Rolf Peter Sieferle - Finis Germania

  • Titel: Finis Germania
    Autor: Rolf Peter Sieferle
    Verlag: Antaois
    Erschienen: Juni 2017
    Seitenzahl: 104
    ISBN-10: 3944422503
    ISBN-13: 978-3944422503
    Preis: 8.50 EUR


    „Mir ist meine Zeit für diesen rechtsradikalen Schund zu schade“ - so schreibt jemand in einer ZEIT-Facebook Diskussion über dieses Buch, welches er nicht gelesen hat. Und damit findet sich dieser jemand in guter Gesellschaft mit unserer Kanzlerin, die ja auch das Sarrazin-Buch seinerzeit als „nicht hilfreich“ bezeichnete – ohne es aber gelesen zu haben.


    Das scheint in diesem Land aber so langsam Methode zu sein.
    Jemand sagt etwas – ob fundiert oder nicht – und dann wird das nachgeplappert, in der Regel von denen, die sich mit diesem Gegenstand /Buch nie beschäftigt haben, geschweige es denn gelesen zu haben. Natürlich ist es einfacher auf den fahrenden Meinungszug aufzuspringen – als sich selbst „mühsam“ eine Meinung zu bilden.


    Es ist schon erstaunlich, wie wir unsere Meinungsfreiheit und unsere Meinungsvielfalt ohne Not mit Verve in die Tonne treten. Dazu passt leider auch, das ein Bundesjustizminister sich aufmacht, unliebsame Meinungen und Ansichten „von hinten durch die Küche“ zu verbieten. Die dümmsten Völker sind die, die Demokratie und Meinungsfreiheit in ihren Ländern abschaffen – wir sind auf dem Wege ein solches dummes Volk zu werden. Leider.


    Und es ist bezeichnend, dass dieses Sieferle-Buch gerade auch von der linken Seite kritisiert wird oder muss man besser sagen „niedergemacht“ wird. Und ich bin mir sicher, dass von diesen linksgrünen „Kritikern“ allenfalls 0,5 Prozent dieses Buch auch gelesen haben. Aber so ist das mit denen, selbstgerecht wird Toleranz eingefordert – aber Intoleranz gelebt.


    Wollen wir wirklich so weit gehen und die Auseinandersetzung in der Sache nicht zuzulassen? Wollen wir wirklich so weit gehen den Meinungsstreit in diesem Lande abzuschaffen? Auf einem „guten Wege“ dazu sind wir ja bereits.


    Dabei ist dieses Buch durchaus interessant und lesenswert.
    Und natürlich ist es auch teilweise sehr polemisch und diskussionswürdig. Aber warum auch nicht?
    Inhaltliche Diskussionen können nun wahrlich nicht schädlich sein.


    Auch der bekannte deutsche Philosoph und Schriftsteller Rüdiger Safranski hat sich zu Wort gemeldet. Er teilt zwar die Positionen von Sieferle nicht, „...doch in den öffentlichen Debatten über den verstorbenen Historiker und dessen Buch Finis Germania zeige sich eine 'Hysterie und eine Unsorgfalt im Umgehen mit politischen Positionen, die einem nicht genehm sind'“.


    Als Beispiel führt Safranski an, dass man Sieferle in die Nähe von Holocaust-Leugnern gerückt hat, was aber keinesfalls zutrifft. Safranski führt das auf eine „fahrlässige und schlampige Lektüre“ dieses Buches zurück. Sieferle hatte vom „Auschwitz-Mythos“ gesprochen – nicht aber dieses unvorstellbare Verbrechen auch nur andeutungsweise in Zweifel gezogen.


    Safranski meinte weiterhin, dass das Buch kein Skandal ist – es wird nur skandalisiert.


    Dieses Buch ist nur ein weiterer Beweis dafür, wie die Diskussionskultur in diesem Lande langsam aber sicher in die Tonne getreten wird. Meinungen, die nicht Mainstream sind, werden verteufelt und man setzt sich nicht einmal im Ansatz mit ihnen auseinander.
    Man sollte sich über dieses Buch erst dann eine Meinung bilden – wenn man es denn gelesen hat. Eigentlich eine Selbstverständlichkeit, die aber offenbar nicht mehr in die Zeit passt. Lieber plappert man nach, ohne zu wissen worum es genau geht.
    Vielleicht mal den Satz von Dieter Nuhr berücksichtigen: „Wenn man keine Ahnung hat, einfach mal die Fresse halten!“


    Vieles von dem was Rolf Peter Sieferle schreibt ist diskussionswürdig, ist wie bereits erwähnt polemisch – aber antisemitisch oder nazilike ist es ganz sicher nicht.


