Warum glaubt Ihr NICHT an "Gott"?

  • Tom


    was mich sehr ärgert bei der Hinzuziehung von anerkannter naturwissenschaftlicher Prominenz in Religionsfragen ist nicht so sehr die Benutzung einer Person (obwohl das eine Form der Gewalt ist) außerhalb ihres selbst geschaffenen Kontextes, sondern der Umstand, daß dadurch Religion in den Wissenschaftszusammenhang gebracht und vorgeblich objektiviert, meßbar gemacht wird. Und damit 'wahr'.


    Das ist für mich wissenschaftliche Unredlichkeit auf höchster Ebene.
    Schließlich war Einsteins Arbeitshypothese nicht 'Gott'.


    Aber zu dem Punkt kommt man immer. Ich hoffe, daß ich in ein paar Jahren endlich einfach mal darüber gähnen kann. :rolleyes :rolleyes

    Ich und meine Öffentlichkeit verstehen uns sehr gut: sie hört nicht, was ich sage und ich sage nicht, was sie hören will.
    K. Kraus

  • Zitat

    Original von Bernard
    Wenn Gott im Jenseits = "außerhalb von Raum und Zeit" existiert (m.E. notwendige Voraussetzung für einen Schöpfergott), gibt es "da, wo er ist" (und spätestens jetzt haben wir das Limit unserer Vorstellungskraft erreicht) kein "Davor" oder "Danach", also auch kein "Vor Gott". Er war dann sozusagen "Immer" (katholische Variante: "Von Ewigkeit zu Ewigkeit"), obwohl oder gerade weil "Immer" keine Zeiteinheiten umfasst. Man könnte auch sagen, er war "Nie", was aber mit unserem Begriff von "Sein" (denn die Existenz ist ja notwendig) gedanklich schwieriger zu verbinden ist.


    Wenn Gott außerhalb von Raum und Zeit existierte, könnten wir Ihn nicht erfahren. Das heißt: Gott muß, damit wir ihn erfahren können und das beanspruchen Gläubige für sich, auch innerhalb der Zeit (man kann sich einen Zeitstrahl T vorstellen, der nach rechts offen ist) existieren. Wenn Gott innerhalb der Zeit existiert und Er die Eigenschaft hat, allwissend zu sein, folgt daraus die Unfreiheit unseres Handelns. Warum? Gott als außer- und innerzeitliches Wesen weiß als allwissender Gott schon vor unserer Existenz, wie wir zum Zeitpunkt t1-x handeln werden. Würden wir etwas tun, was der Vorstellung Gottes davon, wie wir zum Zeitpunkt t1-x handeln werden, widerspräche, so folgte daraus die Nichtexistenz Gottes. Ergo: Wenn ein allwissender Gott existiert, sind wir unfrei.

    »Wer die Dummköpfe gegen sich hat, verdient Vertrauen.«
    Sartre

    Dieser Beitrag wurde bereits 1 Mal editiert, zuletzt von Grizzly ()

  • Grizzly
    Das nenne ich mal eine gelungene Argumentation! Axiome (an Tom: ...) klar benannt, logische Ableitung. So etwas mag ich.
    Wenn ich es richtig nachvollziehe, heißt das aber nicht: "Gott kann nicht existieren", sondern "Wenn ein allwissender Gott existiert, sind wir notwendigerweise unfrei." Richtig? Die Ableitung spräche also nicht gegen die Existenz Gottes, sondern würde nur (recht schlüssig, die Gegenargumente spare ich mir, ich möchte ja nicht missionieren) die Hypothese aufstellen: "ein allwissender Gott und persönliche Freiheit der Menschen schließen sich gegenseitig aus."


    Grizzly, wirklich vielen Dank (ernst gemeint, wie meist bei mir)!
    Mit diesem Beitrag hat die Diskussion für mein Empfinden eine neue Qualitätsstufe erreicht. Direkt erfrischend.

  • Bernard :


    Danke, diese Argumentationskette ist ein alter Schuh der Religionsphilosophie, also ihrer logischen Form nach nicht auf meinem Mist gewachsen.


