Rebecca Gablé - Rabenthron

  • Kurzbeschreibung (Quelle: Verlagsseite)

    England im Herbst 1013: Um den dänischen Gefangenen Hakon bei Hofe abzuliefern, reist der junge Engländer Ælfric of Helmsby nach London. Die Stadt liegt in Trümmern, denn dem schwachen König Ethelred gelingt es nicht, sein Reich gegen die ständigen Wikingerüberfälle zu schützen.

    Doch anders als England und Dänemark sind Ælfric und Hakon keine Feinde - während der gefährlichen Reise sind sie zu Freunden geworden. Bald schon gehören sie zum inneren Kreis um die machtbewusste Königin Emma. Aber der Widerstand der Engländer droht zu brechen, und als der dänische König stirbt, steht bald ein noch gefährlicherer Feind vor den Toren ...


    Autorin (Quelle: Verlagsseite)

    Rebecca Gablé war Bankangestellte auf einem Stützpunkt der Royal Air Force, Studentin und anschließend Dozentin der Literaturwissenschaft und anglistischen Mediävistik (der Lehre vom englischen Mittelalter) und Literaturübersetzerin. Während dieses wechselvollen Berufslebens hat sie immer auch geschrieben und veröffentlichte 1995 ihren ersten Kriminalroman JAGDFIEBER. Seit 1997 mit ihrem historischen Roman DAS LÄCHELN DER FORTUNA der Durchbruch kam, arbeitet sie als freie Autorin. Sie lebt mit ihrem Mann am Niederrhein und unweit von Valencia in Spanien, reist aber auch gern und häufig zur Recherche nach England. Ihre historischen Romane und ihr Buch zur Geschichte des englischen Mittelalters wurden allesamt Bestseller und in viele Sprachen übersetzt. Besonders die Romane um das Schicksal der Familie Waringham genießen bei Historienfans Kultstatus. Rebecca Gablés zweite große Leidenschaft ist die Musik. Sie spielt Klavier und singt gelegentlich in einer Band.


    Allgemeines

    Dritter Band der Helmsby-Reihe, chronologisch jedoch der erste

    Erschienen bei Bastei Lübbe am 18. August 2025 als HC mit 896 Seiten

    Gliederung: Verzeichnis historischer und fiktiver Romanfiguren – Landkarte Englands und Frankreichs zur angelsächsischen Zeit – Roman in vier Teilen, die einzelnen Kapitel sind jeweils mit Orts- und Zeitangabe überschrieben – Autorennachwort und Danksagung

    Erzählung in der dritten Person aus wechselnden Perspektiven

    Handlungsorte und -zeit: verschiedene Orte in England und Frankreich, 1013 bis 1041


    Inhalt

    Der Roman schildert die instabile Lage Englands in der ersten Hälfte des 11. Jahrhunderts, die von ständigen Überfällen dänischer Wikinger geprägt ist. König Ethelred ( Æthelred the Unready) ist eine schwache Persönlichkeit und völlig ungeeignet, sein Volk in dieser schweren Zeit angemessen zu führen und zu schützen. Seine wesentlich jüngere zweite Frau, Königin Emma von der Normandie, ist aus anderem Holz geschnitzt, wird aber von ihrem Mann lediglich als „Zuchtstute“ gesehen und ansonsten ignoriert oder schikaniert.

    Nach dem Tod ihres jämmerlichen Gemahls heiratet Emma dessen Nachfolger, den Dänenkönig Knud, der England einige Jahre des relativen Wohlstandes und Friedens bringt, aber leider relativ jung verstirbt.

    Nach Knuts Tod gibt es immer wieder Kämpfe um den Thron unter den zahlreichen Prinzen aus den Ehen Ethelreds und Knuds, bei denen intrigante und brutale Adelige die Hand im Spiel haben, um ihre eigenen Interessen zu vertreten.

    Die ganzen Jahre hindurch stehen (der fikitive) Ælfric von Helmsby, sein dänischer Freund Hakon und der clevere Mönch Eilmer von Malmesbury an der Seite Emmas und ihrer Kinder, Ælfrics Sohn Penda begleitet Emmas Söhne Edward und Alfred in ein jahrelanges Exil nach Frankreich und es ist lange ungewiss, ob sie jemals wieder in ihre Heimat zurückkehren können.


    Beurteilung

    Der dritte Band der Helmsby-Reihe ist vor „Das zweite Königreich“ und „Hiobs Brüder“ chronologisch der erste und sollte möglichst zuerst gelesen werden.

    Der Roman ist überaus komplex, was neben den ständig wechselnden politischen Entwicklungen auch an der Fülle historischer Romanfiguren und verwickelter verwandtschaftlicher Beziehungen zwischen Angelsachsen, Normannen und Dänen liegt und durch die Tatsache, dass bestimmte Namen in den Adelsfamilien immer wieder vorkommen, noch verstärkt wird.