    Rolf Peter Sieferle wurde 1949 geboren und war seit 2000 ordentlicher Professor für Geschichte an der Universität Sankt Gallen. Er schied im September 2016 freiwillig aus dem Leben, wobei die einhellige Meinung ist, dass er noch sehr viel zu sagen gehabt hätte.


    Interessant in diesem Zusammenhang vielleicht noch das Interview des Deutschlandfunks Kultur, was dieser mit Rüdiger Safranski führte.


    Rüdiger Safranski zu dem Buch von Sieferle - Interview mit dem Deutschlandfunk Kultur


    8 Eulenpunkte für ein sehr interessantes Buch, dessen Meinung man nicht teilen muss – das aber trotzdem verdient hätte fair behandelt zu werden.

    Ich mag verdammen, was du sagst, aber ich werde mein Leben dafür einsetzen, dass du es sagen darfst. (Evelyn Beatrice Hall)


    Allenfalls bin ich höflich - freundlich bin ich nicht.


    Eigentlich mag ich gar keine Menschen.

  • Diese "Rezension"kann nicht unwidersprochen stehen bleiben. Abgesehen davon, dass so gut wie nichts Inhaltliches aus dem Buch besprochen wird - dem Rezensenten reicht der mehrfache Hinweis, das Werk sei "diskussionswürdig" offenbar aus-, dient sie ihm vornehmlich zur Verbreitung seiner eigenen Meinung über den angeblichen Niedergang unserer Gesellschaft, die auf dem Weg sei, "den Meinungsstreit abzuschaffen" und gar "ein dummes Volk zu werden".


    Nun, hier im Forum zumindest lebt er weiter, der Meinungsstreit. Und ganz besonders, was dieses Buch angeht. Holen wir also nach, was der verehrte Vorredner verschweigt: Beschäftigen wir uns inhaltlich mit dem Buch.


    Zunächst einmal ist klar und völlig unmissverständlich festzustellen, dass dies ein ekelhaftes antisemitisches und rassistisches Machwerk ist. Dass gerade einem Voltaire, der von mir bisher als leidenschaftlicher Feind jeglichen Antisemitismus hoch geschätzt wurde, dieser Aspekt des Buches nicht aufgefallen ist, erstaunt mich sehr. Sieferle schreibt unerträglichen Unsinn, der zum festen Wertekanon des Rechtsradikalismus, schlimmer: des Nazitums gehört. So entblödet er sich nicht zu behaupten, wir litten heute noch unter dem "Menschheitsverbrechen der Juden", den Gottessohn ermordet zu haben.
    Man meint, schlimmer geht´s nimmer? Weit gefehlt: Sieferle spricht vom "Mythos Auschwitz" und findet in diesem Zusammenhang tatsächlich den Begriff "die ominösen sechs Millionen" passend. Es finden sich noch mehr Naziphrasen wie diese, aber genug damit.


    Insgesamt ist dies ein klebriges Verschwörungsbuch, passend zu NPD, AfD, Reichsbürgerwahn und Identitärer Bewegung. Wortreich schwadroniert der Autor über einen angeblichen "Sozialdemokratismus", der Deutschland ausgehölt, ja, die Deutschen zu einem "Hühnervolk" gemacht habe - angstvoll auf jeden Fuchs starrend. Sprachlich durchaus geschickt wird ein geheimnisvolles charakterloses "System" behauptet, unter dem die moderne Welt litte und aus dem sich - wen wundert´s - die Deutschen zu ihrer "Rettung" nur durch Rückbesinnung auf den völkisch geordneten Nationalstaat retten könnten.


    Es gibt tatsächlich nicht einen einzigen Gedanken in diesem - wenigstens sehr dünnen - Buch, dem nachzuspüren es sich lohnte. Alles altbekanntes faschistoides Geschwätz - allerdings in der Diktion einer Denkschrift zunächst anspruchsvoll anmutend. Doch diese Scharade ist schnell durchschaubar.


    Dass so etwas nirgendwo anders als im rechtsradikalen Antaois Verlag erscheinen konnte, versteht sich dabei eigentlich von selbst.

  • Danke, Dieter.


