'Die Tore des Himmels' - Seiten 001 - 125

  • [quote]Original von LeseBär
    Etwas seltsam finde ich allerdings, dass Eberolf und Mechtel unverheiratet zusammen leben und dabei gemeinsame Kinder haben. Ich frage mich, ob das im Mittelalter möglich war, ohne in der Gemeinschaft anzuecken.


    Hallo Lesebär,
    solche nicht durch ein kirchliches Ritual geschlossenen Ehen gibt es im Mittelalter haufenweise, oft "Winkelehen" genannt. Viele Arme konnten sich eine kirchliche Trauung überhaupt nicht leisten, das kostete nämlich Gebühren! Und wo kein Besitz ist, braucht es auch keinen (Ehe)Vertrag, also auch keine rechtliche Aktion beim Eingehen einer Verbindung.

  • Ich bin diesmal leider ein bisschen hinterher, aber gestern Nachmittag hatte ich diesen Abschnitt dann auch durchgelesen. ^^


    Für mich ist die Figur der Heiligen Elisabeth von Thüringen eine vollkommen Unbekannte. Ich hab den Namen zwar iiirgendwo schon mal gehört, bin aber historisch völlig unvorbelastet.


    Die Handlung ist auf mehrere Personen aufgeteilt und der Wechsel zwischen Erzähler und Ich-Perspektive gefällt mir gut. In diesem Abschnitt geht es ja stellenweise schon ziemlich heftig her. Mechtels Vergewaltigung und weiteres Schicksal (wobei ich wirklich erstaunt war, dass sich das Leben mit Eberolf dann doch als gar nicht so schlecht für sie herausgestellt hat, er hat mich dadurch, dass er Primus tatsächlich wie seinen eigenen Sohn behandelt für sich eingenommen), die schlimme Krankheit des Landgrafen und sein furchtbarer Tod und kurz darauf der Tod des Sohnes, die arme "fliegende" Gisa deren ganze Familie hingemetzelt wurde. Und irgendwo im Hintergrund hört man immer wieder von den Staufern.


    Es ist immer wieder interessant in die Gedankenwelt dieser Zeit einzutauchen, wo jede vermeintliche Krankheit oder sonstige Ereignisse als Zeichen Gottes ausgelegt werden konnten bzw. auch wurden. Für Ludwig ist die Krankheit und der Tod seines Vaters das Zeichen zur totalen Umkehr. Sollte er wirklich der Gemahl von Elisabeth werden passt das auf jeden Fall besser zusammen als mit ihrem vorherigen Verlobten.
    Was sich noch aus der kleinen Verbindung zwischen Gisa / Raimund / Primus ergibt, wird sich zeigen.
    Wir haben die Figuren hier jetzt schon über einen sehr langen Zeitraum ihrer Kindheit begleitet, allmählich geht es in die Welt der Erwachsenen hinüber und die Rollenbilder werden sich stärker ausprägen.


    Die Wildschweinjagd nicht nur als eine Lustbarkeit des Adels sondern sogar eine Pflicht zum Schutz ihrer Bauern war mir neu. Aus der Perspektive hatte ich es noch gar nicht gesehen, aber völlig logisch wenn man es sich so überlegt.


    Bisher gefällt mir die Geschichte auf jeden Fall sehr gut, ich kann aber noch nicht sagen, welche Figur mir am besten gefällt. Ich warte noch die weiteren Entwicklungen ab. :grin

    „Furcht führt zu Wut, Wut führt zu Hass. Hass führt zu unsäglichem Leid.“

    - Meister Yoda

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  • Zitat

    Original von Sabine Weig.


    Hallo Lesebär,
    solche nicht durch ein kirchliches Ritual geschlossenen Ehen gibt es im Mittelalter haufenweise, oft "Winkelehen" genannt. Viele Arme konnten sich eine kirchliche Trauung überhaupt nicht leisten, das kostete nämlich Gebühren! Und wo kein Besitz ist, braucht es auch keinen (Ehe)Vertrag, also auch keine rechtliche Aktion beim Eingehen einer Verbindung.


