Genregrenzen - Der Blick über den Tellerrand

  • Mein Teller ist so groß, dass ich den Rand gar nicht erst sehen kann. Wenn ein Buch gut, spannend und interessant geschrieben ist, lese ich es. Dann ist es mir egal, ob es sich um SF, Fantasy oder einen historischen Roman handelt. Mir fällt spontan kein Genre ein, das ich nicht schon ausprobiert hätte. Und wenn mir ein Buch nicht gefällt, dann liegt es nicht am Genre, sondern am Schreibstil oder am Spannungsfaktor.

  • Im Grunde mag ich auch vieles - aber eben bei weitem nicht alles. Ich denke, es hängt auch mit den Erfahrungen zusammen, die man mit bestimmten Genres macht. Ich habe zum Beispiel einmal - vor Jahren - einen historischen angefangen zu lesen. Danach habe ich bis Ende letzten Jahres keinen mehr angerührt.

    Ich, ohne Bücher, bin nicht ich.


    Bücher sind lebensnotwendig. Ohne Bücher existiere ich. Aber ich lebe nicht.

  • Zitat

    Original von Batcat
    Ich greife auch gerne mal zum trivialen Buch. Allerdings gibt es einen hauchdünnen Unterschied zwischen leichter und seichter Literatur. Manch vielversprechendes leichtes Buch driftet irgendwann ins seichte ab. Das ist mir dann zu blöd.


    Das ist für mich der Unterschied zwischen "unterhaltend" und "trivial". "Trivial" ist per definitionem "seicht". :grin

  • Zitat

    Original von Taschenbuch
    Ich habe mich dank der hier anzutreffenden starken Leserschaft historischer Romane in dieses bisher fast unbekannte Gefilde aufgemacht (meine heißgeliebten Feuchtwangers zählen da irgendwie nicht) und dabei zwei gute Erfahrungen gemacht und anhand zweier weiterer beschlossen, dass dieses Genre doch nicht mein Fall ist.


    Das liegt nicht am Genre, sondern am Mainstream in diesem Genre, würde ich sagen. Die meisten historischen Romane sind ohnehin keine, denn was da unter "Mittelalter" oder auch "Antike" läuft, ist Fantasy pur, nur ohne Elben. :pille


    Es gibt Romane, die geben vor historisch zu sein und in ferner Vergangenheit zu spielen und sind direkte Abkömmlinge der Schmonzetten aus Rokoko und Biedermeier, als die Namen antiker Heroen dazu verbraten wurden, ziemlich verwickelte Liebesabenteuer zu zimmern ...

  • Zitat

    Original von Iris
    Das liegt nicht am Genre, sondern am Mainstream in diesem Genre, würde ich sagen.


    Hmmm.... wenn die fette Mitte einer Verteilung nicht die Gesamtheit definiert, was dann? :gruebel Mainstream ist doch wohl gerade das, was mitten reinfällt in ein Genre und dort kräftig vertreten ist.


    Ich weiss natürlich, was du meinst, Iris . Das Problem ist dann wohl eher, dass Etikettenschwindel betrieben wird oder aber sich die Definition verschoben hat und das, was eigentlich das Genre definieren sollte, zur Randerscheinung geworden ist. Der oben zitierte Mainstream ist wohl eigentlich ein anderes Genre - das des historischen Unterhaltungsromans, wenn ich euch richtig verstanden habe.

    Surround yourself with human beings, my dear James. They are easier to fight for than principles. (Ian Fleming, Casino Royale)

  • Nette Frage!


    Ich habe bei mir jede Menge großer Teller stehen und nasche mal hier, mal da, manchmal nehme ich mir auch einen richtig großen Bissen nur aus einem Teller, bis ich zu einem anderen wechsle.


    Der einzige Teller, der bei mir fehlt ist: Frau wird von der Liebe enttäuscht, geht ihren Weg einsam und findet trotz allem ihre große Liebe - meist mit dem Nackenbeißer-Cover. Bleiben sogar bei einem Euro auf dem Wühltisch links liegen. Wobei, in ein interessantes Thema eingebunden, stört es mich nicht (wie zuletzt bei Renate Kampmann: Die Macht der Bilder). Aber solch einen Text auf dem Cover und ich lasse es fallen wie eine heiße Kartoffel.


