Beiträge von SueTown

    fjordschritt : du bist aus irgendeinem blöden Grund gelöscht worden. Es war sicherlich nicht Wolkes Absicht, sonst hätte sie es dir mitgeteilt. Sie schreibt, warum dein Nick gelöscht wurde, kann sie nicht nachvollziehen. Jetzt weiß sie ja, dass du nicht gelöscht werden willst und gut ist es, oder?
    Du musst nicht stutzig werden, dir nicht den Kopf zerbrechen darüber, dich diskriminiert fühlen oder sonstiges. Genieß das Eulenleben einfach ab jetzt und fühle dich wie zuhause :wave

    Ah, Heidenreich genau!


    Sie und ihr Exmann Bernd Schroeder lesen ihr gemeinsames Buch Alte Liebe.


    Alte Liebe rostet nicht. Aber die Zeit ist nicht spurlos vorbeigegangen an Lore und Harry, und wenn man nach vierzig Jahren die eigenen Fehler kennt, werden sie dadurch nicht erträglicher. Harry, Pensionär, wollte eigentlich Architekt werden, ist aber im Bauamt gelandet. Lore, leidenschaftliche Bibliothekarin fürchtet die Pensionierung, aus Angst mit Harry untätig im Garten zu sitzen. Als die Tochter Gloria in dritter Ehe einen älteren, steinreichen Industriellen heiraten will, sind sich die Eltern wenigstens in einem einig: Gloria hat alles nur Mögliche im Leben falsch gemacht! Elke Heidenreich und Bernd Schroeder erzählen und lesen in umwerfenden Dialogen und selbstironischen Szenen die Geschichte eines Ehepaars, in der sich eine ganze Generation wiedererkennen kann.

    Habe ich kürzliche gehört und war sehr begeistert! Gerade, weil es vom Autor gelesen wird, bietet es wirklich einen super Hörspaß!


    Ich schlage vor, dass wir uns küssen (-->Rezension hier im Forum)


    Herr W. hat eines Tages eine ominöse Einladung in der Post: Auf einer Podiumsdiskussion unbekannter Untergrunddichter soll er Auskunft geben über sein Werk, über die Unterdrückung in der DDR und über seine Erlebnisse als Staatsfeind. Zuerst glaubt er an einen schlechten Scherz. Ist er überhaupt gemeint? Mit der DDR hat er doch längst abgeschlossen, nachdem sie 1989 wie ein falsch montiertes Chemieklo zusammenklappte. War er je als Dichter auffällig geworden? Als unterdrückter gar?
    W. stellt Nachforschungen an, unterzieht sich bei der Psychologin Tyna Novelli einer Rückführungstherapie in die DDR-Vergangenheit und nimmt schließlich Einsicht in seine Stasi-Akte. Was für ein Fund: Tatsächlich sind hier seine lyrischen Gehversuche unter dem Titel "Mögliche Exekution des Konjunktivs" abgeheftet, dazu sämtliche Liebesbriefe an Liane in München - alles von einem Oberleutnant Schnatz über Jahre akribisch gegengelesen, verwegen gedeutet und als staatszersetzend-konterrevolutionäres Schrifttum eingestuft."Ich schlage vor, dass wir uns küssen" ist ein Roman über die Absurditäten der Erinnerung, auch der eigenen, über rätselhafte Wirkungen unbeholfener Gedichte und über eine Liebe, wie sie nur in Zeiten der deutschen Teilung blühen konnte. Ein Buch über die Mauer, die es nie gab. Eine wahre Geschichte, die niemand für möglich gehalten hat. Nicht einmal ihr Verfasser.
    Die Geschichte dieses Buches beruht auf einer wahren Begebenheit. Die DDR hat es wirklich gegeben.

    Zitat

    Original von DraperDoyle
    Außerdem könnt ihr mich ruhig die Königin der unbeantworteten Rezis nennen (mit Herrn Palomar als König :grin). Da lerne ich dann zwar regelmäßig, dass ich viel Zeug lese, was offensichtlich ansonsten keine Sau interessiert, wirklich motivierend ist das aber auch nicht...


    Also, auch wenn ich eure Rezis nicht immer kommentiere (mir fallen wirklich keine Sätze mehr ein...), ich lese und freue mich über alles, was von euch kommt! :knuddel1
    Ich lese zwar nicht alles, was mir durch Rezensionen über den Weg läuft, aber es bereichert mich schon darüber zu wissen - manchmal reizt mich dann einfach ein Thema und ich suche nach weiteren Büchern...
    Also bitte weitermachen :peitsch

    Hat jemand das folgende schon gelesen?