    Und wieder was dazu gelernt. Das war mir ehrlich gesagt gar nicht bekannt. Aber ich hab's mal bei wikipedia nachgelesen und bin wieder etwas schlauer geworden. Winkelehe Danke für die Erläuterung! :wave

  • Zitat

    Original von Saiya
    Den Prolog fand ich schon sehr fesselnd. Mal sehen, wie es wird, wenn dieser durch den Verlust seiner Mutter so geprägte Junge von damals, als Erwachsener in der Geschichte auftaucht. Denn davon gehe ich aus. ;-)


    Zumindest am Rande ist er schon im ersten Abschnitt aufgetaucht. Er ist der fatalistische Inquisitor Konrad, vor dem die Landgräfin solche Angst hat. Ich bin auch gespannt, wann er seinen Weg nach Thüringen findet. Als Schreckgespenst im Hintergrund wird er ja sicherlich nicht verbleiben. ;-)


    Zitat

    Original von Saiya
    Besonders gut gefallen mir auch die beiden Perspektiven. Diesen krassen Gegensatz zwischen Arm und Reich, der ja damals fast als gottgegeben angesehen wurde und wirklich schreckliche Ausmaße hatte, findet man selten in einem Historischen Roman. Auch diese direkte, ehrliche Art, die Armut und das Leben zu beschreiben empfinde ich als sehr real und gut für die Geschichte, obwohl ich das ein oder andere wirklich mehr eklig finde. Sowohl Gesa als auch Primus habe ich schon ins Herz geschlossen. Ich bin sehr gespannt, wie sich ihr Leben rund um Elisabeth weiter entwickelt.


    :write
    Gut gelungen in diesem Zusammenhang finde ich auch den unterschiedlichen Satzbau. Vielleicht bilde ich es mir nur ein, aber ich habe etwas den Eindruck, dass Primus Sprache einfacher ist - mit kurzen Sätzen. Das finde ich sehr passend aufgrund seiner Herkunft und auch aufgrund seines Alters. Gisa hingegen drückt sich etwas gewählter aus bzw. die Sätze sind länger.


    Für mich ist dieses Buch bereits das Dritte von Sabine Weigand und bisher bin sehr begeistert. Wieder einmal kann ich ohne Probleme ins Mittelalter abtauchen und die Welt um mich herum vergessen.


    Schön dargestellt finde ich die Unterschiede zwischen arm und reich. Was mich allerdings fasziniert ist, dass Gisa von Sophia weniger als ein Kind zweiter Klasse behandelt wird, während ihre Tochter Agnes es Gisa spüren lässt. Da frage ich mich schon, ob Sophia vielleicht aus einer nicht ganz so reichen Familie stammt. Ansonsten wäre sie bestimmt "abgehobener".


    Mechtel hat wirklich Pech. Immer weiter geht es in ihrem Leben abwärts und das auch noch wegen Dingen, für die sie eigentlich gar nichts kann. Was ich nicht so ganz verstanden habe ist, warum die Scheune abgebrannt ist. War Heu in Brand geraten? Wenn es ja zu frisch geerntet wird und noch nicht richtig trocken ist, kann es ja passieren, dass das Heu heiß wird. Aber ich weiß jetzt nicht, ob dies hier der Fall war. Wie eine tote Kuh in Brand geraten könnte, kann ich mir nämlich nicht erklären. :gruebel

  • Liebe Sayja,
    toll, dass Du´s gemerkt hast: Ich habe wirklich für Primus eine andere Sprache verwendet; einfacheren Satzbau, Elemente der Umgangssprache und z.T. sogar grammatikalische Fehler eingebaut. Fand ich nicht nur passender für einen ungebildeten Bauernbuben, sondern auch interessant als sprachliches Spannungselement zwischen den unterschiedlichen Themenkapiteln.
    Und die Landgräfin Sophia behandelt zwar alle ihre Kinder und Ziehkinder gleich, ist aber trotzdem aus höchstem deutschen Adel: Sie stammt aus dem Geschlecht der Wittelsbacher. Aber sie weiß, dass es seit jeher gute Sitte ist, Kinder aus dem untergebenen Adel zusammen mit Fürstenkindern aufzuziehen. Und dass eine Art geschwisterliche Bindung dabei entstehen soll, die im Adel für Loyalität sorgt, auch wenn diese Kinder dann später längst erwachsen sind. Auch auf diesen "soften" Faktor baut sich das Lehenssystem u.a. auf.