    Es ist das große Verdienst Rebecca Gablés, diese komplexen Sachverhalte auf überaus fesselnde Weise verständlich zu transportieren und dem Leser so einen wunderbaren Einblick in die Geschichte Englands in der späten angelsächsischen Epoche zu verschaffen. Die Zeit vor der normannischen Eroberung wird im Allgemeinen bei Romanen zur englischen Geschichte eher stiefmütterlich behandelt.

    Die Autorin hat die historischen Fakten nach Quellenlage bestmöglich recherchiert und - wie gewohnt - den historischen Persönlichkeiten ein paar fiktive Menschen zur Seite gestellt, bei Letzteren lässt sie ihrer Fantasie freien Lauf. Allerdings spielen sich im Laufe der Handlung, die oft schonungslos und brutal geschildert wird, ungeheuerliche Szenen ab, die tatsächlich historisch verbürgt sind.

    Die Charakterisierung der Romanfiguren ist differenziert ausgearbeitet, wenngleich manchmal deutlich wird, bei wem die Sympathien und Antipathien der Autorin liegen. Besonders beeindruckend ist die Darstellung der Königin Emma, die mit Stärken (Klugheit, strategisches Denken und stets würdevolle Selbstbeherrschung) aber auch Schwächen (sie ist als Mutter relativ lieblos und parteiisch) ausgewogen präsentiert wird.

    Ein ausführliches Autorennachwort mit Informationen zu Fakten und Fiktion rundet den gelungenen Roman perfekt ab.


    Fazit

    Komplexe angelsächsische Geschichte verständlich und überaus fesselnd aufbereitet – ein literarischer Hochgenuss!

    10 Punkte

    ASIN/ISBN: 3757701305

  • England 1013. König Ethelred, der Unberatene, hat es immer wieder mit Wikingerüberfällen zu tun, die das Land verwüsten. Doch anstatt die Dänen aus dem Land zu jagen zahlt er hohe Tribute und trotzdem kommt es immer wieder zu Überfällen. In dieser Zeit begleiten wir Aelfric von Helmsby und Hakon, einen gefangenen Dänen, die ihren Weg an den Hof von Ethelred finden und dort zu treuen Begleitern der Königin Emma werden. Deren Leben ist es auch, das wir am Ende durch das Buch begleiten. Emma war zweimal Königin von England und Mutter von ebenfalls 2 Königen. Eine bemerkenswerte Frau in dieser Zeit, die es leid war sich von den Männern ihrer Umgebung verschachern zu lassen.


    Dieses Buch ist zeitlich gesehen der erste Teil der Helmsby Reihe von Rebecca Gablé und bereits der dritte Band der Reihe. Wie bei jedem Buch der Autorin konnte ich es nicht erwarten mit dem Lesen zu beginnen.

    Schnell war ich wieder in der Welt, in dem die Helmsbys die Lücken der Geschichtsschreibung füllen. Das Buch umfasst den Zeitraum von ca. 40 Jahren und neben Aelfric begleiten wir auch Penda, seinen Sohn. Ich fand es wieder sehr spannend in eine Zeit einzutauchen, mit der ich mich noch nicht so ausführlich beschäftigt habe. Und wie immer habe ich eine Menge gelernt. Emma war mir so noch nicht bekannt und sie war definitiv eine Frau, die das damalige Weltgeschehen geprägt hat. Als Schwester des Herzogs der Normandie wurde sie als junges Mädchen mit dem Angelsachsen Ethelred verheiratet und bekam drei Kinder von ihm. Als Ethelred stirbt, wirbt sein Nachfolger Knut der Große, seines Zeichens Däne und der erbitterte Gegner Ethelreds, um sie. Sie heiratet ihn, hat aber Bedingungen. Dummerweise führen diese Hochzeiten und die Kinder der unterschiedlichen Könige in ihrem Leben und der Geschichte Englands zu heftigen Debatten um die rechtmäßige Thronfolge.


    Mir hat dieses Buch wieder sehr gut gefallen. Man gerät in einen Leseflow und möchte gar nicht mehr aufhören. Die Familiengeschichte der Helmsbys nimmt hier ihren Anfang und wird dann in „Das zweite Königreich“ fortgeführt, in dem wir vor allem Aelfrics Urenkel Caedmon und seine Geschwister begleiten. Ich fand es einfach toll dem Lebensweg von Penda und Aelfric zu folgen, jeder anders, doch beide sympathisch. Und da ich gerade so schön im Lesefluss war, habe ich jetzt einen ReRead von „Das zweite Königreich“ begonnen.