    Mir ist sie beim Lesen deines Beitrages in den Sinn gekommen. Was ich damit sagen will: die Verbindung von Gott und Zeitbegriff ist nicht unproblematisch.

  • Könnt Ihr solche erfrischende Erkenntnisse nicht im Glaubensfred diskutieren?



    Der hier heißt: warum glaubt ihr NICHT.


    Ja, ich weiß, es macht selig, sich in partibus infidelium aufzuhalten.
    Seufz.


    Wo ist meine MiB 2 DVD???

    Ich und meine Öffentlichkeit verstehen uns sehr gut: sie hört nicht, was ich sage und ich sage nicht, was sie hören will.
    K. Kraus

  • Zitat

    Original von Grizzly
    die Verbindung von Gott und Zeitbegriff ist nicht unproblematisch.


    :write
    Völlig richtig! Sie wirft eine Menge interessanter Fragestellungen auf. Diese aufgeworfenen Fragestellungen haben m.E. keinen Einfluss auf die Frage, ob es Gott gibt oder nicht, wohl aber auf die von vielen Postings angerissenen Fragen á la "hat Gott einen Einfluss auf mein (persönliches) Leben" etc.
    In dieser Hinsicht ist die Determinismusfrage auf einem Level mit "Warum gibt es Leiden in der Welt" usw.


    Zitat

    Original von magali
    Könnt Ihr solche erfrischende Erkenntnisse nicht im Glaubensfred diskutieren?
    Der hier heißt: warum glaubt ihr NICHT.


    Laut der Aussagen des Themenstarters glaube ich ja nicht ...
    Bedank Dich bei Tom. :lache


    Aber ich will Dich nicht ärgern. Ich gehe jetzt wieder in den Lesemodus, bis mir jemand eine direkte Frage stellt - und dann kannst Du Dich bei demjenigen bedanken. :-)

  • Zitat

    Was ich damit sagen will: die Verbindung von Gott und Zeitbegriff ist nicht unproblematisch.


    Sie ist bisher auch ausschließlich von Bernard benutzt worden, um meine Wiederlegung des Schöpfungsbeweises ("Es muß einen Hersteller geben") wiederum mit Dingen wie Nullzeit und Maximalgravitation zu wiederlegen.

  • ja, Bernard,


    ich weiß, daß Du mir gesagt hast, daß ich Deine postings übergehen kann. Aber sie sind so lang und Deine sind nicht die einzigen, die ich übergehe. Ich habe schon einen leicht wunden Finger vom Scrollen.
    Bin halt etwas Dünnhäutig.

    Ich und meine Öffentlichkeit verstehen uns sehr gut: sie hört nicht, was ich sage und ich sage nicht, was sie hören will.
    K. Kraus

  • Wo hier gerade Einstein zitiert wurde, im Physikjournal war diesen Monat auch eines:

    Zitat

    Ich will wissen, wie Gott diese Welt erschaffen hat. Ich bin nicht an dieser oder jener Erscheinung interessiert, am Spektrum dieses oder jenes Elements. Ich möchte Seine Gedanken kennen, das übrige sind Details. Was mich wirklich interessiert ist, ob Gott bei der Erschaffung der Welt eine Wahl hatte.


    Der Artikel, den dieses Zitat illustrierte, legt übrigens dar, daß Gott zumindest bei der Dimensionalität unserer Raumzeit keinerlei Gestaltungsspielraum hatte - mehr als 3 Raumdimensionen wären ebenso lebensfeindlich wie mehr als eine Zeitdimension.


    Also, auch wenn der alte Albert keine persönliche Beziehung zu einem persönlichen Gott hatte, in Bezug auf die Schöpfung hatte er keine Hemmungen, das Wort "Gott" zu verwenden.

  • Zitat

    Original von Behrnie
    ... mehr als 3 Raumdimensionen wären ebenso lebensfeindlich ...


