Der Liebhaber - Marguerite Duras

  • Kurzbeschreibung:
    Bei der Betrachtung ihres gealterten und durch den Alkohol zerstörten Gesichts kehrt eine französische Schriftstellerin in Gedanken an den Ort ihrer Kindheit und Jugend zurück: Mit 151/2 Jahren lernt sie in Indochina während einer Flussüberfahrt – Symbol des Übergangs in die Erwachsenenwelt – einen reichen, zwölf Jahre älteren Chinesen kennen, den sie sofort in ihren Bann zieht. Von nun an holt er sie täglich mit seiner Limousine vom Mädchengymnasium in Saigon ab. Auf ihr Verlangen hin weiht er sie in die sexuelle Lust ein, die sie mit ihm bis zur Ekstase heimlich auskostet. Obwohl er ihr seine Liebe gesteht, möchte sie, dass er sie wie eine Prostituierte behandelt und aushält. Sie erzählt ihm von ihrer verarmten Familie, dem problematischen Verhältnis zu ihrer verwitweten Mutter und ihrem älteren, gewalttätigen Bruder.
    Auf der Rückreise nach Frankreich wird der inzwischen 18-Jährigen schmerzvoll bewusst, dass sie den Chinesen geliebt hat. Gleichzeitig erkennt sie, dass sie sich nach der Trennung dem Schreiben widmen kann und versucht ihn zu vergessen.



    Meine Gedanken dazu:
    Ein sehr seltsamer Erzählstil. Er schwankt zwischen Ich-Erzählungen und neutralen Betrachtungen, auch gibt es viele Zeitsprünge. Es war am Anfang schon eine kleine Herausforderung, doch nach und nach habe ich mich gut in die Geschichte eingelesen.
    Es ist beim Lesen fast, als säße die Frau neben einem und erzählt ihr Leben, wie es ihr gerade einfällt. Sie springt von Gedanken zu Gedanken, sieht die Geschichte mal von weit weg, mal wieder von sich selbst aus.
    Und was für eine Geschichte sie da erzählt!



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    Illusionen werden aus Gedanken über das Leben geboren, aber sie sterben nicht am Denken, sondern am Leben.
    Lou Salome

  • Danke für die Rezi.


    Der Stil Marguerite Duras' ist stark gewöhnungsbedürftig und polarisiert.
    Nachdem ich vor ungefähr 10 Jahren den "Liebhaber" gelesen hatte, brauchte ich zunächt eine Pause von dieser Autorin. Später las ich alles, was es auf dem Markt gab.
    Hinzu kam die Biografie "Marguerite Duras" von Alain Vircondelet. Leider konnte ich bei Amazon dieses Buch nicht finden und hier einen Link setzen.
    Die Biografie berichtet nicht nur vom Leben dieser Autorin, sondern zeigt auch auf, welche persönlichen Erlebnisse und Erfahrungen in ihre Werke flossen. Darüberhinaus vermag der Autor ein außergewöhnliches Portrait einer Frau zu zeigen, die ihre Neugier auf das Leben und die Welt über gesellschaftliche Konventionen stellte.

  • Danke für deine Antwort.


    Die Biographie ist sicher interessant. Gerade da ja der Roman sehr biographisch sein soll. Ich habe vorher noch nichts von der Autorin gehört muß ich gestehen und es war eher Zufall, dass ich das Buch gestern Abend aus dem Regal zog.
    Ich habe gerade selbst mal bei Amazon geschaut. Ist es das richtige Buch?


    Mich hat der Stil aber doch mehr angezogen als abgeschreckt und ich würde gerne mehr von der Autorin lesen. Kannst du vielleicht noch eines ihrer Bücher empfehlen?



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    Lou Salome

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  • Ich habe das Buch vor Jahren gelesen, allerdings erst nachdem ich die Verfilmung mit Jane March gesehen hatte. Der Film hat mich neugierig aufs Buch gemacht. Sowohl im Film, als auch beim Buch kommt das Leben im Indochina der 30er Jahre ziemlich gut rüber.


    Wenn ich es richtig in Erinnerung habe, dann war diese Beziehung zwischen dem reichen Chinesen und der armen französischen Internatsschülerin ohnehin zum Scheitern verurteilt.

  • @ Nihasa: genau die Biografie meinte ich. Mein Exemplar zierte aber ein anderes Cover.


    Zum Weiterlesen würde ich Dir das u.g. Buch empfehlen.


    @ Idgie: der Film zum Buch "Der Liebhaber" ist sehr bekannt. Der Film ist m.E. sehr eindringlich, zart und brutal zugleich; die Bilder bestechen. Im übrigen ist der Film auch ein hervorragendes Beispiel dafür, daß die Filmemacher sich einmal an die Vorlage gehalten haben. Die Vorlage bot sich dafür aber auch an.
    Was meiner Meinung nach der Film nicht vermitteln konnte, war die Überlegenheit dieses Mädchens/ dieser jungen Frau. Wenn Dir der Film gefallen hat, dann konnte das Lesen des Buches nicht schaden, oder :wave.

  • Zitat

    Original von Salonlöwin
    Wenn Dir der Film gefallen hat, dann konnte das Lesen des Buches nicht schaden, oder :wave.


    Nein, ich fand Film und Buch haben sich hervorragend ergänzt. Meist bin ich von einem von beiden enttäuscht, aber nicht in diesem Fall. Du hast recht, der Film ist wirklich sehr eindringlich und ich war überrascht von der Darstellungskraft der noch jungen Schauspielerin Jane March.