    Ich kann auch diesen historischen Roman aus der Feder von Rebecca Gablé wieder empfehlen. Es macht einfach Spaß ihre toll recherchierten Bücher zu lesen. Hier wird geschichtliches Wissen ganz nebenbei vermittelt.


    10 von 10 Punkte

  • Wieder eine spannende Reise ins mittelalterliche England, nur das Ende wirkte etwas überhastet

    * * * *

    Vor einigen Jahren verschlang ich etliche Bücher der Autorin Rebecca Gablé regelrecht. Dann hatte ich eine mehrjährige krankheitsbedingte Lesepause und widmete mich danach erst einmal hauptsächlich den Genres Fantasy und Krimis/Thriller. Vor nicht allzu langer Zeit entdeckte ich für mich auch das Genre Historische Romane neu und als kürzlich das neuste Werk der Autorin Rabenthron bei NetGalley als Rezensionsexemplar angeboten wurde, fragte ich es an und freute mich, es wenig später auf meinem Kindle lesen zu können.


    Herbst 1013 in England: Das Land leidet unter den ständigen Wikingerüberfällen und dem schwachen König Ethelred gelingt es, aufgrund falscher Ratschläge seiner Vertrauten und darauf zurückzuführende schlechte Entscheidungen, nicht, sein Land zu schützen. Nun hat der junge Ælfric of Helmsby einen Dänen gefangengenommen. Statt diesen seinem Thane zu überlassen, flieht er mit ihm und seinem Sohn Penda, um ihn bei Hofe abzuliefern.


    Allerdings freunden sich die beiden Männer während der gefährlichen Reise an und werden schon bald zu Beschützern und Vertrauten von Königin Emma. Diese beweist deutlich mehr politisches Geschick als Ethelred und versteht es auch nach dessen Tod, ihre Kinder in Sicherheit zu bringen und ihre eigene Position durch die Heirat mit dem neuen König zu sichern. Doch was passiert, wenn letzterer ebenfalls das Zeitliche segnet?


    Rabenthron ist, nach Das zweite Königreich und Hiobs Brüder, der dritte Teil der Helmsby Reihe. Obwohl ich noch weiß, dass ich die beiden Vorgänger damals mit Begeisterung gelesen habe, kann ich mich an die Inhalte gar nicht mehr erinnern. Das war aber überhaupt nicht schlimm, denn für das Verständnis brauchte ich das Vorwissen aus diesen beiden Büchern nicht. Aufgrund des gewohnt flüssigen und lebendigen Schreibstils sowie der mir immer sympathischer werdenden Hauptfiguren, machte mir das Lesen von Rabenthron wieder richtig viel Spaß. Ich brauchte zwar, aufgrund von Stress im realen Leben, der mir Lesezeit raubte, etwas länger für dieses Buch als gewohnt, freute mich aber jedes Mal, wenn ich zu der Geschichte zurückkehren konnte und war auch immer sofort wieder drin.


    Geschrieben ist die Geschichte in der dritten Person aus den Perspektiven verschiedener Charaktere an verschiedenen Orten. Die Handlung ist in vier Abschnitte gegliedert. Sie beginnt im Jahr 1013 und endet im Jahr 1041. Voran gestellt ist ein Personenregister, danach gibt es noch interessante Erklärungen der Autorin zu den Teilen der Handlung, die tatsächlich historisch überliefert sind. Auf mich wirkte fast alles in der Geschichte so, als könnte es sich wirklich so zugetragen haben. Lediglich das Ende empfand ich als etwas überhastet. Hier kam für mich auch nicht verständlich rüber, dass es tatsächlich Hardeknud selbst war, der seinen letzten lebenden Halbbruder zurück nach England bat und warum. Daher rechnete ich bei Edwards Ankunft mit einer ganz anderen Reaktion.


    Insgesamt hat mir aber auch dieses Buch der Autorin wieder sehr gut gefallen und ich habe sogar große Lust bekommen, die beiden Vorgängerbücher nochmals zu lesen. Mal sehen, wann ich die Zeit dafür finde.


    ASIN/ISBN: B0F24K2WJK

  • Ich liebe die historischen Romane einfach, mit denen Rebecca Gablé es schafft, historische Welten vor meinem Auge wie einen Film zu gestalten.


    Allein schon die Ausstattung des Buchs ist unübertroffen. Ich habe die Ausgabe mit Farbschnitt gekauft und sie ist wunderschön. Beim Lesen ist es, als würde man auf ein Kirchenfenster schauen. Dazu das Personenregister, das Lesebändchen, ein Nachwort und immer wieder Zeichnungen zu Beginn der Abschnitte.


