Historische Romane - Bevorzugt ihr Realität oder Wunschvorstellung?

  • Hallo alle! :)


    In der Rubrik "Historische Romane" werden sehr viele Romane aus dem historischen Genre vorgestellt und tw auch kommentiert.


    Ich erschließe mir gerade erst dieses Genre. Während des Geschichtsstudiums haben mir meine lieben Mitstudentinnen zwar oft solche Bücher empfohlen, aber meist hat mir das Reinschnuppern schon gereicht. Von den Profs waren wir meist gewarnt, aber mit den entsprechenden Kenntnissen merkt man selbst sehr schnell, dass oft schlampig recherchiert wird und in sehr vielen Fällen die geschichtlichen Tatsachen einer oft nicht mal sonderlich spannenden Geschichte geopfert werden ... :(


    Ich persönlich mag es nicht, wenn Geschichte nur als bunte Staffage benutzt wird - insbesondere nicht für hanebüchene Emanzipationsstories. :(
    Wenn ich einen historischen Roman lesen, möchte ich neben einer spannenden Geschichte auch etwas über das wirkliche Leben in der jeweiligen Zeit erfahren.


    Vermutlich geht das allen Freunden historischer Literatur so. Deshalb wundert es mich, wie oft eine bunte Schilderung, die sich der Autor nachweislich aus den Fingern gesaugt hat, als tolle Beschriebung von historischer Realität gelesen wird????


    Oder ist den meisten Leser das gar nicht wichtig?


    Grüßlis!

  • Hi,


    danke, vielen Dank das du dieses Thema angeschnitten hast! :-)


    Du weißt gar nicht, wie das Genre Historischer Roman ausgenutzt und missbraucht wird. Kaum ein anderes Genre wird derart verbogen und zurechtgestutzt.


    Dabei finde ich den Historischen Roman als bestes Genre neben Sachbüchern, da man mit den wahren Hist. Romanen lebendig Geschichte lernt. Geschichte in der Schule ist trocken. Geschichte aus guten Historischen Romanen ist lebhaft, lebendig, realistisch, faktenbezogen, ist einfach Menschheitsgeschichte.


    Aus meiner Erfahrung kann ich sagen, dass es mehr schlechte als gute Historische Romane gibt. Nur wenige verdienen wirklich das Prädikat Historischer Roman, die meisten eher den Namen Fantasy.


    Ein Historischer Roman muss folgendes Kritierum besitzen:
    Es muss unbedingt ein wirklicher geschichtlicher Hintergrund da sein.


    Ein positives Beispiel:


    Rebecca Gables "Das zweite Königreich" handelt eigentlich aus der Zeit von William, dem Eroberer. Sie wird erzählt durch die Geschichte von Caedmon of Helmsby, der als Sohn eines kleinen Anführers innerhalb von wenigen Jahren zum Hof von William kommt und dort alles hautnah miterlebt.
    Menschheitsgeschichte ist die Grundlage eines Historischen Romans. Fiktion muss natürlich etwas im Spiel sein, zB die Hauptfigur Caedmon. Aber wie die Menschen damals lebten, hausten, aßen und kämpften, dass muss geschichtlich stimmen.


    Das ist lebendige Geschichte, und das ist ein brillianter Historischer Roman. "Das zweite Königreich" ist meiner Meinung nach der momentan beste Historische Roman im deutschsprachigen Raum.


    Ein negatives Beispiel:


    Rebecca Gables "Die Siedler von Catan" wurde als Historischer Roman vermarktet, und das überall. Dabei basiert dieses Spiel nur auf einem Brettspiel, das Buch ist zu 99% fiktiv.


    Das ist das, was mich stört. So ein Buch wie "Die Siedler von Catan" ist kein Historischer Roman, sondern plumpe Fantasy. Und solche Bücher gibt es leider zuhauf, die sich als Historischer Roman ausgeben, kaum von Geschichte handeln und noch dazu schlecht recherchiert sind.
    Dies hat letztlich das Genre in den Schmutz gezogen, worauf die Literaturkritiker allseits sagten: Das Genre Historischer Roman ist tot.


    mfg

  • Stimmt, da kann ich wirklich nur Beifall spenden. Als schlimmsten Vertreter dieser Art von Historienschinken sehe die Buchreihe von Jean Auel "Ayla" an. Ein absoluter Krampf, in dem Steinzeitmenschen die Probleme von heute mit Emanzengehabe lösen. Schlimmer kann es nicht mehr kommen.


