistert und prickelt es zwischen den Beiden vom ersten Moment an.


    Ja, es ist schon auch eine Liebesgeschichte, aber ich denke, in erster Linie will Gioconda Belli am Beispiel von Emma aufzeigen, welche Chancen sich mit dem Eintritt in die Menopause eröffnen. Man soll den Fokus nicht auf die Dinge richten, die man zu verlieren glaubt, sondern auf neue Möglichkeiten, nicht zuletzt die eines selbstbestimmteren Lebens. Emma mit den Luxussorgen ihres privilegierten Oberschichtlebens und ihrem Egoismus ist mir stellenweise ganz schön oberflächlich erschienen, gerade weil sie in einem Land wie Nicaragua lebt, das immer noch geprägt wird von Armut und Revolutiion. Doch es steckt mehr in ihr, als man zunächst vermutet und man beendet das Buch mit dem Eindruck einer mutigen, selbstbestimmten Emma, die ihren Weg gehen wird.

    Gioconda Bellis übermittelt ihre Botschaft ziemlich direkt, aber auch mit Humor und einer Prise Zynismus. Sie spricht erfrischend unverblümt über weibliche Sexualität und Bedürfnisse, die Ängste vor den Veränderungen der Wechseljahre. Zum Ende hin wird es für meinen Geschmack ein wenig zu blumig und überbordend. In Bezug auf Emotion und Intensität hätte es da etwas weniger sein dürfen, doch für eine lateinamerikanische Autorin ist der Stil erstaunlich klar.


    Es gibt Passagen, die ich als dozierend empfunden habe. Z. B. als sie Jeanina, Emmas Gynäkologin, seitenlang über Veränderungen und Chancen während und nach der Menopause sprechen lässt. Sehr engagiert und ohne Zweifel interessant, aber das hätte man vielleicht etwas subtiler vermitteln können. Sie schreibt sich da manchmal in einen gewissen feministisch-klischeehaften Rausch, der mir etwas zu dick aufgetragen ist.


    Erwähnenswert finde ich auch die Informationen zur Situation Nicaraguas in Vergangenheit und Gegenwart, hier klingt immer wieder das soziale und politische Engagement der Autorin an.


    Gut gefallen haben mir die Figuren, weil sie alle relativ authentisch wirken mit Stärken und Schwächen, keiner wird als Bösewicht oder Unsympath in eine Ecke gestellt.


    In Mondhitze greift Gioconda Belli ein Thema auf, das eher ein Schattendasein führt. Ihr Erzählstil ist flüssig, ausgefeilt und über weite Strecken einfühlsam und mitreißend. Und doch hat mich Emmas Schicksal erstaunlich wenig berührt. Vielleicht ist sie mir trotz der altersmäßigen Nähe zu weit weg - zu oberflächlich, zu egoistisch, zu sehr auf ihre sexuelle Erfüllung fixiert…erst gegen Ende wird sie mir etwas sympathischer.
    Aber egal, ein Buch kann auch große Nähe zur Hauptfigur lesenswert sein – und das ist es für mich auf jeden Fall gewesen,
    8 Punkte dafür

  • Mondhitze


    Gioconda Belli


    • Gebundene Ausgabe: 288 Seiten
    • Verlag: Droemer HC
    • ISBN-13: 978-3426281314
    • Originaltitel: El intenso calor de la luna


    Zur Autorin (Verlagsangabe)
    Gioconda Belli, geboren in Managua / Nicaragua, beteiligte sich ab 1970 am Widerstand der Sandinisten gegen die Diktatur in ihrem Land und ging 1975 ins Exil nach Mexiko. Seit ihr 1988 mit "Bewohnte Frau" der internationale Durchbruch als Schriftstellerin gelang, hat sie mit zahlreichen Romanen, Gedichtbänden und ihrer Autobiographie ein millionenfach gelesenes Werk geschaffen. Nach mehreren Jahren in den USA lebt sie heute wieder in Nicaragua.


    Inhalt und meine Meinung
    Emma ist eine attraktive Frau, 48 Jahre alt, lebt in Managua und hat alles, wovon andere Frauen träumen. Ein großes Haus, einen gutverdienenden, zuverlässigen Ehemann, wohlgeratene Kinder.
    Das Ausbleiben ihrer Monatsblutung stürzt sie in eine schwere Krise und als sie in Gedanken versunken mit ihrem Auto unterwegs ist, fährt sie einen fremden Mann an. Dieses Ereignis reißt sie aus ihrem Alltagsleben und sie verliebt sich in den jüngeren Mann. Ihr bis dahin so eintöniges Leben verändert sich radikal.


    Zugegeben, an einigen Stellen habe ich Emmas Gedanken und Empfindungen angesichts der körperlichen Veränderungen gerne gelesen und konnte sie nachempfinden. Auch einige Bilder fand ich gelungen.
    Allerdings habe ich bald angefangen, mich darüber zu ärgern, dass die Autorin ein Thema, das für viele Frauen bedeutsam ist, so klischeehaft und oberflächlich abhandelt.
    Schon die Wahl der Protagonistin empfinde ich fast als Provokation, da Emmas größtes Problem zu sein scheint, die langweiligen Tage zu füllen und wie sie ihren wohlgepflegten Körper bestmöglich erhalten kann. Reale Frauen haben da ganz andere Sorgen.
    Zum Ende hin wendet sich Emma zwar dem realen Leben in ihrer Heimatstadt zu, das ist für mich allerdings nur ein schwacher Versuch, der Geschichte noch ein wenig Leben einzuhauchen.