    Hervorragend gefällt mir auch, dass bei den weiteren Titeln der Autorin die empfohlene Reihenfolge aufgeführt ist, in der man die Bücher lesen sollte, nicht das Erscheingungsdatum. Das ergibt auf jeden Fall Sinn, wenn man sich den Reihen zum ersten Mal annimmt oder sie erneut lesen will.


    Wir lesen uns durch die Geschichte Englands in den Jahren 1013 - 1045. Das Haus Helmsby ist fiktiv, dient es uns doch aber als Beispiel, wie das Volk Englands damals gelebt haben könnte. Es gibt Widerlinge und die Gerechten, die Verbannten und die Kämpfer für den König oder gegen ihn.


    Die Personen sind allesamt detailreich geschildert und so hatte ich schon von Beginn an einen Narren an Aelfric und Penda gefressen, während sich bei Onkel Dustand und sein Sohn Offa meine Nackenhaare hochstellten.


    England ist gebeutelt durch die Angriffe der Dänen, die sich das Land einverleiben wollen. Es gibt Schlachten, die aber überschaubar sind und Kämpfe um die Vorherrschaft. Wir reisen in die Normandie, an den Hof von Königin Emmas Bruder Richard, erleben Alltag und Festtage mit, das Bangen um die englische Vorherrschaft und ob England in dänische Hand geraten könnte.


    Und ich bin mit all den englischen, dänischen und normannischen Protagonisten durch die Zeit gereist, habe das Buch verschlungen und dann doch wieder verzögert, weil ich einfach nicht wollte, dass es endet. Ich habe Emma für ihr Verhandlungsgeschick bewundert und sie für so manche Gefühlskälte und Strategie verflucht. Penda of Helmsby und sein Vater Aelfric haben mein Herz gewonnen und ich habe Knud bewundert, aber auch gefürchtet. Mein heimlicher Liebling ist natürlich Bruder Eilmer.


    Alles in allem war es ein tiefes Eintauchen in die Geschichte, die mir deutlich vor Augen stand und ich habe jede Seite genossen.


    10 Punkte

  • Rebecca Gable findet in mir einen treuen Leser, so musste ich das neue Werk "Rabenthron" auch direkt lesen. Die beiden anderen Helmsby-Teile habe ich auch bereits gelesen oder gehört - das ist allerdings schon etwas her. Und auch wenn ich historische Romane über England sehr gerne lese, die Könige, Abläufe und Namen prägen sich bei mir nicht unbedingt ein. Daher bin ich mir recht wenig "Vorwissen" in dieses Prequel gestartet.


    Aufgeteilt in vier Teile mit teilweise deutlichen Abständen in der Zeit, geht es in Rabenthron um die Zeit von König Knud sowie die Jahre davor und danach. Fixpunkt ist Aelfric Helmsby und sein Sohn Penda, also wie bei ihr bekannt eine fiktive Familie, die mit vielen historischen Personen interagiert. Auf den Inhalt möchte ich auch gar nicht weiter groß eingehen, das ist in den Postings vorab bereits geschehen.


    Der Lesefluss war wieder hervorragend, ich hatte Zeit und konnte die knapp 900 Seiten daher in wenigen Tagen lesen. Gable schafft es, bei vielen Personen, die teilweise auch noch ähnlich heißen, mir so Orientierung zu geben, dass ich gar nicht groß nachdenken muss. Dadurch entsteht ein Sog, denn ich will wissen, wie es den liebgewonnen Charakteren ergeht, welche Schurkereien die klassischen Bösewichte ersinnen. Und auch wenn es wie bei ihr immer klar "gute" und "böse" Charaktere gibt, gibt es auch wieder Graustufen. Hohe Schreibkunst wie immer, das hat mir gut gefallen.


    Was mir leider aber auch aufgefallen ist, der Umfang ist imens, es musste viel mit herein. Aber an einigen wichtigen Stellen ging es mir einfach viel zu schnell, was das Verhalten der Charaktere angeht. Vielleicht hätte doch das eine oder andere Ereignis übersprungen werden können? Ich weiß es nicht. Ein Beispiel möchte ich nennen, aus dem ersten Teil ziemlich am Anfang, daher sehe ich hier keine Spoilergefahr:

    Wie ist es passiert, das Aelfric und Hakon so schnell beste Freunde werden? Die Annäherung während der Reise fand ich sehr unrealistisch und hat mir zu Beginn schon den Spaß verdorben.


    Leider gab es da noch weitere Punkte, die ich nicht nachvollziehen kann, daher wird es sicherlich auch nicht mein liebster Gable. Ein hervorragender historischer Roman, aber mit leichten Abzügen bei der Charakterentwicklung, da teilweise sehr konstruiert und zu viel abseits der Seiten stattfindet.