    Wie wohltuend hingegen ist die Serie von Colleen McCullough über das Rom Caesars, beginnend bei Marius und Sulla. Da ist noch ein zähes Recherchieren zu bemerken und die Sache hat wenigstens Hand und Fuß.


    Im Großen und Ganzen soll man wirklich aufpassen, was man sich da an Land zieht, resp. aus dem Regal kauft.

    Demosthenes :write
    Aus dem Klang eines Gefäßes kann man entnehmen, ob es einen Riß hat oder nicht. Genauso erweist sich aus den Reden der Menschen, ob sie weise oder dumm sind.

  • Hallo Historikus !


    Habe nun schon seit einiger Zeit Deine Ausführungen und Kritiken zum Thema " Historischer Roman" verfolgt !


    Mein Erstling war Rebecca Gables "Das Lächeln der Fortuna" - vermutlich der geeignete Einstieg in dieses Neuland - Genre für mich ! Eine wunderbare Story, mit geschichtlichem Hintergrund, die mich auf solches an sich neugierig gemacht hat.


    Danach folgten von Ken Follett " Die Säulen der Erde" und "Die Brücken der Freiheit" beides auch wieder totale Glücksgriffe fand ich !


    Danach folgten eine ganze Reihe Flops, welche mir dann auch total die Lust an dem Genre nahmen !


    Als Rebecca Gables "Das zweite Königreich" und "König der purpurnen Stadt" erschwinglich waren, habe ich mir diese nun auch gleich zugelegt !


    Auf der Suche nach mehr bin ich aber nun leider gescheitert, deshalb nun endlich zum Kern meines Beitrages :


    Welche historischen Romane kannst Du mir empfehlen ???


    Neben der geschichtlichen Stimmigkeit, sollte natürlich eine überzeugende spannende Story nicht fehlen :)


    Hast du evtl. ein paar gute Tipps für mich ? Ich würde mich sehr darüber freuen !


    Liebe Grüße


    Hannah

  • Ich lese noch nicht sehr lange Historische Romane. Möchte allerdings, da ich wahrscheinlich Geschichte studieren werde, dass die Geschichten auf historischen Tatsachen beruhen. Auch wenn es nicht um Könige, Kriege etc., sondern einfach um das Leben der Menschen in der entsprechenenden Zeit geht, will ich erfahren, wie es damals tatsächlich war, bzw. was man bis heute darüber herausgefunden hat.


    Ich muss zugeben, dass ich nicht wirklich beurteilen kann, ob die Geschichten nun auf gut recherchierten Details beruhen oder nicht und hoffe darauf, dass ich mich auf die Informationen, die man über ein Buch bekommt, verlassen kann und dass hier eben auch erwähnt wird, ob das Buch nun ein wirklicher Historischer Roman ist, oder nicht.


    Was ist eigentlich in dem Zusammenhang mit "Säulen der Erde"? Würde mich mal interessieren.

  • Bei historischen Romanen schätze ich besonders Umberto Eco, auch wenn ich zugeben muss, dass ich Baudolino nicht zu Ende gelesen habe, da ich ab dem Sarazenenreich von der Hauptfigur genug hatte.


    Dass Umberto Eco allerdings ein Fan von Borges ist und in seinem Roman Das Pendel von Foucault (Deutscher Titel? - war jetzt wortwörtlich übersetzt) die Figuren in dessen ehemalige Buchhandlung schickt (merkt man nur an der Strassenangabe) und auch andere Hinweise zu Borges versteckt, ist nicht jedem klar, der wenig von Ecos Bewunderung des argentinischen Autors weiss.
    Der Name der Rose ist da viel "realistischer", allerdings sollte man dann seine Lateinkenntnisse etwas aufpolieren.


