Gift - Der Tod kommt lautlos - Ivo Pala

  • Kurzbeschreibung (gem. Amazon)
    Hoch ansteckend: Die Pest wüstet im 21. Jahrhundert


    Ein NATO-Stützpunkt an der deutschpolnischen Grenze wird Ziel eines Giftanschlags. Patrizia Hardt und Gernot Löw von der nationalen Terrorabwehr machen Jagd auf die Terroristen und stoßen auf einen furchtbaren Skandal: Aus der Zeit des kalten Krieges schlummern auf ostdeutschem Boden versteckte Depots mit Kampfgiften und biologischen Waffen – darunter eine tödliche Seuche. Hardt und Löw folgen der Spur der Terroristen bis nach Leipzig. Da wird der erste Todesfall bekannt. Diagnose: PEST!


    über den Autor (gem. Amazon)
    Ivo Pala, geboren 1966, ist neben seiner Tätigkeit als Romanschriftsteller seit fast zwanzig Jahren auch erfolgreicher Drehbuchautor und Dramaturg für Action- und Krimiserien und abendfüllende Spielfilme. Seine besonderen Steckenpferde sind Historie, Science-Thriller, Horror und Fantasy. Er lebt zurzeit in Berlin und arbeitet bereits an seinem nächsten Roman. Unter seinem Pseudonym Richard Hagen schreibt er für Blanvalet in Hessen spielende Kriminalromane.


    meine Meinung
    Deutschland erholt sich grad von dem Anschlag auf das Trinkwasser, da droht die nächste Katastrophe: der Chef der Terrorbekämpfung Böllinger wird in einer Videonachricht brutal gefoltert und auf grausame Art und Weise getötet. Die Täter: vermutlich Handlanger der russischen Regierung. Doch der russische Präsident gibt sich ahnungslos. Patricia Hardt und ihr Team setzen alles daran, die Täter und Mörder ihres Chefs zu fassen und ahnen nicht, dass sie damit etwas anstoßen, dass den 3. Weltkrieg bedeuten könnte...


    "Gift – Der Tod kommt lautlos" ist der zweite Thriller aus der Feder von Ivo Pala und der Nachfolger von H2O. Und wie der Vorgänger, konnte mich auch dieses Buch fesseln und hat mich bis zum Schluss nicht mehr losgelassen.


    Die Geschichte wird aus der Erzählerperspektive wiedergegeben. Dabei folgt man unterschiedlichen Personen, unter anderem der Analytikerin Patricia Hardt, die bereits aus H2O bekannt ist, Major Löw oder dem Bundeskanzler Wagner. Und jede Perspektive hat etwas für sich, denn egal, ob ich mit Löw im Untergrund war, mit Hardt den Einsatz koordiniert habe oder mit dem Bundeskanzler Konferenzen beiwohnte, zum Luftholen kam ich kaum. Denn dafür ist der gesamte Thriller zu spannend und rasant erzählt.


    Mit der Gefahr von biologischen Anschlägen greift der Autor eine Angst auf, die seit den Terroranschlägen von 2001 unterschwellig immer präsent ist. Und so perfide die Idee ist, Krankheiten gegen Zivilisten einzusetzen, so real beschreibt Ivo Pala das Szenario, was daraus entstehen kann. Und das hat mir beim Lesen so manches Mal kalte Schauer über den Rücken gejagt. Hinzu kommt, dass der Autor auch mit dem alten, und aktuell leider viel zu neuen Feindbild von Russland spielt. Er schürt den Konflikt Ost gegen West so hervorragend, dass ich auch hier öfter den Kontakt zu realen Welt verloren habe und tief eingetaucht bin in das Schreckensszenario.