    Meine heimliche Liebe gehört aber der Phantastischen Literatur, die für mich allerdings sehr viele Genres umfaßt, wie u.a. Fantasy, SF, Horror, Schauerromane. Hier gibt es immer wieder Kleinode zu entdecken, die manchmal schon im 19. Jahrhundert geschrieben wurden und häufig auch zu den Klassikern zählen.


    Sonst habe ich derzeit einen Abneigung gegen Serienkiller-Romane, da es meist nur noch um den Schockeffekt durch detailliert beschriebene Metzeleien geht.


    Delphin

    Zitat

    Ich denk ja immer, dass in Science-Fiction-Romanen das Zwischenmenschliche zu kurz kommt, aber wenn mir jemand sagen würde, dass irgend ein Roman zwar SF ist, aber die Beziehungen unter den Figuren im Vordergrund stehen, würde ich den vermutlich schon mal als Lektüre ins Auge fassen.


    Da empfehle ich Dir Lois McMaster Bujolds Barrayar-Zyklus, der derzeit wieder neu aufgelgt wird. Der hat das, was Du Dir hier wünschst und man kann in im weitesten Sinne sogar als historischen (Zukunfts-)Roman bezeichnen.


    Nach was ich greife, hängt von der Stimmung und dem Thema eines Romans ab, wobei ich mehr zu der Richtung Unterhaltung mit etwas Tiefgang tendiere, wenn ich hauptsächlich in der Kantine in der Mittagspause und nachts um die Geisterstunde herum lese, als zu vorwiegend als anspruchsvoll definierten Romanen, die ich mir für Urlaube und lange WE reserviere.


    LG Dyke

    "Sie lesen?"
    "Seit der Grundschule, aber nur, wenn's keiner sieht."


    Geoffrey Wigham in "London Calling" von Finn Tomson

  • Zitat

    Original von MaryRead
    Hmmm.... wenn die fette Mitte einer Verteilung nicht die Gesamtheit definiert, was dann? :gruebel Mainstream ist doch wohl gerade das, was mitten reinfällt in ein Genre und dort kräftig vertreten ist.


    Kommt darauf an, mit welchem Genrebegriff man argumentiert, mit dem "akademischen" oder dem "buchhandelstechnischen". :grin


    Wobei grundsätzlich das Problem besteht, daß solche Genregliederungen keine messerscharfen Unterteilungen von Literatur sind, sondern daß anhand z.B. von Adjektiven ("historisch", "phantastisch" ...) eine Präzisierung des Inhalts gegeben werden soll, die durchaus mehrere Genre umfassen kann ("historischer Kriminalroman").


    Zitat

    Das Problem ist dann wohl eher, dass Etikettenschwindel betrieben wird oder aber sich die Definition verschoben hat und das, was eigentlich das Genre definieren sollte, zur Randerscheinung geworden ist.


    Buchhandelstechnisch werden meine Romane mancherorts gar nicht als "historische" Romane geführt, sondern unter "Belletristik" oder "Allg. Literatur". Ich bin auch superfroh, daß auf dem Titel nur "Roman" steht. :-)

  • Ich hab da auch so meine Vorlieben. Früher waren es die Liebesromane, die ich aufgrund von Liebeskummer dann nicht mehr lesen konnte und mich den Krimis zuwandte. Historisch hab ich schon immer gelesen, aber auch da bestimmte Zeiten. Alt-Ägypten hab ich vermieden, was wohl aber eher an der Region lag.


    Überhaupt mag ich Romane aus manchen Regionen nicht lesen, z.B. Afrika, Südamerika oder Australien. Nicht, dass ich es ernsthaft versucht hätte, aber es interessiert mich nicht so recht.


