'Shirley' - Seiten 083 - 180

  • Den zweiten Abschnitt habe ich gelesen und es ist immer noch keine Shirley aufgetaucht.:lache Das ist schon ganz lustig, dieses Warten auf die Hauptfigur des Buches.

    Aber ich bin auch mit Caroline als weibliche Protagonisten sehr zufrieden. Es gefällt mir, dass sie sich über die Situation der Arbeiter in England Gedanken macht und ihre Meinung dazu auch äußert und versucht, sich für sie stark zu machen. Man könnte ja meinen, sie würde sich nur für ihre französische Literatur und für das Sticken und Nähen interessieren. Aber sie macht sich auch Gedanken über die Politik und das finde ich schon bemerkenswert.

    Auch Moore scheint ein ganz anständiger Kerl zu sein. Er kann sich natürlich nicht gegen die Modernisierung mit den Maschinen stellen. Er muss dabei mit machen, um weiterhin konkurrenzfähig zu bleiben. Aber er versucht sich um den armen, anständigen Arbeiter zu kümmern und ihn anderweitig unter zu bekommen.

    Ich finde ja, dass Caroline und Moore ganz gut zusammen passen würden als Paar. Aber so einfach ist es wohl nicht...


    Insgesamt bin ich gerade sehr zufrieden mit diesem schönen Roman. Die Sprache gefällt mir ausgesprochen gut und die langsame Erzählweise und ausführlichen Beschreibungen lese ich im Moment auch richtig gerne. Ich habe das Gefühl, es ist für mich genau das richtige Buch zum richtigen Zeitpunkt.:-]

  • Kapitel 6. „Coriolan“


    Bei der Überschrift dachte ich zunächst weniger an Shakespeare, denn an Ludwig van Beethoven und seine Coriolan-Ouvertüre, die ich u. a. in einer bemerkenswerten alten Aufnahme mit Wilhelm Furtwängler als Dirigent besitze.


    S. 117 mußte ich erst mal googlen, was ein Fichu ist.


    Das ganze Kapitel hindurch wird das Gefühl immer stärker, daß Caroline in Robert Moore verliebt ist, was sich im Späteren bestätigt. Der letzte Absatz legt nahe, daß das auf Gegenseitigkeit beruht, wenngleich Moore sich heftig dagegen wehrt. Ob wir wohl später noch seine Gründe dafür erfahren (s. letzer Satz: „Ich kenne das sehr gut: ich hab’ es schon einmal erlebt. Morgen ist es vorbei.“)



    Kapitel 7. Die Kuraten


    Helstone scheint seinen Beruf wirklich verfehlt zu haben; auf jeden Fall ist er zu einer sinnvollen Erziehung seiner Nichte, und auch zu einer Beziehung zu ihr, sowie anscheinend zu einer Beziehung zu einem Menschen überhaupt unfähig. Ich bin gespannt, wie der reagiert, wenn er die Gefühle Carolines mitbekommt.


    Die Sykes kommen zu Besuch. Was sollte man damals auch machen - kein Fernsehen, kein Internet... ;-)


    Die im ersten Kapitel schon vorgestellten Hilfsgeistlichen laden sich selbst ein und bestätigen, was ich schon über sie dachte. Vor allem Malone.


    Dann begegnen sich Caroline und Robert. Na ja, das könnte was werden. :grin

    Unter den Büchern finden wir wieder, was uns in der Fremde entschwand, Frieden im Innern und Frieden mit unserer Umgebung.
    (Gustav Freytag, 1816 - 1895, aus "Die verlorene Handschrift")

  • SiCollier


    Danke für den Hinweis Fichu. Das war mir völlig entgangen. Interessant, dass es dazu keine Anmerkung gibt.


    Die Stelle ist ohnehin aufschlussreich. Denn Mr. Moore meint, Caroline bräuchte kein Fichu zu tragen, weil sie ja noch ein Kind sei!!! :yikes Da macht sich jemand aber gewaltig es vor. :lache Arme Caroline.

  • Den zweiten Abschnitt habe ich gelesen und es ist immer noch keine Shirley aufgetaucht.:lache Das ist schon ganz lustig, dieses Warten auf die Hauptfigur des Buches.

