Beiträge von Maarten

    Googol : Es geht ja nicht darum das Ganze inhaltlich zu bewerten, sondern darum, dass es grob falsch dargestellt wird (Stichwort 1+1 ist plötzlich nicht mehr 2). Es ist lediglich ein pädagogisches Konzept für Mathematikunterricht in den Klassen 6-8.


    Was Pädagogik angeht, habe ich das Gefühl im Glashaus zu sitzen. Schließlich kenne ich hierzulande genug Kinder die bis zu 3 Schuljahre lang vor mit f und für mit v schreiben durften, damit sie nicht entmutigt werden...

    Lass uns also besser nicht über Pädagogik reden... ;-)

    Googol :
    Nur kurz zur Mathematik.
    Ich habe mir die Sachen jetzt nicht im Detail durchgelesen. Dass Bill Gates das Ganze finanziell unterstützt reicht mir tatsächlich aus. Natürlich stellt Bill Gates kein Geld zur Verfügung um die Mathematik als solches in Frage zu stellen.

    Hier mal der Anfang der FAQ:

    For decades, America’s schools have tried and failed to close gaps on math test scores between White students and students of color. That’s not because math discriminates by race, and it’s not because some groups of students are inherently more suited to math. It’s because we give students of color and students from lower-income families the least access to critical resources, from the most qualified teachers to the best technology to the most advanced courses. And it’s because instructional materials and practices—even good ones—are influenced by culture and perspective.

    When we think narrowly about teaching math, we create barriers for students; we allow them to fall into the trap of thinking they’re “not a math person.” But the truth is we can all be “math people.” The goal of “A Pathway to Equitable Mathematics Instruction is to engage as many students as possible in not just solving math problems but understanding math concepts so they can apply them across a wide range of real-world applications. Math problems, of course, have correct answers. But students can arrive at the right answer without understanding the bigger concept or they can have an “aha” moment when they see why they got an answer wrong.

    The toolkit was written by educators, and it doesn’t tell teachers how to do their job—it asks them to think about how they do it. For example, when we ask students to show their work, we should think about how and why. The point should be to have a dialogue about their process and their learning, not require every student to follow the exact same path to the right answer. A child of immigrants might have learned a different way to solve a problem because that’s how their parents were taught where they grew up. If we just tell that student their way is the wrong way, we risk turning them off to math for life. If we take the opportunity to explore why there are different ways to approach the same problem, it can be a learning moment for the entire class.

    That’s what the equitable math toolkit is all about: engaging students from every background in a deep understanding of concepts that they can use for the rest of their lives.

    Klingt doch schon ganz anders, oder?

    Code Review ist nichts weiter als die Sichtung von Programmcode eines Entwicklers durch einen anderen Entwickler - oder jemanden, der den Code zumindest versteht. Dabei geht es um qualitative und strukturelle Prüfung, es ist letztlich ein Teil des Testverfahrens, und da das Coden selbst wiederum nichts weiter ist als die Überführung der abstrakten Vorgaben in konkreten Code, geht es auch nicht um Ambitionen oder Positionierung. Es ist ein bisschen wie Lektorat und Korrektorat im Schreiberbusiness (ich mache beides, also coden und schreiben, also kann ich so etwas behaupten). Das Verhältnis ist wie bei Fahrern und Müllladern bei einer Stadtreinigung, und man sollte nicht allzu viel Energie darauf verschwenden, dieses Verhältnis mit Bedeutung zu überladen. Menschen arbeiten am gleichen Projekt.

    Ja, es ist ein bisschen wie bei einem Lektorat.

    Und nein, das ist nicht das Gleiche wie Fahrer und Mülllader der Stadtreinigung.

    Aber ich war da auch lange Deiner Meinung und würde das gerne so pragmatisch sehen, wie Du es siehst. Das steht aber konträr zu meinen Erfahrungen als Code Reviewer, als Entwickler, als Coach, als Projektleiter...
    Und es hat nichts mit Benachteiligungen zu tun, sondern nur damit, dass bei dieser Tätigkeit Missverständnisse entstehen können.


    Zitat

    Ob sie sich lieben oder nicht oder ob sie das gleiche Schicksal teilen oder die gleichen Präferenzen haben oder alle Vegetarier sind oder was auch immer, spielt nahezu keine Rolle.

    Davon war ja auch nicht die Rede...

    Huch, was hab ich da verpasst? Wieso ist ein Code Review rassistisch? Und warum Mathematik?


    Das ist der Moment wo ich echt nur noch kopfschüttelnd daneben stehe und mich frage, ob die Leute keine anderen Probleme haben? Haben die keine Hobbys?????


