Beiträge von Sabine Weig.

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    Original von Bouquineur


    Ist anzunehmen, dass das noch Folgen haben wird. Ich bin gespannt, wann die Maske zum Vorschein kommt. An die Folgen möchte ich nicht denken. Vermutlich wird man Caspar danach ganz besonders zusetzen, um seine "böse Seele" zu läutern.


    Dabei hat nach meinem Empfinden gerade der Mohr die weißeste Seele von allen. Ich mag ihn, er hat was kindlich unschuldiges :-)


    Ja, der Mohr, den hab ich sozusagen hereingenommen als Prototyp des "edlen Wilden". Das Verhalten des "Heiden" ist christlicher als das der angeblich so guten Christen, er ist im wahrsten Sinn des Wortes "gut".
    Und selbst als er am Ende nicht mehr "gut" handelt, ist doch das Ergebnis gerecht. Aber ich will nicht zu viel verraten...


    Also, erstens: Ja, die Geschichte der Wirtin ist genau so passiert. Und warum sie sich nicht selber umgebracht hat? Achtung, hier muss man wieder denken wie die Menschen der Zeit! Selbstmord, aktiv verübt, ist eine Todsünde! Man wird nicht auf geweihtem Boden begraben und schmort auf immer und ewig in der Hölle. Bei einer Verurteilung mit Feuertod und vorheriger Beichte hat die Wirtin immer noch die Chance, nach Millionen von Jahren im Fegefeuer doch noch in den Himmel zu kommen. Das ist der Effekt des Feuers: es reinigt von aller Sünde!
    Zweitens: bös und gut, diese Ausdrücke tauchen in allen Inventaren der Zeit auf. Und du hast recht: "bös" heißt einfach "in schlechtem Zustand".

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    Original von drehbuch
    "Ich bin mir nicht ganz im Klaren darüber, ob Dornheim hauptsächlich Angst vor dem Teufel hat, der es auf seine Seele abgesehen hat oder doch eher Angst davor, für seine grausame (und ungesetzliche, wie viele ehrenwerte Männer meinen) Hexenverfolgung, Beseitigung von politisch unbequemen Männern, Geldgier und vieles mehr aus seinem Sündenregister von Gott bestraft zu werden. "(würmchen)


    das habe ich mir beim lesen auch überlegt, ich tendiere allerdings zur zweiten möglichkeit...
    :wave


    Über Dornheims Motive kann man letztendlich nur spekulieren. Ich habe ihn nicht einseitig als blinden Hexenhasser konzipieren wollen, weil aus den Quellen tatsächlich eher hervorgeht, dass Förner die treibende Kraft war. Von Förner sind auch Predigten usw. erhalten, die ihn ganz klar als gnadenlosen Verfolger charakterisieren. An Dornheim wollte ich deutlich machen, dass auch die Verfolger aus z.T. vielschichtigen Motiven handeln, dass ihr Handeln auch das Resultat von Angst und tiefem Glauben sein kann. Und dass auch sie vielleicht nicht unberührt bleiben - deshalb lasse ich den Fürstbischof in eine Depression fallen. Vielleicht bin ich da ein bisschen zu gnädig mit ihm, aber ich fand es schöner, statt einer eindimensionalen eine vielschichtige Persönlichkeit zu schaffen, schließlich ist er ja eine wichtige Figur im Buch.
    Im Übrigen war ein Freund von mir, der Heraldiker ist, vor einiger Zeit bei Dornheims Familie im Stammschloss in Unterfranken. Sie haben ihm stolz ihre Ahnengalerie gezeigt mit ganz vielen Bildern. Nur eines hat gefehlt - ratet mal, welches...

    Hallo Ihr alle.
    was mir beim bisherigen chat auffällt, ist, dass das Buch doch mehr unter die Haut geht, als ich dachte. Jetzt hab ich fast ein bisschen Angst, dass ich meinen Lesern mit den "Seelen" eigentlich gar keine gute Zeit bereite, sondern sie eher runterziehe. Das wollte ich so gar nicht. Natürlich war es mir wichtig, dass man erkennt, wie es damals wirklich war, aber deshalb sollte eigentlich niemand schlaflose Nächte haben. Ich kriege wirklich ein schlechtes Gewissen, denn ein Buch soll ja eigentlich was Schönes sein, und man sollte sich damit wohlfühlen. Damit geh ich jetzt ins Bett und grüble...

