Martin Walser - Statt etwas oder Der letzte Rank

  • Das 15. Kap ist ja wirklich bemerkenswert. Also ehrlich, ich habe gelacht. Und ich denke nicht, dass das so gemeint war.


    Der Anfang ist noch sehr ernst. Walser spricht von seiner Erziehung, die darauf abgezielt hat, dass man als Kind lernen muss, die an es gestellten Erwartungen zu erfüllen. Klar, so war das damals und er hatte das verinnerlicht.

    Schwierig wurde es für ihn, wenn zwei Menschen unterschiedliche, nicht vereinbare Erwartungen an ihn stellten.


    So weit, so gut.

    Ja, und wenn dann zwei Menschen ihn liebten und erwarteten, dass er diese Liebe erwiderte, wollte er auch diese Erwartung erfüllen.

    Oh Gott! Will er damit sagen, dass er Menschen geliebt hat, weil es von ihm erwartet wurde?


    Hier habe ich erstmal überlegt, welche Art von Liebe er meinte. Doch als er davon sprach, dass es gesellschaftlich nicht anerkannt ist, zwei Menschen gleichzeitig zu lieben, denn das wäre Untreue, war mir klar, welche Liebe er meinte.

    Er sagt, es gibt ein Gebot: Du kannst nur einen Menschen lieben. Entsprechend dem Gebot: Du darfst nur einen Gott verehren.


    Walser meint, es wäre barbarisch, Untreue zu ahnden. Könne es denn nicht zweierlei Liebe geben? Da nähme man dem anderen nichts, wenn man zwei Menschen liebt.

  • Oh Gott! Will er damit sagen, dass er Menschen geliebt hat, weil es von ihm erwartet wurde?

    Da wäre vielleicht doch geboten eine ausführliche Biografie von diesem Mann zu lesen, um zu verstehen, auf welche Art Beziehung er sich da beziehen könnte.


    Walser meint, es wäre barbarisch, Untreue zu ahnden. Könne es denn nicht zweierlei Liebe geben? Da nähme man dem anderen nichts, wenn man zwei Menschen liebt.

    Menschen, die Treue als existentiell für ihre intime Beziehung ansehen, sind sicher stärker verunsichert und verletzt, wenn sie mit der Untreue ihres Liebespartners konfrontiert werden und möchten den Vertrauensverlust gegebenenfalls auch ahnden, um die Verletzung zu verarbeiten. Dafür habe ich mehr Verständnis als für Menschen, die sich alle Freiheiten für ihr persönliches Vergnügen nehmen ohne auf die Gefühlslage ihres Partners Rücksicht zu nehmen.


    Sicher gibt es verschiedene Arten der Liebe. Jeden Menschen liebt man doch im Idealfall ganz individuell - eben entsprechend seiner Persönlichkeit. Von daher kann man sicher zwei Menschen gleichzeitig auch erotisch lieben - solange diese beiden damit klar kommen, gibt es keine verletzten Gefühle - theoretisch! :gruebel

    - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - -
    Von den vielen Welten, [...] ist die Welt der Bücher die größte. (Hermann Hesse)


    :lesend Siegfried Lenz: Der Verlust

  • So weit, so gut.

    Ja, und wenn dann zwei Menschen ihnliebten und erwarteten, dass er diese Liebe erwiderte, wollte er auchdiese Erwartung erfüllen.

    Oh Gott! Will er damit sagen, dass er Menschen geliebt hat, weil esvon ihm erwartet wurde?

    Ich verstehe das so, dass er zwei Frauen gleichzeitig geliebt hat und sich seine Untreue ein bisschen schön redet. So nach dem Motto: "Was soll ich machen, wenn ich so geliebt werde?" Für mich kommt es schon ehrlich rüber, wenn er hier die Liebe zu beiden Frauen als gleichwertig beschreibt.

    Ich stimme ihm hier, ehrlich gesagt vollkommen zu, auch wenn es moralisch in unserer Gesellschaft nicht angesehen ist. Ich denke schon, dass man zwei Menschen gleichzeitig und gleichwertig lieben kann, ohne dass A oder B etwas fehlt. Ähnlich, wie man auch zwei Kinder lieben kann.