    Was mir sehr gut gefallen hat, war, dass Ivo Pala bei allem Terror und angstmachenden Szenen nicht den Bezug zur Realität verloren hat. Obwohl er den Leser hollywoodlike durch die Geschichte jagt, hatte ich zu keinem Zeitpunkt den Gedanken, dass er maßlos übertreiben würde. Für mich war der Aufbau von GIFT logisch, konsequent und nachvollziehbar. Und genau das hat mir so eine Angst beim Lesen gemacht. Toll!


    Die Figuren, die der Autor einführt, sind toll beschrieben und bleiben den gesamten Thriller über authentisch. Gerade Major Löw ist mir durch seine manchmal etwas ruppige Art ans Herz gewachsen und ich hoffe, dass ich ihn bald mal wieder auf einer Mission begleiten darf. Aber auch die anderen Soldaten, Ermittler und Analytiker waren mir so nah, dass ich am Ende Tränen vergossen habe. Und das passiert mir bei einem Thriller höchstselten.


    Der Stil von Ivo Pala ist sehr gut und flüssig zu lesen. Seine Erzählweise ist rasant, detailreich und auch sehr bildgebend. So gab es die ein oder andere Szene, bei der ich dann mein Knabberzeug beiseite gestellt habe, weil sie einfach nichts für den Magen war. Wer also zu GIFT greift, sollte sich bewusst sein, dass er schonungslos allen Details ausgesetzt wird.


    Fazit: ein weiterer genialer Thriller von Ivo Pala. Ich kann ihn nur empfehlen.

  • Dieses Buch stellt eine gelungene Verflechtung politischer und wirtschaftlicher Elemente mit der Angst vor den schlimmsten Krankheiten der Menschheit dar: Pest, Ebola, Lassa-Fieber. In storytechnischer Hinsicht hat Ivo Pala eine grandiose Geschichte entworfen, die ebenso gut ein Abbild der Realität sein könnte. In jeglicher anderer Hinsicht war das Buch leider nicht so gelungen, wie der Plot es vermuten lassen würde.


    Die Geschichte war fließend und gelungen aufgebaut, bot nur wenige Momente zum Verschnaufen und war inhaltlich nahezu ohne Verstrickungen in die Wendungen und Intrigengeflechte konzipiert. Kleine Schwachstellen gab es dennoch; zudem war das Ende eine massive Enttäuschung (mehr dazu unten). Der Autor hat es geschafft, durch zahlreiche Perspektiven verschiedene Seiten des nahenden Krieges zu demonstrieren und sowohl die Ansichten Russlands, der USA als auch Deutschlands in die Handlung einzubauen. Abzüge gibt es dafür, dass die Charaktere nicht lebendig wirkten und somit einen entscheidenden Teil dazu beigetragen haben, dass mein Lesevergnügen zeitweise erheblich gestört bzw. letzten Endes sogar zerstört wurde.


    Diese Bewertung mag hart klingen, zumal der einzige Stern, den ich für die Charaktere vergeben würde, Herta Kowska gilt, die den Tod Tausender Menschen ohne einen Hauch von Schuldgefühl verursacht hat. Dennoch erschien sie als der einzige Charakter, der einigermaßen vielschichtig und bedeutungsvoll entwickelt wurde, dessen Dilemma erklärt wurde und der auf seine eigene Art und Weise innerhalb des Buches lebendig wurde. Von Gernot Löw, Patrizia Hardt oder Simon Wagner kann man dies absolut nicht behaupten. Mein größtes Problem hatte ich mit der weiblichen Protagonistin, Patrizia Hardt. Keine Frage - ein gewisses Maß an Abgebrühtheit ist in ihrem Job nicht fehl am Platze, und jeder sollte Berufliches und Privates voneinander trennen können.
    [sp]Dennoch hat sie es geschafft, zu Beginn des Buches einen Heiratsantrag zu erhalten, vierhundert Seiten lang nicht ein einziges Mal an ihren Verlobten zu denken und nach Abschluss der Geschichte schulternzuckend hinzunehmen, von ihm augenscheinlich verlassen worden zu sein. Daher erschien das Ende wie eine lieblos dahingeschriebene Auflösung, bei der der Autor nicht wusste, was er mit dem eingeleiteten Heiratsantrag anfangen sollte [/sp]
    Bis auf ein, zwei Tränchen erschien sie wie ein gefühlskaltes Arbeitstier, und das entgegen des Eindrucks, den Ivo Pala von ihr erwecken wollte: dass Patrizia in Wahrheit hinter ihrer harten Fassade eine Menge Gefühle versteckt.