    Unfug. Nur weil wir in einer augenscheinlich vierdimensionalen Raumzeit leben, heisst das nicht, dass die "wahre" Natur außerhalb unserer Erfahrungsmöglichkeiten nicht um vielfache Dimensionen erweitert ist.
    Ein zweidimensionaler "Flächenland"bewohner würde auch nicht begreifen, dass er in Wahrheit auf einer Kugel lebt, die wiederum in einem Kaugummiautomaten zwischen einer Vielzahl anderer Kugeln zu finden ist.


    Gruss,


    Doc


    PS: Sorry für offtopic.

  • Die Vorhölle ist abgeschafft!!! Die Theologen im Vatikan seien zu der Auffassung gelangt, dass kleine Kinder, die nicht getauft sind und sterben, direkt ins Paradies kämen......


    Ich bin nun endlich einer großen Last entledigt. Sind meine Kinder doch schon 30 und 23 Jahre ungetauft unterwegs... :lache


    Ähm, wer den ganzen (kurzen) Artikel lesen möchte, der klicke
    hier:

  • Hm...ich kann mir nicht helfen, aber irgendwie kommt mir diese ganze Diskussion, ob man nun an einen Gott glaubt oder mehrere oder nicht, doch ziemlich künstlich und weltfremd vor, muß ich sagen :-(


    Mag eine dumme Kleinmädchen-Frage sein, aber ich stell sie mal trotzdem:


    Was genau soll dabei eigentlich herauskommen? :gruebel


    Dass man Gläubige und Ungläubige einsortieren kann? Dass man selbst zu einer Überzeugung kommt, auf der man dann stur beharrt?


    Beides wäre mir, ganz ehrlich gesagt, irgendwo zu langweilig :-(


    Schönes Wochenende allen :wave

  • Bei der Diskussion, ob oder ob man man nicht an Gott glaubt, könnte herauskommen, dass man die Gegennseite versteht warum sie so anders denkt als man selbst. Finde ich weder unsinnig noch überflüssig, sondern interessant.

    _______________________
    Grüßle, Heaven


    Auch aus Steinen, die einem in den Weg gelegt werden, kann man Schönes bauen. (Goethe) ;-)

  • Zitat

    Original von Sisi
    Die Vorhölle ist abgeschafft!!! Die Theologen im Vatikan seien zu der Auffassung gelangt, dass kleine Kinder, die nicht getauft sind und sterben, direkt ins Paradies kämen......


    Ich bin nun endlich einer großen Last entledigt. Sind meine Kinder doch schon 30 und 23 Jahre ungetauft unterwegs... :lache


    Ähm, wer den ganzen (kurzen) Artikel lesen möchte, der klicke
    hier:


    Da die aber nicht mehr kleine Kinder sind, steht ihnen wohl der direkte Weg ins Feugefeuer offen. :grin

    _______________________
    Grüßle, Heaven


    Auch aus Steinen, die einem in den Weg gelegt werden, kann man Schönes bauen. (Goethe) ;-)

  • Zitat

    Original von Heaven
    Da die aber nicht mehr kleine Kinder sind, steht ihnen wohl der direkte Weg ins Feugefeuer offen. :grin


    So lange sie nicht als menschenverachtende Arschlöcher durch die Gegend laufen, halte ich das für sehr unwahrscheinlich. Außerdem, und das vergessen vielleicht viele, hat man ja bis an sein Lebensende noch jede Menge Chancen sich auf Gott einzulassen. Selbst noch auf dem Sterbebett.


    Gruss,


    Doc

  • Sterben ordne ich als Streßsituation ein. Da kann man schon mal auf komische Gedanken kommen.
    Nehme ich keiner und keinem übel.


    :wave

    Ich und meine Öffentlichkeit verstehen uns sehr gut: sie hört nicht, was ich sage und ich sage nicht, was sie hören will.
    K. Kraus

  • Zitat

    Original von magali
    Sterben ordne ich als Streßsituation ein. Da kann man schon mal auf komische Gedanken kommen.
    Nehme ich keiner und keinem übel.


    Komischerweise rufen da nur die wenigsten nach Gott, sondern nach der Mama