Beiträge von Maarten

    Die tausend Herbste... war mein erster Mitchell. Eine dringende Empfehlung meiner Mutter, die mir und meinen Geschwistern mit den Worten 'Das müsst ihr lesen!' - ok, sie sagte es auf Niederländisch - in die Hand drückte. Thematisch weckte es nicht das geringste Interesse bei mir, es blieb deswegen lange liegen.
    Als mein erster Mitchell, hatte ich durchaus meine Probleme damit. Klar, unfassbar gut geschrieben, aber gerade deswegen hatte ich häufig das Gefühl nur Bruchteile von dem mitzubekommen, was Mitchell alles unterbringt. Trotz der vielen Seiten, ist es so verdichtet, stecken in jeder Szene, jedem Satz so viel drin, dass es mir immer mal wieder zu viel wurde.
    Jetzt wo ich Mitchell besser einschätzen kann, würde ich wahrscheinlich einiges mehr mitnehmen können, dieses steht deswegen auf meiner doch noch mal lesen, ganz oben. Aber da warten ja noch die anderen Mitchells und vieles andere auch...

    Tom Du wirst vermutlich demnächst gleichziehen? Neben denen die Du jetzt gelesen hast, habe ich noch Slade House gelesen und seit Anfang des Jahres stecke ich in Number9Dream fest - aber irgendwie bin ich da noch nicht richtig reingekommen und dadurch kommt immer wieder was anderes dazwischen.
    Sehr gespannt bin ich hingegen auf das, woran er gerade arbeitet, was hoffentlich bald rauskommt.
    Mitchell April 25:
    And to anyone waiting for the new novel, thanks for your patience, too. Sorry it's taking so long. It's the strangest, trickiest fish I've ever tried to land, but hopefully it'll be worth the wait. Home straight now.

    Ich sehe da fließende Grenzen. Bei spiritueller Esoterik geht es dem direkten Wortsinn nach um einen "inneren, elitären Kreis", der zu einer (spirituellen) Erkenntnis Zugang hat, der anderen versagt bleibt. Das ist also eine philosophische Komponente. Phantastik demgegenüber ist in aller Regel nur eine Grenrebezeichnung.


    Ich wollte mit dieser Anmerkung auch in erster Linie darauf hinaus, dass in in "Die Knochenuhren" in meinem bisherigen Mitchell-Kanon zum ersten Mal einer sehr faktischen, sozusagen verkörperten nichtweltlichen Ebene begegnet bin. Bei allen anderen Romanen blieb es eher im Metaphorischen, auf der Deutungsebene, wurde nicht bis zuletzt ausgeführt. Und Menschen, die "Seelen verzehren" können, sind definitiv im Esoterischen anzusiedeln, zumal die Existenz einer vom Körperlichen getrennten Seele - Grundlage vieler Religionen - ganz zweifelsohne dorthin gehört. Nicht, dass es mich gestört hätte, und das ist ja auch vor allem ein dramaturgisches und stilistisches Mittel (und kein missionarisches, jedenfalls nicht direkt - Mitchell ist aber nach meinem Dafürhalten, wie sehr viele Autorinnen und Autoren, deren Begeisterung fast ins Zwanghafte geht, durchaus auch ein Missionar, wenn es um Weltsichten und Haltung geht).

    Ah, jetzt verstehe ich, wie und warum Du da so abbiegst. Und ich lese es tatsächlich ganz anders, sogar entgegengesetzt.

    Zunächst wieder, was Mitchell selbst dazu sagt (https://glyn-morgan.blogspot.c…ith-david-mitchell.html):


    GM: A key part of the fantasy section (von Knochenuhren) are two themes which you’ve used repeatedly throughout your work: the spirit and reincarnation, and human predation. This seems to be the section within the book where they meet.


    DM: I’d add a third, if I may, and that’s mortality. The book, in that section, offers a Faustian pact which is me having my midlife crisis really. If you could not grow old, if you could keep the looks you have when you’re young, if you could have an endless, squanderable bank account of days, what would you be prepared to pay for that? Would you, for example, be willing to amputate your conscience? Would you be willing to have all that if someone else had to pay? I mention this now because fantasy is in service of that. It’s sort of a real theme, not the Faustian pact they’re offered, but a need to come to a working accommodation with ageing, with the fact kids are being born the whole time: people are moving into their twenties and thirties as we’re moving into our forties and fifties. The moment you’re on the centre stage of the world, the world begins nudging you towards the wings. It’s Make Room! Make Room! or the old kids song “and the little one said: roll over, roll over”. As we become members of an older generation to be superseded by a younger one. This is a social realist topic, it isn’t fantasy. This is something we need to do! We need a healthier relationship with aging than fear! And so the jiggery-pokery with genre is in service of all this.


