Bücher von denen ihr enttäuscht wurdet

  • Hallo Ihr Alle :)

    Meine langjährige Liebe zu Büchern hat dafür gesorgt, dass ich sie inzwischen auch im Rahmen meiner Forschung untersuche. Dabei arbeite ich aktuell an einem Forschungsprojekt, welches sich mit Erwartungsenttäuschungen in Medien beschäftigt. Also zum Beispiel die Figur in einem Buch (oder auch z.B. in einer TV-Serie) tut etwas womit ich nicht gerechnet habe. Ich möchte dazu herausfinden was da genau passiert und wie unterschiedliche Personen darauf reagieren. Um das herauszufinden führe ich aktuell Interviews mit Personen, die eine Erwartungsenttäuschung erlebt haben. Wie steht es da bei euch allen? Habt Bücher oder Reihen, von denen ihr schwer enttäuscht wurdet? Wenn ja, welche waren das? Habt ihr die Bücher dann zu Ende gelesen oder einfach beiseite gelegt?

    Vielleicht hat ja auch jemand Lust mir ein Interview dazu zu geben? ;) Ich berichte auch gerne noch näher von meinem Forschungsprojekt, falls jemand interesse hat.

    Liebe Grüße
    Ary

  • Hm, erst durch Deinen Beitrag komme ich dazu, darüber nachzudenken. Wenn ich enttäuscht wurde, dann vielleicht, weil ich im Thriller die Auflösung oder "Spurenlegen" des Autors nicht so prickelnd fand. Oder weil mich der Stil nicht ansprach. Sowas vielleicht. Aber eine Figur, die sich zum Beispiel entgegen meinen Erwartungen verhält? Hm, da fällt mir gerade nichts ein bzw. muss ich da mal nachdenken, wann und wie mich Bücher enttäuschen.


    Also, ich kann mich täuschen und vielleicht werde ich mich noch an ein anderes Beispiel erinnern, aber gerade fällt mir kein Buch ein, bei dem mich der Inhalt enttäuscht hat (also z.B. das Verhalten einer Figur), sondern wenn, dann ist es eher der Stil, der dann einfach nicht zu mir passt oder so. :gruebel


    Ich glaub, für ein Interview habe ich nicht genug Infos, aber mir würde das Thema dieser Forschungsarbeit, Hintergrund usw. interessieren und natürlich wüsste ich auch gerne, wie es andere Eulen sehen.

    With love in your eyes and a flame in your heart you're gonna find yourself some resolution.


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  • Von meinem aktuellen Buch Persuasion von Jane Austen bin ich etwas enttäuscht, weil ich mir etwas mehr Info über die Vorgeschichte der Liebesgeschichte erwartet habe als ich von der Verfilmung (die ich immer wieder gern sehe) mitbekommen habe.


    Auch war ich mit höheren Erwartungen an dieses Buch herangetreten, weil es Jane Austens letzter und nach Aussage einiger Experten ihr ausgereifteres Werk sein soll. Das kam mir nicht so vor.

    Ich hatte vorher die schön ausführliche Biografie von Claire Tomalin gelesen. Davor in einer schönen Leserunde hier Emma und gleich danach Pride and Prejudice(was ich noch am besten geschrieben finde).


    Nach erzählerischen (modernen) Maßstäben darf man ihre Werke wohl einfach nicht bewerten. Mir wird zu viel einfach nur grob skizziert und nicht ausgearbeitet bzw. mit Leben gefüllt. Mich wundert, dass ihr diese Reduzierung genügt hat oder war wirklich nur die Papierknappheit der damaligen Zeit dafür der Grund :gruebel

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    Von den vielen Welten, [...] ist die Welt der Bücher die größte. (Hermann Hesse)


    :lesend Tom Liehr: Im wechselnden Licht der Jahre

  • Mir fällt da ganz spontan "Am Ende war die Tat" von Elizabeth George ein. Bis zur Erscheinung dieses Buches war ich ein sehr großer Fan der Lynley-Krimi-Reihe. So groß, dass ich mir die englischsprachige Hardcover-Ausgabe (What came before hé Shot her) geleistet habe, was damals finanziell bei mir anders gewichtet wurde als heute.

    Ich wusste vorher, dass eine Tat (die Ermordung der schwangeren Ehefrau des Ermittlers) aus dem vorhergehenden Band in diesem Buch noch einmal aus Tätersicht geschildert werden sollte. Das fand ich als Idee ersteinmal sehr spannend.

