Fortune de France - Robert Merle

  • Klappentext:


    "Fortun de France" - Schicksal Frankreichs - ist der erste Band einer Romanfolge über das dramatische halbe Jahrhundert der Religionskriege. In
    der "kleinen Geschichte einer französischen Adelsfamlilie aus dem Perigord, die Robert Merle mit sehr viel Witz, Ironie und Gespür für das pikante Detail
    erzählt, läßt er die "große" Geschichte seines Landes in dieser aufgewühlten Zeit lebendig werden, die bald in der blutigen Tragödie Tragödie der Bartholomäusnacht gipfeln wird. Im Mittelpunkt steht der Arzt und Abenteuerheld Pierre de Siorac, tolerant im Glauben, schlagfertig, listig, intelligent im Leben, und natürlich absolut unwiderstehlich.


    "Und wenn ich mir die geschichtlichen Hintergrundinformationen allein zusammensuchte, dann nicht aus hugenottischer Sparsamkeit, sondern weil es mir großes Vergnügen bereitete und ich mir keine der vielen amüsanten, bunten, schrecklichen Einzelheiten entgehen lassen wollte, von denen die
    Memoiren jeder Zeit übervoll sind." Robert Merle



    Autor:


    Biographie bei Wikipedia



    Eigene, subjektive und damit nicht maßgebliche Meinung


    Robert Merle läßt in diesem ersten Band seiner wirklich stattlichen Romanreihe (Link) Pierre de Siorac, den Sohn des Barons Jean de Siorac, in der Ich-Form von seiner Kindheit auf der Burg Mespech erzählen.


    Pierre des Siorac beginnt mit seinen Schilderungen vor seiner Geburt und beschreibt in einer sehr angenehm klingenden Weise, welche der damaligen Zeit gerecht zu werden scheint das Leben bis zu seinem 15. Lebensjahr auf der Burg Mespech, welche sein Vater und dessen "Bruder" Jean de Sauveterre erworben haben und mit weitsichtiger Planung zu blühendem Dasein verhalfen.


    Der Leser bekommt einen tiefen Einblick in die Geschehnisse der damaligen Zeit und ein gutes Gefühl, wie eine Burg von ihrer wirtschaftlichen Seite her funktionierte. Die Charaktere, welche dazu beitragen tauchen nach dem Kauf der Burg nach und nach auf und werden auf Mespech in Lohn und Brot gestellt. Sehr schön auch einmal die Gehaltsverhandlungen der damaligen Zeit lesen zu können. (Seiten 43/44, Seiten 55-57)


    Mittelpunkt dieses Romans (und auch der folgenden) ist immer wieder der Kampf zwischen dem Katholiken und den Hugenotten, welcher ganz Frankreich ständig zwischen Krieg und Frieden pendeln läßt. Pikanterweise, und immer wieder Gegenstand großer Reibereien auf Mespech, fühlt sich Isabell de Siorac, die Mutter Pierres, dem katholischen Glauben zugneigt, während sein Vater durch und durch Hugenotte ist.


    In einer Schlüsselszene des Buches versucht Jean de Siorac mit erheblichem Druck, daß sich alle Bewohner Mespechs zum reformierten Glauben bekennen.
    Der Streit ist vorprogrammiert ... (Seiten 163 ff)


    Trotz dieses schwierigen Themas versteht Robert Merle es sehr gut, seinen Leser auch mit wunderbaren Anekdoten zu amüsieren. Auf Mespech lebt die Köchin Maligou, die mit ihrem haarsträubendem Aberglauben immer wieder für Erheiterung sorgt. Von Jean de Siorac zur Rede gestellt, ob etwas dran sei an den Gerüchten, sie triebe es mit dem Pfarrer Feuerzange des Nachts im Stroh entgegnet sie im Laufe dieses Dialogs: "Aber gerade mit einem Pfarrer ist es doch nur eine halbe Sünde, Herr Baron! Und außerdem war er so gütig, mir hinterher immer gleich die Absolution zu erteilen."


    Pierre verläßt den Leser und Mespech am Ende des Buches im Alter von 15 Jahren mit gebrochenem Herzen, einer Marienmedaille um den Hals (welche ihm seine Mutter schenkte und eine bedeutende Rolle spielte und spielen wird), sowie in Begleitung seines Halbbruders Samson und seines Dieners Miroul um in Montpellier Medizin zu studieren.


    Wie es zu alldem kommt, solltet ihr selbst nachlesen in diesem wunderbaren ersten Buch einer großartigen Romanreihe von einem Autor, welcher leider in Vergessenheit geraten zu sein scheint.


    Gruß
    Steffen

  • @ Silencer


    ich habe Fortune de France auch dieses Jahr gelesen, aber leider versäumt eine Rezi zu schreiben und irgendwann ist der Abstand zum Buch dann ja auch zu groß.