    Der Fantasy-Teil von Knochenuhren (der sich ja durch alle Teile zieht), ist in gewisser Weise eine Herr der Ringe-Abwandlung mit Holly Sykes als Frodo. Wir haben aber mit Hugo Lamb auch einen Frodo auf der Gegenseite. Statt eines physischen Artefakts der Macht, gibt es ein spirituelles: Hollys und Hugos gemeinsame Nacht.
    An Holly tritt eine Art Gandalf heran, an Hugo ebenfalls. Aber Hugos Seite ist die böse Seite, die Anachoreten. Sie verführen Hugo, versprechen ihm ein ewiges Leben und ewige Jugend.

    Der meines Wissens erste Anachoret der in einem Roman von Mitchell auftaucht ist ein Mönch.

    Mitchell äußert sich in einem anderen Interview über Religionen folgendermaßen (https://damiengwalter.com/2020…-nominee-is-a-true-geek):
    I’m a content-enough agnostic with a now-common built-in wariness of both mega-religions and cults. I’ve read books about Buddhism that I’ve found instructive and helpful for my relationship with my mind, but I have little doubt that Buddhist institutions in East Asia are every bit as capable of mafioso practices and predatory violence as the Catholic Church has proven itself to be in Ireland.


    Die Anachoreten tragen im Roman den satirisch überzogenen Namen:
    The Anchorites of the Chapel of the Dusk of the Blind Cathar of the Thomasite Order of Sidelhorn Pass

    und sie nennen die Menschen Knochenuhren, weil sie an ihnen das Fortschreiten der 'Krankheit' Altern ablesen können.

    Mir scheint ziemlich klar zu sein, was Mitchell von Esoterik und insbesondere der Ausbeutung esoterisch veranlagter Menschen durch Religionen hält: Religionen ernähren sich von den 'Seelen' dieser Menschen.

    Ich empfand bisher nur eine Stelle in Mitchells Werk (dem mir bekannten Teil) als esoterisch aufgeladen: Am Ende von Utopia Avenue, wo er sie über die Figur Dean Moss mit seinen eigenen Initialen verknüpft. Aber diese Stelle ist eingebettet in einen LSD-Trip und sie ist lediglich ein Gedanke, ein gefühlter Moment der Klarheit in einem Rauschzustand.

    Edit: Phantastik ermöglicht die Verkörperung einer nichtweltlichen Ebene, es ist die Verkörperung von Träumen, Alpträumen, Fantasien. Esoterik ist etwas anderes. Es kann natürlich Überschneidungen geben, die sehe ich hier aber nicht.

    Edit2: Missionarisch? Ich habe den Eindruck, Mitchell versucht in seinen Romanen die Welt so dazustellen, wie sie ist. Diese Darstellung ist unvermeidlich seine persönliche Sicht. Er recherchiert für seine Romane sehr viel, um seine Sicht zu objektivieren, aber es bleibt unvermeidlich seine persönliche Sicht. Ich wüsste nicht, wie ein Autor dem entkommen kann.

    Was mich übrigens am meisten an Knochenuhren geflashed hat, ist der Vergleich eines unsterblichen, also unendlichen Lebens mit der Unsterblichkeit eines Moments, der von Lamb gezogen wird.

    Es hat mich an den Unterschied zwischen einer abzählbaren Unendlichkeit und einer überabzählbaren Unendlichkeit erinnert. Die Unsterblichkeit der Lamb nachstrebt, ist eine abzählbare Unendlichkeit, sie besteht sozusagen aus abzählbaren Zeiteinheiten, keine einzige davon im Grunde wichtiger als eine andere.

    Die Menge der natürlichen Zahlen ist diese abzählbare Unendlichkeit. Zwischen zwei beliebig nahe beieinander liegenden Zahlen hingegen gibt es - betrachtet man die reellen Zahlen - die überabzählbare Unendlichkeit, sie ist größer als die Unendlichkeit der natürlichen Zahlen und befindet sich in jeder beliebig kleinen Zahlendifferenz. Auf Zeit übertragen kann ein winziger Moment eine größere Unendlichkeit besitzen, als ein unendliches Leben. Das ist es letzten Endes, was Lamb im Showdown umtreibt.

