Beiträge von Ines

    Der Liebste – verloren, sprachlos



    „Mein Liebster“, sagte er oft zu seinem kleinen Sohn. Und seine Teenagertochter nannte er „meine Liebste“.
    Schon beim ersten Mal waren ihr diese Kosenamen aufgefallen. Besonders bei dem Jungen. Andere Väter nannten ihre Söhne „Indianer“, „Knirps“ oder gar „Junior“; die kleinen Mädchen hießen „Prinzessin“, „Sternchen“ oder „Püppi“. Er aber sagte „mein Liebster“ und „meine Liebste“. Doch bei der Tochter störte es sie nicht, sie bemerkte es nur.
    Unangenehm berührt davon war sie erst später.
    Sie hatte nie darüber gesprochen – was gab es da auch zu sagen? Sie hatte sich nur leise Vorwürfe wegen ihres Unbehagens gemacht, es mit Eifersucht zu erklären versucht, obwohl sie selten eifersüchtig war und es hier keinen Grund gab.
    Schließlich nannte er sie auch „meine Liebste“. Er schrieb es in Briefen, sprach es durchs Telefon, flüsterte es in der Dunkelheit: „Meine Liebste, meine Schönste.“
    Wenn er diese Worte zu ihr sagte, standen sie im Einklang.
    Einklang – ein schönes Wort. Ein-Klang. Viele Töne, verschmolzen zu einem Klang. Einem einzigen nur.
    Es war Sinn und Zweck, war ihr Wunsch und ihr Wille, seine Liebste und Schönste zu sein. Es war ihre Sehnsucht, mit ihm im Einklang zu sein.


    Einmal lag er nackt neben ihr in der Dämmerung. Er hatte sich zusammen gerollt wie ein Kind, seinen Kopf gegen ihre Brüste gepresst, die Hände zwischen den Schenkeln verborgen. Manchmal zuckten seine Schultern ein wenig.
    Sie streichelte das Haar des Kindes, das dünner wurde und grau, sah die weiße glatte Haut ihres Schenkels auf der fahleren Haut seines Schenkels.
    Sie hätte es gern geschützt, dieses alte Kind, seine Wunden mit ihrer prallen Mütterlichkeit zugedeckt. Sie beugte den Kopf ein wenig, küsste ihn auf die kahle Stelle in der Mitte seines Kopfes, flüsterte „mein Liebster“, meinte aber „mein Liebstes“.
    Er sagte ein paar Worte, stellte Fragen in einer Kindersprache, die ihr seltsam vertraut war, obwohl sie sie nie zuvor gehört oder gar selbst benutzt hatte. Als Mutter nicht und auch nicht als Tochter. Ihr Verstand verweigerte ihr die Antwort auf diese unschuldigen und gleichzeitig allwissenden Kinderfragen.
    Hier endete die Sprache.
    Die Worte, die ihr in den Sinn kamen, fielen in ein dunkles Loch, in dem ein schwarzes Tier hauste, dass die Worte im Flug, noch ehe sie hörbar wurden, fraß, so dass sie mit ihrem Körper antworteten musste. Sie nahm ihn in den Arm, wiegte ihn hin und her und ahnte mehr, als sie wusste, dass es keinen Trost für ihn gab.
    Hier endete die Sprache.
    Wenn sie jemals zuvor darüber nachgedacht hätte, was nach der Sprache kam, so wäre sie vielleicht auf den Gedanken gekommen, dass dort das Nichts begänne. Das Nichts, so hätte sie vielleicht gedacht, unterschied sich vom Sein durch die Sprache.
    Doch das war nicht so. Das Nichts wäre eine Gnade gewesen. Es gab keine Gnade, es gab keinen Trost. Nur sprachlose Schwärze, dicht und schwer, die sich über einen senkte, so dass man darunter beinahe erstickte, erdrückt wurde und alles tat, um daraus zu entkommen. Alles.
    Noch immer in der Dämmerung liegend und das alte Kind hin und her wiegend, hoffte sie, dass Tränen die Schwärze auflösen könnte, verwässern, damit sie leichter werde davon. Also weinte sie. Sie weinte nach innen, denn sie wollte das Kind nicht mit ihrem sprachlosen Wissen erschrecken.