    Ja ich warte auch noch auf sie. :) Ist schon witzig, dass die eigentliche Protagonistin noch gar nichts mit den vielen Geschehnissen zu tun hat, über die wir gelesen haben.

    Helstone scheint seinen Beruf wirklich verfehlt zu haben; auf jeden Fall ist er zu einer sinnvollen Erziehung seiner Nichte, und auch zu einer Beziehung zu ihr, sowie anscheinend zu einer Beziehung zu einem Menschen überhaupt unfähig. Ich bin gespannt, wie der reagiert, wenn er die Gefühle Carolines mitbekommt.

    So ganz warm werde ich mit Mr. Helstone auch nicht. Wie auch, wenn er der Meinung ist, dass Frauen nur Kochen und Nähen lernen müssten. :(

    Habe ich gerade "Arme Caroline" geschrieben?


    Da kommt mir gleich eine andere Person in den Sinn ... :rofl

    Welche denn? Ich stehe gerade auf dem Schlauch. :gruebel


    Diese Liebesgeschichte zwischen Caroline und Mr. Moore gefällt mir sehr gut und ich frage mich, ob es für die beiden eine Zukunft geben wird. In meinen Augen passen sie auch wunderbar zusammen. :)

  • "Fichu" kannte ich bisher auch noch nicht. Vielen Dank für die Aufklärung.:)

    So ganz warm werde ich mit Mr. Helstone auch nicht. Wie auch, wenn er der Meinung ist, dass Frauen nur Kochen und Nähen lernen müssten.

    Also Mr. Helstone hat ja wirklich ganz schreckliche Ansichten bezüglich Frauen und Heirat:schlaegerWobei er in der damaligen Zeit wahrscheinlich nicht alleine mit dieser Meinung gewesen ist.

    Caroline tut mir jetzt schon leid, wenn sie mit ihm mal wegen ihren Gefühlen und einer eventuellen Heirat reden muss.

  • Hallo zusammen, hiermit steige auch ich verspätet in die Leserunde ein. Vielen Dank Brigitte :). Zu den ersten Kapiteln möchte ich nichts mehr sagen, aber auch ich fand den Beginn sehr zäh und nicht sehr spannend, doch mittlerweile gefällt mir das Buch sehr gut. Mr. Helstone ist leider ein Mensch, der zwar für jemanden sorgen kann, aber er kann sich nicht in seine Nichte hineinversetzen und merkt nicht, wie einsam sie ist und wie sie sich nach Liebe sehnt. Genauso wie schon zuvor bei seiner verstorbenen Frau. Sehr traurig. Mrs. Yorke ist ebenfalls ein sehr interessanter Charakter. Ihre Kinder dürfen sich nicht sentimental äußern, also nicht Mama und Papa sagen, sondern Vater und Mutter. Sie erscheint introvertiert, lebt nur für ihren Mann, hält Freunde und Bekannte auf Abstand. Aus Eifersucht?

  • 8. Kapitel:


    "Liebe kann alles verzeihen außer Gemeinheit, denn Gemeinheit tötet die Liebe, lähmt sogar die natürliche Zuneigung. Ohne Achtung gibt es keine wahre Liebe." (Ott, S.192)


    Sehr traurig. Mrs. Yorke ist ebenfalls ein sehr interessanter Charakter. Ihre Kinder dürfen sich nicht sentimental äußern, also nicht Mama und Papa sagen, sondern Vater und Mutter.


    Das ist ein interessanter Punkt. Zumal es in jener Zeit für die Töchter zum guten Ton gehörte, ihre Eltern mit "Mama" bzw. "Papa" anzusprechen.


    "Daughters customarily addressed their parents as "mama" and "papa" (…); as the unspeakable Mrs. General instructs the heroine in Little Dorrit, "Papa is a preferable form of address. … Father is rather vulgar, my dear." However, this was not true for males. The boys would call their parents "father" and "mother."

    (Zitat: Daniel Pool: What Jane Austen ate and Charles Dickens knew. From fox hunting to whist – the facts of daily life in nineteenth-century England, New York 1994, S.56.