    Mir hat Fortune de France grundsätzlich sehr gut gefallen. Ich denke, es ist ein Buch, in das man sich einlesen muß, da die Sprache der damaligen Zeit angepaßt ist. Des weiteren ist ein wesentliches Merkmal des Romans, daß der Erzähler seine Kindheitserinnerungen schildert. Daraus resultierend, ist der Roman eher eine Aneinanderreihung von Anekdoten als eine fließende Geschichte und es fehlt eine Identifikationsfigur. Dennoch sind die Charaktere alle liebevoll und interessant herausgearbeitet und bei einigen bin ich jetzt schon gespannt, wie es im nächsten Band weitergeht. Was mir ja sehr gefällt ist, daß geschichtliche und kulturelle Entwicklung in Fortune de France eine gewichtige Rolle spielen, sind also nicht lediglich als Hintergrundkulisse eingesetzt.


    Ich habe mir auf jeden Fall schon mal die Folgebände besorgt und werde die Reihe sicher fortsetzen!

  • Ich fand die Sprache etwas gewöhnungsbedürftig. Ich geb mal ein Beispiel:


    "Zwei Tage vor dem festgesetzten Tage musste er aus der Stadt flüchten, alldieweil es ihn nicht danach gelüstete, mit einer Schlinge um den Hals seinen letzten Blick zum Himmel zu tun und anschließend in vier Teile gerissen zu werden, welche vier Teile dann gemäß dem örtlichen Brauche an den Ölbäumen vor den Toren der Vorstadt aufgehängt wurden: ein Brauch, welcher mich seltsam berührte, als ich dreißig Jahre später höchstselbst an einem sonnigen Junimorgen in diese schöne Stadt einritt und dabei die verwesenden Teile gehenkter Frauen gewahrte, welche zum Exempel an den Zweigen dieser Bäume hingen, die es sich gleichwohl nicht versagten, fleißig Früchte zu tragen."


    Zumindest kann ich mich nicht über zu kurze Sätze beschweren. :lache

  • Zitat

    Original von Delphin
    Ich fand die Sprache etwas gewöhnungsbedürftig. Ich geb mal ein Beispiel:


    [schnipp]


    Zumindest kann ich mich nicht über zu kurze Sätze beschweren. :lache


    Da findet man sich aber imO schnell rein. Da ich die Reihe schon kenne und diese nun zum zweiten Mal lese, habe ich gerade diesen Schreibstil sehr liebgewonnen.
    Ohne jemandem zu nahe treten zu wollen, aber wir reden hier nicht über Iny Lorentz o.ä.. :schnellweg


    In meinen Augen etwas schwieriger ist die Tatsache, das sich ein Buch sehr nahe mit den Charakteren und ihren Erlebnissen beschäftigt, das nächste aber so ziemlich distanziert ist und sich wieder mehr auf die geschichtlichen Ereignisse konzentriert. Aber vieleicht wird die Serie gerade deshalb nicht langweilig...

  • In den Memoiren von Pierre de Siorac erlebt man eine spannende Zeit französischer Geschichte und den Beginn eines Adelsgeschlechtes. Im ersten Teil kommt es dabei zu einer besonderen Konstellation: einerseits kommentiert die Hauptfigur, die seine Memoiren verfasst, seines Vaters "Buch der Rechenschaft" und erzählt andererseits die Geschichte auch aus seiner Sicht. Je älter er wird, desto mehr Platz nehmen seine Gedanken ein.


    Dabei hat Robert Merle eine gute Mischung aus Familiensaga, Wirtschaftsgeschichte, Sozialgeschichte und politischer Geschichte gefunden. Das Leben und den Aufbau einer Herrschaft, der Bürgerkrieg zwischen Katholiken und Hugenotten, der König werden dabei ebenso eindrucksvoll geschildert wie die Pest. Gerade hier hat mich die umfassende Schilderung einer Vielzahl damit einhergehender Phänomene beeindruckt, wie man sie kaum in einem anderen Roman findet, und damit wirklich ein Gemälde der Zeit geschaffen haben.


    Mit einer großen Portion an Humor und Charme wird die Geschichte erzählt. Wie der von Delphin zitierte Satz zeigt, ist die Sprache altertümlich angeglichen und man braucht daher eine gewisse Einlesephase. Auch wenn solche Satzungetüme nicht ständiger Wegbegleiter sind, so begegnen sie einem oft, was der Atmosphäre dieses Buches jedoch nur zuträglich ist.
    Dazu leben die Akteure hier. Sie haben alle Ecken und Kanten, sind liebevoll und facettenreich gezeichnet.


    Ich freu mich schon auf den zweiten Teil. 10 Punkte!

  • Nachdem ich irgendwann im letzten Jahr Teil 11 (Ein Kardinal vor La Rochelle) gelesen und für sehr gut befunden hatte, habe ich mir jetzt die komplette Reihe zugelegt und Teil 1 fast durch.
    Entgegen den anderen Meinungen gefiel mir die 'altertümliche' Sprache von Anfang an, sodass ich mich nicht erst einlesen musste, sondern die Geschichte direkt genießen konnte. Die Mischung aus Familiengeschichte und historischen Ereignissen sowie der eingebrachte Humor machen mir viel Freude.