    Das Problem bei den Diskussionen um diese ganzen Themen ist, dass diese eigentlich nur noch in Extrempositionen geführt werden und dabei der Kern komplett verloren geht. Es geht eigentlich nur noch um Lagerbildung. Entsprechend sind die Schlagzeilen und die Twitter-Kämpfe. Man darf nie nur auf die Schlagzeilen schauen, muss sich immer selbst die Details anschauen, was mühselig ist...

    Wie siehts also aus mit der Mathematik?

    Es wurde in den Staaten festgestellt, dass bestimmte Bevölkerungsgruppen in Mathematik schlechter abschneiden. Was nur durch eine Benachteiligung in irgendeiner Form erklärt werden kann.

    Es gibt eine von Bill und Melinda Gates unterstützte Stiftung, die diese Benachteiligung im Mathematik-Unterricht selbst sucht und versucht sie durch Schulung der Lehrer aufzuheben.


    Hier die Homepage dazu: equitablemath


    Das ist alles.

    Code Reviews? Keine Ahnung.
    Für Code Reviews braucht man Menschen, die miteinander auf Augenhöhe sind. Nicht im Sinne der beruflichen Expertise, sondern menschlich auf Augenhöhe, einander respektieren. Ist das nicht der Fall, kann es bei Code Reviews schnell Missverständnisse geben.

    Was ich jedoch nicht zulassen würde, wäre, meine Identität und mein Sein davon bestimmen zu lassen, dass das passiert ist. Meine Identität und mein Sein wären vielleicht davon beeinflusst, und möglicherweise würde ich sogar noch ein klitzekleines, beinahe ganz abgeklungenes Trauma mit mir herumtragen, aber ich wäre mir selbst gegenüber ungerecht, wenn ich zulassen würde, mich darauf zu reduzieren oder reduzieren zu lassen. Ganz im Gegenteil. Meine Persönlichkeit wird von so ungeheuer vielen Aspekten bestimmt, dass ich es als Beleidigung verstehen würde, als Ausgrenzung und Verkleinerung, auf diesen Teil meines Schicksals reduziert zu werden.

    Tom : Genau das scheint mir aber auch zu sein, was Babs Gons meint.


    Sie wird darauf reduziert anders zu sein. Wenn sie eingeladen wird, dann um Schwarz zu sein, um die andere Seite darzustellen.

    Sie wird beauftragt ein Gedicht über Wut zu schreiben und schreibt dann eines darüber, dass sie in die Schablone gepresst wird, wütend sein zu müssen.

    Wenn sie auserwählt wird ein Gedicht für die boekenweek zu schreiben, wird bei ihr ausschließlich angefragt, wie sie zu Gorman/Rijneveld steht. Obwohl sie sich dazu gar nicht äußern möchte.

    In der Diskussion um Marieke Lucas Rijneveld wurde ein Name als ideale Übersetzerin immer wieder genannt: Babs Gons.

    Ich verlinke ja gerne Original-Quellen, aber es gibt sie nur auf niederländisch. Ich gebe es deswegen mal in eigenen Worten wieder. Als Reflektion zum von Tom zitierten Artikel über Menschen, die größer sind als 1,85m.

    Sie bekam in der Woche, in der sie zum boekenweekdichter 2021 benannt wurde, haufenweise Anfragen zum Thema Gorman, während die Presse gleichzeitig kein Interesse an ihrem Werk zeigte. Sie meinte, das wäre beispielhaft für das Framing, in dem man sich als Mensch wie sie befindet. (Es gibt ein Gedicht von ihr namens Zou je woensdag zwart kunnen zijn (Könntest Du Mittwoch Schwarz sein), welches sie vor ein paar Jahren geschrieben hat, als an sie herangetragen wurde, etwas zum Thema Wut zu schreiben.)

    Sie meinte, dass ihr Name immer wieder genannt werden würde, wäre gutgemeint, aber es wäre bizarr konstant seinen Namen zu sehen, obwohl man selbst an dieser hitzigen Debatte nicht teilnehmen würde. Sie bezeichnet es als Meinungszirkus und möchte daran nicht teilnehmen, sieht dabei nur Verlierer.

    Sie sagte folgendes rückblickend auf ihre Teilnahme an der Black Lives Matter-Demonstration in Amsterdam (ich versuche mich mal an einer Übersetzung...):

    Über Mut gesprochen, den sehe ich sehr in der neuen Generation. Sie beansprucht ihren Platz.

    Ich komme aus der Generation "Tut mir leid, dass Dir das ein schlechtes Gefühl gibt".