    Merkwürdig fand ich, am Anfang des 9. Kapitels das weitere Schicksal der Kinder der Familie Yorke zu erfahren. Wie grausam zu lesen, "daß die kleine Jessy jung sterben wird." (Ott, S.217) Und dann kurz darauf dieses lebhafte kleine Mädchen kennenzulernen. Ausgerechnet die kleine Jessy, die später einmal Mr. Moore heiraten möchte, weiß ihm zu berichten, dass Caroline ihn glühend gegenüber Anne Pearler verteidigte. Und Mr. Moore ist sich sicher, dass eine reine Geldheirat für ihn nicht infrage kommt. :lache:lache

  • Merkwürdig fand ich, am Anfang des 9. Kapitels das weitere Schicksal der Kinder der Familie Yorke zu erfahren. Wie grausam zu lesen, "daß die kleine Jessy jung sterben wird." (Ott, S.217) Und dann kurz darauf dieses lebhafte kleine Mädchen kennenzulernen. Ausgerechnet die kleine Jessy, die später einmal Mr. Moore heiraten möchte, weiß ihm zu berichten, dass Caroline ihn glühend gegenüber Anne Pearler verteidigte. Und Mr. Moore ist sich sicher, dass eine reine Geldheirat für ihn nicht infrage kommt. :lache:lache

    Der nahende Tod von Jessy war für mich sehr verstörend. Zumal es die Vermutung nahelegt, dass die Familie oder zumindest Rose und Jessy nach Australien auswandern. ...“Kennen Sie diesen Ort? Nein, Sie haben ihn nie gesehen; aber Sie erkennen diese Art Bäume, dieses Laub-die Zypresse, die Trauerweide und die Eibe. Stromkreise wie diese sind Ihnen nicht fremd, auch nicht die düsteren Girlanden aus immergrünen Pflanzen. ... Das sterbende und das am Sterbebett wachende englische Mädchen waren in jener Stunde allein in einem fremden Land, und im Boden dieses Landes fand Jessy ihr Grab. ... Das ist wirklich weit weg von England; diese wilden und üppigen Küsten müssen sehr fern sein. Es ist irgendeine unberührte, einsame Gegend. ... Das kleine, stille Mädchen aus Yorkshire lebt als einsamer Auswanderer in irgendeinem Land der südlichen Erdhalbkugel. Manesse S. 218/219. Warum wanderten sie aus? Was hat das mit der Erzählung zu tun? Es scheint fast so, als würde die Autorin Charaktere und Begebenheiten aus ihrem Bekanntenkreis in ihrem Buch wiedergeben. Gab es jemanden aus ihrem Bekanntenkreis, der ebenfalls diesen Schritt wagte? Zumal Australien als Strafgefangenenkolonie zunächst einmal nicht verlockend erscheint.

  • Was hat das mit der Erzählung zu tun?

    Diese Frage habe ich mir bei diesem Roman schon des Öfteren gestellt.


    Warum werden uns so viele Personen sehr detailliert vorgestellt? Eben auch Charaktere, die offenbar keine Relevanz mehr für die Geschichte haben.


    Es scheint fast so, als würde die Autorin Charaktere und Begebenheiten aus ihrem Bekanntenkreis in ihrem Buch wiedergeben. Gab es jemanden aus ihrem Bekanntenkreis, der ebenfalls diesen Schritt wagte? Zumal Australien als Strafgefangenenkolonie zunächst einmal nicht verlockend erscheint.


    Eine in der Tat mögliche Erklärung. Will Brontë damit ihrer Novelle mehr Authentizität verleihen? Der lebhafte Dialog in der Familie Yorke ist schön und bringt uns den Charakter von Mr. Moore näher. Aber die vorangestellte Schilderung des zukünftigen Schicksals einzelner Familienmitglieder scheint ins Leere zu laufen.

  • Ich dachte an Miss Bingley aus Stolz und Vorurteil.

    Die ist nun gewißlich nicht als "arm" zu bezeichnen! :grin


    Entschuldigung, daß ich so schweigsam bin. Diesen Abschnitt habe ich durch gelesen, war aber nach dem Arztbesuch am Freitag so fertig, daß ich weder zum Weiterlesen noch zum Kommentieren hier in der Lage war. Gestern war auch anderweitig "belegt", und bis vor ein paar Minuten hatten wir Besuch. Ich melde mich dann morgen ausführlicher hier (und werde auch dann erst zum Weiterlesen kommen).