    Am nächsten Morgen nannte er seinen Sohn wieder „mein Liebster“.
    Sie hörte es und ihr wurde beinahe übel. Er stand am Fenster dabei. Die Sonne drang grell ins Zimmer, so dass ihre Augen schmerzten und sie ihn nur als schwarzen Umriss sehen konnte. Sie kniff die Augen zusammen, um besser sehen zu können, doch das Schwarze blieb.


    Manchmal fotografierte er sie. Sie entblätterte sich dabei, entblößte sich bis unter die Haut. Es tat ihr weh, weil sie der Schwärze, die sie nicht benennen konnte, dabei zu nahe kam. Mit der Kamera zielte er auf sie wie mit einem Gewehr.
    Es waren nicht die Fotos, die nach der Sprache kamen, sondern der Akt des Fotografierens. Er drang mit der Kamera in sie ein, höhlte sie aus damit, entleerte sie, während er sich gleichzeitig von ihr entfernte, sie ganz allein ließ mit der Schwärze, die sie kaum tragen konnte.
    Ihre Blicke oder Worte erreichten ihn nicht. Sie war in diesen Augenblicken nicht mehr seine Liebste, war Objekt nur, eine leere Hülle, eine Marionette, die an den Fäden hing, die er zog. Mit der Kamera machte er sie zum Ding. Er zoomte ihre Seele weg und füllte die leere Stelle mit Gedanken und Gefühlen, mit Bildern und einer holprigen, alles verschweigenden Sprache, die nichts mit ihr zu tun hatten, die sie nicht einmal kannte, nur schemenhaft ahnen konnte.
    Seine Augen verloren hinter der Kamera jeden Ausdruck. Starr wurden sie, die Lippen schmal. Sie hörte, wie er manchmal mit den Zähnen knirschte, sah, wie sein Kinn kantig und hart wurde. Er hielt die Kamera so fest zwischen den Händen, dass die Knöchel der Finger vor Anstrengung weiß wurden.
    Wenn er sie ansah, um zu prüfen, ob sie die Glieder wie gewünscht verrenkte, sah sie Wut in seinem Blick. Wut und Hass. Sie wurde klein unter diesem Blick und wehrte sich nicht, wenn er mit dem Fuß nach ihrem Leib stieß, um ihn zurecht zu rücken.
    Die Unbarmherzigkeit, mit der er ihren Körper sprechen ließ, entsetzte sie. Sie ließ es trotz ihres Schmerzes zu, weil sie wusste, dass dies die Wahrheit war. Und die Wahrheit war ohne Gnade und Barmherzigkeit. Es war die Wahrheit, die nach der Sprache kam und die sich auch dann nur schwer ertragen ließ, wenn sie sich als Bild zeigte.
    Hinterher war sie immer sehr erschöpft, liebe- und schutzbedürftig wie ein Kind, dass lange in einem dunklen Raum eingeschlossen gewesen war.


    Wenn sie nach dem Fotografiert werden hörte, dass er „mein Liebster“ zu seinem Sohn sagte, hätte sie ihn schlagen können. Ihn mit den Fäusten auf den Mund schlagen wollte sie, ihm das Maul stopfen, weil er Worte sprach, die ihr böse und schwarz vorkamen, die ihr weh taten. „Mein Liebster!“
    Auch sie nannte er hinterher manchmal „meine Liebste, meine Schönste“. Sie hätte gern geweint dabei, grelle Schreie ausstoßend, hätte sich gern erbrochen und niemals wieder damit aufgehört. Sie hätte sich gern die Seele aus dem Leib gekotzt, doch sie tat es nicht, weil sie Angst hatte vor dem Schmerz dabei und vor der Schwärze. Also schob sie das Dunkle weg, in dem sie in die Dunkelheit flüchtete und sich an ihn schmiegte, bevor er sich an sie schmiegen konnte.


