Aber Trump ist auch zugleich Folge und Symptom eines neuen Umgangs, den uns zu einem Gutteil die "sozialen" Medien beschert haben - jenes Schwarzweißdenken, bei dem sich "Gefällt mir"-Klicks und Shitstorms unvereinbar gegenüberstehen, bei dem jede noch so belanglose Frage zur gnadenlosen Fraktionenbildung führt, und jene, die etwas lauter und intensiver und bei ihren Followern erfolgreicher behaupten, für sich in Anspruch nehmen, auch die Wahrheit zu sagen, ohne dass dies mit der tatsächlichen Wahrheit korrellieren müsste. Die große, stark polarisierende (oder unsere Polarisierungslust offenbarende) Macht dieser Systeme über unseren Umgang muss gebrochen werden.
"Es sind nicht die Orte, es sind immer die Menschen" schrieb dazu mal ein klügerer Mensch, als ich es bin.
Soziale Medien sind nicht wegzudenken, sie ermöglichen es uns neue Orte der Verbundenheit aufzubauen. Wir sind hier gerade in einem positiven Beispiel davon unterwegs.
Soziale Medien werden aber leider auch vielfach missbraucht, im schlimmsten Fall zur professionellen Meinungsmache, wie es gerade Donald sehr erfolgreich vorgemacht hat. Aber auch hier setzen erste Schritte zum besseren ein, wie Twitter es z.B. mit der Offenlegung des Irrsinns in Donalds Tweets zeigt.
Aber es ist so wie mit allem: Es kann nur gedeihen, wenn wir es sorgfältig pflegen und hegen. Und da gibt es noch viel zu tun.
Es geht um bereichernden Austausch, nicht um polarisierende Rechthaberei.
Bei den 'Gefällt mir'-Klicks sehe ich vor allem das Problem des Gefallen-Wollens und der Erstellung einer sozialen Rangordnung dadurch (sie ist z.B. auch hier in diesem Forum gut sichtbar). Dieses Gefallen-Wollen setzt falsche Anreize. Die soziale Rangordnung kann sogar, wie es in China gemacht wird, sehr krass eingreifen: https://de.wikipedia.org/wiki/Sozialkredit-System
Aber um zu den USA-Wahlen zurückzukommen. In der Politik finde ich es sehr lohnenswert zu unterscheiden zwischen Amt und Funktion. Es gibt Personen, die stellen das Amt, den Titel in den Vordergrund. Und es gibt Personen, die stellen die Funktion in den Vordergrund, das Amt ist nur ein Weg dorthin. Man erkennt den Unterschied meist sehr leicht.
Kamala Harris sieht sich offensichtlich in der Funktion als Delegierte im Interesse von Frauen, von Schwarzen, von Amerikanern, von Juden, von Palästinensern, von Menschen zu handeln.
Joseph Biden sieht sich in der Funktion die Staaten wieder zu einen. Und hoffentlich auch in der Funktion der Wegbereiter von Kamala Harris zu sein.
Politiker haben einen schweren Stand. Sie haben, wenn sie sich als Delegierte und nicht als Titelträger sehen, den wahrscheinlich schwersten Job, den es auf dieser Welt überhaupt gibt. Und sie machen zum Teil einen sehr sehr guten Job, harmonisieren sehr komplexe Situationen zu einem funktionierenden Miteinander. Auf lokaler Ebene im Kleinen, wie auch prominenter im Weltgeschehen.
Es gibt sehr wenig Dankbarkeit für die, die sich tatsächlich als Delegierte sehen und die sich da vorne hinstellen, um uns zu vertreten.
Und sich dabei mit Titelträgern und zum Teil eben auch Irren rumschlagen müssen.