    Dacia Marainis Stumme Herzogin ist auch ein Beispiel für gelungene Symbiose zwischen Fiktion und geschichtlicher Realität.


    Die Säulen der Erde fand ich auch ziemlich gelungen.


    Und besonders gut ist noch der bekannteste spanische Autor der Gegenwart - Arturo Pérez Reverte.
    El Capitán Alatriste (d. Tite?) ist ein ausgezeichnetes Beispiel.

  • Ich muss zugeben, wenn die Geschichte spannend ist, würde ich ein Buch nicht ablehnen, wenn es sich nicht an die historischen Ereignisse hält. Allerdings informiere ich mich immer und mache mir bewusst, ob es sich bei dem jeweiligen Buch um Geschichte oder um Fantasy handelt.


    Meine erster historischer Roman war Mamie 1780 - 1794 von Cili Wethekam. Es ist ein Jugendbuch und erzählt sehr anschaulich die Erlebnisse eines Mädchens zur Zeit der französischen Revolution in Paris.


    Ich denke, dieses Buch werde ich demnächst nochmal lesen.

  • Hallo ihr!


    "Die Säulen der Erde" ist ein gelungenes Beispiel, allerdings ist die deutsche Übersetzung nicht wirklich gut. Der Übersetzer hat den doch etwas gehobenen Stil, der die Geschichte um Prior Philip prägt, an den simpleren der Tom-Builder-Geschichte angepasst.
    Etwas problematisch ist auch die Tatsache, dass die bauplanerischen Fähigkeiten des gebildeten Mönchs als theoretisch fast schon abgetan werden - das ist modernes, "praxisnah"-empirisches Denken.
    Aber ansonsten ein wirklich empfehlenswertes Buch.


    Eco hatten wir schon ... Das ist natürlich ein Fall für sich! :)


    Außerdem kann man Lion Feuchtwanger nur empfehlen, "Die Jüdin von Toledo" und seine Josephus-Trilogie finde ich einfach nur fantastisch, obwohl nicht alles 100pro so verbürgt ist. Es stimmt einfach. Den "falschen Nero" kann man nur vor dem Hintergrund des Naziregimes verstehen, das ist aber dann schon ein ganz eigener Lesegenuss! :)


    Drei aktuelle Sachen, die mir zusagen, habe ich schon ins Forum Historische Romane gestellt.
    Davon ist "Die Herrin der Päpste" von Eric Walz noch das konventionellste Buch, aber diese Marozia war wirklich eine äußerst mächtige und umtriebige Frau.
    Michael Wilckes "Hexentage" hat seine Stärke in der Darstellung der Zustände im historischen Osnabrück, während die weibliche Hauptfigur mir zu emanzipiert ist.
    Außerdem habe ich mein derzeitiges Lieblingsbuch reingestellt, den "Tribun"! :anbet
    Dazu muss ich was erzählen: Ich war vor ein paar Jahren in einem Hauptseminar zur Arminius-Legende. Da ging es um die Germanenkriege unter Augustus und Tiberius und um die spätere Bedeutung des Arminius als erstem eigenen Nationalhelden. Die Autorin hat es fertiggebracht, fast alles in diesem Roman unterzubringen und obendrein eine wunderbare Geschichte zu erzählen, die wirklich alles hat. Es mag übertrieben klingen, aber dieses Buch gehört für mich in eine Klasse mit "Die Säulen der Erde"! :)


    Grüßlis!

  • Zitat

    Original von Oryx
    Dass Umberto Eco allerdings ein Fan von Borges ist und in seinem Roman Das Pendel von Foucault (Deutscher Titel? - war jetzt wortwörtlich übersetzt) die Figuren in dessen ehemalige Buchhandlung schickt (merkt man nur an der Strassenangabe) und auch andere Hinweise zu Borges versteckt, ist nicht jedem klar, der wenig von Ecos Bewunderung des argentinischen Autors weiss.