    Zur esoterischen Richtung dann doch ein paar Worte, weil mir das einfach zu sehr nach Coelho klingt.
    Es ist keine esoterische Richtung die Mitchell hier einschlägt, sondern eine phantastische, denn das ist die literarische Wurzel aus seiner Kindheit. Und er ist diesbezüglich sehr klar in Interviews, z.B. hier (https://chatelaine.com/living/…d-atlas-the-bone-clocks):
    The resurfacing of characters handily ties in with one of Mitchell’s recurring themes: that of reincarnation, which he readily confesses he doesn’t actually believe in, though he does admit there is “solace in the notion we can have another go and try and fix things and make a better job. Reincarnation is a useful idea.” And he concedes, “Even in one life we metaphorically die and are reborn a number of times. I’m not getting religious or New-Agey or anything here,” he adds, his eyebrows raising comically. “The first time you’re unceremoniously dumped is a kind of death. And you come back from it. Marriage — one former way of life has to die to make the marriage work.”

    Er erzählt diese Wiedergeburt neben der 'großen', epischen, phantastischen Form (die Horologen), auch ganz konkret im 'Kleinen', also in Hollys Leben, das er mit den Horologen verknüpft.
    Und auch bei den Anachoreten gibt es die konkrete Ausgestaltung im 'Kleinen' und die epische Verknüpfung in Form von Hugo Lamb. Der sich eben nicht für eine Art 'Wiedergeburt' in Form einer Liebschaft mit Holly entscheidet, sondern für 'Unsterblichkeit'. Die ja bei den Anachoreten nicht unendlich ist, sondern eine Art Seelennahrung benötigt, bei der andere draufgehen. Es ist keine Unsterblichkeit. Auch bei den Horologen nicht, sie wissen nicht, ob sie nach der nächsten Dämmerung wiederkehren, es war nur bisher so.

    Ein Ableger von Knochenuhren ist übrigens Slade House, über das ich hier ein paar Zeilen geschrieben habe:

    David Mitchell - Slade House

    Uralter Thread, aber dennoch werf ich mal was rein.

    Bei dieser 'First Law'-Trilogie ist ja die eigentliche Frage, was diese ominöse 'First Law' ist. Im Buch gibt's zwar mal ein Gespräch dazu, dabei kommt aber nur raus, dass es Gerüchte gibt, aber eigentlich keiner weiß, was diese 'First Law' tatsächlich ist.

    Nach meiner Lesart ist die 'First Law' eine von Abercrombie, die er für sich beim Schreiben aufgestellt hat: Diese Trilogie erzählt von einer deterministischen Welt, in der es aber eine Handvoll einzelner Charaktere gibt, die diesem nicht unterworfen sind, der Großteil der Welt aber schon.

    Abercrombie ist es gelungen das Ganze so zu erzählen, dass es niemand merkt, u.a. indem die Charaktere Tiefe zu haben scheinen, auch die, die ausschließlich deterministisch handeln können, also fast alle.
    Am Deutlichsten wird der Determinismus, wenn die Gruppe um Rudd Threetrees, Black Dow, Dogman (ich habe die englische Version gelesen) mal wieder etwas plant. Sobald es losgeht, setzt sich ein Räderwerk in Bewegung, bei dem der komplette Plan sich in Luft auflöst und alles abläuft, als würden ein paar Dominosteine umfallen. Dabei setzt Abercrombie, der Psychologie studiert hat, klare Trigger die zu sehr plausiblen Abläufen führen. Meist wirkt der Determinismus dadurch wie sinnvolle Entscheidungen, bei den Plänen der Nordmänner hingegen vor allem humoristisch.

    Genau das macht First Law für mich zu einer so lesenswerten Trilogie, diese Verhandlung über Determinismus und was das für die wenigen bedeutet, die dem nicht (zumindest nicht immer) unterworfen sind.

    Über Amor gegen Goliath zu schreiben, vermutlich überhaupt über ein Buch von Frank Schulz zu schreiben, heißt zunächst über Sprachvirtuosität zu schreiben.

    Ich fühlte mich bei Amor gegen Goliath sehr schnell an die 10 rules for good writing von Elmore Leonard erinnert.


    Z.B. die 2. Avoid prologues

    Schulz bringt davon gleich eine Handvoll mit, netterweise auch hinten am Roman angehängt.