    Einmal kaufte sie sich viele nackte Barbiepuppen. Sie konnte den Kauf nicht begründen, wusste nur, dass sie mit Hilfe dieser Puppen die Sprache finden wollte.
    An einem Vormittag räumte sie in ihrer Wohnung ein Zimmer fast leer. Nur ein Tisch stand noch darin. Ein schwarzer Tisch auf grauem Teppich vor weißen Wänden. Sie legte die nackten Puppen auf den Tisch und zog sich ebenfalls aus. Dann starrte sie auf die Puppen. So lange, bis sie ein dunkles, schweres Gefühl bemerkte, dass in ihr hochkroch wie ein Tier. Sie hörte auf zu denken, nahm ein Messer in die Hand und zwängte sich in die dunkle Schwere, die ihn ihr auflebte. Sie sah in einen Spiegel, den sie neben den Tisch gestellt hatte und sah in ihren Augen Wut und Hass. Dieselbe Wut, derselbe Hass, den sie von ihm kannte, wenn er die Kamera auf sie richtete wie ein Gewehr.
    Mit dem Messer stach sie in die nackten Puppen, schlitzte ihnen die Bäuche auf, rasierte die Haare von den Köpfen, riss ihnen die Schenkel aus, wand ihnen dünne Seile um die Plastikhälse und henkte sie, hielt brennende Kerzen an die nackten Leiber. Es gab nichts, was sie nicht mit ihnen machte.
    Als sie fertig war, verließ sie den Raum, kochte sich einen Kaffee, rauchte zwei Zigaretten und hörte die Verkehrsnachrichten im Radio. Es erstaunte sie sehr, dass ein Mann Worte sprach, die sie verstand, die einen Sinn ergaben. „Stau auf der A 5“.
    Dann ging sie zurück in das Zimmer und fotografierte die Puppen. Als sie die zerbrochenen Leiber und die vielen Haarsträhnen aufsammelte und in einen blaue Mülltüte steckte, weinte sie. Sie riss den Film aus der Kamera und verbrannte ihn.
    Dann ging sie ins Bad und erbrach sich, bis sie ganz leer war. Als die Dunkelheit kam, wusste sie nicht, wohin. Sie knipste alle Lampen in der Wohnung an, die sie nur finden konnte, entzündete alle Kerzen, doch die Dunkelheit blieb. Sie zog mehrere Pullover übereinander, Strumpfhosen, Socken, Jeans. Sie setzte sich eine Mütze auf, zog Schal und Handschuhe an, obwohl es draußen Sommer war. Sie hockte in einer Ecke, zog die Knie an, verbarg den Kopf darin, schloss die Augen, weil sie mit geschlossenen Augen die Dunkelheit nicht sehen musste.
    Lange saß sie so, wiegte sich hin und her. Als sie die Augen wieder öffnete, fiel ihr Blick auf ein abgerissenes Puppenbein, dass sie vergessen hatte, in die Mülltüte zu packen.
    Sie starrte auf das Bein – und fühlte sich, als hätte sie Gott versucht, eine schwere Sünde begangen. Nicht wieder gut zu machen. Niemals. Und Gottes Strafe ein Leben in Kälte und Dunkelheit.
    „Ich wollte nur hinter die Sprache kommen, die Schwärze aus dem Schweigen holen“, flüsterte sie und wusste, dass sie damit verbotenen Raum betreten hatte. Einen Raum aber, den Menschen – nicht Gott - geschaffen hatten. Einen Raum, zu dem Gott keinen Zutritt hatte. Verdammt war jeder, der gezwungen wurde, diesen Raum zu betreten. Verdammt, in seiner Dunkelheit und Schwere der Sprache beraubt zu werden, darin zu vergehen und für immer wortlos zu sein. Ein Raum, der die Worte in ihr Gegenteil verkehrte, ihnen den Sinn raubte, sie dunkel, schwer und böse machte. Kinder, die man in diesen Raum brachte, erstarrten und wurden gleichzeitig alt. Kinder, die jemals in diesen Raum gezwungen wurden, waren verdammt dazu,?niemals wieder verstanden zu werden und auf ewig in der Icheinsamkeit zu verharren.
    Verloren der, den man in dieser Dunkelheit „mein Liebster“ nannte, denn in diesem Raum hatte auch das Wort Einklang eine andere Bedeutung. Ein Klang, ein einziger nur, blieb. Ein stummer Schrei.