    Ups, war´s zu verwirrend? Das Problem in Rom war:
    1. Dem Papst ist die Sache eigentlich ziemlich egal. Diese Deutschen mit ihrer Hexenhysterie sind ihm zwar nicht geheuer, aber sie haben ja das Problem mit dem Protestantismus. Sollen sie halt mal machen, nach dem Motto: Der Herr wird (nach der Verbrennung) die Seinen schon erkenne.
    1. Die Jesuiten sind die Intelligenz in der Kirche, haben aber in der Ketzervervolgung eine lange Ordenstradition. Und sie wollen es sich nicht mir dam Papst verderben. Man sieht die Logik der Spee´schen Thesen, will sich aber nicht exponieren und damit der Ordenstradition das Genick brechen.
    3. Kardinal Spada ist einfach ein alter Kumpel von Weihbischof Förner und ein TRaditionalist dazu. Ihm sind die Jesuiten zu einflussreich, und wenn er gegen sie arbeiten kann, stärkt das seine eigene Position.

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    Original von Danai
    Es ist gut, dass man das Kind als "reine Seele" angesehen hat. Man hätte es genau so gut als "Teufelskind" betrachten und sich nicht darum scheren können, oder übersehe ich etwas?


    Ja, manchmal haben christliche Vorstellungen sogar etwas Gutes. Obwohl: Auch Neugeborene sind nicht "ganz" rein und unschuldig, sondern allesamt mit der Erbsünde behaftet. Dazu fällt mir ein Zitat aus der englisch-puritanischen Ecke ein (17. Jhd.): Da heißt es über Neugeborene, die ungetauft sterben, sie könnten eben wegen der Erbsünde nicht in den Himmel kommen. Aber für sie sei "the easiest place in hell" freigehalten.
    Großzügig, was?

    Ja, die Reise nach Amsterdam war das Ergebnis langer Überlegungen. Ich hab auch gedacht, nach den ersten furchtbaren Erlebnissen muss Johanna mal raus - das ist auch für die Leser eine Periode des Aufatmens, nicht nur für die Hauptfigur. Und ich wollte zeigen, dass in der damaligen Zeit nicht nur alles schrecklich war. Es gab eben auch Enklaven wie Amsterdam oder überhaupt die Niederlande, wo Liberalität herrschte, wo es Religionsfreiheit gab, wo ein selbstbestimmtes Leben möglich war.

    Baumstruktur? Brettstruktur? Ich versteh bloß Bahnhof! Ich werd mich mal mit Andrea kurzschließen, ob ich da was verändern soll, danke für den Hinweis.
    So, jetzt ist Schluss, ich muss meinen Sohnemann von der Schule abholen.
    Viel Spaß beim Weiterlesen, und das Rezept such ich noch raus!

    Die Menschen waren damals alles andere als mobil. Die Armen konnten sich ohnehin nicht leisten, woanders hinzugehen, man hätte sie in keiner Stadt aufgenommen. Die Handwerker waren durch die Zünfte gebunden; ein Bäcker oder Pfannenschmied konnte nicht weg, er hätte in einer anderen STadt seinen Lebensunterhalt nicht verdienen können - die Zünfte nehmen ja nur einen Meister auf, wenn ein anderer vorher gestorben ist. Die Reichen hatten zu viel zu verlieren. Und: Versucht, zu denken wie ein Mensch des 17. Jahrhunderts! Die anderen mögen ja Hexen sein, aber ich doch nicht! Ich bin dem Teufel nie begegnet, also schwebe ich nicht in Gefahr. Bis einem dieser Trugschluss bewusst wird, ist es meistens schon zu spät.

    Eine Schwangere ist in allen Rechtsordnungen der Zeit unantastbar. Sie darf nicht "peinlich angegriffen" werden. Dabeí geht es nicht um die Frau, sondern um das Kind. Das ist nämlich unschuldig, hat eine "reine Seele", auch wenn die Mutter tatsächlich eine Hexe sein sollte. Nach einer minimalen Stillphase wird das Kind dann weggenommen und der Mutter kann anschließend der Prozess gemacht werden.

