Beiträge von aadam

    Das Problem mit Buchpreisen besteht darinne, dass das Buch auf den Radar von Leuten gerät, für die es nicht geschrieben wurde.
    Das Ergebnis sind viele negative Kommentare von Leuten, die das Buch ohne das "Buchpreisetikett" niemals gefunden hätten.
    Man sollte sich schon fragen, warum, man jetzt ausgrechnet dieses Buch lesen will und ob man wirklich zur Zielgruppe gehört. Irgendein Buchpreis sollte dabei tatsächlich nicht die ausschlaggebende Rolle spielen.
    Ich hab das Buch heute angefangen und finde es nach bisher 60 Seiten recht flüssig zu lesen, einige Stellen sind richtig gut, wirklich Schwaches habe ich bisher nicht entdeckt - bin gespannt, wie es weitergeht.

    Es hängt von der Leseerfahrung und von der Lektüre ab.
    Desto mehr man liest, um so eher vermitteln Wörter und Sätze unmittelbar den Inhalt. Manche Autoren beherrschen das bildhafte Beschreiben besser als andere.
    Hinzu kommt natürlich, dass Konzentrationsfähigkeit und Imaginationskraft bei Lesern unterschiedlich stark ausgeprägt sind - beides lässt sich aber durch Viellesen üben.
    Bei mir selbst stelle ich auch fest, dass ich nicht mehr drei Stunden am Stück lesen kann und meine Pausen brauche - und rätsele über die Gründe.

    Den ersten Teil könnte man sicher als Kinderbuch auskoppeln. Danach wird es aber ziemlich komplex.
    Eigentlich fand ich das Buch nicht schlecht, aber die aus jeder Zeile triefende "tiefe Bedeutsamkeit" kann einem auch ganz ordentlich auf den Senkel gehen. Als ob Bemmann Angst hatte, man könne ihm unterstellen, einfach eine märchenhafte Geschichte zu erzählen - ständig erklärt er dem Leser, hey, hier steckt so viel Tiefsinn in der Geschichte, hast du gemerkt, oder? Hast Du nich gemerkt, dann lies nochmal, oder nein, ich erklärs dir, pass auf ... boah ... :bonk

    Ich schiebe diese Buchempfehlung nochmal nach oben.


    Zu dem schon Gesagten sei ergänzt, dass der Roman seehr leicht zu lesen ist, die Sprache ist einfach und klar, es gibt kaum reflektive Abschweifungen, viel Dialog, Inhalt und Thema werden unmittelbar in Handlung umgesetzt. Trotzdem ist es kein konventioneller "Unterhaltungsroman".


    Ausserdem merkt man, dass das Buch von einem Insider geschrieben wurde, die indische Gesellschaft wird also nicht von aussen beschrieben sondern direkt durch die Augen der Beteiligten und Betroffenen. Insbesondere auch der Alltag in den Slums wirkt sehr authentisch.


    Fazit: Eignet sich unbedingt als Lektüre und Horizonterweiterungsmaschine sowohl für Liebhaber leichter Lesekost als auch für anspruchsvolle Leser.

    Selbstverständlich ist Dir erlaubt, das Buch so zu finden wie du willst und es hier bekannt zu geben, kein Problem.


    Es schien mir nur sinnvoll darauf hinzuweisen, dass hier vielleicht nur Leserunde und Buch nicht zusammen passten.
    Es wäre vielleicht interessant zu erfahren, aus welchem Motiv sich die Runde überhaupt zusammengefunden hatte - ging es nur darum, ein Buch aus der SZ-Reihe abzuarbeiten? Dann würde mich das Ergebnis wenig wundern, für Faulkner bedarf es schon etwas mehr Motivation.

    Aber warum hat er denn dann nicht gemalt? :cry


    Vielleicht konnte er einfach besser schreiben als malen?
    Falls du bei dem Buch nichts empfunden hast, fehlte dir eben der Zugang. Der kann dir auch bei einem Bild verwehrt sein.


    Ich hab mir mal eine Signatur zugelegt.

    ja, das hat mit Lesejahren ja nicht viel zu tun. Leserinnen von Adels-Groschenromanen gehören ja auch zu den älteren (und damit irgendwie leseerfahrenen?) Semestern und können mit Faulkner meist wohl auch nicht viel anfangen. Zumindest dürfte es selten sein, dass die Geschmacks-Schere so weit aufgeht.
    Man sollte sich oder anderen Faulkner auch nicht aufzwingen. Dennoch hat mich der durchgängige Verriss dieses schönen Buches doch verwirrt und war m.E. dringend mit einer Gegenmeinung zu versehen.

