Beiträge von SchreibwettbewerbOrg

    Mit freundlichen Grüßen

    von Booklooker


    Er öffnete seine Haustür und sah wie jeden Tag als erstes in den Briefkasten. Das Herz stockte ihm als er sah, was dort drin gelegen hatte: Eine Postkarte mit weißem Hintergrund und aufgemalten Blutspuren mit nur vier Worten auf der Rückseite: „Ich habe Dich gefunden!“ Was konnte das bedeuten? Die Treppe kam ihm länger vor als je zuvor, als er sich Stufe für Stufe nach oben in den dritten Stock schleppte. Als er den DIN-A-4 großen Zettel sah, der an der Wohnungstür hing, riss er ungläubig die Augen auf. Der Zettel war ebenfalls weiß und wies Blutspuren auf. Diesmal lautete der Text: „Na, hast Du schon Angst?“ Mit hämmerndem Herzen lehnte er sich an den Türrahmen und überlegte, was er tun sollte. Die Polizei rufen? Seinen besten Freund um Beistand bitten? Konnte man sowas auf die leichte Schulter nehmen? Das war ja eindeutig eine Drohung. Aber weshalb?


    Er fasste sich ein Herz, ging die Treppe hoch, schloss die Wohnungstür auf und knipste das Licht an. In der Wohnung sah es aus als hätte eine Bombe eingeschlagen. Die Wände waren mit Blut (oder war es Kunstblut?) beschmiert und die gesamte Einrichtung lag in Trümmern. Jetzt war der Zeitpunkt gekommen, sich selber einzugestehen, dass er handeln musste, denn in einer halben Stunde würde seine Frau nach Hause kommen. Die Postkarte und auch den Zettel an der Tür hätte er schnell verschwinden lassen können, nicht aber dieses Durcheinander. Er überlegte, ob er seine Frau vielleicht etwas länger von zu Hause fern halten konnte. Sie war ein so ordnungsliebender und nicht immer einfacher Mensch, dass er ihr diesen Schlamassel nicht antun wollte und lieber selber Ordnung schaffen wollte. Es blieb dann aber noch die Überlegung offen, ob es notwendig war, diese Vorgänge der Polizei zu melden. Wenn er seinem besten Freund einen Rat geben müsste, würde er ihn direkt drängen, die 110 zu wählen, aber er hatte ein seltsames Störgefühl, das er sich nicht erklären konnte.


    Plötzlich hörte er ganz leise, gerade am Rande des bewussten Hörens, Geräusche, die ihm bekannt vorkamen. Oh nein! Seine Frau war schon im Hausflur. Jetzt musste er schnell handeln. Er löschte das Licht, rannte zur Tür und stellte sich mit einem dümmlichen Grinsen vor die Wohnungstür. „Hallo Schatz! Hast Du Lust auf Sushi? Wir könnten mal wieder essen gehen. Unser Hochzeitstag ist doch…. in drei Wochen.“ Mist! Das klang total aufgesetzt. Seine Frau stutzte, legte den Kopf schief und sagte: „Sag mal, warum sind denn da rote Farbspritzer an der Wohnungstür? Wolltest du etwa renovieren?“ Mist, Mist, Mist, Mist! „Äh, nein. Ich weiß auch nicht so ganz genau, wo die her kommen. Ich habe sie gar nicht gesehen bis gerade.“ Aber da hatte sie sich schon an ihm vorbei in die Wohnung gedrängelt. Mit vor dem Mund geschlagener Hand stand sie in dem Chaos und sagte leichenblass: „Irgendwann musste es ja mal soweit sein.“


    „Was meinst du denn damit?“ Er verstand die Welt nicht mehr. Hatte er bis eben noch gedacht, dass sie völlig ausrasten würde, wenn sie das Chaos sehen würde, war er jetzt umso erstaunter, dass sie sich irgendwie ertappt fühlte. „Kannst du dich noch an meinen Ex-Freund erinnern, der mir kurz vor der Trennung fremd ging? Ich habe dir davon erzählt.“ Da brauchte er nicht lange überlegen, natürlich wusste er um wen es ging. Immerhin hatte sie zum Anfang ihrer Beziehung über kaum etwas anderes geredet. Es war eine harte Bewährungsprobe ihrer noch jungen Beziehung gewesen. „Ich habe ihn nicht verlassen. Ich habe ihn, nun ja, wie sagt man? Liquidiert? Ich glaube, seine damalige Affäre hat mich nun doch gefunden.“