    Kein schöner Land


    Der Geruch von kaltem Rauch und Bier – die Wahrheit über die deutsche Provinz


    Ein idyllisches Dorf ist dieses Rottensol, in dem sonntags die Kirchenglocken läuten, aber in den Ställen stehen schon lange keine Kühe mehr. Den Alten mangelt es an Kraft, und die Jungen haben eigene Vorstellungen. Auch Uwe will weg, nach Afrika, doch dann erkrankt sein Vater. Zurück in der Heimat, geht er einen Weg zu Ende, von dem er hoffte, abgekommen zu sein. In einem schwebenden Ton voller Musikalität entlarvt Patrick Findeis in „Kein schöner Land“ die Hölle der Provinz, voll beklemmender Eindringlichkeit.


    Rottensol ist ausgeblutet: Neben zwei Bauernhöfen gibt es nur den Schützenverein und die spärlich besuchte Wirtschaft »Gambrinus«, die von Angelika und Alfons, dem Flüchtling, geführt wird. Ihr Sohn Uwe träumt davon, dies alles hinter sich zu lassen; er ist Zimmerergeselle und geht auf die Walz, möchte bis nach Afrika. Aber ein vorgetäuschter Hilferuf der Mutter holt ihn frühzeitig zurück nach Rottensol, das nun noch unerträglicher ist: Olaf, der einzige Freund von früher, ist verschwunden, seit die Schlosserei seines Vaters in Flammen aufgegangen ist, und Uwes Jugendliebe Nicki lebt mit dem drogenabhängigen Mirko zusammen. Uwe verbringt nun seine Tage und Nächte mit Mirko in dessen baufälligem Haus – und flüchtet in eine Welt, in die ihm niemand folgen kann.


    Unverhohlen führt uns der preisgekrönte Autor Patrick Findeis das Leben in der Provinz vor, den Wandel der Zeiten, den Konflikt zwischen den Generationen. In dem klaren, poetischen Ton, den er für seine Geschichte findet, »ist alles, alle Figuren, alles Denken, die ganze Tragödie, aufgehoben. Das ist eine ganz große literarische Leistung« (Burkhard Spinnen).


    Für sein fulminantes Debüt hat Patrick Findeis in Klagenfurt den 3sat- Literaturpreis gewonnen.

    Nach Erscheinen würde mich zu diesem Buch eine Meinung sehr interessieren...


    Kurzbeschreibung des Verlages (Quelle: Randomhouse - DVA)


    Eine Vater-Sohn-Geschichte – aberwitzig und teuflisch gut erzählt!


    Jasper Dean sitzt im Gefängnis und erzählt von den Jahren, als er sein wollte wie sein Onkel Terry, ein Polizistenmörder, der zum beliebtesten Volkshelden des Landes avancierte. Kein Wunder, dass Jaspers Vater alles daransetzte, als Australiens größter Wohltäter gleichzuziehen. Jasper wurde Zeuge seines Scheiterns – und erzählt nun die ungeschminkte Geschichte der Deans. Ein höchst vergnüglicher Ausflug an den Rand des Wahnsinns, auf der Suche nach dem Sinn des Lebens.


    »Die Leiche meines Vaters werden sie nie finden.« Mit diesen Worten beginnt Jasper Dean die Odyssee durch die windungsreiche Geschichte seiner Familie. Zeit seines Lebens hat sich Jasper mit der Frage herumgeschlagen, ob er seinen Vater bedauern, ignorieren, ihn verehren oder gar umbringen solle. Vater Martin, ein Moralist ohnegleichen, war Australiens meistgehasster Wohltäter. Und nichts hat ihn mehr verärgert, als der Bruder von Terry Dean zu sein – dem beliebtesten Verbrecher des Landes. Nicht verwunderlich also, dass Jasper unter die Räder des Bruderzwistes kam ...


    Mit unbändiger Fabulierfreude entführt uns Steve Toltz in die verrückte Welt der Deans. Höchst amüsant erzählt er von Räuberhöhlen und Nervenheilanstalten, von wilden Verfolgungsjagden durch drei Kontinente, von den Höhen der ersten Liebe und den Tiefen fehlgeleiteten Ehrgeizes – von allem, was das Leben zu bieten hat.

    Zitat

    Original von FrauWilli
    SueTown
    Daß ich es schade finde, dass das nix für dich war, muss ich garnicht extra betonen :knuddel1.


    Ach wo, das muss es doch gar nicht :knuddel. Ich war auch nicht überrascht, denn du hattest es schon sehr gut formuliert, in welchem Stil das Buch geschrieben ist!


