Eine Rezension zu Danielewskis House of leaves zu schreiben ist schwierig.
Wie schreibt man eine Rezension zu einem Buch, das Metaebenen stapelt, ohne zu viel zu verraten?
Was passiert also vordergründig?
Es gibt eine Familie bestehend aus Will Navidson, Karen und den Kindern Chad und Daisy.
Will Navidson ist ein Fotograf, der für seine Fotos bereits einen Pulitzerpreis gewonnen hat.
Sein neues Projekt ist ein Dokumentarfilm über seine Familie, die in ihr neues Haus einzieht. Hierzu montiert er im Haus überall Kameras.
Hierbei entstehen 2 Filme, die ein merkwürdiges Phänomen im Haus dokumentieren. Es handelt sich dabei um einen zunächst kleinen dunklen Flur, der sich schließlich zu einem unendlich groß erscheinenden dunklen Labyrinth mit zum Teil riesigen Hallen entwickelt. Die Filme sind
- Der Fünfeinhalb-Minuten-Flur
- The Navidson Record
Diese Filme werden auf akademische Weise ausführlich von Zampanò kommentiert. Einem alten Blinden, der sich bei seinen Kommentaren auf die Hilfe einer Vielzahl von Frauen stützt, von denen er sich Texte vorlesen lässt, Verweise suchen lässt usw.
Er hinterlässt ein Konvolut aus Notizen, Dokumenten usw. gespickt mit unzähligen Fußnoten in einer Truhe.
Dieser Nachlass fällt Johnny Truant in die Hände, der verbissen darin nach der Wahrheit sucht, selbst dabei aber immer mehr in eine Art Wahnsinn verfällt.
Die durch Johnny Truant sortierten und kommentierten Notizen von Zampanò werden als Buch herausgegeben und dabei durch diesen anonymen Herausgeber ebenfalls wieder um Fußnoten ergänzt.
Im Anhang des Buches finden sich außerdem Briefe seiner Mutter Pelafina an Johnny Truant. Sie schreibt diese aus dem Irrenhaus.
Diese unterschiedlichen Erzähler/Erzählebenen werden jeweils durch eigene Schrifttypen dargestellt.
Das Buch lässt sich auf verschiedene Art lesen. So kann z.B. die vordergründige Horrorstory gelesen werden, also die Geschehnisse um Will Navidson und seiner Familie in dem Haus.
Zum anderen kann die künstlerische Umsetzung des Buches gesehen werden, die Metaebenen, die Dekonstruktion, bei der unterschiedliche Erzählstimmen unterschiedliche Interessen an der Wahrheit haben und auch einen unterschiedlichen Anspruch an der Wahrheit mit sich bringen (vom preisgekrönten Dokumentarfilmer bis zur im Irrenhaus sitzenden Mutter von Johnny Truant).
Ich selbst konnte mich beim Lesen nicht wirklich auf die Horrorgeschichte einlassen, sie war für mich zu offensichtlich eine Metaebene.
Was mir gut gefallen hat, war tatsächlich die Übernahme der Metaebene auch im Layout, die Dekonstruktion der Wahrheit in Form von Labyrinthen die den Text förmlich durchlöchern, eine riesige schwarze Halle in Form einer Fußnote oder auch ein fast vollständiges Verschwinden von allem, bis nur noch 1 einziger Buchstabe auf einer Seite übrig ist und auch der ist verdreht.
Eine häufig im Internet verbreitete Erklärung dafür dass das Haus in blau gedruckt ist, ist ein Verweis auf das Bluescreen-Verfahren, es soll verdeutlichen, dass jeder in das Buch hineindeuten kann, was immer er möchte.
Aus meiner Sicht steckt mit dieser Farbe was anderes dahinter, aber das gehört wohl zum Teil, den man selbst erlesen und empfinden sollte.
In Foren zum Buch wird nach tieferen Erkenntnissen zu dem Buch gesucht. Nach versteckten Codes, übersehenen Anspielungen usw. Es wird da mit Sicherheit vieles zu finden geben, aber ich verstehe das Buch auf eine andere Weise, die die Suche nach Codes usw. überflüssig macht (wobei es sicherlich trotzdem Spaß macht, danach zu suchen und welche zu finden.)
Für mich ist es ein Buch, das wie ich vermute, Dekonstruktion ala Derrida erlebbar macht (ich habe Derrida nie gelesen, es ist also eine gewagte These von mir...).
Und für Danielewski ist es sicherlich auch ein sehr persönliches Anliegen, das er in diesem Buch verarbeitet hat.
House of leaves ist ein Buch das eine eigene Kategorie bildet (mit wenigen anderen wie S oder Gedankenhaie). Es macht deswegen aus meiner Sicht keinen Sinn ihm Punkte zu geben. Es zu lesen war für mich mehr Erlebnis als eine Lesefreude. Es ist ein besonderes Buch. Ich werde es sicher wieder in die Hand nehmen und zumindest darin blättern.