    Oder die 3. Never use a verb other than "said" to carry dialogue.
    Das ist so'n Lieblingsding von Lektoren, nur bestimmte Verben - Verben des Sagens - dürfen verwendet werden. Und weil das so 'ne einfache Regel ist, wird entsprechend lektoriert, egal ob der Text funktioniert oder auch nicht.
    Scholz setzt sich da nicht nur souverän drüber weg, sondern reibt es Lektoren geradezu ins Auge (dabei nebenbei auch noch der uns allen bekannte Regel, Wortwiederholungen zu vermeiden, eine Faust ins Auge donnernd):

    "Aber", aberte Büttner, ...

    Nehmen wir Leonards 10. Regel, Try to leave out the part that readers tend to skip.
    Würde man diese Regel befolgen, es bliebe wohl nichts aus Amor gegen Goliath übrig.
    Oder eben doch alles.


    Amor gegen Goliath und vermutlich auch andere Bücher von Frank Schulz, sind die Antithese zu Leonards Schreibregeln. Bzw. zu Schreibregeln überhaupt.
    Und genau das ist es, was Schulz so lesenswert macht: Hier ist ein Meister der Sprache unterwegs, für den vermutlich jede Regel ein Ansporn wäre, sie mit einem Gegenbeispiel zu widerlegen. Und er kann das ohne Zweifel nicht nur immer, sondern es wäre auch immer die bessere Lösung. Kann nur sonst keiner (naja kaum einer, Tom Robbins fällt mir da z.B. spontan ein).


    (Ich habe auch mal in die Leseprobe des ersten Onno Viets-Romans reingelesen, dort wird die Mutter aller Schreibregeln Show, don't tell auf die Schippe genommen, indem ein Rechtsanwalt erzählt, was er in einem Internetvideo sieht und hört inkl. der eingeblendeten Untertitel, die den Dialekt übersetzen [Achja und naturlich auch gegen Regel 7 Elmore Leonard verstoßend: Use regional dialect, patois, sparingly])


    Amor gegen Goliath strotzt vor sprachlicher Virtuosität mit intelligenten Wortspielen weitab von allen Klischees. In den besten Momenten ist es, als würde unsere Sprache neu erfunden. Es ist, als würde man einen neuen Kontinent mit neuen Möglichkeiten entdecken.

    Gleichzeitig, und das könnte man, wenn man möchte - ich sicherlich nicht - diesem Roman vorwerfen, ist Schulz diese Virtuosität häufig wichtiger als die Geschichte. Anders als z.B. bei David Mitchell, bei dem die Sprache in ihrer Virtuosität immer der erzählten Geschichte (und ihrer Metaebene) dient und sich immer stark der jeweiligen Perspektive anpasst, kommt es mir vor, als wäre hier die Geschichte vor allem die Bühne für diese Sprachvirtuosität.


    Dieser Eindruck liegt natürlich auch daran, dass es kaum eine Handlung gibt, die hier auf über 700 Seiten erzählt wird. Wer sich nicht an dieser Sprache erfreuen kann, wird mit Amor gegen Goliath nicht viel anfangen können.


    Inhaltlich bildet das Buch aus meiner Sicht gut unsere Gesellschaft in der (erlebnisarmen) Corona- und der (ihren Zielen nicht näherkommenden) Fridays for future-Zeit ab.

    Erschreckend war dabei für mich vor allem, das es mir angesichts der aktuellen Entwicklungen, also der Geschwindigkeit mit der die Welt überall in Richtung von nationalen Me First-Autokratien zu rutschen scheint, so vorkommt, als läge die Corona/Fridays For Future-Zeit etwa so lange zurück, wie die Datenschutz-Diskussion in den Achtzigern.


    Klimawandel ist vordergründig das zentrale Thema hier. Und die Polarisierung der Gesellschaft, der begegnet werden soll, entsprechend auch. Trumps erste Amtszeit wird angesprochen. Und die Superreichen. Und vieles andere auch.

    Aber es wirkt schon jetzt wie ein Blick von gestern auf diese Themen, nicht weil diese nicht aktuell sind, sondern weil sich durch Trumps zweite Amtszeit die Entwicklung nochmal unglaublich beschleunigt hat. Z.B. die kurze Episode über Wokeness war sicherlich vor 2 Jahren ein Thema, vielleicht auch letztes Jahr noch, aber dieses Jahr sind wir bereits in einer sehr heftigen Gegenbewegung. Das Harvard zerstört werden soll, weil es zu woke ist, war letztes Jahr einfach noch völlig undenkbar.