    Zitat

    Original von FrauWilli
    Aber wie gesagt nach dem Lesen des Buches waren das für mich auch höchstens 7 Punkte auf der Richterskala. Aber nach einigem nachdenken fand ich es richtig gut und tue es immer noch. Aber das habe ich ja alles schon gesagt und will meine Meinung nun auch nicht rechtfertigen ;-)


    Völlig zurecht! Ich finde auch, wir widersprechen uns gar nicht so sehr in den Meinungen über das Buch selbst (surreale Bilder, verrückte Frauen etc.). Schlecht geschrieben ist es keinesfalls. Der Stil hat mir nur nicht gefallen.


    Zitat

    Original von FrauWilli
    Es waren doch Alltagsprobleme die die Frauen beschäftigt haben und es waren doch Situationen die man kennt. Klar hat Frau Reich manches überzogen, aber genau das darf doch Literatur. Einfach auch mal kräftig überziehen.


    Huch, doch ein Punkt, bei dem sich unsere Meinungen unterscheiden. :grin
    Bei Yoko und Friederike gebe ich dir recht. Siris und Alisons Probleme gehen meiner Meinung nach schon weit über "alltägliche Gedanken und Probleme einer Mittdreißigerin" hinaus. Wie soll ich es ausdrücken... Das hat mit Alter nichts mehr zu tun und auch nicht mit typischen Fragestellungen einer bestimmten Lebensstation.



    Zitat

    Original von FrauWilli
    da können wir dann die ganzen Sex-and-the-city-und-Desperate-housewives-Weiber alle gleich mit einpacken. Möglicherweise ist das jetzt zu weit ausgeholt aber auch da wundert man sich doch was diese Frauen innerhalb einer Dreiviertelstunde erleben.


    Hättest du den Vergleich mit den DHWs gebracht, ich hätte die Finger gelassen vom Buch. Aber das ist es! Es ist eine deutsche(-spießige) Desperate-Housewives-Version (spießig im Sinne von völlig befreit von sexuellen Intrigen und so...)! Nur fehlt dem Buch der schwarzhumorige Unterton der Sendung :-)


    Zitat

    Original von FrauWilli
    Sehr aufschlussreich ist doch aber die Tatsache, dass wir alle die das Buch gelesen haben der Meinung sind dass die Mädels kräftig einen an der Klatsche haben :lache - das habe ich doch richtig herausgehört, oder?


    Voll und ganz deiner Meinung!

    Das war nichts für mich. Ich habe 160 Seiten durchgelesen, 140 Seiten quer und die letzten 40 Seiten dann wieder vollständig.
    Durch den Wind als Titel ist genauso blumig ausgedrückt, wie der restliche Wahnsinn, der die vier Frauen umtreibt. Voll neben der Kappe hätte hier besser gepasst. Die einzig "Normale", mit der man sich vielleicht ein ganz klein wenig identifizieren könnte, wenn man denn wollte, wäre Friederike.


    Wenn das die Mittdreißigerinnen von heute sind, dann hat die Psychatrie alle Hände voll zu tun. Da wäre zum einen Alison, die völlig hörig ihrem Victor hinterher rennt, der sie alle paar Tage sitzen lässt, abtaucht, um dann wieder aufzutauchen. Alison wirkt dabei so unerträglich naiv und unreif, dass es mir absurd erscheint, bei einer solchen Frau und ihrer Problematik von alltäglichen Problemen der Frauen Mitte Dreißig zu sprechen. Oder nehmen wir Siri. Siri ist bereits verheiratet, hat einen wunderbaren Sohn und einen Mann, der sie offenbar liebt. Und trotzdem, diese Bindung scheint der allergrößte Fehler ihres Lebens gewesen zu sein, weshalb bei Siri nicht mehr die Rede sein kann von "Angst vor dem Scheitern". Sie ist gescheitert. Zumindest stellt sich die Situation so dar. Stellt sich die Frage nach Fluch oder Segen was dann passiert...


    Yoko und Friederike können tatsächlich als halbwegs normal beschrieben werden. Auch wenn die Identifikation mit diesen Figuren ebenfalls ausbleibt.


    Annika Reich hat sicher Talent zum Schreiben, das steht außer Frage. Allerdings hat sie meiner Meinung nach für dieses Buch viel zu sehr ausgeholt. Es häufen sich pseudointellektuelle Abschnitte, die oftmals völlig kontextfrei in den Raum geworfen werden. In unberechenbarem Tempo gibt es dramatische Szenewechsel zwischen irreal/real. Ich mag solche metaphorischen Ausschweifungen nur bedingt. Sie müssen stimmig sein. Das ist der Autorin hier nicht gut gelungen. Es wirkt aufgesetzt und gezwungen abstrakt. Direkt wäre mir lieber gewesen. Die eigentliche Problembewältigung rückt damit weit in den Hintergrund.