    Außerdem heißt Jorge von Burgos nicht umsonst Jorge von Burgos... :grin


    Mein liebstes ist und bleibt die skurille, fantastische, aberwitzige, bizarre "Insel des vorigen Tages"!


    Grüßlis von Eco-Fannin zu Eco-Fan! ;)

  • Demosthenes,


    Zitat

    Stimmt, da kann ich wirklich nur Beifall spenden. Als schlimmsten Vertreter dieser Art von Historienschinken sehe die Buchreihe von Jean Auel "Ayla" an. Ein absoluter Krampf, in dem Steinzeitmenschen die Probleme von heute mit Emanzengehabe lösen. Schlimmer kann es nicht mehr kommen.


    Sag mal, sind wir Seelenverwandt? :-)


    Unglaublich, aber auch ich sehe wenn ich von diesem Ayla-Schrott lese total rot!


    Unglaublich, wieviele Fans diese Reihe hat, obwohl derartiger historischer Mist in diesen "Büchern" fabriziert wurde.


    Wer davon sagt, er habe etwas aus diesen Büchern gelernt, da kann ich nur sagen: Vergesst es, denn es ist nichts wert. Eine reine Liebesromanserie, mit viel Fantasy.
    Da will ich gar nicht von den erlogenen Details sprechen.


    @ Hannah:


    Zitat

    Hast du evtl. ein paar gute Tipps für mich ? Ich würde mich sehr darüber freuen !


    Gerne:


    Mord im Tal der Könige von Cay Rademacher
    Mondfeuer von Donna Gillespie (2. Teil Mondschatten, du erfährst du viel über germanische Bräuche)
    Baudolino von Umberto Eco
    Kleopatra - Im Zeichen der Schlange von Obermeier
    SPQR - Eine ganze Reihe mit vielen Teilen
    Der Name der Rose
    Der Winterkönig von Bernhard Cornwell (3 Teile, die einzige Arthur-Saga die ich kenne, die es halbwegs realistisch meint)
    Ramses von Christian Jacq (einige Teile, aber Achtung, nicht alles glauben was hier überliefert wird, aber dennoch erträglich)
    Der Medicus von Noah Gordon
    Der Medicus von Saragossa von Noah Gordon


    Das sind bis jetzt alles meine Favoriten, alles andere was ich an Historischen Romanen gelesen habe ist absoluter Mist.


    Sorry, wenn ich irgendeinen guten noch vergessen habe.


    mfg

  • Also, ich spreche jetzt mal für eine Leserin, die schon in der Schule einige Schwierigkeiten mit dem Fach "Geschichte" hatte.... :grin


    Ich bin in der Historie nun wirklich nicht so bewandert, daß ich beurteilen könnte, ob ein historischer Roman gut oder schlecht recherchiert wurde. Aber ich kann beurteilen, ob mich eine Geschichte fesselt oder nicht !
    Sollte ich durch so einen Schmöker Interesse für ein historisches Thema entwickeln (z.B. bei Lektüre der "Päpstin" geschehen), kann ich mich ja auch dann zur Vertiefung einem Sachbuch widmen.
    Und was ich noch dazu sagen möchte: wir waren ja letztendlich alle nicht dabei, oder ??? Womit ich natürlich auch nicht gutheiße, wenn jemand mit historischen Fakten allzu spinnert umgeht, aber letztendlich handelt es sich um Romane und nicht um faktenreiche Sachbücher... Also kann der Autor von mir aus auch seiner Phantasie freien Lauf lassen, ich stell mich da nicht an....

    ...der Sinn des Lebens kann nicht sein, am Ende die Wohnung aufgeräumt zu hinterlassen, oder?