    Mein Lebensgefährte ist 18 Jahre älter als ich. Im Allgemeinen spüre ich den Altersunterschied nicht, aber es gibt natürlich auch immer wieder Probleme. Er hört dieselbe Musik wie meine Mutter!!!!
    Ab und an fühle ich mich auch äter als ich bin, wenn ich mit ihm zusammen bin. Dann bekomme ich das dringende Bedürfnis, mit Gleichaltrigen zusammen zu sein. Zu bestimmten Veranstaltungen gehe ich lieber mit Gleichaltrigen, weil es einfach besser passt. (z.B. Konzert von Joe Jackson oder Lesung von Sven Regener)
    Manchmal beschäftigen mich Fragen oder Dinge, die er schon vor Jahren für sich beantwortet hat. Manchmal beschäftigen ihn Dinge, die für mich noch lange kein Thema sind.


    Aber im Grunde ist das alles nur Kleinkram. Wenn man sich liebt, spielt das Alter nur eine unwesentliche Rolle.


    Liebe Grüße von Ines

    Hallo, Ihr Lieben,


    ganz herzlichen Dank für Eure freundlichen Willkommensgrüße und Wünsche.


    In Kürze erscheinen zwei Bücher von mir: Im nächsten Monat die TB-Ausgabe von "Der Maler Gottes", eine Romanbiografie über den Maler Matthias Grünewald (Isenheimer Altar), der im ausgehenden Mittelalter gelebt hat, von seiner Malerei so besessen war, dass er darüber selbst die Liebe "vergessen" hat.
    Im Januar kommt dann "Die Pelzhändlerin" als TB bei Rowohlt. Auch dieser Roman spielt im ausgehenden Mittelalter und hat eine Frau als Heldin, die tatsächlich in Frankfurt gelebt hat und zwar wahrhaft revolutionär. Sie hat sich über alle Konventionen und Regeln hinweg gesetzt, war dabei nicht gerade zimperlich und hat dabei ein Imperium aufgebaut. Aber auch sie musste einen verdammt hohen Preis zahlen.
    Ihr seht, es sind Bücher, die wahrscheinlich nur die Leser von historischen Romanen interessieren.


    Euch allen eine freundliche Woche wünscht
    Ines

    Iris, bist du kauzig?
    Was machst du Kauziges? Sprichst du deine Familie auch manchmal mit dem Namen deiner Romanhelden an?
    Mir ist das schon passiert. Sogar am Telefon.
    Darf dich auch nur jemand stören, der blutende Wunden hat, wenn du schreibst?
    Wie ist das bei den anderen?


    fragt sich
    Ines

    Guten Tag,


    ich heiße Ines und habe gerade meinen 40. Geburtstag gefeiert. Eigentlich hatte ich immer gedacht, Gerhard Schröder meint mich, wenn er von unserer Jugend spricht, doch seit letzten Samstag ist das anders. Ich war auf dem Sportplatz und wollte ein bisschen joggen. Ich hatte so an fünf bis zehn Runden gedacht, doch nach der ersten Runde hätte mich bereits Inge Meysel auf Absatzschuhen abgehängt und ich musste erkennen, dass ich nun doch allmählich auf Antifaltencreme und Sportverein zurück greifen muss, um weiterhin einen dynamischen Eindruck zu hinterlassen.


    Brot und Miete verdiene ich mit dem Schreiben von Büchern, für Rotwein und Kleider muss ich ab und zu True Storys und Herz-Schmerz-Romane schreiben, doch das macht auch Spaß. Ich wohne (nach 15 Jahren Reihenhaus mit Vorgarten und Dackel) seit kurzem in einer Berufstätigen-WG und das allein bietet jede Menge Stoff.
    Außerdem habe ich eine 18-jährige Tochter, die einmal Revolutionärin werden möchte. In ihrem Zimmer übt sie bereits, denn dort sieht es aus wie im Zentrum von Bagdad.