    Hier die Reihenfolge der Bücher:
    01) Fortune de France
    02) In unseren grünen Jahren
    03) Die gute Stadt Paris
    04) Noch immer schwelt die Glut
    05) Paris ist eine Messe wert
    06) Der Tag bricht an
    07) Der wilde Tanz der Seidenröcke
    08) Das Königskind
    09) Die Rosen des Lebens
    10) Lilie und Purpur
    11) Ein Kardinal vor La Rochelle
    12) Die Rache der Königin
    13) Der König ist tot


    Viele Grüße
    Kalypso

  • Ich hab es an anderer Stelle hier schon mehrfach erwähnt und werde nicht müde: Diese Romanserie ist für mich eindeutig das Beste was es in diesem Genre gibt!

    Im Verhältnis zur Musik ist alle Mitteilung durch Worte von schamloser Art.
    Friedrich Nietzsche

  • €nigma, danke, ich habe es notiert, obwohl mich 30 Bände erst einmal abschrecken.


    Siorac, Merles Stil ist auf jeden Fall außergewöhnlich gut. Ob die Serie nun die Beste ist, muss sich für mich noch entscheiden, da ich noch einige Teile vor mir habe und auch andere Reihen für mich ihren ganz besonderen Charme haben.


    Viele Grüße
    Kalypso

  • Eure Rezensionen machen Lust auf mehr. Ich liebäugel schon lange mit dieser Reihe, die sonstigen Werke Merle's gefallen mir sehr gut, und auch diese hier werden sicher nicht enttäuschen.

    Was sich überhaupt sagen lässt, lässt sich klar sagen; und wovon man nicht sprechen kann, darüber muss man schweigen.
    - Wittgenstein -

  • So habe gestern Fortune de France begonnen. Interessanter Plot. Der Schreibstil ist wirklich etwas gewöhnungsbedürftig und anspruchsvoller, andererseits dem historischen Hintergrund des Romans angepasst und dadurch in der Lage den Leser noch mehr in die damalige Zeit zu versetzen.


    Rebecca Gable Fans mögen mir verzeihen: lieber so, als der Ponyhof-Schreibstil von RG in Das Lächeln der Fortuna ...

    "Wyrd bid ful aræd"
    Das Schicksal ist unausweichlich
    :lesendLee Child: Sniper (Jack Reacher 9)

    Dieser Beitrag wurde bereits 1 Mal editiert, zuletzt von Uhtred ()

  • Nachdem ich das Buch in fünf Tagen durchgelesen habe, nachfolgend meine Rezension des Taschenbuches vom Aufbau-Verlag, welches sich in einem edlen, sehr schön gestalteten Cover präsentiert und 396 eng beschriebene Seiten umfasst.


    Mit Fortune de France eröffnet Robert Merle seine 13-bändige Romanreihe über eine hugenottische Adelsfamilie zur Zeit der Religionskriege in Frankreich im Zeitraum 1550 bis 1650. Informativ und spannend erzählt Merle von den Religionskriegen zwischen Katholiken und Hugenotten im 16. Jahrhundert. Leider verstarb der Autor während der Arbeit am 14. Band im Jahre 2004, im gesegneten Alter von 95 Jahren.


    Erzählt wird die Geschichte vom jungen Pierre de Siorac aus der Ich-Perspektive. In diesem ersten Band erfahren wir vom Aufstieg seiner Familie, von seiner Kindheit bis hin zu seinem Aufbruch zum Studium der Medizin. Als zweitgeborener Sohn besitzt er keinen Anspruch auf die Baronie seines Vaters und muss deshalb aus eigener Kraft etwas aus seinem Leben machen.


    Der Erzählstil ist der damaligen altertümlichen Sprache angepasst und zu Beginn sicherlich für den geneigten Leser etwas gewöhnungsbedürftig. Wenn man sich daran gewöhnt hat, aber mitreißend und flüssig zu lesen. Während der ersten Hälfte des Buches vermisste ich ein wenig die Identifikationsfigur in Gestalt des Erzählers, da er hier den Aufstieg seiner Familie und die Hauptcharaktere beschreibt. Dies ändert sich aber im zweiten Teil, wo er selbst immer mehr in den Mittelpunkt rückt.


    Der geschichtliche Hintergrund ist historisch korrekt recherchiert, wie selten bei anderen Autoren. Hier lernt man Geschichte in spielerischer Leichtigkeit. Die Dialoge sind teilweise höchst amüsant gestaltet und entbehren auch nicht einer bemerkenswerten Witzigkeit.


    Ich werde auf jeden Fall dabei bleiben und freue mich auf den nächsten Band In unseren grünen Jahren...

    "Wyrd bid ful aræd"
    Das Schicksal ist unausweichlich
    :lesendLee Child: Sniper (Jack Reacher 9)

    Dieser Beitrag wurde bereits 1 Mal editiert, zuletzt von Uhtred ()