    Elke Heidenreich


    BT

  • Zitat

    Original von Historikus
    Mondfeuer von Donna Gillespie (2. Teil Mondschatten, du erfährst du viel über germanische Bräuche)


    Uh-ohhh... beide habe ich frustriert verschenkt. Gillespie macht eigentlich dasselbe wie MZB und Donna Cross: wir basteln uns ein ideales Germanien. Typisch Amerikaner. :fetch
    Die gesamte VuF ist spurlos an der Frau vorübergegangen. Sie hat nur die extrem ungenaue und von Ideologien beherrschte US-Literatur benutzt. Und das Zeug hat mich im Studium schon irre gemacht.
    Okay, die Eckdaten bei Dio und Tacitus stimmen, aber sonst nichts! :fetch


    Zitat

    Kleopatra - Im Zeichen der Schlange von Obermeier


    Obermeier ist - wie auch Gordian - sehr sehr anachronistisch. Den "Caligula" fand ich besonders schrecklich: Jedes gehässige Geschreibsel wird ernst genommen, Quellenkritik kennt der Mann nicht. :fetch


    Zitat

    SPQR - Eine ganze Reihe mit vielen Teilen


    Klasse und äußerst unterhaltsam, historisch sind daran aber nur die Daten. Ansonsten rumpelt hier ein moderner amerikanischer Ermittler durch eine Hollywoodkulisse. :)


    Zitat

    Ramses von Christian Jacq (einige Teile, aber Achtung, nicht alles glauben was hier überliefert wird, aber dennoch erträglich)


    Nee, wirklich nicht. Jacq ist Ägyptologe und wirbt fleißig für sein Fach, aber er ist einfach kein guter Schriftsteller und außerdem schummelt er sehr viel. :fetch


    Zitat

    Das sind bis jetzt alles meine Favoriten, alles andere was ich an Historischen Romanen gelesen habe ist absoluter Mist.


    Dann such dir mal einen Buchladen mit Leseecke und stöbere mal fleißig. Hier noch ein paar Tipps:
    Colleen McCullough - so gut wie alles (tausende von Seiten von Sulla bis Caesar!)
    Robert von Ranke-Graves: "Ich, Claudius, Kaiser und Gott"
    Marguerite Yourcenar: "Ich zähmte die Wölfin"
    Guido Dieckmann: "Luther"
    Simon Scarrow: "Im Zeichen des Adlers" und "Im Auftrag des Adlers" (Römer erobern Britannien)
    Tilmann Röhrig: "Wie ein Lamm unter Löwen" und "Wir sind das Salz von Florenz"
    Peter Berling: ALLES außer der "Ketzerin"
    Sabine Wassermann: "Goldhorus" und "Herrin zweier Länder"
    Nagib Machfus: "Echnaton, der in der Wahrheit lebt"
    Gabriel Garcia Marquez: "100 Jahre Einsamkeit" (Südamerika)
    Andreas Gößling: "Im Tempel des Regengottes"


    Zitat

    Sorry, wenn ich irgendeinen guten noch vergessen habe.


    Reicht das? :chen


    Grüßlis!

  • Antiope
    ich möchte deine Liste noch erweitern um
    Allan Massie: Caesar
    Allan Massie: Ich, Augustus
    Allan Massie: Ich, Tiberius
    Dafür finde ich Röhrig nicht so gut. Seine Schilderung der Staufer ist ein wenig einseitig und zu sehr auf effekthascherei ausgelegt.
    Übrigens, die SPQR-Serie von Roberts habe ich genossen, das Umfeld ist stimmig, die historischen Figuren sind authentisch und dass die Handlung ein wenig an Marlow erinnert, nun, das stört nicht sonderlich. Irgendeine Handlung muß ja stattfinden. Die Schilderungen des alltäglichen Lebens in Rom sind hingegen sehr genau getroffen und damit auch lehrreich.

    Demosthenes :write
    Aus dem Klang eines Gefäßes kann man entnehmen, ob es einen Riß hat oder nicht. Genauso erweist sich aus den Reden der Menschen, ob sie weise oder dumm sind.

  • (Warum hat das Forum mich grad rausgeschmissen??? :( )


    Fritzi


    Zitat

    Original von Fritzi
    Ich bin in der Historie nun wirklich nicht so bewandert, daß ich beurteilen könnte, ob ein historischer Roman gut oder schlecht recherchiert wurde. Aber ich kann beurteilen, ob mich eine Geschichte fesselt oder nicht !
    Sollte ich durch so einen Schmöker Interesse für ein historisches Thema entwickeln (z.B. bei Lektüre der "Päpstin" geschehen), kann ich mich ja auch dann zur Vertiefung einem Sachbuch widmen.