    Habe Die Freistatt vor sechs Monaten gelesen und mir jetzt die Leserunde und die Kommentare zur Rezi angeschaut.
    Zunächst: Mir hat das Buch gefallen. Faulkner bedient sich eines assoziativen Schreibstils und das ist bestimmt nicht jedermanns Sache. Beim Lesen ist es wichtig, zunächst die Bilder auf sich wirken zu lassen, sie eventl. nicht zu bewerten und nicht mit Gewalt verstehen zu wollen. Im Laufe der Handlung fügen sie sich dann von selbst zu einem mehr oder weniger vollständigen Puzzle zusammen. Selbst wenn am Ende einige Steine fehlen, wird das Gesamtbild erahnbar. Diese Technik zu kritisieren ist etwa so, als wolle man einem impressionistischen Maler vorwerfen, dass er nicht fotographiert.
    Dabei gelingen Faulkner auch ausführliche Detailstudien.
    Was mir in den Leserunden-Kommentaren aufgefallen ist: Immer will jeder immer den ganzen Zusammenhang verstehen, alles muss glasklar sein, andernfalls ist es langweilig, konfus, irritierend, waswillderautorunsdamitsagen. Sorry, Faulkner ist nicht Andreas Franz. Faulkner schreibt nicht filmisch oder TVgerecht, seine Erzählungen sind wie impressionistische Gemälde von grosser Schönheit (die sich vielleicht nur dem geschulten Geschmack erschliesst, aber so ist das immer mit der Kunst).
    Wenn man weiss, auf was man sich einlässt, ist Faulkner zu lesen ein Vergnügen.
    Viel Spass :wave

    Coetzee wird leider gerne auf "Schande" reduziert, dabei gehört er zu den meistunterschätzten Nobelpreisträgern. "Warten auf die Barbaren" habe ich auch dieses Jahr gelesen, war prima, "Leben und Zeit des Michael K." kommt demnächst dran.
    Coetzee schreibt in einfachen Worten unmittelbar das, was wichtig ist. Hier mal wieder ein bisschen die Werbetrommel rühren ist nicht schlecht.

    Hab das Buch nicht gelesen, aber aus Neugier die fragliche Amazon-Rezension. Ich finde sie überhaupt nicht gehässig, sondern genau so, wie ein verärgerter Leser eben über ein Buch schreibt, das ihm nicht gefallen hat. Und das mit einer umfangreichen Aufstellung der gefundenen Schwachstellen, sowas brauche ich, um zu wissen, ob ich das lesen soll oder nicht.
    Abgesehen davon: Ungerechtigkeit ist leicht zu ertragen, schmerzhaft ist nur die Wahrheit. Ich glaube, Anne Rice hat auch mal so ähnlich auf eine Amazon-Rezension reagiert.


    Dazu fällt mir noch eine Episode aus "Das Echo der Erinnerung" von Richard Powers ein, in dem ein Sachbuchautor in halber Paranoia ständig die Amazon-Kritiken seines neuesten Werkes beobachtet und dadurch fast in den Wahnsinn getrieben wird ...

    tja, da kann ich der Einschätzung meiner Vorrednerin nur zustimmen - das Buch ist aber wohl der absolute Geheimtipp, ich weiss selbst nicht mehr wie ich darüber gestolpert bin .... aber immer wieder irre zu erleben, welche Bücherschätze ungehoben in unseren verstaubten Antiquariaten auf Entdeckung warten.
    ... deshalb pushe ich die Rezension mal nach oben ...

    Titel: Mandingo (orig. 1957)
    Autor: Kyle Onstott
    Verlag: Nannen (1958)
    Seitenzahl: 573
    ASIN: B0000BM4B8


    Erhältlich nur über den antiquarischen Buchhandel, wurde auch bei Heyne als TB verlegt.


    Zum Autor: US-Amerikaner, meines Wissens tot. Hat noch drei oder vier Romane zum gleichen Thema geschrieben, z.T. mit Unterstützung eines Kollegen namens Lance Horner.
    Schrieb zuvor wohl ein paar Bücher zum Thema Hundezucht.


    Inhalt: 183x im amerikanischen Süden. Hammond Maxwell (19) betreibt zusammen mit seinem rheumakranken Vater als einziger Weisser eine Farm. Nach dem Verbot von Sklavenimporten aus Afrika haben sich die Maxwells auf die Zucht von Sklaven verlegt, um die Nachfrage ertragreicher Baumwollplantagen zu befriedigen. Männliche und weibliche Sklaven werden nach Qualität sortiert und gekreuzt. Mandingos gelten als besonders wertvolles Ausgangsmaterial. Hammond bedient sich seit seiner Pubertät bei den gleichaltrigen Sklavenmädchen und stellt seine Gene zur Verfügung.
    Hammonds Vater wünscht sich legitimen, weissen Nachwuchs durch seinen Sohn und arrangiert eine Hochzeit zwischen Hammond und einer Cousine. Der hochverschuldete Vater der Braut zeigt sich nach erfolgreicher Verhandlung über das Brautgeld einverstanden. Hammonds Ehefrau muss jedoch erkennen, dass ihr Ehemann weiterhin Sklavinnen bevorzugt, was schliesslich zur Katastrophe führt.