    Noch maßgeblicher daran beteiligt, dass keine Bindung zur Hauptfigur aufkommen konnte, war die Art und Weise, mit der sie involviert war. Auf 445 Seiten wurde nicht ein einziges Mal von "Patrizia" geschrieben. Immer "Patrizia Hardt". Selbst wenn sie etwas dachte, etwas fühlte, sich bereits seitenlang in ihrer eigenen Szene befand, stets "Patrizia Hardt". Der Autor ließ keine einzige Möglichkeit aus, ihren Nachnamen zu erwähnen. Gibt es eine effektivere Methode, den Leser vom Protagonisten zu entfremden? Darüber hinaus existierte nahezu keine Verbindung zwischen den Protagonisten Gernot und Patrizia, zwei Protagonisten, die zwei, höchstens drei Szenen miteinander teilten und zugleich kein Verhältnis zueinander pflegten, das dem Leser in irgendeiner Form im Gedächtnis geblieben wäre.


    Der Autor schreibt sehr fesselnd, weshalb ich auf den letzten ca. 200 Seiten das Buch auch kaum mehr aus der Hand legen konnte, dennoch verfällt er zeitweise in einen nahezu kindlichen Stil, der sich durch zahlreiche Ausrufezeichen auszeichnet und den Leser mit der Holzhammermethode darauf hinweist, dass nun etwas Folgenschweres passiert ist. Seine Methode, Spannung einzuleiten, indem durch Ausrufezeichen abrupte Gefahr angekündigt wird, erzielte ganz und gar keinen Erfolg und hatte vielmehr den Effekt, dass ich mich umso mehr gelangweilt habe.


    Somit vergebe ich im insgesamt 5/10 Sterne, aufgrund des Spannungsbogens zwar verdient, aufgrund mehrerer Kritikpunkte aber auch nicht zu wenig.
    Wer sich für die politischen und wirtschaftlichen Verflechtungen der Weltmächte (USA, EU, Russland) interessiert, sollte bei diesem Buch aber auf jeden Fall zugreifen.

  • Ivo Pala kommt aus dem Actionfilmbereich, er arbeitet als Drehbuchautor und Dramaturg. Das merkt man dem Buch an: Es ist spannungsgeladen, actionreich und lässt dem Leser kaum Zeit luftzuholen. Da fallen logische Unstimmigkeiten nicht groß ins Gewicht, schließlich will man wissen, wie der Drahtzieher zur Strecke gebracht wird.


    Pala spielt die weltpolitischen Positionen gekonnt gegeneinander aus und zeichnet damit ein glaubhaftes Szenario. Gerade die Machtspielchen unter den involvierten Nationen, der Drahtseilakt, der manchmal notwendig ist, werden überzeugend dargestellt. Auch die jeweilige Motivation der Handelnden wirkt nicht an den Haaren herbeigezogen. Streckenweise ist das Buch jedoch sehr brutal. Man wünscht sich als Leser, dass nicht jedes Detail so genau beschrieben wird.


    Die Figuren agieren ihrem Auftrag gemäß und werden meines Erachtens authentisch dargestellt. Trotzdem kann ich für keine der handelnden Personen besondere Sympathie aufbringen, alle bleiben irgendwie neutral (bis auf die Bösen natürlich ;-)). Das mag auch daran liegen, dass der Privatbereich komplett ausgeblendet wird. Das, was Ratsherr in seinem Spoiler schreibt, ist mir ebenfalls aufgefallen.