    Mit Verlaub, aber wer Bücher aus dem Antaois Verlag kauft, der liest auch beim Frühstück die "National-Zeitung" und abends in der Badewanne die "Junge Freiheit" oder schlimmeres. Und dabei geht es nicht um Vorverurteilung, sondern um simple Fakten. Nichts für ungut, lieber Voltaire, aber Deine Man-muss-alles-gelesen-haben-um-es-beurteilen-zu-können-Kampagne buhlt an dieser Stelle um Toleranz für Leute, die nicht einmal wissen, dass es dieses Wort (also "Toleranz") überhaupt gibt, um es mal gaaaaanz vorsichtig auszudrücken.

  • Nehmen wir an, die beiden letzten Wertungen stimmten vollumfänglich, dann würde es mich sehr interessieren, wie dieses Buch auf die von NDR Kultur und der Süddeutschen Zeitung veröffentlichten Liste "Sachbücher des Monats Juni" kommen konnte. Dann müsste die Jury komplett geschlafen haben. :gruebel

  • Beisswenger, dafür gibt es doch google: http://www.ndr.de/kultur/buch/…2017,sachbuchjuni130.html


    Zitat

    Zusammen mit der "Süddeutschen Zeitung" veröffentlichte NDR Kultur bisher regelmäßig die "Sachbücher des Monats". Nun hat NDR Kultur die Zusammenarbeit mit der Jury bis auf Weiteres ausgesetzt. Mit der Empfehlung von "Finis Germania" von Rolf Peter Sieferle in der Juni-Liste hat die Jury eine gravierende Fehlentscheidung getroffen, die für NDR Kultur nicht tragbar ist. Nach Einschätzung von NDR Kultur und anderen Kritikern äußert der Autor in seinem Buch rechtslastige Verschwörungstheorien, von denen sich die Redaktion entschieden distanziert. Auch die Jury distanziert sich von Buch und Verlag und bedauert dessen Nominierung.

  • Das ist mir durchaus bekannt, werter xexos, und deine Antwort ist auch keine auf meine Frage. Im Übrigen verweise ich auf Artikel und Rezensionen in diversen Medien, die sich etwas nüchterner mit dem Buch befassen, z. B. Eckhard Fuhr mit seinem Artikel "Was der Fall „Finis Germania“ über Deutschland sagt", veröffentlicht in der WELT vom 16.06.17.


    Aber vielleicht ist die WELT ja auch schon mit der "National Zeitung" vergleichbar und ich habe nur noch nichts davon mitbekommen. :wave

  • Zitat

    Original von beisswenger
    Eine Frage, werter Kollege Neumann: Hast du das Buch gelesen oder zitierst du aus Buchbesprechungen?


    Ziemlich anmaßende Frage. Aber gut: Zu meinem größten Bedauern habe ich es gelesen, nachdem diese öffentliche Diskussion losgegangen ist. Ich sage niemals etwas zu einem Buch, das ich nicht gelesen habe. Abgesehen davon habe ich im Studium gelernt, etwaige Zitate klar als solche kenntlich zu machen. Bin ja nicht Guttenberg.
    Ich räume aber ein, dass es mir sehr schwer gefallen ist, bis zum Ende durchzuhalten. Aber es ist ja erfreulicherweise ein recht kleiner Misthaufen, den man da zu durchdringen hat.

  • Nochmal, Kollege xexos, es ging mir zunächst einmal ums Motiv. Verantwortlich für die Auswahl war einer von 25 Juroren und zwar der SPIEGEL-Autor Johannes Saltzwedel, der seine Entscheidung wie folgt begründet hat:


    So habe er „bewusst ein sehr provokantes Buch der Geschichts- und Gegenwartsdeutung zur Diskussion bringen wollen. Sieferles Aufzeichnungen sind die eines final Erbitterten, gewollt riskant formuliert in aphoristischer Zuspitzung. Man möchte über jeden Satz mit dem Autor diskutieren, so dicht und wütend schreibt er.“


    Saltzwedel, der inzwischen angekündigt hat, aus der Jury auszuscheiden, hat keineswegs zugegeben, es sei eine Fehlentscheidung gewesen. Er hat auf den öffentlichen Druck reagiert, diesen bedauert und mitgeteilt, er wolle das Renommee der Sachbuch-Bestenliste nicht beschädigen.


    Kommen wir jetzt zu deiner Wertung "Fehlentscheidung", xexos. Wie gesagt, scheint hier ein Kulturkampf zwischen Cicero, WELT ... auf der einen und ZEIT, FAZ ... auf der anderen Seite im Gange zu sein. Ob es eine Fehlentscheidung war, werde ich erst sagen können, wenn ich das Buch gelesen habe.