    Dass er hier von der Erziehung und den Erwartungen an ihn redet, lese ich als Ausrede oder als ironsiche Rechtfertigung.

    Die eigentliche Geschichte aber bleibt unerzählt, denn ihre wahre Sprache könnte nur die Sprachlosigkeit sein. Natascha Wodin

  • Immer noch Kap. 15:


    Es ist ein wichtiges Thema für Walser, dass er oft wegen der Erwartungen, die andere an ihn gestellt haben, nicht das tun und sagen durfte, was er eigentlich wollte. „Gefälschte Gefühle“ nennt er das. Dabei geht es nicht immer um Beziehung zu Frauen, sondern auch ums Schreiben („Lieferung von Wörterware“).

    Er beklagt, dass von ihm erwartet wurde, eine einmal geäußerte Meinung für immer beibehalten zu müssen.


    Klar, der Mensch als soziales Wesen muss sich anpassen, sonst muss er als Einsiedler im Wald leben. Wenn man noch dazu ein Mensch ist, der im Rampenlicht steht, gilt das natürlich noch viel mehr.

    Aber ich kann mir schon vorstellen, dass es als Mensch am Ende des Leben sehr enttäuschend ist, wenn man das als Fazit seines Lebens ziehen muss.


    Der Abschnitt mit Schwester Laura im Krankenhaus ist köstlich. Er will ihr sagen, dass er sie heiraten möchte, kann aber doch nicht, weil er noch keinen Termin im Standesamt hat. Klar, das ist überzogen, aber zum Schmunzeln.

    Darüber hinaus gefällt mir hier die Wortwahl ausgenommen gut. Ich lerne Walsers Sprache immer mehr zu schätzen.

  • Im 16. Kapitel habe ich irgendwie den Faden verloren.


    Ich habe es so verstanden:


    Irgendwann hatte Walser keine Kraft mehr, den von anerkannten Autoritäten vertretenen Meinungen zu widersprechen.


    Wenn er meinte, dass etwas nicht richtig war, fiel ihm auf, dass er nicht wusste, wie man es besser machen könnte.

    Hier frage ich mich, ob es ihm wirklich „auffiel“ oder ob nicht eher andere zu ihm sagten, er solle nicht kritisieren, wenn er nicht weiß, wie es besser geht.

    Also eher ein versteckter Vorwurf an seine Gegner?


    Er sagt, diesen Meinungen zustimmen bedeute, sich zu den Tadellosen dazuzählen. Wenn aber in so einer Meinungsäußerung z. B. Nazis oder Kapitalisten kritisiert würden und wenn man dieser Meinung widerspricht, würde man selbst als Nazi oder Kapitalist bezeichnet.


    Er fühlte sich als blühende Wiese, wie er sagt. Wie soll ich das verstehen? Hatte er in der Zeit, in der er anerkannten Autoritäten nicht widersprach, eine besonders kreative Schaffensphase oder ein besonders gelungenes gesellschaftliches Leben?


    Und dann spricht der von seinen Feinden und wie wichtig sie sind gegen die Langeweile. Seine Feinde und er seien ein gutes Team zur Unterhaltung der Welt. :lache

  • Noch zum Ende vom 15. Kapitel:

    Ich liebe ja Lyrik und diese lyrischen Einschübe gefallen mir sehr. SIe hätten mir fast genügt.


    Er sagt, diesen Meinungen zustimmenbedeute, sich zu den Tadellosen dazuzählen. Wenn aber in so einerMeinungsäußerung z. B. Nazis oder Kapitalisten kritisiert würdenund wenn man dieser Meinung widerspricht, würde man selbst als Nazioder Kapitalist bezeichnet.

    Walser, oder das lyrische Ich, macht aber auch deutlich, dass er zu schwach war, um zu widersprechen. Nicken war einfacher. Ich denke, das kennen wir alle. Ich lese das so, dass er sich an dieser Stelle selbst kritisiert.



    Er fühlte sich als blühende Wiese,wie er sagt. Wie soll ich das verstehen? Hatte er in der Zeit, in derer anerkannten Autoritäten nicht widersprach, eine besonders kreativeSchaffensphase oder ein besonders gelungenes gesellschaftliches Leben?

    Ich verstehe das so, dass er das jemand zu ihm gesagt hat und er sich dem anpasst, also den Erwartungen entspricht. Auch wenn es so unsinnig ist, wie, man sei eine blühende Wiese.

