Hallo Beowulf,
die Regel mit den Körnern bezieht sich ausschließlich auf den Ertrag. Aus den Körnern, die als Ertrag bleiben, errechnen sich dann die Abgaben, z.B. der Zehnt (1o.Teil) für die Kirche und die sonstigen Grundabgaben.
Beiträge von Sabine Weig.
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Original von Quasselstrippe
Selten habe ich mir so schwer damit getan, die Motive einer Protagonistin nachvollziehen zu können.Oh ja, das ging mir genau so. Ich hatte noch nie ein so gespaltenes Verhältnis zu einer meiner Hauptfiguren. Deshalb habe ich für dieses Buch auch länger gebraucht als für die anderen fünf. Aber letztendlich geht es gar nicht darum, ob ich diese Elisabeth mag oder nicht. Es geht darum, die historische Figur Elisabeth irgendwie als Persönlichkeit zu fassen. Müssen wir Heilige mögen? Wie seht Ihr das? Und für alle, die sagen, sie hätte mit ein bisschen Grips viel effizienter helfen können - das ist definitiv eine neuzeitliche Sicht. Die Logik der Zeit, wenn es überhaupt eine gab, sah anders aus. Gott hat jeden an seinen Platz gesetzt. Das ist sein göttlicher Plan, den wir alle nicht begreifen. Er will nun mal, dass die Reichen reich sind und die Armen arm. Diese Weltordnung darf niemand ändern. Die Armen sind dazu da, den Reichen zu ermöglichen, sich mit Spenden und Almosen die Zeit im Fegefeuer zu verkürzen (das Ablass-Prinzip). Man soll Not lindern, aber diese Menschen bitte nicht z.B. mit Steuererleichterungen dauerhaft an einen Ort erheben, wo Gott sie nun mal nicht hingestellt hat. Außerdem büßen Kranke, Krüppel und Elende ihre Sünden schon zeitlebens ab, das ist gewissermaßen auch schon ein Privileg. Im Gegensatz zu den Reichen, Gesunden müssen sie dann nach dem Tod vielleicht gar nicht mehr oder nur kurz ins Fegefeuer. Also Achtung: der mittelalterliche Mensch will zum eigenen Seelenheil Gutes tun, aber nichts an den Verhältnissen ändern!
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Also, Ihr Lieben, ich werde Euch jetzt nicht verraten, ob die Diebstähle das Schlimmste sind, was Primus je getan hat. Vielleicht macht er ja noch bei einem schlimmeren Verbrechen mit...
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[quote]Original von Eskalina
Sabine - gab es denn eigentlich auch eine Art Mittelschicht, oder nur die Armen und den Adel?
Gibt es Berichte über die hygienischen Verhältnisse aus der Zeit?Ja, liebe Eskalina, es gab schon eine Mittelschicht, aber eine sehr dünne. Das waren hauptsächlich die Stadtbürger, also Handwerker, Kaufleute oder sonstige Gewerbetreibende. Und evtl. noch der niedere Klerus und ein paar reichere Freibauern. Aber die große Mehrheit der Bevölkerung waren einfach die Bauern auf dem Land. Im Übrigen haben wir auch in den Städten eine Armenquote von bis zu 30%. Menschen wie Primus und seine Familie also, die täglich um ihre Existenz kämpfen, Almosen empfangen oder Betteln gehen. Sie leben unter den Dächern, in Kellern, in Holzbuden, Mauerwinkeln. Stell Dir die Armen und Elenden heute in Indien vor - so ungefähr.