    Billiges Vergnügen

    von R. Bote


    „Gar nicht so schlecht, der Laden!“ Aus dem Mund von Nils kam das einem Kompliment gleich. Er stand auf dem gepflasterten Hof vor einer Scheune, die zur Party-Location umgebaut worden war, hielt eine Bierflasche in der Hand und grinste breit. „Hätte ich nicht gedacht. Und wenn man genug getrunken hat, dann vermisst man noch nicht mal mehr die knallige Leuchtreklame.“ „Du bist blöd!“, beschied ihn Emily. „Ist doch rundum gut hier. Dann war das deine Idee, Linda?“

    Die Angesprochene nickte. „Toll!“, lobte Emily. Sie zog Linda mit sich zur Seite, weg von Nils. „Besser als das High Life. Da hätte ich wahrscheinlich gar nicht mitgekonnt.“ Leichte Röte überzog ihre Wangen. „Viel zu teuer.“ „Der Tipp war von meiner Mutter“, gab Linda zu. „So ähnlich haben sie es damals auch gemacht.“


    ***


    „Ich hab das High Life und den Bunker-Palast angemailt“, eröffnete Nils dem Abiparty-Komitee. „Wie besprochen. Also, es würde klappen, und ich finde, die Preise sind okay.“ Er grinste. „Schließlich macht man nur einmal Abi.“ „Halblang!“, warf Linda nach einem Blick auf die ausgedruckten E-Mails ein. „Ich finde das schon ziemlich heftig.“ „Billiger kriegst du’s nirgends“, behauptete Nils. „Und wir brauchen eine geile Location, sonst können wir’s gleich lassen.“ „Na toll!“, versetzte Linda. „Deine Eltern bezahlen dir das, und ich krieg das Geld für meinen Anteil auch. Aber es hat nicht jeder ein fettes Sparschwein.“ Sie legte einen Flyer auf den Tisch, den sie extra ausgedruckt hatte. „Schaut euch das hier mal an!“, forderte sie die anderen auf. „Da kann man genauso toll feiern, ohne dass jeder gleich dreistellig zahlt.“


    ***


    „Was ist los?“, wollte Lindas Mutter wissen. Ihre Tochter war gerade rechtzeitig zum Abendessen vom ersten Treffen des Komitees zurückgekommen, das die Abiparty vorbereitete, und nagte ziemlich lustlos an einem Butterbrot. „Ach, wir haben diskutiert, wo die Party steigen soll“, erklärte Linda. „Die anderen wollen entweder das High Life oder den Bunker-Palast mieten.“ „Und das gefällt dir nicht?“, folgerte ihre Mutter. „Na ja, cool wär’s bestimmt“, räumte Linda ein. „Aber das kostet doch bestimmt wahnsinnig Geld. Wenn wir das umlegen, ich glaube, manche könnten das gar nicht bezahlen.“ „Und die anderen stört das nicht?“, wollte ihre Mutter wissen. Linda zuckte mit den Schultern. „Wir wissen noch nicht genau, was es kostet, Nils fragt bis nächste Woche nach. Aber mit allem Drum und Dran werden’s bestimmt zehn- oder zwanzigtausend Euro, liest man doch immer wieder. Wie war das denn, als du Abi gemacht hast?“ „Wir haben auch gefeiert“, versicherte ihre Mutter. „Aber damals gab’s noch keine Läden, die sich drauf spezialisiert haben, sich mit Rundum-Sorglos-Paketen eine goldene Nase zu verdienen. Wir haben das alles selbst organisiert, das war zwar eine Menge mehr Arbeit, aber es hat auch Spaß gemacht, und billiger war’s allemal.“


    ***


    „Habt ihr schon eine Idee, wo die Party steigen soll?“ Die Zwölftklässler standen in der Fünfminutenpause auf dem Flur vor dem Klassenzimmer. Bens Frage war an Nils und Linda gerichtet, denn die gehörten zu dem Komitee, das die Abiparty vorbereiten sollte. „Ich bin fürs High Life“, antwortete Nils. „Das ist cool.“ „Der Bunker-Palast soll auch nicht schlecht sein“, warf Felix ein. „Da könnt ihr ja auch mal fragen.“

    Lindas Blick fiel auf Emily. Deren Gesicht hatte merklich Farbe verloren, als die Namen der beiden Diskos gefallen waren. Jetzt wandte sie sich ab und ging weg, Linda konnte gerade noch sehen, dass sie die Lippen zusammengepresst hatte. Was war am High Life so verkehrt, oder am Bunker-Palast? Dann dämmerte es ihr, und plötzlich war sie auch nicht mehr sicher, ob das, was Nils und Felix sich vorstellten, wirklich eine gute Wahl war.