    Über das Ende lässt sich sicher auch gut streiten. In Siris Fall wurde der Bogen meiner Meinung nach weit überspannt.
    Aber den Satz von Friederike, den finde ich auch gut. :-]


    Zitat

    Original von Bodo
    Allerdings stelle ich auch fest, das ich definitiv nicht zur Zielgruppe dieses Buches gehöre, bei aller Begeisterung für den Text blieb mir die Geschichte an sich doch zu fern, die Probleme der vier Frauen, wenn auch intellektuell nachvollziehbar, waren zu weit von meiner Person entfernt, um eine wirkliche Beziehung aufbauen zu können.


    Obwohl ich eine Frau Anfang dreißig bin, trifft diese Aussage auch auf mich zu. :grin
    Ich nehme an, dass ich am Rande noch zur Zielgruppe gehöre. Das Buch hätte mir tatsächlich gut gefallen können, mit weniger Metaphorik, mehr Humor und echten alltäglichen Problemen.

    Ein beeindruckendes und wichtiges Büchlein. Das Besondere ist vor allem die Verarbeitung der Mitläuferschaft-Thematik. Sätze, wie "Deutschland folgt seinem Führer in den Triumph" oder "…aber du weißt, daß ich mit aller Aufrichtigkeit spreche, wenn ich sage, daß ich dir nicht wegen, sondern trotz deiner Rasse gewogen bin." aus den Briefen des Deutschen an seinen jüdischen Freund in Amerika lösen ein Schaudern aus, war er doch kurz zuvor noch der beste Freund, dem es in keiner Weise auf die religiöse Gesinnung seines guten Freundes ankam.
    Auf wenigen Seiten, in wenigen Briefen und anhand zweier Personen hat Kressman Taylor zusammengefasst, was die Machtergreifung Hitlers und dessen Propaganda in den Köpfen vieler Menschen in kurzer Zeit ausgelöst haben.
    Was mir allerdings an dieser Geschichte fehlt, sind Hintergründe. Es erscheint mir unwahrscheinlich, dass ein Mann, dem es augenscheinlich gut ging in Amerika, ohne Angabe weiterer Gründe und zu einer sehr katastrophalen Zeit zurück nach Deutschland kehrte. Weiterhin galt er in Deutschland in Folge als wohlhabend. Warum also empfing er dann, offensichtlich ohne seine bisherigen Erfahrungen hinzuzuziehen, diese dramatische politische Entwicklung mit offenen Armen? Ein bisschen mehr Verstand und Weitsicht hätte man dieser Figur schon mitgeben können. Gerade weil er aus einer völlig anderen Lebenssituation heraus kam, die ihn von den Leiden der schlechten wirtschaftlichen Lage Deutschlands verschont ließ. Auch in kultureller Hinsicht dürfte er zumindest im Ansatz einen kritischeren und weitaus toleranteren Blickwinkel gehabt haben dürfen.

    Als "Sekundärliteratur" habe ich mit diesem Buch nebenbei begonnen, um mir einen Überblick über die jüdische Kultur zu verschaffen.


    Was ist koscher?
    Wer ist Jude? Warum ist den Juden Israel so wichtig? Warum glauben die Juden, das auserwählte Volk zu sein? Gibt es ein modernes Judentum? Was ist koscher? Weshalb wird das jüdische Neujahr im Herbst gefeiert? Wieso dürfen Juden am Sabbat nicht arbeiten? Und wie kann man als Jude in Deutschland leben?
    Paul Spiegel will mit dem Fremden vertraut machen und beantwortet Fragen zu Religion, Tradition und Alltag der Juden.

    416 Seiten, 2010,
    Gebunden, 19.95 Euro


    Inhalt
    Ein Spiegelkabinett mit zwei Eingängen. Hinter beiden Buchdeckeln beginnt je eine Geschichte. Genau in der Mitte kommt es zur Konfrontation, treffen die beiden Erzähler, Amnon Zichroni und Jan Wechsler, aufeinander.