    Selbst bei einer solchen Demonstration kann ich denken: Ist das erlaubt?

    Aber ich lege diese Scham ab und halte mein Protestschild aufrecht hoch.

    Zou je woensdag zwart willen zijn

    Ich finde im Kontext Berta/Lotte gerade interessant, dass sie sich so ähnlich sind. Berta wollte Lotte fördern.

    Lotte unterdrückt einen Teil von sich selbst. Und in dem Moment, in dem sie diesen Teil zulässt, scheint dieser sich gegen sie selbst zu wenden.


    Das was Lotte bei Berta denunziert, spiegelt die Unterdrückung ihrer eigenen Gefühle.

    Das nennt man Instrumentalisiertwerden. Auch ein kleines Feuer.

    Ich habe den Original-Artikel gelesen und sehe darin eher ein: 'Schön, dass ihr euch alle um die Verlagsrechte reißt und den Auftritt alle so hochjubelt, wie wäre es dann auch ein Augenmerk auf die Amanda Gormans in der Niederlande zu werfen und eine von denen das Ganze übersetzen zu lassen. Wäre doch konsequent...'

    Das scheint mir eine legitime Frage zu sein, ein Nutzen einer sich bietenden Gelegenheit einen Finger in eine Wunde zu legen.

    Aber ja, da steckt natürlich auch Instrumentalisierung mit drin.

    Mir schien er eher genervt von der Aufmerksamkeit seiner Heimatstadt.

    Vielleicht hat er nur den richtigen Augenblick verpasst, die Wichtigtuer dort auflaufen zu lassen, indem er seine Maschine präsentiert.

    Genervt von der Heimatstadt: Ja.

    Ansonsten scheint mir Friesmann diebischen Spaß daran gehabt zu haben, die Gedichte mit seiner Maschine zu produzieren und zu veröffentlichen.

    Ich möchte dann doch noch mal den Kontext ins Rampenlicht stellen:

    Kurzer Ausschnitt:

    We, the successors of a country and a time

    where a skinny Black girl

    descended from slaves and raised by a single mother

    can dream of becoming president

    only to find herself reciting for one.

    Der Auftritt von Amanda Gorman war natürlich ein Gegenentwurf zu Trump und White Supremacy.
    Natürlich steht The Hill We Climb - dieser ständige Berg, den man hinaufklettert - auch im Kontext des Lebens von Schwarzen in einer weißen Gesellschaft und wurde von Schwarzen vor allem in diesem Kontext gesehen. Das Zeichen, dass Biden und Gorman gesetzt haben durch dieses vorgetragene Gedicht, kann eben weitergetragen werden durch die Wahl einer entsprechenden Übersetzerin.
    Oder eben auch nicht.

    "Be the light, not the hill.
    Black spoken word artists matter. Ook als ze van eigen bodem zijn."


    Das ist das Fazit des Artikels gewesen, den Janice Deul in De Volkskrant geschrieben hat, die als Schwarze Aktivistin und Journalistin offensichtlich enttäuscht war von dieser Wahl. Kann man es ihr wirklich verübeln?
    Aus meiner Sicht hätte der Verlag hier tatsächlich etwas mehr Fingerspitzengefühl haben können.

    Was den gesellschaftlichen Konsens angeht:
    Wir können doch nur versuchen die vielen kleinen Feuer zu löschen.
    Und dieses hier scheint mir eines davon zu sein.

    Ich finde, man sollte schon auch den Kontext sehen:

    The Hill We Climb bei der Inauguration war eben nicht einfach nur ein Gedicht, sondern schon eine Gesamtbotschaft bestehend aus mehr als dem Text. Der Auftritt, die vortragende Person ist Teil dieser Gesamtbotschaft.

    Man kann diese Botschaft auf den Text reduzieren und den Text übersetzen.

    Man kann aber auch diese Botschaft insgesamt, also inkl. Auftritt und vortragende Person betrachten und auch bei einer Übersetzung diese Botschaft als Gesamtkonzept umsetzen.

    Möchte man das zweite machen, ist Marieke Lucas Rijneveld tatsächlich nicht die richtige Wahl.
    Diese Betrachtungsweise scheint mir im Kontext von einer Übersetzung in diesem konkreten Fall durchaus sinnvoll (und es hätte den Aufstand nicht gegeben, wenn der Verlag das selbst verstanden hätte).

    Wenn du das mal doch sagen kannst, freue ich mich über deine Meinung. :)

    So einfach ist das nicht.

    Melina baut Miniaturen aus Alltagsmaterial.
    Tom (Liehr) baut sie aus Wörtern, also ebenfalls Alltagsmaterial.