    Insgesamt ein kurzweiliges und spannungsreiches Buch, das man nicht so schnell aus der Hand legen kann. Manches erscheint nicht ganz logisch, aber beim Lesen bleibt keine Zeit, darüber groß nachzudenken. Ich habe mich gut unterhalten gefühlt und gebe 7 von 10 Eulenpunkten.

  • Meinung zum Cover: prägnant, aber Bakterien oder Viren sind nicht dargestellt, eher eine etwas ominöse grüne Substanz.
    Meinung zum Buch: Gut gefallen hat mir, dass die Spannung immer aufrechterhalten wurde und man sich nicht bei allen Personen immer sicher sein konnte auf welcher Seite sie nun stehen oder welche Ziele sie persönlich verfolgen. Aktuelle und historische Ereignisse wurden gut verknüpft und auch Interessen aus verschiedenen Ländern gut erklärt. Glaubhaft ist auch wie sich die Supermächte USA und Russland gegenseitig beschuldigen und sich gegeneinander ausspielen wollen oder wie wichtig es ist als Politiker in schwierigen Situationen die richtigen Worte zu finden.
    Gar nicht gefallen hat mir, dass Vieles einfach ziemlich unrealistisch erscheint. Ich mag Action, aber irgendwie eher als Film und nicht als Buch und hier gingen mir viele Sachen in der Hektik der einzelnen Szenen dann unter. Bakterien, die innerhalb von Sekunden zum Tod führen, hm, sind für mich als Mediziner dann doch etwas, das es nicht gibt. Ich mag es immer nicht so gerne, wenn Thriller zu sehr in die Science Fiction Ebene abdriften... Auch mochte ich keinen der Protagonisten wirklich gerne. Die Motivation hinter ihrem Handeln wurde mir auch nicht immer ganz klar.
    Fazit: Ein spannender actiongeladener Thriller, der aber nicht auf sehr hohem Niveau stattfindet.
    6 von 10 Punkten.

  • Mir hat das Buch nicht gefallen. Liegt wohl hauptsächlich an meinen ganz anderen Vorerwartungen. Ich habe einen Wissenschaftsthriller über biologische Waffen erwartet, das Buch ist aber - wie meine Vorschreiber schon schrieben - sehr, sehr actionreich und der Schwerpunkt liegt ganz eindeutig bei Kämpfen zwischen Agenten. Die freigesetzten Krankheiten sind nur der Aufhänger und werden relativ schnell abgehandelt.


    Für mich war auch vieles unrealistisch und heillos übertrieben. Ich kann mir beim besten Willen nicht vorstellen, dass Politiker so unbesonnen reagieren wie im Buch dargestelllt. So manche Szenerie empfand ich schwer vorstellbar, z. B. auch, wie viele Leute eigentlich von der Bedrohung wissen, ohne darüber über viele, viele Jahre ein Wort zu verlieren. Ebenso war es mir stellenweise zu brutal.


    Zitat

    Original von Ratsherr
    dass die Charaktere nicht lebendig wirkten


    Finde ich auch. Die hetzten alle durch die Gegend, werden aber nicht wirklich "greifbar". Mit Patrizia Hardt als Hauptperson konnte ich nur wenig anfangen, dafür war sie mir viel zu wenig präsent. Im Mittelpunkt steht schon eher Gernot Löw, doch auch er blieb mir zu konturlos.


    Positiv herorheben möchte ich wie meine Vorschreiber die Spannung, die trotzdem aufkommt, und die Kurzweiligkeit. Auch wenn es nicht dar richtige Buch für mich war, an Abbruch habe ich nicht gedacht. Von daher gebe ich 5 Punkte für unteren Durchschnitt.

    "Alles vergeht. Wer klug ist, weiß das von Anfang an, und er bereut nichts." Olga Tokarczuk (übersetzt von Doreen Daume), Gesang der Fledermäuse, Kampa 2021