    Eigene Meinung: Ein irres Buch. Es erschien zum Höhepunkt der amerikanischen Bürgerrechtsbewegung und muss eine unerträgliche Provokation an die südlichen Staaten gewesen sein, die z.T. zu dieser Zeit noch immer eheliche Verbindungen zwischen Schwarzen und Weissen mit Gefängsnisstrafe ahndeten.


    Bürgerrechtsbewegung Wikipedia


    Das Buch steckt voller unglaubliche Beschreibungen des Sklaven-Alltags im amerikanischen Süden - leider gibt es kein Quellenverzeichnis. War es üblich, alte und belastende Sklaven zu vergiften? Wurden Sklaven höchstens vom Tierarzt behandelt? Gab es Sklavenfarmen? Gab es Kampfsklaven?


    Schwierig wird das Buch dadurch, dass alle Geschehnisse durch die Augen Hammonds beschrieben werden und der Autor sich scheinbar jeder Stellungnahme enthält. Der Sklavenalltag erhält dadurch trotz der Barbarei etwas normales, selbstverständliches. Selbst grausame Bestrafungen werden nicht in Frage gestellt, sondern argumentativ untermauert - alles muss so sein, wie es ist. Kampfsklaven auszubilden und aufeinanderzuhetzen ist in Ordnung. Jungfräuliche Sklavinnen als Willkommensgruss in Empfang zu nehmen und als nächtliche Erfrischung zu entjungfern ist nichts als angenommen Gastfreundschaft.


    Der Roman lässt mich ratlos zurück - handelt es sich um eine BDSM-Sklavenfantasie, eine gezielte Provokation zur richtigen Zeit, ein billiger Kolportageroman, eine politische Handgranate, frei erfundene Geschichtsfantasie, sorgfältig recherchierter Historienroman - keine Ahnung.


    Spannendster Moment war die Verhandlung über das Brautgeld für Hammonds Cousine. Hier wird die weisse Frau genauso verschachert wie die Sklaven. Menschen als einträgliche Ware zu behandeln - selbst Familienmitglieder - steckt tief im System. Daher wundert es auch nicht, dass die weissen Herren durch Kreuzung mit ihren Sklavinnen ebenfalls für lukrativen Nachwuchs sorgen - ihre so geschaffenen Söhne und Töchter sind selbstverständlich ebenfalls Sklaven.

    Ich würde das Buch als "klein aber fein" bezeichnen. Keiner von Kings grossen Würfen (aber davon gibts eh nicht so viele), die Story wirkt eher wie eine Fingerübung mit schöner Endzeit-Atmosphäre.
    Ich habe übrigens auch kein Handy, die ganze Handy-Manie geht mir unglaublich auf den Geist und dass King hier mal den Hebel ansetzt fand ich richtig nett.

    Sprachlich schlicht gehaltener, deutlich konstruiert wirkender Splatter-Comic mit dick aufgetragenen Thesen. Hat reichlich Staub angesetzt. Vermittelt, vom kannibalistischen Blutrausch abgesehen, deutlich die konventionelle SF-Jugendbuch-Atmosphäre, könnte glatt von Heinlein sein.
    Erinnert irgendwie an die italienischen Kannibalen-Filme der 70er - sowas schreibt, liest, filmt und guckt man heute nicht mehr.
    Champion Jack Barron ist der deutlich grössere Wurf.

    Zitat

    es geht nur um eines - um den Kampf.


    Sorry, wenn ich widerspreche, aber es geht um viel mehr (z.B. Medienkritik, aber das ist noch nicht alles).
    Unbedingt lesen!
    Ist lange her, dass mich ein Buch so gefangen hat, habe zeitweise sogar meine Pflichten vernachlässigt ...

    Eine schöne Lesehilfe zu Gravity’s Rainbow gibt es hier:


    Gravity’s Rainbow


    Lesen sollte Vergnügen bereiten.
    Artet Lesen in ein verkrampftes Arbeiten aus, dann bedeutet dass nur, dass die eigene Leseerfahrung noch nicht ausreicht. Also noch eifrig üben, dann machen auch irgendwann Sätze wie der vorhin zitierte Spass.


    Bei einer Leserunde zu Die Enden der Parabel wäre ich auch gerne dabei.


    Zu Die Versteigerung von No. 49 wäre noch zu sagen: Pynchon in konzentrierter Form. Zwar recht kurz, aber dennoch kein Leichtgewicht. Nach der Lektüre war ich selbst am Rande der Paranoia ...