Die hygienischen Verhältnisse kennen wir aus den Quellen. So wissen wir z.B., dass die Sickergruben unter den Häusern, die ein "heimliches Gemach" hatten (Plumpsklo), manchmal jahrzehntelang nicht gereinigt wurden und deshalb einen bestialischen Gestank verströmten. Und aus medizinischen Rezepten gegen Ungeziefer können wir schließen, dass Läuse und Krätze an der Tagesordnung waren. Wir wissen aber auch, dass im Mittelalter zumindest die Mittelschicht und der Adel regelmäßig gebadet haben. In jedem Ort gibt es eine öffentliche Badstube, in die man ging, sofern man sich den Eintritt leisten konnte. Solche Badstuben hatten nicht nur Zuber, sondern funktionierten tatsächlich oft wie eine Sauna. Ab dem Aufkommen der Syphilis wurden diese Badstuben wegen der Ansteckungsgefahr fast überall geschlossen, und die Menschen des Barock hatten tatsächlich Todesangst vor heißem Wasser. Im Übrigen kannte man im Mittelalter Seife - nicht so die alten Römer: Sie wuschen ihre Wäsche mit vergorenem Urin. -
Liebe Sayja,
toll, dass Du´s gemerkt hast: Ich habe wirklich für Primus eine andere Sprache verwendet; einfacheren Satzbau, Elemente der Umgangssprache und z.T. sogar grammatikalische Fehler eingebaut. Fand ich nicht nur passender für einen ungebildeten Bauernbuben, sondern auch interessant als sprachliches Spannungselement zwischen den unterschiedlichen Themenkapiteln.
Und die Landgräfin Sophia behandelt zwar alle ihre Kinder und Ziehkinder gleich, ist aber trotzdem aus höchstem deutschen Adel: Sie stammt aus dem Geschlecht der Wittelsbacher. Aber sie weiß, dass es seit jeher gute Sitte ist, Kinder aus dem untergebenen Adel zusammen mit Fürstenkindern aufzuziehen. Und dass eine Art geschwisterliche Bindung dabei entstehen soll, die im Adel für Loyalität sorgt, auch wenn diese Kinder dann später längst erwachsen sind. Auch auf diesen "soften" Faktor baut sich das Lehenssystem u.a. auf. -
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Original von Lili_Morinstal
Warum nennt sie Ludwig noch Bruder? Das befremdet mich immer mehr. Die beiden sind verheiratet und gehen miteinander ins Bett. Wäre da ein anderer Kosename nicht angebracht.
Die Kosenamen sind in den Quellen genannt - und außerdem, bedenke, dass die beiden miteinander aufgewachsen sind.
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Original von beowulf
Gibt es eigentlich jemanden, der Konradvon Marburg positiv darstellt?Ich kenne keinen Aufsatz in der Fachliteratur, der Konrad positiv sieht.
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Original von beowulf
S. 249 "sie nannten es Gertrud" ?? Gertrud war nicht das zweite, sondern das dritte Kind.Wieder ins Schwarze. Wenn Du so weitermachst, Beowulf, musst Du in Zukunft meine Bücher korrekturlesen...
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Ja, das mit dem Sperma ist Tatsache. Sperma enthält Prostaglandine, und die wirken wehentreibend. Die Info hab ich von einem Mediziner.
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Ja, das ist echt. Sperma enthält Prostaglandine, die wehentreibend wirken. Die Info hab ich von einem Mediziner.
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Oh Mist, erwischt! Bei 600 Seiten Text vergisst man einfach mal was, was man früher geschrieben hat. Und das Lektorat findet halt auch nicht immer alles.
Asche auf mein Haupt! -
[quote]Original von LeseBär
Etwas seltsam finde ich allerdings, dass Eberolf und Mechtel unverheiratet zusammen leben und dabei gemeinsame Kinder haben. Ich frage mich, ob das im Mittelalter möglich war, ohne in der Gemeinschaft anzuecken.Hallo Lesebär,
solche nicht durch ein kirchliches Ritual geschlossenen Ehen gibt es im Mittelalter haufenweise, oft "Winkelehen" genannt. Viele Arme konnten sich eine kirchliche Trauung überhaupt nicht leisten, das kostete nämlich Gebühren! Und wo kein Besitz ist, braucht es auch keinen (Ehe)Vertrag, also auch keine rechtliche Aktion beim Eingehen einer Verbindung. -
Hallo Patricia,
das mit dem Roggen bedeutet Folgendes: Wenn ich ein Korn Roggen aussäe, ernte ich in einem guten Jahr maximal vier Körner. Das heißt, mit bleiben unter Abzug des einen Korns, das ich wieder aussäen will, drei Körner zum Leben.