    Ich interessiere mich für Geschichte, besonders für das ausgehende Mittelalter, für Philosophie (vorausgesetzt, ich begreife sie), natürlich für Literatur, Theater, Opern und Malerei. Ich höre sehr gern die Musik von Joe Jackson, Element of Crime und noch immer Frank Zappa, manchmal aber auch Beethoven und im Auto Maria Callas.


    Seit meinem Geburtstag bin ich dabei, ein Fazit meines bisherigen Lebens zu ziehen und stelle fest, dass ich von allem zu viel habe.
    Warum besitze ich zwei Regale voller Bücher, wenn doch eigentlich 30 für ein ganzes Leben ausreichen? Noch immer entdecke ich Neues bei Kleist, muss den Faust noch mindestens 10 mal lesen, bis ich ihn endlich richtig verstanden habe, kann mich nicht genug an der Wortwahl Thomas Manns berauschen und träume davon, einmal so zu schreiben wie Bodo Kirchhoff oder Jonathan Franzen.
    In der letzten Zeit habe ich Bücher aber nur konsumiert. Jede Woche mindestens ein neues, dass ich nach spätestens zwei Wochen wieder vergessen habe. Welche Verschwendung!
    Genauso geht es mir mit Musik, Kino, Theater, Reisen und ja, sogar mit Bekannten.
    Ich glaube, die Zeit der Reduktion ist angebrochen.


    Geht es jemandem ähnlich?
    Jedenfalls freue ich mich darauf, mit euch in Kontakt zu kommen und grüße

    Hallo, Tom,


    woher hast du die Info, dass es rund zehn Jahre dauert? Und was für Bücher schreibst du? Bist du auch ein hauptberuflicher Autor?
    Übrigens hast du vergessen, die Lesungen zu erwähnen. Auch damit verdient man ab und an ein bisschen was dazu.


    Gruß Ines

    Liebe Iris, Ihr lieben anderen,


    Iris , ich habe auf dem Gebiet TB andere Erfahrungen gemacht als du. Im Herbst erscheint bei Rowohlt mein neuer Roman als TB. Ich habe ihn auf der Vertreterkonferenz selbst vorgestellt und bin erstaunt, wie viel Werbung der Verlag jetzt schon dafür macht. Es gab 600 Leseexemplare, Lesereisen sind geplant, Messeauftritte, sogar Hörfunk. Und das alles für ein TB.
    Ein anderes TB von mir ist als Lizenzausgabe bei einem anderen Verlag erschienen.
    Im HC-Bereich war die Werbung weitaus geringer.


    @Doc, ich kann für mich sagen, dass das Honorar schon ein bisschen im Zusammenhang mit der Qualität der Arbeit steht. Wenn ich nur die fiktive Summe von 5.000 EUR für einen Herz-Schmerz-Roman bekomme, mich obendrein noch selbst kranken-, renten- usw. versichern muss, dann muss dieses Ding in einer bestimmten Zeit geschrieben sein. Monatelange Recherchen oder Korrekturen kann ich mir schlicht nicht leisten. Es gibt für mich einen enormen Unterschied zwischen "Broterwerbs-Büchern" und Büchern, die ich schreibe, weil ich sie gern schreiben möchte.

    Hallo, Ihr Lieben,


    nur rund 3% aller Autoren können vom Schreiben leben. Das sagt zumindest das statistische Bundesamt.
    Ich lebe seit zwei Jahren so und bange jeden Monat erneut.
    Allerdings muss ich natürlich auch SAchen schreiben, die mir eigentlich nicht so liegen. Von den Büchern, die ich für den eigenen Anspruch schreibe, verkaufe ich pro Jahr ein einziges. Das Vorschusshonorar bewegt sich im vierstelligen Bereich. DAvon kann man wirklich nicht leben. Außerdem schreibe ich noch drei bis vier Herz-Schmerz-Romane, die man am Bahnhof kaufen kann und die unter einem englischen Pseudonym erscheinen. Wenn es mal ganz knapp wird, schiebe ich auch True-Storys ein.
    Alles in allem geht es so, aber es gibt Zeiten, da sehne ich mich dringend nach einem JOb im Angestelltenverhältnis. Und dann gibt es wieder Tage, da bin ich wahnsinnig froh, dass ich den ganzen Tag damit verbringen kann, das zu tun, was mir am meisten Spaß macht: Bücher schreiben.