  • Ich beginn dann mal mit Lesen, das war eins der Bücher auf die ich mich bei der SZ-Reihe am meisten gefreut habe.... allerdings kann ich mich heute abend wohl auf die seltsamen Kommentare meiner Kollegen schon mal einstellen.... allein der Titel wird die Herren der Schöpfung mal wieder zu wilden Spekulationen verleiten.

  • Salonlöwin, danke schön. Konnte mir "Blaue Augen schwarzes Haar" ertauschen. Die Geschichte klingt toll.


    Babyjane, nimm doch einen anderen Schutzumschlag um dummen Kommentaren zu entgehen. Das hatte ich beim Buch "Der wunderbare Massenselbstmord" getan, da die Leute im Zug doch recht seltsam geguckt haben. :lache

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    Lou Salome

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  • Dieses Buch lese ich gerade und stelle fest, dass schon eine Rezi und weitere Tipps zum Lesen und Filmgucken vorhanden sind, danke an alle!
    Ein Nachtrag noch zum Erzählstil: Ich habe gelesen, dass M. Duras vorrangig schicksalhafte Beziehungen schildert, die nicht auf Dauer angelegt sind, somit scheitern müssen, die aber immer auch eine Wende für das Leben der Protagonistin bedeuten. Dass der Roman biographische Elemente enthält, wusste ich bisher nicht.


    Übrigens haben mir einige Leute vom Lesen abgeraten: Zu viele Monologe, schwieriges Lolita-Thema ...
    Zum Glück kann ich dieser Einschätzung widersprechen. Die Monologe sind zwar gewöhnungsbedürftig, aber durchaus leicht zu lesen und nachvollziehbar.


    Lieben Gruß


    polli

  • Das Buch liegt schon sehr lange auf meinem SuB, aber nun wage ich es doch noch einmal. Parallel höre ich das Hörbuch (übrigens sehr gut von Nina Hoss gelesen).


    Ich bin noch nicht sehr weit, erst auf Seite 40, aber ich empfinde den Erzählstil als sehr seltsam, wie viele vorbeiziehende (sehr melancholische und z.T. bedrückende) Erinnerungen und Gedankenfetzen.


    Z.B. hier: "Jetzt sehe ich, dass ich sehr jung, mit 18, mit 15, ein Gesicht hatte, in dem jenes andere vorweggenommen war, dass mir später der Alkohol in mittleren Lebensjahren beigebracht hat".


    Deshalb lese ich auch immer nur sehr kleine Abschnitte, es zieht mich irgendwie runter. Auch an die Zeitsprünge muss ich mich erst gewöhnen. Aber es ist auf jeden Fall mal ein ganz anderes Leseerlebnis.


    Edit:
    Gerade eben habe ich endlich dieses so seltsame Buch beendet. Manche Seiten haben sich für mich gezogen wie Kaugummi, manche Sätze habe ich als ziemlichen Nonsens empfunden, aber es gab auch ein paar - wenige - sehr sehr gute Stellen. Zudem hatte ich den Eindruck, dass jede Beziehung mehr oder weniger neurotisch war, besonders die der Ich-Erzählerin zur Mutter... das war mir etwas zu nervig.
    Für mich definitiv kein Buch, von dem ich mir vorstellen könnte, es noch einmal zu lesen.

  • Ich habe mich nur hier angemeldet, um auch etwas zu Duras "Der Liebhaber" zu sagen. Marguerite Duras ist eine, der begnadetesten Autorinnen des 20.Jahrhunderts. Wer "Der Liebhaber" gelesen hat, sollte auch "Der Liebhaber aus Nordchina" lesen. Sie erzählt die Geschichte ein zweites Mal und trotzdem wird es nicht langweilig, sondern erklärt noch unbeleuchtete Stellen. Die Frage, ob sie ihn geliebt hat, erübrigt sich, denn sie hat ihm das Buch gewidmet und mit ihm bis zu seinem Tod eine Brieffreundschaft geführt. Zudem war es in den 30er Jahren in Indochina eine Unmöglichleit als minderjährige Europäerin eine Beziehung mit einem Chinesen zu führen. Ja und wer das Buch nicht versteht, sollte den Film sehen. Ich kann nicht verstehen, wie man die Erzählweise einer Duras als schwierig empfinden kann, denn es sind einfach Bilder, durch die man wandert. Da existieren ganz andere Bücher, die wirklich schwierig sind.
    Es lohnt sich in diese Welt der Marguertite Duras einzutauchen.

  • Vielleicht hat jemand eine Antwort: Auf Seite 133 (DDR - Ausgabe) steht jener Absatz: "Es war am Ende der Nacht, als er sich umgebracht hat, auf dem großen Platz der Station, funkelnd vor Licht. ..." Weiß jemand wer gemeint ist, wer hat sich umgebracht? Der Liebhaber lebt ja noch am Ende?

  • Vielleicht hat jemand eine Antwort: Auf Seite 133 (DDR - Ausgabe) steht jener Absatz: "Es war am Ende der Nacht, als er sich umgebracht hat, auf dem großen Platz der Station, funkelnd vor Licht. ..." Weiß jemand wer gemeint ist, wer hat sich umgebracht? Der Liebhaber lebt ja noch am Ende?

    Stammt die Übersetzung von Ilma Rakusa und ist die Übersetzung eine Lizenzausgabe des Suhrkamp Verlags?