    Es ist eine schwere Zeit für Autoren, wenn sie auf aktuelle politische Entwicklungen in einem Roman eingehen wollen.
    Amor gegen Goliath ist einerseits hochaktuell, andererseits schon überholt. Das ist der Nachteil davon, dass dieser Roman in Teilen sehr konkret ist, statt hintergründiger auf einer Metaebene zu agieren.
    Die Welt scheint sich immer schneller zu drehen...

    Ja, ich traue mir das Original auch nicht zu. Und auch ich finde die Übersetzungen von Volker Oldendorp bewundernswert. Mitchell bringt aber so viel gleichzeitig rein, dass es schlicht unmöglich ist, alles zu transportieren, da wäre ich gerne in der Lage das Original mit dem Verständnis eines Muttersprachlers zu lesen. Bei Black Swan Green ist das eher möglich.

    Das sehe ich genauso. Obwohl ich "Wolkenatlas" auch so großartig fand, dass ich mich nie an die Verfilmung heran getraut habe. Ich persönlich fand auch nicht, dass die Knochenuhren Längen hatten. Ich habe jedes Wort genossen. Was für ein wunderbarer Autor Mitchell doch ist.

    Utopia Avenue liegt leider seit seinem Erscheinen auf Englisch noch ungelesen hier.

    Längen ist von mir als Bezeichnung dafür schlecht gewählt. Mitchell schreibt so dicht, dass ich beim Lesen immer mal wieder überfordert bin, trotzdem weiterlese und das mit dem Bewusstsein, dass ich gerade viel verpasse.

    Utopia Avenue hat auch diese Dichte, aber es liest sich leichtgewichtiger und hat in dem Sinne weniger 'Längen'.


    Und ich bin fast ein bisschen neidisch auf Dich, dass Du im Original liest. Ich habe es bei Black Swan Green/Der dreizehnte Monat ein bisschen verglichen und obwohl es gut übersetzt ist, geht doch einiges verloren. Aber selbst dann...

    Ich trage nach, dass ich "Der Wolkenatlas" soeben beendet habe, also meine Ankündigung aus der Rezension von "Utopia Avenue" wahrgemacht habe. Ich werde "Cloud Atlas" aber nicht rezensieren, weil mich das, meine ich, wahrscheinlich überfordern würde, aber ich kann jedem, der das noch nicht getan hat, nur dringend ans Herz legen, dieses unglaubliche Buch zu lesen. Möglicherweise versteht es der eine oder die andere ja auch. Ich habe das, glaube ich, nicht ganz getan, aber ich habe ein paar Motive und die Themen erkannt, ein paar Geheimnisse entschlüsseln können und ein paar Zusammenhänge erraten, vor allem aber hatte ich ein wirklich großes Lesevergnügen. So einen Roman hatte ich nämlich vorher noch nicht gelesen. Das Buch ist quasi wie ein Palindrom aufgebaut, eine Treppe, die chronologisch hinaufführt und dann wieder hinab. Sprachlich, dramaturgisch, stilistisch jenseits aller Maßstäbe. Was für ein Wahnsinn.

    Ich schaue mir auch noch die Filmadaption an. Mal sehen, ob ich die kapiere.

    Ich selbst fand Knochenuhren in gewisser Weise das bessere Wolkenatlas. Obwohl Mitchell da an seinen Ambitionen gescheitert ist. Er wollte es eigentlich aus 70 Kurzgeschichten aufbauen.
    “It’s one of those ideas that sounds good, but when you start writing it, you hit the problem: ‘Ah, that’s why no one has done this before...''"


    Natürlich weniger spektakulär im Aufbau als Wolkenatlas und einige schreckt es ab wegen seiner Fantasy-Passagen, aber wie jeder Mitchell sehr lesenswert.


    Wenn Du weiterlesen möchtest, läge davor in der Reihenfolge der Veröffentlichung allerdings eigentlich noch Die tausend Herbste des Jacob de Zoet.

    Behauptung. Unzutreffend. Marktkapitalisierung hängt von so vielen Faktoren ab, da kannst du alles und nichts draus lesen. Tesla und innovativ? Vorgestern vielleicht.

    Ich bin ja auch alles andere als ein Musk oder Tesla-Fan, aber darum geht's ja nicht.

    Deiner Schlussfolgerung zufolge, hätte Tesla nie eine bedeutende Firma werden können. ('Vorgestern' war ihre Marktkapitalisierung übrigens tatsächlich doppelt so hoch, höher als der aller anderen Automobilfirmen der Welt zusammengenommen...)
    Auch Toyota hätte nie zu einer bedeutenden Automobilfirma werden können.
    Oder BYD.
    Oder Ferrari.