    Er wusste gar nicht oder dachte gar nicht nach, was seine eigene Meinung war, sondern sprach das aus, was andere von ihm erwarteten oder in ihm sahen. Uns sei es eine blühende Wiese. :flowers:flowers:flowers

    Die eigentliche Geschichte aber bleibt unerzählt, denn ihre wahre Sprache könnte nur die Sprachlosigkeit sein. Natascha Wodin

  • Walser, oder das lyrische Ich, macht aber auch deutlich, dass er zu schwach war, um zu widersprechen. Nicken war einfacher. Ich denke, das kennen wir alle. Ich lese das so, dass er sich an dieser Stelle selbst kritisiert.

    Und genau deshalb sagt er ja, dass es Stärke ist, diese Schwäche zuzugeben.

    Ich verstehe das so, dass er das jemand zu ihm gesagt hat und er sich dem anpasst, also den Erwartungen entspricht. Auch wenn es so unsinnig ist, wie, man sei eine blühende Wiese.

    Er wusste gar nicht oder dachte gar nicht nach, was seine eigene Meinung war, sondern sprach das aus, was andere von ihm erwarteten oder in ihm sahen. Uns sei es eine blühende Wiese.

    Interessant. Darüber muss ich noch ein bisschen nachdenken. Ich bin ja oben auch an so eine Stelle gelangt, wo ich vermute, dass es nicht das ist, was er denkt, sondern was andere ihm nahelegen zu denken.

  • Und genau deshalb sagt er ja, dass es Stärke ist, diese Schwäche zuzugeben.

    Ja, stimmt, so geht der Gedanke weiter.

    Ich bin richtig froh, mit dir das Buch nochmal zu durchdenken. Ich war nach der Lektüre irgendwie unzufrieden. :knuddel1

    Die eigentliche Geschichte aber bleibt unerzählt, denn ihre wahre Sprache könnte nur die Sprachlosigkeit sein. Natascha Wodin

  • Ich bin richtig froh, mit dir das Buch nochmal zu durchdenken. Ich war nach der Lektüre irgendwie unzufrieden.

    Das freut mich. Ich habe mit meinen bisherigen threads "Ich lese/höre gerade", ich glaube es waren zwei, immer gute Erfahrungen gemacht. Immer finden sich Eulen, die ganz spontan mitmachen.


    Ich muss sagen, ich habe den Eindruck, dass mich Walser ziemlich in die Irre geführt hat. Auch beim Hörbuch, das er selber spricht, habe ich bisher nicht gemerkt, wann er es ernst meint und wann ironisch oder metaphorisch. Aber so langsam komme ich ihm auf die Schliche. Glaube ich.

  • 17. Kapitel


    Das ist ja sowas von skurril! :lache


    Im einem Vortrag über Lautlehre gibt Walser seinem Wahrheitsbedürfnis einmal nach und spricht die Dozentin vor der ganzen Zuhörerschaft auf ihre etwas durchsichtige Kleidung und was sie drunter trägt, an. Und dann macht er ihr vor allen Studenten einen Heiratsantrag. An seinen Vortrag erinnert sagt er nur:

    „Das ist die Lautlehre: Es gibt nur einen Laut, den es sich lohnt zu lehren. Er heißt Liebe.“

    Dann verlässt er den Raum laut seine Gedankenfetzen (wie sie in dem Buch immer wieder wiederholt werden) vor sich hin psalmodierend.


    Ich denke, hier will Walser vorführen, was es bedeutet, wenn man immer das sagt, was man gerade denkt. Also etwas Rücksicht sollte man schon darauf nehmen, was sein Umfeld erwartet. Ganz ohne „Fälschung der Gefühle“ geht es nicht.

  • Das 18. ist ein kurzes, aber nicht einfaches Kapitel.


    Er verspürt einen Zwang, ständig zur Uhr zu sehen, spätestens nach 10 min. Er befürchtet, dass die Abstände immer kürzer werden und er irgendwann überhaupt nicht mehr wegsehen kann. Und seine Gedanken würden nicht mehr weiter gehen, sondern ständig auf den wundesten Punkt sehen. Dagegen will er sich mit Wörtern wehren.


