Fragen an Marie Lacrosse

  • Oh nein, ich bin doch so neurierig :lache


    WIe bist du denn darauf gekommen über Rudolf und Mary zu schreiben und überhaupt über die Zeit und den Ort? Mich interessiert ja immer brennend, warum Auoren von historischen Romanen genau dieses Setting auswählen.

  • Die Idee ist am Geburtstag meines Mannes im Jahr 2018 in Speyer entstanden. Dort haben wir seinen damaligen Geburtstag verbracht. Eigentlich hatte ich bereits als Anschlussprojekt für meine Weingut-Trilogie die Fluchtgeschichte meiner Schwiegermutter eingereicht. Meine Schwiegermutter floh gegen Ende des Zweiten Weltkriegs aus dem besetzten Mähren nach Deutschland und erlebte auf ihrer Flucht wahrscheinlich sehr furchtbare Dinge.

    Als ich für dieses Projekt recherchierte, wurde mir sehr klar, dass es sich dabei um ein sehr düsteres Kapitel handelt (die Geschichte von Mary und Rudolf ist dagegen harmlos). Also beschloss ich zunächst, mich auf die Nachkriegsperiode zu konzentrieren. Die war aber auch nicht viel besser (Trümmer, Flüchtlingselend usw.).

    Gerade war außerdem Bd. 1 der Schokoladenvilla von meiner lieben Kollegin Maria Nicolai erschienen. Mein Mann und ich landeten schließlich in einem wunderbaren Café in Speyer mit einem herrlichen Kuchenbuffet. Und ich begann zu klagen: warum soll ich eigentlich jetzt eine so düstere Geschichte schreiben? Ich könnte doch auch etwas schreiben, wo Genuss eine Rolle spielt.

    Schnell war die Idee entstanden, ein Wiener Kaffeehaus als roten Faden durch mein nächstes Projekt zu nehmen. Aber ich brauchte natürlich einen historischen Hintergrund. Vage erinnerte ich mich an den Selbstmord des Kronprinzen Rudolf gemeinsam mit seiner Geliebten, die ich bis dato allerdings nur als kitschige Liebesgeschichte kannte. Als mein Mann dann noch im Café die Geschichte zu googeln begann, stellte sich jedoch heraus, dass es neuere Erkenntnisse gab und alles andere als eine romantische Liebesaffäre hinter dem Selbstmord steckte.

    Das weckte sofort mein Interesse als Psychologin. Und schon meine ersten Recherchen faszinierten mich. Also beschrieb ich im Rahmen der lit.Love, dem großen Lesefestival von Random House, zu dem ich 2018 als Gast geladen war, die Idee meiner Goldmann-Verantwortlichen. Sie ist nicht nur Wien-Fan, sondern war sofort von dieser Idee begeistert, zumal man mit seiner Nachkriegsgeschichte recht unglücklich war. Sofort rief sie die damalige Verlagsleiterin hinzu, die ebenfalls begeistert reagierte und den Slogan prägte „Torten statt Trümmer“.

    Anfangs wollte ich nur einen Zweiteiler schreiben, zu dem ich dann ein Exposé einreichte. Schon drei Wochen später kam es zum Vertragsabschluss. Und nach meiner ersten Recherche-Reise stellte ich dann fest, dass ich sogar genügend Material für einen dritten Band hatte.:)

  • Das ist ja eine tolle Geschichte zur Findung der Idee.
    Manchmal bewundere ich euch Autoren ja, dass ihr euch so ein ein Thema vertiefen dürft bzw. in die Leben von Personen und dann darüber schreiben dürft.


    Ich stelle mir das so vor, dass die Person für einen lebendig wird und man das Gefühl hat, denjenigen zu kennen. Ist das bei dir so?
    ich habe das meistens, wenn ich ein Buch lese und die Figuren total lebensecht dargestellt sind.

  • Das ist ja eine tolle Geschichte zur Findung der Idee.
    Manchmal bewundere ich euch Autoren ja, dass ihr euch so ein ein Thema vertiefen dürft bzw. in die Leben von Personen und dann darüber schreiben dürft.


    Ich stelle mir das so vor, dass die Person für einen lebendig wird und man das Gefühl hat, denjenigen zu kennen. Ist das bei dir so?
    ich habe das meistens, wenn ich ein Buch lese und die Figuren total lebensecht dargestellt sind.

    Es ist bei diesem Buch am ehesten mit meiner fiktiven Sophie so. Denn irgendwie hat jede meiner weiblichen Hauptfiguren auch was von mir. Mit den historischen Persönlichkeiten in der ganzen Trilogie wurde ich nie so richtig warm.:)

  • Auch von mir Danke für die Hintergrunderklärungen zur Kaffeehaus-Trilogie. Und gut, daß es dieses Thema geworden ist. Ein Buch (Trilogie) über eine Flucht aus den Ostgebieten Und/oder die Nachkriegszeit würde ich sicherlich nicht lesen wollen.

    Unter den Büchern finden wir wieder, was uns in der Fremde entschwand, Frieden im Innern und Frieden mit unserer Umgebung.
    (Gustav Freytag, 1816 - 1895, aus "Die verlorene Handschrift")

  • Ich bin wirklich sehr begeistert von deinen Büchern! Aktuell bin ich ja schon bei Band 2. Mich würde interessieren, ob es von Anfang an deine Idee gewesen ist, die Charaktere aus „Das Weingut“ mit einfließen zu lassen? Oder hat sich das bei deinen Recherchearbeiten so ergeben?

    Eigentlich bin ich auf die Idee der Kaffeehaus-Trilogie ja beim letzten Teil meiner Weingut-Trilogie gekommen, wo der Wiener Adel ja auch eine Rolle spielt. Und auf einmal war dann die Idee da, einige Figuren auch ins Kaffeehaus mitzunehmen, zumal sie ja "tatsächlich", also am Ende der Weingut-Trilogie dort leben:)