    Musstest du in dieses Wespennest stechen? :chen
    "Die Päpstin" hat mich RASEND gemacht! Ich finde, dass das Buch weder als Roman noch historisch etwas taugt. Bestenfalls zur Augengymnastik geeignet. Schrecklich!
    Aber es findet seine Leserinnen.
    Blöd nur wenn diese Leserinnen dann diese abstruse Verschwörungstheorie glauben. Da ist nämlich außer einer Unmenge an Kolportage und Polemik absolut nichts dran.
    Außerdem tut DC einer Zeit, in der die gesamte Bildungsvermittlung in den Händen der Frauen lag, total Unrecht. Sie nimmt einen Gesetzeskodex, der in einem Teil Europas Geltung hatte, und zimmert daraus ein religiös fanatisches, grausames, grundsätzlich Frauen verachtendes Mittelalter in Gesamteuropa. Und die Leserinnen nehmen ihr das vertrauensvoll ab, weil sie so schöööön erzählen kann!
    Schrecklich! :bonk


    Vielleicht verstehst du, dass es mich als Historikerin irre macht, gegen falsche Vorurteile kämpfen zu müssen, die seit Jahrzehnten widerlegt sind, aber durch solch süßes Gift noch immer in die Köpfe gepumpt werden. :fetch


    Zitat

    Und was ich noch dazu sagen möchte: wir waren ja letztendlich alle nicht dabei, oder ??? Womit ich natürlich auch nicht gutheiße, wenn jemand mit historischen Fakten allzu spinnert umgeht, aber letztendlich handelt es sich um Romane und nicht um faktenreiche Sachbücher... Also kann der Autor von mir aus auch seiner Phantasie freien Lauf lassen, ich stell mich da nicht an....


    Dann möchte ich das allerdings bitte an der Aufmachung erkennen können, damit ich nicht auf die Nase falle und mein Geld für etwas ausgebe, dass es meiner Ansicht nach nicht wert ist. :)
    Wenn ich Cola bestelle, möchte ich Cola haben und keine klebrige Waldmeisterbrause. Und wenn ich einen guten Chianti trinken will, dann sollte man mir keine verpanschte Plörre verkaufen.
    Wo "historisch" draufsteht, sollte "historisch" drin sein. Ansonsten gibts genügend andere Etiketten: "Romanze", "Fantastik" usw.


    Bitte nicht böse sein, liebe Fritzi! Ich habe der Ref-Zeit soviel Mist aus den Köpfen fegen müssen, der in solchen "fesselnden Romanen" kolportiert wird, dass ich auf dieses Zeug allergisch reagiere. Ich kenne viele Lehrer, die geben auf angesichts dieser Übermacht der Propaganda und beschränken sich auf die reine Datenvermittlung. Für die Aufklärung bleibt einfach keine Zeit!
    Dieses Zeug richtet wirklich enormen Schaden an! Ich finde nämlich nicht, dass es egal ist, ob man ein möglichst realistisches Bild bekommt oder ein völlig falsches - bloß weil niemand von uns dabei gewesen ist.
    (Das ist nämlich eine Begründung, die den Auschwitz-Leugnern zupass käme - von uns und denen ist nämlich eigentlich auch niemand mehr dabei gewesen! :bonk )


    Grüßlis!

  • Demosthenes


    Zitat

    Original von Demosthenes
    Allan Massie: Caesar
    Allan Massie: Ich, Augustus
    Allan Massie: Ich, Tiberius


    Mit Einschränkung, ja. Das ist auch alles sehr amerikanisch geprägt. Er beschreibt meiner Ansicht nach "Zustände wie im Alten Rom", also weniger die Realität sondern eine verbreitete Vorstellung. ;)
    Viel mehr als ein modernisierter Sueton ist es sowieso nicht und literarisch schneidet er schlecht ab. ;)


    Zitat

    Dafür finde ich Röhrig nicht so gut. Seine Schilderung der Staufer ist ein wenig einseitig und zu sehr auf effekthascherei ausgelegt.