    Horror oder Sciene-Fiction sind auch eher nicht mein Ding, Horror, weil ich nicht soviel Nerven habe und mich schon bei geringeren Dingen grusele und Sci-Fi, weil es nicht meine Sprache ist. Ich hab es neulich mit dem Richard Morgan probiert, es war für mich aber eine so fremde Welt, dass ich die ganze Zeit am Rätseln war, was das ganze bedeuten soll und nur noch drüber weggelesen hab.


    Bei Klassikern hab ich so manches Mal eine Abneigung verspürt, weil mir die Sprache nicht unbedingt lag, meine bisherigen Erfahreungen, seit ich im Eulenforum bin, waren bis auf Berlin Alexanderplatz aber positiv.


    Sollte ich allerdings eine Empfehlung für ein mir genrefremdes Buch bekommen, gucke ich mir das auch gern an, bin also noch nicht ganz so eingefahren.

  • Genres sind mir eigentlich egal. Bei einem Buch geht es mir hauptsächlich darum wie es geschrieben ist.
    Schlechte Sprache findet man in jedem Genre, wirkliche Sprachmeister allerdings meistens nicht in Genres wie Fantasy oder Historische Romane.

  • Zitat

    Original von Wilma Wattwurm
    Schlechte Sprache findet man in jedem Genre, wirkliche Sprachmeister allerdings meistens nicht in Genres wie Fantasy oder Historische Romane.


    Ich finde eigentlich, das gerade bei den Historischen Romanen die Sprachmeister ans Licht kommen...

    Auch aus Steinen,
    die dir in den Weg gelegt werden,
    kannst du etwas Schönes bauen

    Erich Kästner



  • Dem kann ich mich nur anschließen. Genau so geht es mir auch und auch bei mir sind "Herr der Ringe" die Ausnahme, allerdings die Filme und nicht die Bücher. Das gilt auch für die ersten beiden Harry Potter Filme, aber die Bücher lese ich nicht. Was ich früher gar nicht gelesen habe, waren historische Romane, die mir jetzt aber schon gefallen, außer es sind extreme Romane, in denen es vordergründig um Kämpfe bzw. Kriege geht, das mag ich nicht, daher auch keine Kriegsromane. Und Klassiker muss ich auch nicht haben, da gefällt mir die Sprache nicht so gut und auch der Unterhaltungsfaktor fehlt mir dabei. Aber man soll ja niemals nie sagen, vielleicht ändert sich das ja irgendwann mal. :wave

  • Es liegt wohl daran, daß Lesen bestimmte Funktionen für Menschen hat.
    Wir lesen aus ganz unterschiedlichen Gründen, aber ich glaube, daß wir letztlich Vertrautes suchen. Der Anteil des Neuen, des Anderem in einer Geschichte darf nicht zu groß sein, sonst lehnen wir ab.
    Das, was man liest, soll bestimmten Anforderungen entsprechen, die in jedem Individuum selbst liegen. Unsere kulturelle, soziale Prägung bestimmt weitestgehend, welche Art von Geschichte wir aussuchen.


    Daß hier hin und wieder erwähnt wird, daß man ein bestimmtes Genre nicht mag, liegt aber zu einem Gutteil an der bis dahin erworbenen Leseerfahrung. Jüngere Menschen neigen eher dazu zu sagen: Ich lese nur...


    Je mehr man liest, desto mehr kommt man dazu, mal auf anderen Weiden zu grasen. Trotzdem glaube ich, daß man letztlich bei derselben Art von Geschichte bleibt.
    Bei der Gut-Böse-Dichotomie etwa, bei pessimistischen Ausblicken, bei Utopien, bei 'Liebe'.


    Ich selbst lese entschieden nicht breit. Ich informiere mich breit.
    Was aber letztlich zum Verzehr :grin bei mir landet, hat lässig auf einem Dessertteller Platz.
    Ich nehme übrigens an, daß dieser Teller noch kleiner werden wird in den kommenden Jahren.


    Warum?
    Weil es meine Zeit ist, die ich für das entsprechende Buch aufwende.
    Und das Leben ist kurz.

    Ich und meine Öffentlichkeit verstehen uns sehr gut: sie hört nicht, was ich sage und ich sage nicht, was sie hören will.
    K. Kraus