    Marieluise hinterlässt Tomàs eine Truhe mit lauter kleinen Einzelteilen. Für Tomàs ist das nicht lösbar, es braucht Filip und Melina zusammen, da es unterschiedliche Blickwinkel braucht, um das System zu erkennen und zu verstehen.
    Dieses Buch - Die Wahrheit über Metting - ist eine solche Truhe voller lauter kleiner Einzelteile, die zusammengesetzt werden können.

    "Es muss irgendein System geben", meint sie. (Melina)
    Ich nicke. Das muss es ja immer.

    Es scheint bei jedem Rätsel in diesem Buch ein System zu geben, aber es sind lauter verschiedene Systeme, das macht es so schwierig.

    Seine Gedichte (Friesmann) kamen mir wie Puzzles vor, die man zusammensetzen musste, ohne zu wissen, wie das Bild am Ende auszusehen hätte. Und ohne sicher sein zu können, dass es dieses Bild überhaupt gab. Als stammten die Teile von unterschiedlichen Puzzles.

    Genau so verhält es sich mit diesem Buch auch. Ich sehe, dass es viele Puzzleteilchen gibt, bin hier und da auf einem Weg, aber sie zu einem Gesamtbild zusammenzufügen bzw. eine funktionierende Maschine aus den vielen Einzelteilen zusammenzubauen...
    Puuuh...
    Frag mich in ein paar Jahren nochmal... ;-)

    Bezüglich des Korinthenkacker-Alarms würde ich mal behaupten, dass es hier kein Fehler, sondern Absicht ist. Im Buch heißt es ja, dass der Fehler dem Lehrer zu spät bewusst wurde oder so (zu faul, um das Buch zu holen...:lache). Es könnte natürlich sein, dass mit dem "Fehler" etwas anderes gemeint ist, z.B. dass er einem so klasse Mathehirn wie Filip so eine Aufgabe gibt, aber ich dachte, es könnte auch heißen, der Lehrer hat sich da vertan und es dann, als er von der Tafel wegging, bemerkt. :gruebel

    Ach, diese 5-stellig / 6-stellig Sache hatte ich ganz aus den Augen verloren.

    Also wie ich das Buch mittlerweile sehe, gehe ich davon aus, dass es weder ein Fehler im Buch ist, noch ein Fehler von Dr. Kurtus, sondern das was anderes dahintersteckt. Was, kann ich Dir allerdings auch nicht sagen, Metting enthält viele Puzzlestückchen, dies scheint mir eines zu sein. Dessen Bedeutung ich allerdings bisher nicht verstehe.

    Der Fehler von Dr. Kurtus in der Szene scheint mir lediglich zu sein, dass er sich auf Filips Spiel eingelassen hat.

    Unter ihren Augen erzählt die Geschichte von der charismatischen Schulleiterin einer bekannten Gymnastikschule in Hannover und ihrer Lieblingsschülerin, die sie heimlich als ihre Nachfolgerin auserkoren hat. Teil dieser Geschichte ist, wie wir bereits im Prolog erfahren, dass diese Lieblingsschülerin ihre von ihr einstmals geliebte Lehrerin 1933 nach der Machtergreifung Hitlers denunziert.
    Im Roman wird vor allem der Weg zu dieser Denunziation erzählt, es wird erzählt, wie ein immer weiter eskalierender Kampf zwischen zwei sich sehr ähnlichen Frauen entstehen konnte.

    Bei diesem Roman kommt vieles zusammen. Dorit David besitzt ein fundiertes Wissen über genau diese Gymnastikschule in Hannover und den diesem Roman zugrundeliegenden realen Fakten, sie hat selbst dort ein Jahrzehnt unterrichtet und durfte sich des Archivmaterials der Schule zur Recherche bedienen. Dieses Wissen und diese Recherche und vor allem ihre Fantasie, die Fakten dramatisch auszugestalten, ermöglichen ihr ein sehr authentisch wirkendes Bild von der Tanzschule und ihrer Ausbildung, sowie von Ort, Zeit und den Charakteren entstehen zu lassen. Dank einer präzisen, einfühlsamen Sprache und einem guten Gespür für Szenen, Symbolik und Erzählsequenz erzählt sie eine sehr verwobene, detailreiche Geschichte. Gleichzeitig wirkt diese Geschichte nicht nur, als wäre ihr Beginn 100 Jahre her, es klingen - zumindest für mich - auch sehr aktuelle Bezüge durch.
    Die Bedrohung durch die Nazis entsteht dabei lange nur im Hintergrund, die Geschichte lebt stark von den Konflikten der Charaktere und bezieht hierher ihre Spannung.