    Amnon Zichroni besitzt die Fähigkeit, Erinnerungen anderer Menschen nachzuerleben. Geboren in Jerusalem und streng jüdisch erzogen, studiert er in den USA und lässt sich in Zürich als Analytiker nieder. Dort begegnet er dem Geigenbauer Minsky, den er ermuntert, seine traumatische Kindheit in einem NS-Vernichtungslager schreibend zu verarbeiten. Beider Existenz steht auf dem Spiel, als der Journalist Jan Wechsler behauptet, das Minsky-Buch sei reine Fiktion…
    Zehn Jahre später wird eben diesem Jan Wechsler ein Koffer zugestellt, der ihm bei einer Reise nach Israel verloren gegangen sein soll – doch Wechsler kann sich an den Koffer nicht erinnern. Auf den Spuren fragwürdig gewordener Erinnerungen reist er nach Israel und gerät in ein Verhör. Tatsächlich, stellt sich heraus, ist er schon einmal dort gewesen, und sein damaliger Gastgeber, Amnon Zichroni, gilt seither als vermisst …


    Ein faszinierender, spannender Roman über die Unzuverlässigkeit unserer Erinnerungen und das Ringen um Identität. Meisterhaft konstruiert – und als Buch zum Wenden zugleich eine Liebeserklärung an das Medium Buch.


    Der Autor
    Benjamin Stein wurde 1970 in Berlin (Ost) geboren. Nach dem Abitur arbeitete er bis zur Wende 1989 als Nachtpförtner in einem Altenheim, später studierte er Judaistik und Hebraistik. Seit 1982 veröffentlicht er Lyrik und Kurzprosa. Sein erster Roman „Das Alphabet des Juda Liva“ erschien 1995 im Ammann Verlag und 1998 als Taschenbuch bei dtv.
    Benjamin Stein arbeitete als Redakteur und Korrespondent diverser deutscher und amerikanischer Computerzeitschriften und seit 1998 als Unternehmensberater für Informationstechnologie. Er ist Inhaber des Autorenverlags Edition Neue Moderne und betreibt das literarische Weblog „Turmsegler“. Benjamin Stein ist verheiratet, hat zwei Kinder und lebt in München.
    (Stand: Januar 2010) Quelle: C.H.Beck


    Turmsegler - Benjamin Steins unterhaltsamer Blog



    Hintergrund
    Benjamin Stein bedient sich bei diesem Roman an Themen, die auf einer wahren Begebenheit beruhen. 1995 veröffentlichte ein Mann namens Binjamin Wilkomirski sein Buch "Bruchstücke - aus einer Kindheit 1939 – 1948". Darin berichtete er in autobiografischer Form über die Ermordung eines Mannes durch einen Uniformierten in Riga, die er beobachtet haben soll, über seinen Aufenthalt in zwei Konzentrationslagern, Auschwitz und Madjanek, und über seine Opferschaft „bestialischer Menschenversuche“ in diesen KZs.


    Von Kritikern wurde das Buch seinerzeit mit Begeisterung aufgenommen und auch mit zahlreichen Literaturpreisen ausgezeichnet. Umso größer war natürlich auch das öffentliche Schauspiel, als 1998 ein schweizer Journalist namens Ganzfried einen Artikel in der Züricher Weltwoche veröffentlichte, in dem er schrieb, dass die Geschichte von Wilkomirski reine Fiktion sei.


    Um nicht allzu sehr abzuschweifen, es gab danach vielfältige Diskussionen darüber, was Bruno Dössekker, so hieß Binjamin Wilkomirski eigentlich, dazu motivierte ein solches Buch mit gänzlich erfundenen Erinnerungen zu schreiben. Es stellte sich heraus, dass Dössekker sich jahrelang einer speziellen Therapie unterzogen hatte, um verdrängte Erinnerungen wieder ins Bewusstsein zu rufen. Dabei sei er einer sogenannten "Erinnerungsfälschung" aufgesessen und dadurch auch selbst an die Wahrheit dieser Erinnerungen glaubte.


    Es war auch nicht so, als ob Wilkomirski rein fiktive Erinnerungen aufgeschrieben hatte. Tatsächlich wurde er als Kind von seiner Pflegemutter schwer misshandelt. Es gab diese Erlebnisse also, nur nicht in dem von Wilkomirski/Dössekker veröffentlichten Kontext.


    Mehr Informationen
    Der Fall Binjamin Wilkomirski bei Wikipedia
    Artikel der Zeit online


    Meinung
    Es steht zwar schon in der Kurzbeschreibung, aber ich erwähne trotzdem nochmal, dass das Buch von hinten oder von vorne zu lesen ist. Man kann also mit der Geschichte um Jan Wechsler anfangen, dem Verleger und Diaspora Juden, so bin ich vorgegangen, oder mit der um Amnon Zichroni, dem jüdischen Psychoanalytiker. Oder man kann auch kapitelweise abwechseln. Ist sicherlich etwas, dass ich bei einem Re-read in Betracht ziehen würde. Beim Erstlesen hätte mich das irritiert. Mit welcher Geschichte man beginnt ist sicher auch entscheidend für den Gesamteindruck.