    Unter den Büchern finden wir wieder, was uns in der Fremde entschwand, Frieden im Innern und Frieden mit unserer Umgebung.
    (Gustav Freytag, 1816 - 1895, aus "Die verlorene Handschrift")

  • Es scheint fast so, als würde die Autorin Charaktere und Begebenheiten aus ihrem Bekanntenkreis in ihrem Buch wiedergeben. Gab es jemanden aus ihrem Bekanntenkreis, der ebenfalls diesen Schritt wagte? Zumal Australien als Strafgefangenenkolonie zunächst einmal nicht verlockend erscheint.

    Ich habe irgendwo gelesen ( ich weiß leider nicht mehr wo ?) das die Autorin in diesem Buch die beiden Frauengestalten Caroline und Shirley nach dem Vorbild ihrer eigenen Schwestern gestaltet hat. Vielleicht hat sie ja dann auch anderen Personen und Begebenheiten in dem Buch nach Personen in ihrem eigenen Umkreis wiedergegeben?? Anders kann ich es mir auch nicht vorstellen


    SiCollier : weiterhin alles Gute für Deine Gesundheit:knuddel1

  • Da ich diesen Abschnitt schon am Freitag gelesen habe, habe ich nun etwas Probleme, auf Details einzugehen, zumal ich kaum Erinnerungszettel im Buch stecken habe. Was andererseits ein Zeichen dafür ist, daß ich den Abschnitt ziemlich glatt gelesen und kaum "Fragen" dazu habe, weil für mich alles stimmig ist. Drum gehe ich nach den Posts hier vor.

    "Daughters customarily addressed their parents as "mama" and "papa" (…); as the unspeakable Mrs. General instructs the heroine in Little Dorrit, "Papa is a preferable form of address. … Father is rather vulgar, my dear." However, this was not true for males. The boys would call their parents "father" and "mother."

    (Zitat: Daniel Pool: What Jane Austen ate and Charles Dickens knew. From fox hunting to whist – the facts of daily life in nineteenth-century England, New York 1994, S.56.

    Das ist nun außerordentlich interessant, mein "Bauchgefühl" hätte es genau anders herum vermutet. Danke für das Zitat. (Das Buch sollte ich mir merken.)


    Merkwürdig fand ich, am Anfang des 9. Kapitels das weitere Schicksal der Kinder der Familie Yorke zu erfahren.

    Da mußte ich an meine weit zurückliegende Schulzeit, genauer den Deutschunterricht denken. Zu dem Begriff "Realismus" haben wir seinerzeit genau das gelernt, am Beispiel von Gottfried Keller. Der hat inseinen Werken wohl ebenfalls solche Ausblicke gegeben; dazu sagte der Deutschlehrer (sinngemäß), daß das ein typisches Kennzeichen für den Realismus sei. Brontë und Keller haben zu ähnlicher Zeit gelebt, wenngleich die englische Autorin wesentlich früher gestorben ist. Möglicherweise ist das also auch hier "nur" ein Kennzeichen für literarischen Realismus?!


    Ausgerechnet die kleine Jessy, die später einmal Mr. Moore heiraten möchte, weiß ihm zu berichten, dass Caroline ihn glühend gegenüber Anne Pearler verteidigte.

    :grin Wenn Mor Moore jetzt nicht weiß, was Caroline von ihm hält, ist ihm nicht mehr zu helfen. :grin


    Was hat das mit der Erzählung zu tun?

    Falls meine oben geäußerte Vermutung zutrifft, mit der direkten Erzählung erst einmal nichts. Aber viel mit der, um es so zu nennen, "Verankerung in der realen Welt".


    Rouge

    Danke. Gesundheitlich geht es mir inzwischen wieder ziemlich gut, die Kontrolluntersuchung erbrachte nach derzeitigen Stand keinen Befund, und das ist immer gut. Das Problem am Freitag war der Rückweg vom Bahnhof nach Hause, eine knappe halbe Stunde, in der prallen Sonne. Der hat mich geschafft, da ich ohnehin noch recht schwach bin. Aber das gibt sich im Laufe der Zeit wieder.

    Unter den Büchern finden wir wieder, was uns in der Fremde entschwand, Frieden im Innern und Frieden mit unserer Umgebung.
    (Gustav Freytag, 1816 - 1895, aus "Die verlorene Handschrift")