    Ein Buch, das mir die Zeit vor der Machtergreifung der Nazis nähergebracht hat und mich mit seinen vielen Details immer mal wieder zu weiterer Recherche angeregt hat. Ich habe es sehr gerne gelesen.

    Ich hab noch ein bisschen über den Titel nachgedacht. Vermutlich haben die meisten am Anfang eine ähnliche Assoziation wie ich sie hatte: Der Nationalsozialismus entsteht unter ihren Augen, unter den Augen der Protagonisten.


    Der Twist am Schluss ist bemerkenswert: Für Berta und Dorothea ist es ein Überlebenskampf unter ihren Augen, den Augen der Nazis. Aber im Grunde war das schon immer so, sie lebten in gewisser Weise schon immer unter ihren Augen...

    Diesen letzten Abschnitt habe ich jetzt recht schnell gelesen, ich wollte wissen, wie es weitergeht.

    Die Zuspitzung zwischen Lotte und Berta endet u.a. darin, dass Berta der NSDAP beitritt. Lotte steht weniger unter Beschuss, u.a. weil sie eindeutig arischer Herkunft ist und vom Äußerlichen gut in das arische Konzept passt. Sie kommt im Kontext von Erwins KPD-Mitgliedschaft mit einer kurzen Haft davon, obwohl sie kein Parteimitglied ist.

    Und dieser Kampf zwischen Berta und Lotte erinnert mich tatsächlich an die Auseinandersetzungen im Kontext des Feminismus derzeit.
    Natürlich an Rowling und den Schauspielern ihrer Harry Potter-Filme. Oder den Fans ihrer Bücher, die sie früher wegen der Bücher geliebt haben, und sie heute wegen ihrer Einstellung, dass das Geschlecht biologisch festgelegt sei, ablehnen.
    Natürlich an Suzanne Moore, die 2019 den Orwell Prize für Journalistik bekommen hat, 2020 dann aber das Handtuch beim Guardian geschmissen hat, weil viele Mitarbeiter des Guardian sich in einem gemeinsamen Brief ebenfalls wegen ihrer Einstellung, das Geschlecht sei biologisch festgelegt, gegen sie ausgesprochen haben.
    Und an Chimamanda Ngozie Adichie, die u.a. Ende 2020 folgende Meinung vertrat: Again JK Rowling is a woman who is progressive, who clearly stands for and believes in diversity. Auch bei ihr findet man Assoziationen zu dieser Geschichte mit Berta und Lotte, z.B. in einer ihrer Schülerinnen Akwaeke Emezi, die sich von ihrer früheren Lehrerin wegen der Aussagen bzgl. Rowling und Transgender komplett abgewendet hat.

    Chimamanda Ngozie Adichie sagte 2017: The left is very cannibalistic. It eats its own.
    Das erinnert mich wiederum an die SPD und die KPD in der Zeit vor der Machtergreifung Hitlers, dem Vorwurf des Sozialfaschismus. Und es erinnert mich eben auch an diesen Streit zwischen Berta und Lotte, der in seiner weiteren Eskalation zusammen mit anderen Gründen aus der ursprünglich linken Berta ein NSDAP-Mitglied macht und aus Lotte eine Denunziantin.

    Nun ist die Eskalation um Rowling und Moore jüngeren Datums, sie wird erst stattgefunden haben, nachdem dieses Buch geschrieben wurde. Der Mechanismus scheint mir aber ein Ähnlicher zu sein. Und die Diskussionen gehen schon länger.

    Ich habe beim Lesen dieses Buchs oft gedacht, die Welt braucht mehr Menschen wie Else...
    Es ist wichtig mit sich selbst im Reinen leben zu können. Und es ist wichtig auch für sehr unterschiedliche Lebensentwürfe einen gesellschaftlichen Rahmen zu haben, der das möglichst vereinfacht.

    Kurz zu Lotte und Irma:
    Da ist sie wieder die Brosche. Und es verhält sich genau andersherum als damals bei Erwin, diesmal passt alles zusammen. Und so wie Berta zurecht sich selbst in Lotte gesehen hat, findet Irma das in Lotte wieder, was ihr an Berta gefallen hat.

    Dorit David :
    Wie lange hast Du an dem Buch geschrieben? Ich finde es eine sehr verwobene, detaillierte Geschichte mit gut ausgearbeiteten Szenen, die vermutlich viel Rechercheaufwand mit sich gebracht haben. Das kommt mir sehr zeitaufwendig vor.
    Vielen Dank für dieses Buch, ich habe es sehr gerne gelesen.