    Stein nimmt den oben beschriebenen Hintergrund als Grundlage seines Romans. Als thematischen Hintergrund. Dabei geht er nicht in der Hauptsache auf die Person „Wilkomirski“, im Buch „Minsky“, ein, sondern auf die beiden anderen Figuren, den Journalisten Jan Wechsler und den Psychoanalytiker Amnon Zichroni. Was der Autor aus diesen Figuren macht, wie er die Geschichten der beiden zu seiner Geschichte macht, und uns damit die Kultur des Judentums und die Problematik des Identitätsverlustes nahe bringt, ist großartig und äußerst beeindruckend.


    Über Jan Wechsler erfahren wir sehr intensiv, wie es sich anfühlen mag, wenn die eigene Identität, der eigene Hintergrund, nicht vorhanden ist. Wie kann man ein verlässliches Leben führen, wenn man sich nicht auf seine Erinnerungen verlassen kann? Wie wird Identität erworben und wie zu einem unauslöschlichen Bestandteil einer Persönlichkeit? Diese Fragen beantwortet Stein natürlich nicht, nein, er wirft sie auf mit der Geschichte um Jan Wechsler. Es sind Fragen, mit denen wir uns nicht alltäglich beschäftigen, weil sie nichts mit unseren alltäglichen Problemen zu tun haben. Umso faszinierender ist es, die Auseinandersetzung mit der Thematik Identitätsverlust zu verfolgen.


    Zitat

    "Ich weiß nicht, ob ich mich mehr vor der Möglichkeit fürchtete, dass Wechsler meine Erinnerungen und damit mich selbst gestohlen hatte, oder aber vor einer zweiten, die ich für schlimmer hielt: Ich selbst könnte der Dieb sein und irgendwann in den letzten zehn Jahren die Regensburgers, Hillers und Markovás adoptiert und ihre Familiensaga zur Geschichte meiner Familie gemacht haben. Wenn es so war, dann existierte ich gar nicht. Dann bestand ich nur aus der Vorstellung, die ich mir und anderen von mir gemacht hatte.”


    Amnon Zichroni dagegen hat kein Problem mit Identitätsverlust. Ganz im Gegenteil besitzt er sogar die Fähigkeit in die Erinnerungen anderer einzutauchen, deren Identität quasi nachvollziehen bzw. vielmehr selbst erleben zu können. Es ist nicht so, dass der Fall „Minsky“ das zentrale Thema um Zichronis Teil ausmacht. Dies wird lediglich auf den letzten zwanzig Seiten behandelt. Vielmehr wird Amnons Leben, sein Aufwachsen in der Schweiz bei seinem Onkel, seine Studienzeit in New York und seine als Psychonanalytiker bedeutendsten Fälle dargestellt. Amnon wächst stets in einer strengen jüdischen Glaubensgemeinschaft auf und behält diesen tiefen Glauben auch.
    Wir begleiten Amnon auf seinen Weg zum Psychoanalytiker. Der allgemeinen Schulmedizin gegenüber entwickelt er eine große Skepsis, die nach den Begegnungen mit alternativer Medizin sogar in Ablehnung überschlägt.


    Zitat

    "Der mechanistisch argumentierende und auf Apparate und Substanzen vertrauende Medizin erschien mir wie ein faszinierendes Ende aber doch abwegiges Gedankenexperiment, das nicht aufgehen konnte, weil in ihrer Gleichung die Variable des göttlichen Funken in allem Lebenden fehlte."


    Benjamin Stein schreibt aus eigener Erfahrung. Er selbst ist Jude und wuchs in der DDR auf. Allerdings berichtet er durch Jan Wechsler, der glaubt, in der DDR aufgewachsen zu sein, über die Erfahrungen des jüdischen Lebens in der DDR, nicht durch Amnon. Ein sehr interessanter Einblick übrigens.


    Stein erzählt in einem sehr anspruchsvollen aber unterhaltenden Ton über jüdisches Leben, über Identität und Wahrheit. Für mich war es eine herausfordernde Lektüre, da ich mich nur bedingt mit jüdischen Gepflogenheiten auskannte und mich nebenbei einlesen musste bzw. wollte. Schon lange habe ich mich nicht mehr mit den Inhalten eines Romans so intensiv beschäftigt, wie bei diesem Buch. Das ist es, was ich mir unter Literatur vorstelle, die Kultur ausmacht.