  • Zitat

    Original von chiara



    Mechtel hat wirklich Pech. Immer weiter geht es in ihrem Leben abwärts und das auch noch wegen Dingen, für die sie eigentlich gar nichts kann. Was ich nicht so ganz verstanden habe ist, warum die Scheune abgebrannt ist. War Heu in Brand geraten? Wenn es ja zu frisch geerntet wird und noch nicht richtig trocken ist, kann es ja passieren, dass das Heu heiß wird. Aber ich weiß jetzt nicht, ob dies hier der Fall war. Wie eine tote Kuh in Brand geraten könnte, kann ich mir nämlich nicht erklären. :gruebel


    Das Heu kann es auch nicht gewesen sein. So heiß, dass es sich selbst entzündet, kann Heu nur werden, wenn es fest zu Ballen gepresst ist.

  • Zitat

    Original von Sabine Weig.
    Liebe Sayja,
    toll, dass Du´s gemerkt hast: Ich habe wirklich für Primus eine andere Sprache verwendet; einfacheren Satzbau, Elemente der Umgangssprache und z.T. sogar grammatikalische Fehler eingebaut. Fand ich nicht nur passender für einen ungebildeten Bauernbuben, sondern auch interessant als sprachliches Spannungselement zwischen den unterschiedlichen Themenkapiteln.
    .


    Das war nicht ich, das war chiara. :wave


    Aber mir gefallen die unterschiedlichen "Sprachen" auch sehr gut. Die mittelalterliche Sprache aus den Briefen rundet das Ganze dann noch richtig ab. Das fügt sich wirklich sehr, sehr gut zusammen.

    "There is beauty in imperfections. They made you who you are. An inseparable piece of everything…" Arcane

  • Ich habe soeben den ersten Abschnitt beendet. Dies ist das erste Buch der Autorin von mir und ich bin wirklich begeistert. Ich finde den Schreibstil sehr direkt und das gefällt mir wirklich gut.


    Ich hatte keinerlei Schwierigkeiten in die Geschichte einzutauchen. Besonders Gisa ist mir mittlerweile sehr ins Herz gewachsen. Hach, und was leidet sie mit ihrer ersten Liebe!
    Ich war übrigens überrascht als plötzlich Walther von der Vogelweide aufgetaucht ist, da ich ja auch bei der LR zu "Das Spiel der Nachtigall" mit gelesen habe. An Elisabeth kann ich mich aber auch nicht erinnern.


    Ich muss ehrlich gestehen, dass ich Elisabeths, ja, Wahn muss man es ja schon nennen, irgendwie ein wenig übertrieben finde. Und irgendwie macht mir das sie ein wenig unsympathisch. Wobei unsympathisch vielleicht das falsche Wort ist, aber manchmal denke ich mir, alles ein wenig zu viel des Guten :grin
    Ich bin jedenfalls gespannt, wie sich alles entwickeln wird, da ich ja auch rausgelesen habe, dass sie Ludwig heiraten wird?
    Vor der LR hatte ich übrigens schon mal den Namen zwar gehört, aber wirklich etwas über Elisabeth wusste ich jetzt nicht.


    Den Tod vom Landgrafen und auch Hermann fand ich wirklich traurig. Besonders so ein wirklich grausamer Tod beim Landgrafen! Dies wünscht man wirklich niemanden!

    Und manchmal ist ein Buch die Welt für mich!


    Mein Blog



    :lesend Laini Taylor - Daughter of Smoke and Bone - Zwischen den Welten



    Langzeitprojekte:
    Margaret George - Maria Stuart LR

  • Zitat

    Original von Zwergin
    Die verschiedenen "Sprachen" von Primus und Gisa finde ich auch sehr gut. Bei den eingefügten Briefen stört mich allerdings die andere Rechtschreibung, das reißt mich immer kurz aus dem Lesefluss.


    Ich muss auch sagen, dass mich die Rechtschreibung ein wenig irriert. :grin

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  • Zitat

    Original von Zwergin
    [quote]Original von chiara



    Mechtel hat wirklich Pech. Immer weiter geht es in ihrem Leben abwärts und das auch noch wegen Dingen, für die sie eigentlich gar nichts kann. Was ich nicht so ganz verstanden habe ist, warum die Scheune abgebrannt ist. War Heu in Brand geraten? Wenn es ja zu frisch geerntet wird und noch nicht richtig trocken ist, kann es ja passieren, dass das Heu heiß wird. Aber ich weiß jetzt nicht, ob dies hier der Fall war. Wie eine tote Kuh in Brand geraten könnte, kann ich mir nämlich nicht erklären. :gruebel


    Hallo Ihr,
    die Bauersleute hatten doch offenes Licht bei sich, als sie versuchten, die Kuh zu retten. Das haben sie einfach vergessen. Deshalb der Brand

  • Ich habe von Sabine Weigand bisher nur das enorm beeindruckende "Seelen im Feuer" gelesen :anbet und das Buch mit dem etwas albernen Titel "Die silberne Burg" liegt noch als HC im SuB.