    Hi Beowulf,
    ich glaube, der Unterschied zwischen den Hexenverfolgungen und Kindsmissbrauch ist einfach, dass die Hexenjagd ein organisierter Massenmord war, während das andere ein (wenn auch viel zu häufiges) Einzelverbrechen ist. Was perverser war/ist, wäre zu diskutieren...

    Puh, ganz schön viele Fragen auf einmal!
    Also, ein Rezept könnte ich schon beisteuern, aber da muss ich erst stöbern gehen, um es zu finden. Kommt noch!
    Den "optimalen" Leser hab ich mir eigentlich noch nie vorgestellt. Ich glaube, das ist was ganz Individuelles, da muss jeder sein Lieblingsding finden, ob abends im Bett die Nacht durch oder mit Rotwein vor dem Kamin oder jeden Tag 10 Minuten in der U-Bahn. Es freut mich aber immer total, wenn jemand sagt, er hat das Buch kaum aus der Hand legen können. Ich selber bin ein Bettleser und muss mich, wenn ich was Gutes lese, jedesmal zwingen, das Licht auszumachen.
    Das neue Projekt ist inzwischen schon bis auf Seite 48 im Skript gediehen. Ich habe dafür eine jüdische Ärztin im Archiv ausgebuddelt, die Anfang des 15. Jahrhunderts in Würzburg gelebt hat. Der stelle ich dann einen unehelichen Ritterssohn an die Seite und einen irischen Ex-Mönch. Mir macht´s jetzt schon Spaß, und es wird auf jeden Fall ein fröhlicheres Buch als die "Seelen", also richtig was Schönes! Außerdem hab ich schon Kontakte zu ganz tollen Mittelalter-Musikern, und vielleicht gibt´s dann die CD zum Buch, mal sehen.
    Mitspracherecht beim Layout habe ich auf jeden Fall, der Fischer Verlag ist da wirklich sehr demokratisch. Ich werde immer gefragt, ob ich Vorschläge z.B. zum Titelbild habe, und ich bekomme auch alle Entwürfe zum Absegnen.
    Das mit dem Titel auf dem Buchrücken ist ein echter Punkt, da hab ich vor lauter Begeisterung über die außergewöhnliche Aufmachung überhaupt nicht drauf geachtet. Aber es sollte schon sein, oder? Man will das Buch ja später im Regal mal finden.

    Da konnte schon mal ein halbes, dreiviertel Jahr vergehen. Hat sich wohl auch danach gerichtet, wie viel die Hexenkommission zu tun hatte, also wie viele Hexen grade da waren, denen man den Prozess gemacht hat. Und es hat wohl auch eine Rolle gespielt, wie lange ein Delinquent gebraucht hat, um sich nach der ersten und zweiten Folter zu erholen, auch, wie lange er durchgehalten hat, bevor es zum Geständnis kam.

    Ja, mein Fränkisch bricht halt immer wieder durch! Meine allererste Lesung war vor Jahren nördlich von Osnabrück, und ich hatte Bammel, dass mich die Leute womöglich nicht verstehen. Aber im Norden findet man mein "Bayrisch" meist schön - dann kläre ich auf, dass wir Franken die Bayern eigentlich nicht mögen und nur unfreiwillig seit Napoleon dazugehören. Und dass wir schrecklich unter der CSU leiden...

    Ich bin Dialekt-Fan! Meine allererste Lesung war irgendwo nördlich von Osnabrück, und ich hatte schrecklichen Bammel, dass mich womöglich keiner versteht... Aber die Leute im Norden finden mein "Bayrisch" alle schön - ich kläre sie dann immer auf, dass wir Franken die Bayern eigentlich gar nicht mögen und nur unfreiwillig wegen dem dämlichen Napoleon zu Bayern gehören...

    Ich war mir einfach nicht sicher, ob nicht ein bisschen Dramatik die Spannung noch steigern könnte - schön, dass du der Meinung bist, das hätte ich gar nicht gebraucht. Aber ich bin so ein Medizin-Freak, das macht mir einfach Spaß zu schreiben, auch wenn vielleicht ein bisschen viel Blut fließt (das nennt man im Verlagsjargon den "Metzelfaktor").