    Aufgrund dessen ist es, so schätze ich, der falsche Ansatz diesen Roman als Unterhaltung zu verstehen. Ich verstehe ihn als Vermittlung von Kultur und einen Beitrag zur Völkerverständigung auf unterhaltender Ebene. Er ist etwas ganz Besonderes. Nicht nur, weil man es von vorne oder von hinten lesen kann. Es führt an Themen heran, die nicht häufig als Plot dienen. Daneben vermittelt die Lektüre eine Fülle an Informationen, die aufgenommen, erforscht und bewertet werden wollen.


    Fazit
    Viel Zeit und Muße sollte man sich für das Lesen nehmen. Der Roman ist eine große Bereicherung, wenn man sich auf ihn einlässt, die sich setzen muss und die nachwirkt. Ein Buch für Wissensdurstige und für mich persönlich jetzt schon ein Jahreshighlight!

    Kurzbeschreibung:
    Maravan, 33, tamilischer Asylbewerber, arbeitet als Hilfskraft in einem Zürcher Sternelokal, tief unter seinem Niveau, denn Maravan ist ein begnadeter, leidenschaftlicher Koch.


    In Sri Lanka hatte ihn seine Großtante in die Kochkunst eingeweiht, nicht zuletzt in die Geheimnisse der aphrodisischen Küche. Als er gefeuert wird, ermutigt ihn seine Kollegin Andrea, die von seinen Fähigkeiten weiß, zu einem Deal der besonderen Art: einem gemeinsamen Catering für Liebesmenüs. Anfangs kochen sie für Kunden, die ihnen eine Sexualtherapeutin vermittelt. Doch ihr Erfolg spricht sich herum, und eine weitaus zahlungskräftigere Klientel bekundet Interesse: Männer aus Politik und Wirtschaft - und deren Grauzonen. Maravan hat Sorge, das Geschäft könne unanständig werden. Und das wird es. Doch er benötigt das Geld, um seine Familie in Sri Lanka am Leben zu erhalten.


    Gelesen von Heikko Deutschmann, ungekürzte Lesung, 7 Std. 14 Min.


    Ich höre das Hörbuch von Audible - Der Koch.
    Daneben gibt es das Hörbuch auch von Diogenes.

    Ich habe gerade das Hörbuch beendet und habe es wirklich gerne gehört. Allerdings hatte ich nach den Kritiken zu Ruhelos einen anspruchsvollen, zeitgenössischen Roman zu aktuellen Themen erwartet und habe eigentlich nur einen gut unterhaltenden Roman über Identitätsverlust, Korrupte Machenschaften einer Pharmaindustrie und das Leben der Londoner Unterschicht erhalten. Das seltsame daran ist nur, dass der Autor keinerlei Wert auf besondere Spannungsbögen oder auf ein originelles Ende gelegt hat. Wer also, wie derzeit suggeriert wird, ein Thriller erwartet, wird sehr wahrscheinlich enttäuscht werden.


    Insofern kann ich dich Bouquineur gut verstehen, wenn du sagst, dir hat das Tempo streckenweise gefehlt. Das kann ich mir gut vorstellen.


    Zitat

    Original von Bouquineur
    Streckenweise hat mir das Tempo gefehlt, vielleicht hatte ich hier auch falsche Erwartungen. Boyds Roman hat zwar kriminalistische Elemente, ist aber wirklich Gesellschaftsstudie und zwar Gesellschaftsstudie durch alle Schichten, wenn auch der Part um den Abstieg und Wiederaufstieg Adam Kindreds den größten Part einnimmt.


    Das Problem der konkreten Genrezuordnung ist mir auch aufgefallen. Ein Thriller ist es nicht, weil es zu wenig spannend ist und sicher nicht die typischen Thrillerelemente enthält, aber nur weil Korruption und aktuelle Armutsprobleme thematisiert werden, macht es das noch nicht zu einem guten zeitgenössischen Roman. Dafür ist es wiederum doch zu effektheischerisch.


    Zitat

    Original von Bouquineur
    Adam Kindret trifft kurz vor Ende des Romanes eine Entscheidung, die mich entsetzt, mit der ich nicht gerechnet habe. Offen blieb für mich, ob diese Entscheidung eine Folge von sinkender Moral oder des bisherigen Lebens am unteren Ende der Gesellschaft war. Hier fühlte ich mich vom Autor ein wenig allein gelassen mit meinen Gedanken und Empfindungen.


    Welche Entscheidung meinst du genau?



    Was mir auch seltsam erscheint, ist die Tatsache, dass Adams Umfeld zu wenig beleuchtet wird. Wie empfinden seine Eltern? Wie empfinden seine Freunde? Wen haben sie verloren aus ihrer Sicht? Darüber erfährt man leider nichts, was ich schade fand.


    Link zu meiner Hörbuch-Rezension.

