In diesem Teil fand ich vor allem interessant zu beobachten, wie die einzelnen Personen sich gegen die Übernahme der Gesellschaft durch die Nazis wehren (oder eben nicht). Die Weltwirschaftskrise beginnt im Oktober 29 und bereitet den Boden für eine Radikalisierung.
- Der Künstler Roger geht bereits im Herbst 31 ins Exil nach Frankreich. Und nimmt damit Berta auch einen gewissen Schutz.
- Berta und Dorothea stecken bzgl. der Politik ihren Kopf in den Sand. Schule und Konfrontation mit Lotte innerhalb der GEDOK scheinen wichtiger zu sein.
- Bernhard ist als Jude nicht in der Lage sich zu wehren und ist damit auch kein Schutz mehr vor Dorothea. Dass Dorothea umgekehrt ein Schutz für Bernhard sein könnte, die Idee kommt ganz kurz auf, ihr wird aber nicht weiter nachgegangen (Warum nicht?!!!)
- Lotte steckt wie Berta und Dorothea ebenfalls bzgl. der Politik ihren Kopf in den Sand. Schule und Konfrontation mit Berta scheinen auch für sie wichtiger zu sein. Auch als Else davon erzählt, dass Artjom wegen der Lage bei ihrem Vater wohnt, kommt sie nicht auf die Idee zu helfen. Es sind Juden die Juden helfen.
- Lottes Mutter scheint mit drin zu stecken im braunen Dreck.
- Erwin ist bei der KPD. Diese bekämpft zu diesem Zeitpunkt die SPD unter dem Begriff Sozialfaschismus (was im Buch für mich so nicht deutlich wurde, vielleicht ist es mir auch entgangen, aber ich google auch ein bisschen nebenher...) und verhindert so ein Bündnis dieser Kräfte gegen die NSDAP (in gewisser Weise ähnlich wie Berta und Lotte, die nicht an einem Strang ziehen können). Vor der Reichstagswahl 32 gab es einen dringenden, von Künstlern und Wissenschaftlern (z.B. Albert Einstein) unterschriebenen Appell des Internationalen Sozialistischen Kampfbundes der dazu aufrief, dass SPD und KPD für diese Wahl sich gemeinsam gegen den Faschismus aufstellen: Dringender Appell (Es sind nur wenig Unterschriften). Der blieb allerdings folgenlos. Die republikfeindliche KPD lehnte die parlamentarische Demokratie ab. Die NSDAP profitierte von der Radikalisierung aber deutlich mehr als die KPD.
Mein Herz in diesem Buch schlägt weiterhin für Else. Die mir ja schon immer sympathisch ist.
Wenn Lotte über Redefett redet, ist das aus meiner Sicht immer eine Aussage über Lotte, nicht über Else.
Else ist weltoffen, tolerant und vor allem sehr mit sich selbst im Reinen. Mit Menschen wie Else würde es viele der Probleme in diesem Buch nicht geben.
Und Else stemmt sich mit ihrem Theaterprojekt wenigstens ein bisschen gegen die NSDAP.
Allerdings ist das jetzige Verhältnis zwischen ihr und Erwin schwierig. Es belastet sie (und entlastet Lotte). Mal sehen, wie sich das entwickelt.
Und es gibt natürlich noch die geheimnisvolle Irma Dorn.
Was mir beim Lesen und beim Googlen der geschichtlichen Hintergründe bewusst wird, wie schnell es dann letztendlich doch gekippt ist. Gut, die Weltwirtschaftskrise kochte schon 2 Jahre vor sich hin, als die NSDAP Juli 32 die stärkste Partei wurde. Bei der Wahl November 32 verlor die NSDAP wieder etwas an Boden und die politische Linke - SPD und KPD - waren stärker als die NSDAP, wegen ihrer großen DIfferenzen (u.a. der Sozialfaschismus-Vorwurf) hatte das aber keine Bedeutung. Am 30. Januar 33 wurde Hitler zum Reichskanzler ernannt und die Verfolgung politisch Andersdenkender setzte ein.
Ich bin gespannt, wo die Brosche abgeblieben ist...