    Grüße von Ines

    Hallo, Rosina,


    ich höre auch HR1 und bedaure ebenfalls den Wegfall von schwarz-weiß. Bin inzwischen auf Klassikradio umgestiegen. Ab 20 Uhr kommt dort ein ähnliches Programm.
    wohnst du in Frankfurt?


    Grüße von Ines

    Kennt Ihr Anagramme?
    Aus den Buchstaben eines Wortes wird ein ganz neues Wort gebildet. Zum Beispiel:
    L E B E N
    N E B E L oder
    I N E S
    S E I N.
    Man kann das auch mit ganzen Sätzen machen. Unica Zürn (kennt sie jemand?), eine Surrealistin, hat mal aus einem Satz ein Gedicht von 14 Strophen gemacht.


    Einen schönen Tag wünscht Ines

    Danke schön euch allen für eure Meinung! In dieser Woche startet die Produktion einer Demo-CD. Wir denken derzeit darüber nach, einen Beirat zu gründen, der aus Kinder der entsprechenden Altersgruppe besteht. Sie sollen uns helfen, wirklich nur das zu produzieren, was Kinder auch interessiert.


    Nochmals danke und gute Wünsche für eine gute Woche
    Ines

    Guten Tag an alle,


    derzeit gründet sich in Frankfurt ein kleiner Hörbuchverlag, der u.a. Reisehörbücher für Kinder herausbringen möchte.
    Und zwar ungefähr so: Das Bildungsbürgerpaar Müller möchte in die Toskana oder nach Griechenland fahren. Sohn Ben, zw. 6 und 12 Jahren, kommt natürlich mit. Müllers kaufen für Ben ein Hörbuch, in dem er z.B. mit einem Ritter die Toskana durchwandert und auf einer Abenteuerreise alles Wichtige erfährt: über die Geschlechtertürme in San Gimignano, über die Medicis in Florenz usw. Dazu gibt es Musik, die sich an diese Zeit anlehnt, aber kindgerechte Texte hat.
    In Griechenland besucht Ben z.B. die alten Götter, lernt Zeus kennen und all die anderen, in Rom kämpft er gegen Gladiatoren, in Spanien begegnet er Columbus, in Amerika den Indianern.
    Was haltet Ihr davon? Würdet Ihr Euern Kindern so etwas kaufen? Vorausgesetzt natürlich, dass es gut gemacht ist. Am Projekt arbeiten bisher nur hauptberufliche Autoren und Komponisten mit.
    An Eurer Meinung interessiert ist
    Ines

    Liebe Iris,


    ich habe mir gestern dein Buch gekauft und war von der ersten Seite an beeindruckt über deine Kenntnis der Historie. Zwar habe noch nicht sehr viel gelesen, aber die Lust, heute Abend mal frühzeitig mit Buch ins Bett zu gehen, ist auf jeden Fall geweckt.


    Grüße von Ines

    Liebe Iris,


    ich war gerade auf deiner Homepage, die mir hervorragend gefällt. Aha, der Tribun also und Rezensionsexemplare gibt es bei Frau Schuck. Ich schreibe auch für Heyne. Meine Lektorin ist Martina von Berlepsch, das Außenlektorat macht Angelika Küpper. Bist du auch bei ihnen?


