Elizabeth George - Wer Strafe verdient / The Punishment She Deserves

  • Kurzbeschreibung (Quelle: amazon)

    Die Bürger des englischen Städtchens Ludlow sind zutiefst entsetzt, als man den örtlichen Diakon eines schweren Verbrechens beschuldigt und ihn verhaftet. Kurz darauf wird er in Polizeigewahrsam tot aufgefunden. Im Auftrag Scotland Yards versucht Sergeant Barbara Havers Licht ins Dunkel um die geheimnisvollen Vorfälle zu bringen. Zunächst weist tatsächlich alles auf den Selbstmord eines Verzweifelten hin – doch Barbara und mit ihr DI Thomas Lynley trauen dieser Version der Ereignisse nicht. Gemeinsam werfen sie einen genaueren Blick hinter die idyllische Fassade Ludlows – und entdecken, dass fast jeder hier etwas zu verbergen hat …


    Autorin (Quelle: amazon)

    Eine Amerikanerin in London – zumindest zeitweise lebt Elizabeth George in der britischen Hauptstadt. Dort recherchiert die preisgekrönte Krimiautorin detailversessen an den Orten des Geschehens. Ihre größtenteils verfilmten Geschichten sind eher Gesellschaftsromane als „nur“ spannende Storys – von denen George allerdings eine Menge versteht. Denn Handwerk und Kunst des Schreibens hat sie lange Jahre als Lehrerin für Englische Sprache und Literatur sowie später in Unikursen für Kreatives Schreiben unterrichtet. Bekannt wurde sie vor allem mit ihrem Ermittlerduo Inspector Lynley und Sergeant Havers. Geboren wurde Elizabeth George 1949 in Warren im US-Bundesstaat Ohio. Nach vielen Jahren in Kalifornien lebt sie heute im Nordwesten der Vereinigten Staaten bei Seattle.


    Allgemeines

    20. Band der Reihe um Thomas Lynley und Barbara Havers

    Titel der Originalausgabe: „The Punishment She Deserves“, ins Deutsche übersetzt von Charlotte Breuer und Norbert Möllemann

    Erschienen am 8. Oktober 2018 im Goldmann Verlag als HC mit 864 Seiten
    Gliederung: Prolog – nicht-nummerierte Kapitel mit Ortsangabe überschrieben – Danksagung

    Erzählung in der dritten Person aus wechselnden Perspektiven

    Handlungsorte und -Zeit: Ludlow, London, in der Gegenwart


    Inhalt

    In Ludlow hat sich der junge, sozial äußerst engagierte Diakon Ian Druitt im Polizeigewahrsam erhängt, nachdem er unter dem Verdacht pädophiler Straftaten festgenommen wurde. Der Vater des Verstorbenen, ein einflussreicher Brauereibesitzer, ist davon überzeugt, dass sein Sohn weder pädophil noch ein Selbstmörder war; über einen ihm gut bekannten Parlamentsabgeordneten erreicht er, dass Scotland Yard sich des Falls annimmt. Zunächst werden Isabelle Ardery und Barbara Havers nach Ludlow entsandt, doch die Ermittlungen leiden nicht nur unter dem angespannten Verhältnis der beiden Frauen, sondern auch unter der mangelnden Gründlichkeit Isabelles, die immer noch mit ihren familiären Problemen und ihrer Alkoholsucht zu kämpfen hat. Nach einer relativ ergebnislosen ersten Ermittlungsrunde reist Barbara erneut, diesmal mit Thomas Lynley, nach Ludlow und kann nun endlich neuen Ermittlungsansätzen folgen. Da der Diakon ein sehr großes persönliches Umfeld hatte, müssen sehr viele Personen vernommen werden, darunter eine Gruppe von Studenten, um deren Wohlergehen der Diakon besorgt war. Offensichtlich hat jeder etwas zu verbergen und selbst auf die Aussagen des örtlichen Hilfspolizisten, der Druitts Verhaftung vorgenommen hatte und dessen Vorgesetzter ist kein Verlass…