    Die Jahre schreiben Geschichte. „Im Wind der Geschichte sind die toten Stämme lauter als die lebendigen.“

    Wen meint er mit den Bäumen?


    Ich weiß jetzt nicht, was die Zeit und die Geschichte mit dem wundesten Punkt zu tun hat.

  • "Ich huste, also bin ich." (S. 62)

    Seine Lesung begann Walser mit der Aufforderung, dass die Zuhörer doch ruhig ihrem Hustbedürfnis nach Herzenslust nachgehen sollen. Nichts wäre schlimmer als das Geräusch unterdrückten Hustens. Daran musste ich eben denken. :grin


    Was wäre gewesen, hätte die Dozentin ja gesagt?


    Geschickt vom vergessenen Manuskript abgelenkt, sage ich da nur.

    Die eigentliche Geschichte aber bleibt unerzählt, denn ihre wahre Sprache könnte nur die Sprachlosigkeit sein. Natascha Wodin

  • Ich weiß jetzt nicht, was die Zeit unddie Geschichte mit dem wundesten Punkt zu tun hat.

    Der wundeste Punkt ist der Stillstand, so verstehe ich das. Die Zeit vergeht und je weiter die Zeit fortschreitet, um so mehr Abstand gewinnt man auch und damit weitet sich der Blick.

    "Die Jahre schreiben Geschichte." S. 63

    Die Jahre schreiben Geschichte. „ImWind der Geschichte sind die toten Stämme lauter als dielebendigen.“

    Wen meint er mit den Bäumen?

    Aus totem Holz entsteht etwas Neues, es verändert sich. Vielleicht ist das so gemeint.

    Die eigentliche Geschichte aber bleibt unerzählt, denn ihre wahre Sprache könnte nur die Sprachlosigkeit sein. Natascha Wodin

  • Im folgenden geht es wieder um Wahrheit und Lüge einem anderen zuliebe.

    Man muss fähig sein, mit Unwahrheiten umzugehen, sonst wird man unglücklich. Man muss sogar anderen zuliebe manchmal die Unwahrheit sagen, sonst wird man einsam. Ungesagte Wahrheiten können schlimmer sein als ausgesprochene, dem anderen zuliebe gesagte Unwahrheiten.


    Das Beispiel des Paares in Kapitel 19 ist interessant.


    Dann spricht Walser von der Kunst der Fuge.

    Wenn ich das Wort Fuge im Zusammenhang mit Kunst höre, denke ich sofort an Musik und Bach. Oder hat er hier Fuge im Sinn von Lücke gemeint? :gruebel


    In 21 und 22 verwendet Walser Metaphern.

    In der schönsten Frühlingsstimmung ist da dieser schwarze Schlund, der die Vestummten verschluckt. Er wehrt sich erfolgreich mit Wörtern dagegen. Was ist der schwarze Schlund? Sprachlosigkeit?


    Was soll der Dialog mit der Frau, seinem Geschöpf, sagen? Spricht ein Schriftsteller gelegentlich mit seinen Geschöpfen? Möglich. Doch die Frau sagt, er erwarte, dass sie mehr sein solle als sein Geschöpf.

    Zieht Walser aus der Beschäftigung mit seinen Figuren neue Ideen? Oder wirken seine Figuren auf die Leser oft anders als auf ihn, so dass er aus den Rückmeldungen andere Blickwinkel kennenlernt?

    Meint Walser womöglich mit seinen Geschöpfen nicht nur konkrete Figuren oder auch abstrakte Ideen?


    Was er mit den zahlreichen Witwen sagen will, ist mir völlig rätselhaft. Es geht wieder um die Unwahrheit anderen zuliebe. „Die Kunst der Fuge bzw. die Fähigkeit, mit der Unwahrheit ein Glückskunstwerk zu schaffen, das ist die menschliche Fähigkeit überhaupt. Keine ist edler und menschenfreundlicher als sie.“ Schön gesagt.

    Irgendwie musste ich hier an Romane denken.


    Dann geht es um Gewissheiten. In einer Welt von Gewissheiten haben die Wörter keine Freiheit. Gewissheiten sind eine Zwangsjacke für Wörter. Wörter sind Spürbarkeiten.