    Sie ist einseitig, aber sie stimmt mit der Forschung weitgehend überein. Und das war Kriterium. Friedrich II war ein extremer Mensch und seine erotischen Eskapaden und seine Willkürlichkeit sind legendär. ;)
    Röhrigs Darstellung des Florenz der Renaissance ist übrigens brillant.


    Zitat

    Übrigens, die SPQR-Serie von Roberts habe ich genossen, das Umfeld ist stimmig, die historischen Figuren sind authentisch und dass die Handlung ein wenig an Marlow erinnert, nun, das stört nicht sonderlich. Irgendeine Handlung muß ja stattfinden. Die Schilderungen des alltäglichen Lebens in Rom sind hingegen sehr genau getroffen und damit auch lehrreich.


    Siehe oben zui Massie: Wir haben in einer Übung zur Altags- und Sozialgeschichte Roms mal Vergleiche gezogen. Lindsay Davis schnitt recht gut ab, Roberts hat seine Kenntnisse aus veralteten US-Sachbüchern. Da stimmt das meiste leider nicht wirklich. Allerdings ist es so gut geschildert, dass es wie echt wirkt. Und da die Eckdaten korrekt sind, denkt man leicht, dass alles richtig ist. ;)


    Ich hab den wunderbaren Julian-Roman von Gore Vidal vergessen! Der ist ein echter Lesegenuss!!! :hop


    Grüßlis!

  • Hallo,


    Fritzi:


    Zitat


    Ich bin in der Historie nun wirklich nicht so bewandert, daß ich beurteilen könnte, ob ein historischer Roman gut oder schlecht recherchiert wurde. Aber ich kann beurteilen, ob mich eine Geschichte fesselt oder nicht !
    Sollte ich durch so einen Schmöker Interesse für ein historisches Thema entwickeln (z.B. bei Lektüre der "Päpstin" geschehen), kann ich mich ja auch dann zur Vertiefung einem Sachbuch widmen.
    Und was ich noch dazu sagen möchte: wir waren ja letztendlich alle nicht dabei, oder ??? Womit ich natürlich auch nicht gutheiße, wenn jemand mit historischen Fakten allzu spinnert umgeht, aber letztendlich handelt es sich um Romane und nicht um faktenreiche Sachbücher... Also kann der Autor von mir aus auch seiner Phantasie freien Lauf lassen, ich stell mich da nicht an....


    Liebe Fritzi, tut mir leid, aber das tut mir als Historischer Roman-Fan weh!


    Warum glaubst du das ein Historischer Roman historisch heißt? :-) Der Name sagt schon alles, und ein historischer Roman muss einen wahren historischen Hintergrund haben, die nicht irgendwie verwischt und verdreht werden, zum Gunsten des Autors. Es gibt nichts schlimmeres, als Geschichte zu ändern und zu verdrehen. Die Gefährlichkeit ist gar nicht auszudenken.


    Wenn ein ein Liebesroman auf dem Buchcover steht, erwartest du dir einen Liebesroman. Warum erwartest du nicht von einem Historischen Roman, dass die historischen Begebenheiten stimmen? ;-)


    Es wurde viel herausgefunden, man weiß, wie die Menschen in gewissen Zeiten gelebt haben. Warum müssen wir dann damals dabei gewesen sein, um zu wissen, ob der Roman seriös ist?


    Ist es wirklich so, dass beim lesen diverser Genres nur auf Unterhaltung gesetzt wird? Ist es nicht wichtig, dass uns der Autor nicht irgendeinen vollkommenen Quatsch vorsetzt? Aber wenn es unterhaltet, ist es doch wurscht, ob der geschichtliche Hintergrund stimmt.
    Das ist ziemlich schlimm.


