Kaiserwalzer

  • Zitat

    Original von Tom
    Ich finde, diese Geschichte (und einige andere von Rava) gehört nicht in den Bereich "Anfängerautoren".


    Danke, Tom - hoffen wir, dass dein Appell nun endlich Gehör findet...

    Surround yourself with human beings, my dear James. They are easier to fight for than principles. (Ian Fleming, Casino Royale)

  • Zitat

    Ich finde, diese Geschichte (und einige andere von Rava) gehört nicht in den Bereich "Anfängerautoren".


    :anbet


    Zitat

    ich habe deinen Text nur einmal gelesen - und bin wirklich erstaunt. Dein Stil ist unverkrampft und individuell. Mir gefällt es sehr. "oh, Gott" würde ich allerdings zweimal streichen


    Danke!
    Mh... welche zwei nehmen wir denn?! *grübel*
    Ich werds mir überlegen!


    LG,
    Rava

    Ich, ohne Bücher, bin nicht ich.


    Bücher sind lebensnotwendig. Ohne Bücher existiere ich. Aber ich lebe nicht.

  • Der Vollständigkeit halber... Ich bin damit nicht ganz so zufrieden, wie mit "Kaiserwalzer", aber macht euch euer eigenes Bild.



    ~~~


    Zwei Jahre später.


    Wo bleibt er denn nur? Er hätte doch schon längst da sein müssen.
    Mein Blick wandert immer wieder zwischen Tür und Tanzfläche hin und her. Auf dem Parkett tanzt mein bester Freund mit seiner Partnerin. Armes Mädchen. Nicht, weil sie mit ihm tanzt, nein. Sie ist eine seiner Exfreundinnen. Eine von Mr. Kaiserwalzers Exfreundinnen.
    Die ersten Takte aus dem „Phantom der Oper“ erklingen. In Gedanken singe ich den Text mit. Tango. Nicht gerade mein Lieblingstanz. Aber das Lied ist toll.
    Gerade, als ich denke: The Phantom of the Opera is there... erklingen auf der Treppe plötzlich schwere Schritte. Wenige Augenblicke später linst ein junger Mann in einem Flecktarnanzug mit schwarzen Kampfstiefeln und einem nachtblauen Barett in den Raum, ruft: „Ich geh mich eben umziehen!“ Und verschwindet wieder in Richtung der Toiletten.
    Ich lächle und mein Herz macht einen Satz.
    Ihm folgt Mr. Kaiserwalzer.
    Er kommt auf mich zu und ich stehe auf, um ihn zu begrüßen. Erst tauschen wir einen Handschlag, dann umarmt er mich mit den Worten: „Hi Schatzieeeeeee!“
    Nein. Er ist nicht schwul. Unser Verhältnis zueinander hat sich nur verändert. Sehr verändert. Um nicht zu sagen: es hat eine Einhunderachtziggradwendung gemacht. Und manchmal bin ich eben sein Schatzi.
    Meinen besten Freund und seine eigene Exfreundin begrüßt er nicht.
    „Andreas!,“ ruft jemand.
    Andreas blickt auf. „Na so was! Der Soldat macht Heimaturlaub! Was darf es sein?“
    „Zwei Wasser und Hijo de la Luna!“
    Ich ahne etwas...
    „Jawohl!,“ ruft der Tanzlehrer scherzhafter Weise im Bundeswehr-Ton.
    Zwei Hände ergreifen meine, ziehen mich sanft auf die Tanzfläche. Ein Paar brauner Augen blickt mich an. Während ich mich mitziehen lasse, kann ich die kurzen braunen Haare und das heutige Outfit mustern.
    „Schick!“
    „Nur für dich.“ Er lächelt.
    Oller Charmeur.
    Die ersten Takte erklingen. Er fasst meine Hand, legt seine andere auf meine Hüfte.
    „Wie war die Woche?“, frage ich, während wir hin und her wiegen.
    „Später,“ sagt er. „Du brauchst deinen Atem.“
    Pah!
    Als er einen Schritt nach vorne macht, weiß ich es schon vorher. Meine Konzentration kommt mir nicht abhanden. Aber mitreißen lasse ich mich von ihm in diesen schnellen Reigen, bei dem ich gehörig außer Puste komme, während es für ihn nicht einmal anstrengend ist.
    Wir sind ein eingespieltes Team. Wir verstehen uns ohne Worte. Er geht wieder in das Wiegen über. Es überrascht mich nicht. Ein Blick. Verstehe. Links herum nun. Und los geht’s. Dasselbe Spiel, andere Richtung, zwischendurch ein Kreuzschritt. Nicht zu viel darüber nachdenken, einfach machen. Wieder Wiegen. Rechts herum. Ein Blick. Offener Walzer. Gedacht, getan.
    …para hacerle una cuna. Die letzten Töne.
    Er dreht mich noch einmal. Nimmt mich in die Arme. Küsst mich.
    Zusammen gehen wir von der Tanzfläche, Händchen haltend. Mr. Kaiserwalzer sieht mich an, lächelt. Sieht seinen Bruder an und sagt: „Musst du immer übertreiben?“
    Pack dir mal an die eigene Nase, Herzensbrecher!
    „Ich übertreiben? Nie!“, antwortet mein Freund. Der Soldat. Mein Tanzpartner. Mein Ein und Alles.
    Ich lächle. Endlich wirklich glücklich.


    ~~~


    LG,
    Rava

    Ich, ohne Bücher, bin nicht ich.


    Bücher sind lebensnotwendig. Ohne Bücher existiere ich. Aber ich lebe nicht.

  • Tolle Geschichten...
    wobei ich in der ersten noch mehr zu Hause bin. Ich kann es lebhaft nachfühlen... kann selbst nur sehr mäßig tanzen, spiele aber dafür sehr gern im Orchester (Trompete *grins* und kenne die Stellen ;) )Daher kann ioch auch nachfühlen, dass man beim Tanzen genau im Orchester und im Stück ist... geht mir auch so, auch wenn ich jetzt ausnahmsweise "meiner" Bigband lausche oder sogar dazu tanze.
    Aus dem Kaiserwalzer und den Tanzgeschehnissen ne Geschichte zu machen, finde ich eine tolle Idee... Das Tanzen ist eine wundebare Allegorie auf vieles. Sehr gelungen!!
    Nur an einer Stelle stört mich ein Bezug, der mir nicht recht klar ist: ist da der Trompeter oder der Tänzer gemeint... ("ohne das zweite Trompetensolo (was ihm gar nicht gepasst hat)") Ich könnte es dem Trompeter jedenfalls gut nachfühlen ;).


    neee finde ich klasse. auch die zweite Geschichte ...


    Danke dafür!!!

  • Danke erstmal. :-)


    Zitat

    ist da der Trompeter oder der Tänzer gemeint...


    Sowohl als auch ;-) 2 in 1 sozusagen^^ Mit diesem Jungen habe ich nämlich lange Zeit zusammen im Orchester gespielt.

    Ich, ohne Bücher, bin nicht ich.


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