SPIEGEL: Von Lockdowns hält die WHO nicht viel.
Warum?
Nabarro: Ein Lockdown kann unvermeidlich werden,
aber: Er ist ein sehr extremer Eingriff in unser Zusammenleben und
sollte nur das allerletzte Mittel sein. Als Lockdown bezeichnete man
bisher vor allem Maßnahmen, um einen Gewaltausbruch im Gefängnis
wieder unter Kontrolle zu bekommen. Oder brutale Ausschreitungen in
einer Stadt. Es bedeutete, jegliche Bewegungen von Personen,
ausgenommen Sicherheitskräfte, zu unterbinden
SPIEGEL: Immerhin haben es viele Länder während
der ersten Welle geschafft, durch mehr oder minder starke
Restriktionen die Ansteckungsraten deutlich zu drücken.
Nabarro: Sicher, die halbe Welt befand sich in
irgendeiner Form des Lockdowns. Aber zu welchem Preis: Arbeitsplätze
gingen massiv verloren, Impfungen und andere zentrale
Gesundheitsdienste wie Schwangerschaftsberatung oder Krebsbehandlung
wurden oft erheblich eingeschränkt, Schulen mussten schließen,
Kinder wurden mangelhaft ernährt. Die westlichen Länder konnten
viel davon abfedern, andere Staaten nicht, denn es ist extrem teuer.
David Nabarro, geboren 1949, ist Sondergesandter
der Weltgesundheitsorganisation (WHO) im Kampf gegen Covid-19. Der in
London geborene Arzt hat jahrzehntelange Erfahrungen als
Krisenmanager, unter anderem koordinierte er die Hilfen der Uno
während des Ebola-Ausbruchs 2014/15. Als Kandidat für den Posten
des WHO-Generaldirektors unterlag er 2017 dem heutigen Amtsinhaber
Tedros Adhanom Ghebreyesus.
Alles anzeigen
Lese ich den gesamten Artikel, komme ich aber zu einer anderen Sicht, als Du.
Hier der Artikel: Spiegel-Interview mit Nabarro (WHO)
Lockdowns sieht die WHO als letztes Mittel, das notwendig wird, wenn andere Mittel nicht greifen. Nabarro prognostiziert in seinem Interview den Lockdown, wenn die Infektionszahlen nicht in den Griff bekommen werden. Angela Merkel wird dabei explizit gelobt.
Ich zitiere mal 2 Stellen:
SPIEGEL: Haben es die meisten europäischen Länder im Sommer versäumt, sich besser vorzubereiten?
Nabarro: Sie haben die nötigen Schritte unterlassen, denn sonst hätten wir jetzt nicht diese dramatische Wiederkehr der Krankheit. Was zu tun ist, wissen wir, ostasiatische Staaten wie Taiwan, Südkorea, Vietnam oder Thailand machen es vor. Man muss schnell und entschlossen reagieren können, sobald sich das Virus wieder irgendwo zeigt. Ich hoffe, dass dies in Europa nun nachgeholt wird. Sonst werden wir eine dritte Runde von Lockdowns erleben, fürchte ich, vermutlich zu Beginn des nächsten Jahres.
....
SPIEGEL: Seit Februar predigt die WHO, gezielt zu testen, Kontakte nachzuverfolgen und alle Betroffenen in Quarantäne zu stecken – dies sei die beste Strategie. Aber viele Länder tun sich damit schwer, warum?
Nabarro: Diese Maßnahmen gehören zu dem vernünftigen Mittelweg zwischen Lockdown und Herdenimmunität, mit dem sich jede Gesellschaft gut gegen das Virus verteidigen kann.
Ich bin erstaunt, dass viele Staatsführer auf der Welt die von uns empfohlenen Kerntechniken nicht verstehen. Bundeskanzlerin Angela Merkel gehört übrigens zu den rühmlichen Ausnahmen, sie begreift ganz genau, worum es geht. Dass Deutschland noch vergleichsweise gut dasteht, liegt außerdem am breiten Konsens in den 16 Ländern über Parteigrenzen hinweg.