    Beurteilung

    Für diesen Roman braucht man einen langen Atem. Das liegt nicht nur am beachtlichen Umfang von 864 Seiten, sondern vor allem an der Komplexität der Handlung und der Unmenge an Romanfiguren sowie an deren lange wenig durchschaubaren Beziehungen untereinander. Die Handlung nimmt erst langsam Fahrt auf, die Spannung bleibt auf einem eher niedrigen Level. Wer einen spannenden Thriller mit viel Blutvergießen erwartet, wird mit diesem Buch nicht glücklich werden. Wer dagegen Krimis mit psychologischer Ausrichtung und starker gesellschaftskritischer Komponente mag, hat hier eine durchaus lohnende Lektüre vor sich. Der Leser gewinnt nicht nur Einblick in das Leben einiger Studenten, die ihren familiären Problemen durch Alkohol- oder Drogenkonsum, bzw. Promiskuität zu entkommen versuchen, sondern auch in die Verhältnisse in deren Elternhäusern. Hier wird besonders das Thema „Kontrollsucht“ durch übergriffige Mütter thematisiert – Mütter, die das Beste für ihre Kinder wollen und nicht merken, dass sie im Begriff sind, sie durch extreme Gängelung zu entfremden und die Familie zu zerstören. Im Gegensatz dazu steht der Kontrollverlust von Isabelle Ardery, deren Leben nur noch vom Alkohol dominiert wird und die ihre Familie bereits wegen ihrer Sucht zerstört hat.

    Die Autorin hat die Charaktere aller Romanfiguren sehr gründlich ausgearbeitet, die persönliche Geschichte des „Stammpersonals“ wird unter gelegentlicher Bezugnahme auf den Inhalt vorheriger Bände fortgesetzt, der Roman kann aber auch ohne Vorkenntnisse gelesen werden.

    Der Erzählstil ist anschaulich und flüssig zu lesen, manchmal allerdings zu weitschweifig.

    Der englische Titel „The Punishment She Deserves“ lässt Interpretationsspielraum, da er sich auf mehrere Romanfiguren beziehen kann.


    Fazit

    Ein komplexer, ruhig erzählter Krimi mit gesellschaftlichen Thematiken, für den man sich viel Zeit nehmen sollte. Lohnende Lektüre, wenn man nicht auf Hochspannung und Blutvergießen fixiert ist!

    8 Punkte

  • Mir hat dieser Krimi gut gefallen - nach dem in meinen Augen katastrophalen "Am Ende war die Tat" ist Frau George in den folgenden Büchern zum Glück wieder zu alter Form zurückgekehrt, welches sie beherrscht (und ich als Leserin liebe). Ich stimme €nigma in der Beurteilung zu, finde aber diesen Roman was die Vielzahl der Personen angeht, deren Beziehung untereinander, gesellschaftskritische Aspekte usw. nicht anders, als die anderen Krimis der Autorin. Das mag man oder man mag es nicht. ;)

    Persönlich mag ich auch die unblutigen Krimis.

  • Ich habe alle Lynley-Havers-Krimis gelesen, aber die letzten nicht mehr gekauft, nur geliehen, weil ich nicht mehr das gefunden habe, was ich an den Büchern mochte, das besondere Zusammenspiel von Havers und Lynley beim Lösen der Fälle.


    Findet man das in diesem Teil wieder?

    Ich hab mir das Buch in der Bibo vorbestellt, aber das dauert wohl noch...

  • Ich finde: Ja!

    Mich hatte zuletzt etwas genervt, wie die schlechte Meinung der Vorgesetzten Ardery von Havers ausgewalzt wurde. Da gibt's eine positive Entwicklung, wie in Havers Leben noch einige weitere. Jedenfalls führen diese Entwicklungen in dieser Geschichte dazu, dass Lynley und Havers wieder gemeinsam ermitteln. :-]

  • Ich finde: Ja!

    Mich hatte zuletzt etwas genervt, wie die schlechte Meinung der Vorgesetzten Ardery von Havers ausgewalzt wurde. Da gibt's eine positive Entwicklung, wie in Havers Leben noch einige weitere. Jedenfalls führen diese Entwicklungen in dieser Geschichte dazu, dass Lynley und Havers wieder gemeinsam ermitteln. :-]

    Danke für diesen Ausblick. Dann freue ich mich nun doch aufs Lesen.