    Da ja Deiner Schlussfolgerung zufolge die Innovation von Automobilfirmen ursächlich mit dem fehlenden Tempolimit in dem jeweiligen Land zusammenhängt.

    Die amerikanische Automobilindustrie war einst führend in der Welt. Dann kam ein Tempolimit und niemand kaufte mehr amerikanische Autos. Aus mit Kult und aus mit Inovationsdruck. Wessen Produkt 300 Sachen macht muss in Sicherheit und Voraussicht investieren und neues entwickeln. Wessen Schaukel mit 15 mph durch die Stadt wackelt investiert nur in ein schickes Radio.

    Marktkapitalisierung ist ein ganz guter Messwert für mit einer Marke verbundene Innovationskraft.
    Hier die TOP 10 der Automobilindustrie.
    Kein deutsches Unternehmen in der Top 5, Platz 1 USA, Platz 2 Japan, Platz 3 und 4 China, Platz 5 Italien


    So viel zur Stichhaltigkeit Deines Arguments...

    https://companiesmarketcap.com…isierung/#google_vignette

    Meine Erklärung, dass Medienmacht und ausländische Interessen dies permanent befeuern, reicht Dir nicht aus?

    Die Defaktualisierung von Politik, bei der Trump zwar voranschreitet, aber auch hier in Europa immer mehr nachziehen, lässt sich sicher nicht über die klassische Medienlandschaft erklären, die Trump auch jetzt drüben immer noch hauptsächlich gegen sich hat.

    Emotionen, vor allem Gruppenzugehörigkeit und Feindbilder scheinen zunehmend die Trümpfe im Wahlkampf zu sein.

    Der Wahlkampf der Grünen hingegen setzte Schwerpunkte auf Fakten und Lösungen. Fakten sind unbequem und unbeliebt und die darauf aufbauenden Lösungen scheinen es entsprechend auch zu sein.

    Ja es ist eigentlich völlig offensichtlich, dass Tempolimit, Fahrradstraßen und verkehrsberuhigte Zonen als teure und unbequeme Maßnahmen anzuführen, völliger Unsinn ist, da es sich genau gegenteilig verhält.


    Wie kommt es, dass Irrationalität so verfängt? Dass eine Partei, die ihren Wahlkampf zumindest in meiner Wahrnehmung am meisten von allen Parteien auf Fakten, statt auf Emotionen aufgebaut hat, so einfach abgestempelt werden kann?

    Das Heizungsgesetz ist viel besser als sein Ruf, die CO2-Steuer ist ab 2027 die der EU, die Grünen wollten mit dem sogenannten Klimageld untere und mittlere Einkommen davon entlasten. Tempolimit ist überfällig, sogar die Mehrheit der ADAC-Mitglieder ist dafür. Fahrradstraßen und verkehrsberuhigte Zonen sind vor allem eines: bequem.


    So oder so ging's aber gerade gar nicht um eines dieser Themen, sondern darum, dass den Grünen schon jetzt in die Schuhe geschoben wird, sie wären Schuld, wenn CDU/CSU und SPD demnächst nicht zusammenkommen.

    entschuldige aber die grünen Sticheln schon und lachen, alleine ihre Forderungen

    Grün würde ich nie wählen.

    Was hat es damit zu tun, wen Du wählen würdest? :/

    Es war der Streit über die Schuldenbremse, die die Ampelkoalition hat zerbrechen lassen.
    Und auch das hier ist nicht lange her:
    https://www.zeit.de/politik/de…ngsgericht-ampelkoalition

    CDU/CSU und SPD beanspruchen jetzt quasi Geld ohne Ende und sind noch gar nicht in Koalitionsverhandlungen eingestiegen, denn die gehen erst wirklich los, wenn sie eben nicht über beliebig viel Geld verfügen können.
    Und die Grünen sollen ihnen das möglich machen. Warum sollten sie das tun?

    Und warum sollten ausgerechnet sie dann Schuld sein, wenn CDU/CSU und SPD sich - falls es dann nicht beliebig viel Geld für die kommende Regierung gibt - sich nicht mehr einigen können? Es ist absurd.

    Es ist schon erstaunlich, dass es wieder die Grünen sind, die als Sündenbock herhalten sollen, wenn es demnächst mit der Koalition zwischen CDU/CSU und SPD nicht klappen sollte.