Und Hufe - Tagwerk: Die Hufe war in fränkischer Zeit eine Art Standardfläche, die an eine Bauernfamilie vergeben wurde. Es ist sowohl die Bezeichnung für die Hofstätte selber, als auch für die Fläche, die normalerweise mit der Arbeitskraft einer Familie bestellt werden und diese ernähren konnte. Von Hufe abzuleiten sind heute noch Familiennamen wie Hufer, Huber, Hübner, etc. -
Hallo Holly,
die Briefe sind in Passagen den Quellen entnommen. Dazwischen führe ich den Text dann mit eigenen Worten fort. Das macht mir ziemlich viel Spaß und ist auch gar nicht so schwer, wenn man viel mit zeitgenössischen Quellen arbeitet. Da verinnerlicht man die Art, wie die Menschen damals sprachen und schrieben. Und ich finde, das macht die Sache authentisch. -
Liebe Blacky,
ja, das mit der Heiligkeit liegt tatsächlich in der Familie der Arpaden. Drei von Elisabeths Vorvätern wurden heilig gesprochen: Emmerich, Wladislaus und Stephan. Ihre Tante Hedwig wurde zur Nationalheiligen von Schlesien. Und Elisabeth von Portugal, eine Nachfahrin hundert Jahre später, ist ebenfalls in die Riege der Heiligen erhoben worden. Auf sie bezieht sich übrigens das berühmte Rosenwunder, das später wegen der Namensgleichheit unserer Elisabeth zugeschrieben wurde.
Ich glaube wirklich, dass für Elisabeth die Heiligkeit eine erreichbare "Berufsperspektive" dargestellt hat. Sie muss sich aufgrund ihrer Herkunft quasi prädestiniert gefühlt haben. Und dass dieses Projekt machbar war, erwies sich für sie ja mit Franz von Assisi, der zu ihren Lebzeiten heilig gesprochen wurde. -
Hallo Beowulf,
ich konnte Elisabeth zu Anfang überhaupt nicht leiden. Liegt vielleicht auch daran, dass ich Atheistin bin und mit überzogener Frömmelei absolut nix anfangen kann. Aber das Mittelalter ist eine andere Zeit, und man muss die Menschen in ihrem zeitlichen Zusammenhang sehen. Elisabeth war die erste im Adel, die die sozialen Probleme nicht nur gesehen und erkannt, sondern auch darauf ganz persönlich reagiert hat. Und ich habe mich dazu entschlossen, diese Frau mit dem Blick des Psychologen zu sehen. Da geht´s dann nicht mehr darum, ob man sie mag oder nicht, sondern darum, die Motive ihres Handelns zu finden. Und dann wird´s schon wieder interessant. Religiöser Wahn, übersteigertes Helfersyndrom, Autoaggression, Masochismus... -
Lieber Beowulf,
jaja, mach mich nur fertig ...
Ich fürchte aber fast, dass die vielen Anhänger der Katharer unter dem französischen Adel auch nicht von trocken Brot gelebt haben. Und wenn Du mal darüber nachdenkst, wie verdammt unchristlich sich sogar Bischöfe und Päpste auch der heutigen katholischen Kirche im Leben verhalten, dann ist diese Diskrepanz zwischen Sein und Schein vielleicht nicht mehr ganz so unwahrscheinlich.
Bitte lies trotzdem weiter, ja? -
Der Landgraf kann Anhänger des Katharerglaubens sein, also ein einfacher Gläubiger. Er muss ja kein Leben als Perfectus führen, das schaffen ja ohnehin nur sehr wenige. Dann kommt seine Seele eben nicht direkt in den Himmel. Außer... aber das müsst Ihr schon selber lesen...
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Hallo Eskalina,
Wido ist ein Perfectus, das ist die Bezeichnung für die Priesterkaste unter den Katharern. Es hat nichts mit Arroganz zu tun (oder vielleicht doch?) - die Perfecti waren natürlich nicht wie die einfachen Katharer, sondern wurden durch ihre "perfekte" Lebensweise aus dem Leben-Tod-Kreislauf erlöst und stiegen nach ihrem Tod als "Engelsseelen" in den Himmel auf. Alle anderen mussten den Weg der Wiedergeburt weitergehen. -
Naja, das ist halt das Bild, das ich mir von Walther gemacht habe. Zugegeben, ich bin halt nicht so furchtbar romantisch wie Kinkel. Und Walther war um diese Zeit ja längst nicht mehr jung, da kann man schon mal Speck ansetzen, auch als Minnesänger.