  • Ach, eins hätte ich fast vergessen:


    Die arrogante Selbstgerechtigkeit und Selbstüberschätzung von selbsternannten Richtern über Gut und Böse, die sogar noch zugeben, das Buch nicht gelesen haben, und sich dennoch nicht zu schade sind, einen werten Kollegen zumindest indirekt als Schwachsinnigen darzustellen, finde ich zum Kotzen.


    Ich neige selten zu irrationalen und gefühlsüberbetonten Ausbrüchen, umso mehr finde ich es wichtig, das mal geschrieben zu haben. :wave

  • Zitat

    Original von beisswenger


    Saltzwedel, der inzwischen angekündigt hat, aus der Jury auszuscheiden, hat keineswegs zugegeben, es sei eine Fehlentscheidung gewesen.


    Es ist völlig belanglos, ob er das zugibt oder nicht. Er hat dieses Buch durch einen Missbrauch seiner Abstimmungsmacht nach vorn "gepusht". Und deine Frage


    (...) dann würde es mich sehr interessieren, wie dieses Buch auf die von NDR Kultur und der Süddeutschen Zeitung veröffentlichten Liste "Sachbücher des Monats Juni" kommen konnte


    hat xexos schon richtig beantwortet.
    Es war eben eine Fehlentscheidung. Eine üble zumal.

  • Zitat

    Dieter : Es war eben eine Fehlentscheidung. Eine üble zumal.


    Das meinst du, lieber Dieter. Der Kollege Voltaire meint etwas anders. Safranski und Saltzwedel tendieren eher zum Kollegen Voltaire. Jetzt lass es mich doch erstmal lesen, dann kann ich dir sagen, was ich meine. :wave

  • Zitat

    Original von beisswenger


    Die arrogante Selbstgerechtigkeit und Selbstüberschätzung von selbsternannten Richtern über Gut und Böse, die sogar noch zugeben, das Buch nicht gelesen haben, und sich dennoch nicht zu schade sind, einen werten Kollegen zumindest indirekt als Schwachsinnigen darzustellen, finde ich zum Kotzen.


    Dieser Unsinn bedarf einer Frage:
    Ist das die Art von "Meinungsstreit", die ihr so sehr vermisst? Die neue Diskussionskultur? Ach, du lieber Himmel ...


    1. Ich habe das Buch gelesen
    2. Der "werte Kollege" hat sich in seiner Rezension mit den Aussagen des Autors nicht ernsthaft befasst
    3. Weder den "werten Kollegen" (was für eine alberne Bezeichnung) - ja, nicht einmal dich, beisswenger - würde ich - direkt oder indirekt - "als Schwachsinnigen bezeichnen"
    4. Lass dir zur Abwechslung mal was Intelligentes einfallen :wave

  • Dieser Unsinn bedarf einer Frage:


    Warum sollte das Unsinn sein? Natürlich steckt Sinn dahinter, sonst hätte ich das nicht geschrieben.


    Ist das die Art von "Meinungsstreit", die ihr so sehr vermisst? Die neue Diskussionskultur? Ach, du lieber Himmel ...


    Wer ist "ihr"? Nein, er wird von deinesgleichen provoziert, die meinen, die "Weisheit" mit Löffeln gefressen zu haben.


    1. Ich habe das Buch gelesen


    Das haben wir bereits geklärt.


    2. Der "werte Kollege" hat sich in seiner Rezension mit den Aussagen des Autors nicht ernsthaft befasst


    Da stimme ich dir weitgehend zu. Er hat aber klargestellt, dass er das Buch als Gedankenanregung verstanden hat und insofern hat er nicht ganz Unrecht, schließlich befassen wir uns sehr emotional damit.



    3. Weder den "werten Kollegen" (was für eine alberne Bezeichnung) - ja, nicht einmal dich, beisswenger - würde ich - direkt oder indirekt - "als Schwachsinnigen bezeichnen"


    Überflüssig, denn meine Tirade richtet sich nicht gegen dich, sondern gegen jene, die das Buch nicht gelesen haben und sich eine Meinung über das Buch anmaßen, das sie nur aus zweifelhaften Quellen kennen.


    4. Lass dir zur Abwechslung mal was Intelligentes einfallen


    Kein Kommentar!

  • Zitat

    Deine Frage war: Wie ist das Buch auf die Liste gekommen? Antwort: Fehlentscheidung


    Wo ist diese Aussage als Zitat gekennzeichnet, lieber xexos?