    @Atiope:


    Stimmt, auch bei meinen angeführten Romanen gibt es Ungereimtheiten. Aber noch lange nicht so wie bei der "Päpstin" oder bei "Ayla" :-)
    Diese sind noch halbwegs erträglich


    Zu deiner Liste könnte ich noch eines hinzufügen:


    "Der Assyrer" von Nicholas Guild.


    mfg

  • Wie sieht es denn mit dem Buch "Heinrich VIII." von Margarete George aus? Das wollten wir in der nächsten Leserunde Anfang/Mitte Mai lesen. Weiß denn jemand, wie 'historisch' dieses Buch ist?

    "Nicht wer Zeit hat, liest Bücher, sondern wer Lust hat, Bücher zu lesen, der liest, ob er viel Zeit hat oder wenig."

    - Ernst Reinhold Hauschka

    Zitat

  • Zitat

    Original von Historikus
    Stimmt, auch bei meinen angeführten Romanen gibt es Ungereimtheiten. Aber noch lange nicht so wie bei der "Päpstin" oder bei "Ayla" :-)
    Diese sind noch halbwegs erträglich


    Stimmt. Ich konnte wieder mal nicht an mich halten. Sorry! :wave


    Ich habe mal ein Unterrichtsprojekt Frühmittelalter in einem Geschi-GK gemacht. In der ersten Stunde ging die femninistische Debatte los, alles auf der Basis von Donna Cross Buch! Ich musste das Thema Päpste aus diesem Projekt streichen und alles neu strukturieren. Es gab keine Chance auf die Mädchen einzuwirken, die waren völlig fanatisiert - von einem ROMAN! :fetch


    Zitat

    "Der Assyrer" von Nicholas Guild.


    Kenn ich noch nicht ... mal schaun. :)


    Grüßlis!

  • Zitat

    Original von Morgana
    Wie sieht es denn mit dem Buch "Heinrich VIII." von Margarete George aus? Das wollten wir in der nächsten Leserunde Anfang/Mitte Mai lesen. Weiß denn jemand, wie 'historisch' dieses Buch ist?


    "Magdalena" und "Kleopatra" finde ich einfach nur grauenhaft, aber das muss wirklich nichts über ein anderes Buch von Margaret George aussagen (Berlings "Ketzerin" find ich auch daneben). "The Autobiography of Henry VII" wurde ziemlich gelobt. Ich kenns nicht.


    In Amerika gibt es offenbar ein ganz bestimmtes Bild von Antike und Mittelalter, das mit der Realität wenig bis gar nichts zu tun hat. Man merkt das sogar in der Forschungsliteratur. Das ist oft zum Haareraufen! :lache


    Grüßlis!

  • Zitat

    Ich habe mal ein Unterrichtsprojekt Frühmittelalter in einem Geschi-GK gemacht. In der ersten Stunde ging die femninistische Debatte los, alles auf der Basis von Donna Cross Buch! Ich musste das Thema Päpste aus diesem Projekt streichen und alles neu strukturieren. Es gab keine Chance auf die Mädchen einzuwirken, die waren völlig fanatisiert - von einem ROMAN!


    Grins, da kommt bei mir Mitleid auf. ;-)


    Es ist schon schlimm, welche Macht der Mainstream hat. Offenbar muss ein Buch nur unterhaltsam, populistisch und wilde Theorien aufstellen, dann wird es gekauft, hochgelobt bis zum geht nicht mehr. Es muss auch die Möchtegern-Wünsche der Menschen befriedigen, da sind anscheinend Sinn, Logik und Fakten egal. :-(
    Irgendwie scheint es an Ansprüchen zu mangeln bzw. an kritischer Denkweise.
    Vielleicht gibt es auch einen zu hohen Autorenbonus. Von Gable und Cross muss anscheinend alles gut sein, ohne Erbarmen. Wenn ich bedenke, dass ich 25 Euro für den angeblich Historischen Roman von Gable "Die Siedler von Catan" ausgegeben habe, nur weil es halt ein Gable ist, dann wird mir jetzt noch schlecht. Jedenfalls habe ich von dieser Sache gelernt. :-)


    Ich fand "Die Päpstin" auch unterhaltsam, mich hat es teilweise vom Hocker gerissten. Erst als ich genauer recherchierte bin ich zur Überzeugung gekommen, dass der Inhalt absoluter Mist ist.


    mfg