    Das Buch entpuppte sich dann aber nicht als Krimi, sondern als eine Art Sozialstudie aus den Londoner Sozialvierteln, die so schlimm sind, dass bei Kindern schon bei der Geburt der Weg auf die Schiefe Bahn vorgegeben ist. Das wird im Buch sehr, sehr ausführlich beschrieben. Von Krimi keine Spur. Das Buch hat mich damals wahnsinnig runtergezogen, weil - jedenfalls in meiner Erinnerung - von Anfang an klar ist, dass es fürchterlich endet.

    Ich war von keinem anderen Buch jemals so enttäuscht, was natürlich auch an meiner Erwartungshaltung lag.

    Die späteren Bücher habe ich wieder gekauft, aber erst, wenn mir jemand aus meinem persönlichen Umfeld bestätigt hat, dass sie auch lesbar und echte Krimis sind. ;)

  • Hallohallo und vielen Dank für Eure Antworten :)


    Gummibärchen : Spricht ja erstmal schonmal dafür, dass du ungefähr weist wonach du ein Buch aussuchen solltest was du lesen möchtest oder? Voll gut! Also wenn dir quasi nicht direkt ein Buch einfällt, dann spricht es ja dafür, dass dich bisher kein Buch durch eine Enttäuschung emotional mitgenommen hat und du selten bis gar nicht daneben greifst ;)

    Wenn du sagst, dass dir bei Thrillern vielleicht die Auflösung nicht so prickelnd war, wie genau sieht das dann aus? Also was macht die Auflösung "nicht so prickelnd"?


    Tante Li : Ich habe die Titel von Jane Austen nicht gelesen, von daher kann ich jetzt nicht aus erster Hand mitsprechen. Fandest du denn, dass bei allen Dreien (also Persuasion, Emma, Pride & Prejudice) immer der Kritikpunkt ist, dass es nur so grob skizziert ist? Oder hat dir eigentlich noch mehr gefehlt?
    Ich weiß gar nicht, was noch so aus der Zeit stammt, eigentlich müsste man ja vergleichen können, was sonst so die Literatur zur damaligen Zeit war. Also vielleicht ist es ja im vergleich zu dem was sonst so existiert hat total ausgereift?


    Lorelle : Oh, tolles Beispiel! Ging es dir bei der Enttäuschung denn eher darum, dass es kein Krimi war wie du gedacht hattest, oder das es schlecht ausgegangen ist?



    Also um noch mal zwei-drei Sachen zu meiner Forschung zu erzählen, wonach Gummibärchen gefragt hatte: gestartet ist das ganze dadurch, dass ich den Begriff "parasoziale Beziehung" kennen gelernt habe. Das ist die Beziehung, die wir zu Figuren in den Medien haben (also sowohl reale Personen z.B. Jane Austen oder Angela Merkel, aber auch fiktive Figuren wie z.B. Harry Potter). Genau wie mit sozialen Beziehungen ist es dabei ja ganz unterschiedlich, wie intensiv oder wichtig die Beziehung ist und ob sie eher positiv oder negativ gestaltet ist.

    Es gibt insgesamt viele parallelen zwischen sozialen und parasozialen Beziehungen. Also zu Beginn der Forschung in den 50-60er Jahren ist man beispielsweise davon ausgegangen, dass vor allem die Menschen parasoziale Beziehungen aufbauen, die keine sozialen Beziehungen haben. Das konnte die Forschung so aber nicht zeigen, tatsächlich ist es sogar eher anders herum. Also eine Person, die wenig soziale Kontakte hat, weil sie z.B. nicht so empathisch ist, hat auch wenig parasoziale Kontakte. Wenn jemand mit echten Menschen kein Mitgefühl empfinden kann, wird die Person auch mit fiktiven Menschen kein Mitgefühl empfinden können.

    Ich habe mal irgendwann einen sehr netten TED Talk dazu gefunden - ist aber auf englisch. Falls jemand Interesse hat:

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    Kann auch gerne noch mal etwas weiter berichten oder auch auf wirklich Studien verweisen, falls interesse besteht. Will nur niemanden mit einem Monolog verschrecken :D

  • AryTheKiwi : Ganz klar beides. Ich hatte das Buch in der festen Erwartung gekauft, dass es ein Krimi ist, nur eben aus ungewöhnlicher Perspektive.

    Soweit ich mich erinnere, wurde es damals auch so vermarktet (an dieser Stelle schwimme ich etwas, es ist ganz schön lange her :gruebel).

    Nun lese ich sehr gerne, aber bei weitem nicht ausschließlich Krimis. Dieses spezielle Buch fand ich dann aber auch als Nicht-Krimi einfach nur furchtbar, weil es so durch und durch negativ war.