    Da ich etwas hinterherhinke lasse ich das Inhaltliche grösstenteils mal weg. Mir sagt der Schreibstil unglaublich zu. Eine gewisse Sachlichkeit gespickt mit alten Ausdrücken und vielen historischen Details und dennoch bin ich ungemein gefesselt. Ein Stil der es nicht zulässt durch die Geschichte zu rauschen sondern ein gedrosseltes Lesetempo zulässt und genau deswegen nimmt man inhaltlich unglaublich viel wahr. Ich mag das, ganz ehrlich. Ich habe das Gefühl zwischen den Zeilen atmet die längst vergangene Zeit.


    Die regelmässig Lektüre der Historischen Romane hat mir viel Wissen eingebracht. Die Katharer wären mir vor ein paar Jahren noch komplett unbekannt gewesen aber sie sind mittlerweile ein beliebtes Thema in den Romanen wie das 13. Jahrhundert per se es auch ist. Das Staunen der Welt kenne ich von Dübells "Pforten..." und Walter von der Vogelweide vom meiner Ansicht nach absolut genialen Roman von Viola Alvarez. (Tanja Kinkel habe ich nicht gelesen) Der Südwesten Frankreichs hat auch einige Autoren inspiriert... Ulf Schiewe und Tereza Vaneck um nur zwei zu nennen.

  • @ sapperlot


    Schön, daß du von der Insel zurück bist und endlich anfangen konntest :-)



    Wir Frankeneulen kamen ja schon mehrfach in den Genuß einer Lesung. Dazu sei einfach nur gesagt: GENIAL


    Weiterhin viel Spaß und hoffentlich gefällts dir weiterhin so gut :wave

  • @ sapperlot: Ich hinke auch bei dieser Leserunde dermaßen hinterher, es ist echt unglaublich (bin mittlerweile zwar schon im vierten Abschnitt angelangt, komme aber unter der Woche kaum (eher gar nicht) zum Lesen). Freu mich daher, dass ich nicht so ganz allein auf weiter Flur bin... ;-)


    Im Übrigen stimme ich dir zu, der Schreibstil fesselt von der ersten Seite an. So ging es mir bereits bei "Die Seelen im Feuer" (für das ich seltsamerweise auch etwas länger gebraucht habe... :gruebel). Auch ich nehme bei der Lektüre sehr viel Information auf und lerne immer wieder was dazu. Ehrlich gesagt, genieße ich das langsame Lesen auch, so kann ich immer wieder aus dem Alltag ins Mittelalter "flüchten".


    Schön finde ich auch, dass nicht nur Elisabeths Leben beleuchtet wird (also dass Elisabeth nicht als die Hauptfigur im Roman agiert), sondern dass alles aus der Perspektive von deren Zofe Gisa bzw. Primus als Gegenpart erzählt wird. Dadurch bekommt das Buch irgendwie ein besonderes Flair...

  • Zitat

    Original von LeseBär


    Schön finde ich auch, dass nicht nur Elisabeths Leben beleuchtet wird (also dass Elisabeth nicht als die Hauptfigur im Roman agiert), sondern dass alles aus der Perspektive von deren Zofe Gisa bzw. Primus als Gegenpart erzählt wird. Dadurch bekommt das Buch irgendwie ein besonderes Flair...


    Die verschiedenen Perspektiven fand ich auch sehr gelungen. Ich glaube 600 Seiten mit Elisabeth als die Hauptperson oder gar aus ihrer Perspektive hätte ich nicht durchgehalten.

  • @ Büchersally: Das mache ich definitiv! Ich bin jedes Mal, wenn ich das Buch zur Hand nehme, sofort von dieser mittelalterlichen Welt total gefangen, auch wenn ich nur 10 oder 20 Seiten lese. Von daher kann ich schon jetzt sagen, dass das wohl mein Monatshighlight im November werden wird. :-]