    Und du arbeitest mit einer Agentur. Wie bist du auf Österreich gekommen? Oder habe ich da was falsch gelesen?
    Bist du zufrieden mit deiner Agentur?
    Ich muss gestehen, ich habe gleich zwei. Für den reinen Manuskript-Verkauf bin ich bei Schlück in Garbsen und Sprachwerk in Frankfurt kümmert sich um meine Lesungen, Interviews usw. Machst du das auch so? Oder organisierst du deine Lesungen selbst?
    Ich bin jedenfalls unheimlich glücklich und zufrieden, dass ich mich nicht um solche Dinge kümmern muss. Vermarktest du dich selbst?


    So, jetzt muss ich gleich nach Darmstadt fahren und komme heute nicht mehr an den PC. Ich wünsche dir und allen anderen einen schönen Sonntag und grüße
    Ines

    Liebe Iris,


    ja, ich habe die Pelzhändlerin geschrieben. Von Wolke weiß ich, dass du auch "Berufsautorin" bist. Wie lautet dein vollständiger Name (ich hoffe, ich bin ich in keinen Fettnapf gefallen mit dieser Frage. Ich habe keine Erfahrung mit Foren, weiß also nicht, ob man solche Fragen besser unterlässt. Hmm, Pardon im Voraus.)?


    Jedenfalls ist es schön, dich kennen zu lernen. Und ganz besonders schön, dass wir - glaube ich - mit unseren Ansichten ziemlich nahe liegen. Unter Autoren ist das ja nicht unbedingt üblich.


    Beste Grüße von Ines

    Liebe Iris,


    ich gebe zu, ich habe auch noch nie nach Stein oder sonstwem gearbeitet. Aber ich höre immer wieder von Kollegen, dass sie es tun und damit wunderbar zurecht kommen. Sie benutzen Stein wie ein Schema, nach dem sie ihre Bücher aufbauen.


    Im Grunde habe ich sogar ein schlechtes Gewissen, dass ich meine Bücher immer nach dem Bauch schreibe und mich während des Schreibens herzlich wenig um theoretische Sachen kümmere.
    Wie sehr kümmerst du dich um Literaturtheorie? Beziehst du dich bei Aristoteles auf seine Rhetorik? Für wie wichtig hältst du die Beschäftigung mit Rhetorik?
    Und habe ich dich richtig verstanden? Meinst du, Schreiben ist ein Handwerk, das man erlernen kann?
    Ich sehe das übrigens ähnlich. Schreiben ohne handwerkliche Fertigkeiten geht nicht, aber die Fertigkeiten allein reichen - so glaube ich - auch nicht aus, um ein wirklich gutes Manuskript hinzulegen.
    Ich habe übrigens viel von anderen Autoren gelernt. Zum Beispiel von KLeist die Zeitraffung usw. Wie wichtig ist für dich die Beschäftigung mit den Klassikern? Meinst du, von ihnen kann man lernen?


    Viele Grüße von Ines

    Hallo, Doc Hollywood,


    die klassische Einteilung ist die drei geteilte, bei der jeder Teil ungefähr denselben Umfang hat.
    Den Spannungsbogen sollte man am Ende eines jeden Teiles hoch ziehen, in der Mitte des Teiles geht er runter und am Ende wieder hoch.
    Sol Stein hat übrigens einen Bestseller über das Bücher schreiben geschrieben. Viele Autoren arbeiten danach. Gibt es bei Zweitausendeins.


    Ich schreibe meine Kapitel so: 20 Seiten bilden rund 1 Kapitel. Für einen "normalen" Roman braucht man ungefähr 240 Seiten. Historische Romane sollten bei rund 400 Seiten liegen. Im Konzept notiere ich, was in den einzelnen Kapiteln geschehen soll und beachte dabei natürlich die Dreiteilung, den Spannungsbogen usw. Ob man den Kapiteln Überschriften gibt oder nicht, ob man überhaupt Kapitel braucht, das ist eine Frage des persönlichen Stils.
    Mein Konzept ist am Ende oft um die 50 Seiten lang. Wenn ich dann ans richtige Schreiben gehe, benutze ich das Konzept als Arbeitsgrundlage. Für mich die ideale Arbeitsweise. Aber wie gesagt, jeder hat seinen persönlichen Stil.


    Einen schönen Sonntag wünscht
    Ines