    Sprecher: David Nathan
    Dauer: 7 Std. 39 Min. (gekürzt)


    Inhalt
    Von einem Moment auf den anderen ändert sich das Leben des jungen und erfolgreichen Adam Kindred: Zufällig lernt er in einem Restaurant Philipp Wang, den leitenden Mitarbeiter eines Pharmakonzerns, kennen. Kurz darauf findet er Wang in dessen Apartment erstochen auf. Aus Angst, des Mordes bezichtigt zu werden, flüchtet Adam und taucht in den Londoner Untergrund ab. Von dort aus möchte er seine Unschuld beweisen, nicht ahnend, gegen welche gefährlichen Mächte er sich dabei zur Wehr setzen muss. Die packende Geschichte eines jungen Mannes, der durch eine falsche Entscheidung alles verliert.


    Über den Autor:
    Kurzbiografie und Bibliografie bei Wikipedia


    Über den Sprecher:
    Kurzbiografie bei Wikipedia


    Meine Meinung:


    Ganz entgegen meiner Erwartungen war dieses Hörbuch das, was ich lediglich unter gute Unterhaltung einordne. Meine Erwartungen waren nach den überragenden Kritikien zu Boyds Buch Ruhelos recht hoch. Insofern bin ich ein wenig enttäuscht worden, allerdings wurde ich gut unterhalten, so dass die Enttäuschung sich in Grenzen hält.


    Dieser Roman bietet einen guten Einblick in die Londoner Untergrund- und Bettlerszene. Daneben bekommt man über Boyds Hauptfigur Adam Kindred eine vage Vorstellung davon, was es bedeutet seine Identität von heute auf morgen zu verlieren, abzutauchen und sich dem Leben auf ganz andere Weise zu stellen. Das hat mich beeindruckt.


    Das war der informative Teil. Alles andere ist Schema F. Es gibt ein paar "Gute", es gibt ein paar "Böse" und "Gute", die böse sein müssen, um zu überleben. Alle folgen den Verhaltensmustern, die man eben in den jeweiligen Schichten erwartet. Die ganz Großen des Pharmakonzerns sind alle übel drauf und gehen nicht nur sprichwörtlich über Leichen fürs Geld. Die untere Schicht boxt sich so durch's Leben - das weibliche Geschlecht mit Prostitution, das männliche Geschlecht mit Drogen, Zuhälterei oder anderen Illegalitäten. Daneben gibt es noch einen unkaputtbaren Ex-Soldaten, der nicht nur potthässlich ist, sondern auch brutal und kaltherzig natürlich.


    Das klingt alles sehr negativ. Das ist aber nur im Zusammenhang mit meiner Erwartungshaltung so aufzufassen. William Boyd ist ein sehr guter Erzähler. Trotz der geringen Spannung und der vorhersehbaren Entwicklung habe ich mich keine Minute gelangweilt und mich sehr gut unterhalten gefühlt. Ich habe mich auf die Geschichte eingelassen und wurde auf rein unterhaltender Ebene nicht enttäuscht. Bis zum Schluss habe ich dem Sprecher gebannt zugehört. Rückblickend hinterlässt zwar das Ende einen fahlen Beigeschmack, aber das wusste ich zum Zeitpunkt des Hörens ja nicht…


    Was die Genrezuordnung angeht ist es weder Fisch noch Fleisch. Für eine Einordnung ins zeitgenössische Genre hat es meines Erachtens nicht genug Substanz, für einen Thriller bietet es zu wenig Rasanz und/oder Spannung. Gewünscht hätte ich mir einen „runderen“ Plot mit einem adäquaten Abschluss oder aber eine differenziertere Gesellschaftsstudie.


    Die Lesung selbst ist makellos. David Nathan besitzt eine angenehm ausdrucksstarke Stimme, mit der er Persönlichkeiten gekonnt in Szene setzt und eine optimale Atmosphäre erzeugt. Besonders das gesprochene Herantragen des unterkühlten Milieus der Shaft-Bewohner hat mich beeindruckt. Wirklich gut. Es hat großen Spaß gemacht ihm zuzuhören. Langweiligen Autofahren wurde damit das Garaus gemacht.


    Fazit
    Was immer es auch wirklich sein soll, als Hörbuch funktioniert es wunderbar und bietet beste Unterhaltung. Als netten Zeitvertreib kann ich es nur empfehlen! Es ist jedoch - ganz im Gegensatz zu meiner Erwartung (nach den Kritiken zu Ruhelos) - allerdings keineswegs anspruchsvoll.


    Es gibt das Hörbuch von Der Audio Verlag (dav) oder als Download von Audible.de. Ich habe die Downloadversion von Audible gehört.