    Jetzt ist mir alles klar. Ich habe beim Hören dieses Buches keinerlei Gewissheiten, aber dafür spüre bzw. ahne ich jede Menge. Und noch dazu klingt es gut. Was will man mehr! :lache

  • Kapitel 23: wieder das Todesmotiv.


    Der Zug ist belegt mit bereits verstorbenen. Wenn der Protagonist sich zu ihnen setzt, ist es auch um ihn geschehen. Doch noch bleibt er stehen.

    Die Szenerie ist wie eine Traumsequenz.

    Jetzt bin ich auch in diesem Zug, dem Salon der Wahrheit. Was für ein beeindruckendes, surreales Kapitel! :anbet


    Ich empfinde die Szene als Prozess. Schon allein die Tatsache, dass er als einziger steht.


    Im Zug befinden sich Männer, die er gekannt hatte, als sie noch gelebt hatten. Alle hatten es ihm im Leben schwer gemacht. Diese Männer wiederholen all die Aussagen, die sie zu Lebzeiten gegen ihn gesagt hatten. Dabei empfinden sie Schmerzen. Er fühlt sich schuldig an diesen Schmerzen, schließlich war er die Ursache. Und es wurde ihm klar, dass dies kein Ende nehmen würde. Er verstand, wo er war: Im Salon der Wahrheit. Für mich klingt das eher nach Hölle. Oder ist es auch so zu verstehen? Mich hat die Szene ein bisschen an Sartres "Geschlossene Gesellschaft" erinnert.

    Auch Frauen sind im Zug und zwar in den Gepäckablagen. Auch sie leiden. Er will diese Menschen erlösen. Bei den Frauen gelingt es ihm leicht. Er muss nur das richtige Wort sagen.

    Schließlich gelingt es ihm wegzulaufen. Die Schaffnerin ruft ihm nach: "Du verlierst mehr, als du gehabt hast."

    Was verliert er?


    Wie soll ich das in die reale Welt übertragen? Welches „Wort“ ist es, das die Frauen erlöst? Warum ist es wichtig, dass er nicht „Gepäcknetz“, sondern „Gepäckablage“ sagt? Geht es um Wortklauberei, um die vorher erwähnte Freiheit der Wörter?


    Warum kann er die Frauen erlösen, die Männer aber nicht?

    Hat er tatsächlich Schuldgefühle? Oder will man ihm einreden, dass er welche haben müsste? Ich kann mir auch nicht vorstellen, dass all diese Männer im Leben darunter gelitten hätten.


    Fragen über Fragen!

  • Kap. 24


    Er spricht davon, dass er eine Abhängigkeit von der leeren musterlosen Wand spürte. Das wollte er nicht. Er müsse unabhängig werden von sich selbst.


    Wie kann man unabhängig werden von sich selbst?


    Kap. 25


    Walser erzählt eine Episode im Hotel zwischen einem Mann und einer Frau. Als Leser/Hörer erfährt man von den Problemen der Frau mit ihrem Ex-Mann und kann verstehen, dass sie sich mal so richtig gehen lassen will. Sie besäuft sich über alle Maßen bis sie sich erbrechen muss. Und erstickt.


    Die Probleme des Mannes mit seiner Ehefrau dagegen klingen nur ganz andeutungsweise an. Eigentlich ist es nur der letzte Satz: Sie „begnügte sich wieder einmal zu sagen: 'Du siehst, wo du hinkommst mit deinem ewigen Mitleid.'“

    Die Wörter „wieder einmal“ und „ewigen“ lassen mich eine abgenützte Beziehung vorstellen, in der auch der Respekt verloren gegangen ist.


    Apropo Mitleid: Hat sich der Mann (Spricht Walser von sich selbst?) so ganz uneigennützig aus Mitleid mit der Frau eingelassen? Und was will er uns damit sagen?


    Aufgefallen ist mir diese Aussage:

    „Sie habe sich übergeben im Bett. Er habe ihr helfen wollen. Daran sei sie erstickt.“ Worauf bezieht sich das Wort „daran“? Man kann es so verstehen, dass sie an seiner Hilfe erstickt wäre. Ich werde den Verdacht nicht los, dass dieses Ersticken eine Metapher für irgendwas ist.


    Sprachlich ist dieses Kapitel wieder großartig!