    Schade finde ich, dass der Originaltitel einfach lieblos wörtlich übersetzt wurde. Im Deutschen funktioniert das Sprachspiel mit Frau Luna und der Hitze einfach nicht. Unser Mond ist und bleibt männlich und in meiner Vorstellung eher kalt.


    Wirklich empfehlen möchte ich das Buch nicht. Man kann es lesen, wenn man leichte Unterhaltung fürs Wartezimmer oder den Strand sucht. Aber da findet sich auch lohnendere Lektüre.

  • Der Möbelschreiner Ernesto, ein einfacher, ungewöhnlich gebildeter Mann aus Nicaragua, fand am erotischsten an einer Frau schon immer die Füße. Als Ernesto Opfer eines Verkehrsunfalls wird, sind es ausgerechnet die Füße der Unfallverursacherin Emma, die seine Aufmerksamkeit erregen. Die Begegnung mit Ernesto wird Emmas bisher berechenbares Leben völlig aus dem Gleichgewicht bringen. Emma ist knapp 50 Jahre alt, hat stets großen Wert auf ihr gutes Aussehen gelegt und wird sich gerade der ersten Anzeichen der Wechseljahre bewusst. Vielleicht war sie im Straßenverkehr unaufmerksam, weil sie in Gedanken mit ihrer ausbleibenden Menstruation beschäftigt war. Emma und ihr Mann übernehmen Ernestos Krankenhaus-Kosten, sie besucht den Verletzten im Krankenhaus und kümmert sich nach seiner Entlassung weiter um ihn. Ernesto ist auf die finanzielle Unterstützung angewiesen. Solange er noch nicht wieder als Schreiner arbeiten kann, hat er keine Einkünfte. Die Begegnung mit Ernesto und seinen Lebensumständen holt Emma schlagartig aus ihrem Puppenheim bürgerlicher Verhältnisse. Emma hat einst ein Medizinstudium begonnen und abgebrochen, als sie den Arzt Fernando heiratete und Mutter von zwei Kindern wurde. Emma ist so erzogen, dass das wichtigste Ziel im Leben einer Frau die Heirat und damit die finanzielle Versorgung zu sein hat. Auch wenn ihre berufstätige Tochter Elena längst ein anderes Leben lebt, hat Emma die Ehe als Lebenszweck bisher nicht infrage gestellt. Über ihr Leben scheint sie überhaupt kaum nachgedacht zu haben. Die nahenden Wechseljahre werden reduziert auf Emmas Furcht vor dem Nachlassen ihrer äußeren Schönheit und sexuellen Attraktivität. So verwundert es nicht, dass sie stark unter dem „empty nest“ leidet, als ihre Kinder das Haus verlassen. Indem sie Elena unter Druck setzt, bald einen standesgemäßen Ehemann ins Haus zu bringen, projiziert sie ihr eigenes Leben auf ihre Tochter. Emmas mangelnde Reflektion und zu spät stattfindende Lebensbilanz hat mich schlicht gelangweilt. Über was - außer Äußerlichkeiten – könnte man sich mit einer Person wie ihr unterhalten?


    Bellis Botschaft lautet, dass das Klimakterium nicht das Ende des Lebens und der Liebe bedeuten muss. Auch nachdem sie nicht mehr schwanger werden kann, liegt das Leben einer Frau noch vor ihr. Die medizinischen Details zum Klimakterium werden von Emmas Mann und ihrer Gynäkologin unangenehm belehrend vorgetragen, selbst beim Lesen habe ich mich als Beobachterin von den beiden bevormundet gefühlt. Die geschilderten Einstellungen (die Ärztin greift gleich zum Rezeptblock, um ein Hormonpräparat zu verordnen) hätte ich den 80ern zugeordnet, nicht jedoch unserem Jahrhundert. Die Revolution in Nicaragua Ende der 70er erlebte Emma als Jugendliche, demnach ist sie Mitte der 60er geboren und die Handlung spielt wohl doch in der Gegenwart. - Andere Länder, andere Sitten. Die 1948 geborene Giaconda Belli projiziert nach meinem Eindruck auf uns Europäer altertümlich wirkende Einstellungen ihrer eigenen Generation auf ihre Protagonistin, die jedoch 20 Jahre später geboren ist als die Autorin. Für die Dramaturgie der Geschichte benötigte Belli offenbar eine zunächst eindimensionale Figur, die sich zum Ende der Story noch zu einer weniger oberflächlichen Person wandeln kann. Um einmal Einblick in den Alltag verschiedener Milieus in Nicaragua zu erhalten, kann man das Buch zwar lesen; mich hat Emma über eine weite Strecke gelangweilt.


    6 von 10 Punkten