'Jane Eyre' - 3. Band, Kapitel 01 - 06

  • Bei mir geht dieser Abschnitt von Kapitel 27 bis 32.


    Nach der geplatzten Hochzeit bittet Mr. Rochester Jane trotzdem mit ihm zusammenzuleben und in ein anderes Haus zu ziehen. Doch Jane lehnt ab. Das kann ich gut nachvollziehen, vorallem weil ich Mr. Rochesters Erklärungen sehr fadenscheinig fand. Er hat damals sehr schnell geheiratet, weil sein Vater das wollte und er selbst wußte kaum etwas über seine Braut und noch weniger über ihre Familie... gleichzeitig hat er aber schon in seinem ersten Brief nach Hause nach der Trauung "mit Abscheu die Folgen vorausgesehen". Merkwürdig...
    Hätte er eigentlich die Möglichkeit gehabt, sich scheiden zu lassen? Oder die Ehe zu annulieren?


    Jane verlässt Thornfield überstürzt und nimmt nur wenig mit - und das Wenige vergisst sie in der Kutsche und irrt dann mittellos durch die Dörfer auf der Suche nach Essen, Unterkunft und Arbeit. In einem einsamen Haus wird sie aufgenommen und es entwickelt sich eine wunderbare Freundschaft mit den Bewohnern, die sie wochenlang aufnehmen und ihr dann zu einer Stelle als Dorflehrerin verhelfen... die Zeit mit St. John und seinen Schwestern fand ich zwar interessant zu lesen, aber gleichzeitig war mir das zu märchenhaft wie Jane kurz vor dem Zusammenbruch gerettet wird und dann lebten alle glücklich und zufrieden zusammen... :grin


    Die Lieber-Leser-Anrede wird in diesem Abschnitt auch wieder strapaziert... besonders unangenehm fand ich diese Ansprache am Ende von Kapitel 27, als Jane in der Kutsche sitzt.

  • Zitat

    Original von Chiclana
    Hätte er eigentlich die Möglichkeit gehabt, sich scheiden zu lassen? Oder die Ehe zu annulieren?


    Gute Frage! Der Skandal wär ihm in jedem Fall sicher gewesen, denke ich.


    Das Jane es ablehnt mit Mr. Rochester in wilder Ehe zusammenzuleben, kann ich aus heutiger Sicht nur schwer nachvollziehen, bedenkt man die Alternativen.
    Jane ist äußerst tugendhaft. Vermutlich kommt hier die Pfarrerstochter bzw. die strenge christliche Erziehung besonders zum Vorschein. Sie liebt ihn, könnte aber nicht mehr in den Spiegel sehen, würde sie ihren geheimen Wünschen nachgeben.
    Mr. Rochester hat mein Mitgefühl, seine Wünsche und Sehnsüchte sind nachvollziehbar. Man kann ihm hoch anrechnen, dass er seine geistesgestörte Frau versorgt. Ein Anderer hätte mit Sicherheit den direkten oder indirekten Mord (wie im Roman angedeutet) gewählt, eine Möglichkeit die nicht mit seinem Gewissen vereinbar wäre.


    Meine romantische Seite wünscht sich bei diesen Kapiteln immer, Jane möge Mr. Rochester nachgeben, anstatt ihn zu verlassen. Mit ihm Europa bereisen, lieben und geliebt werden.

  • Aber Mr. Rochester erzählte doch Jane, dass er sie geheiratet hat und es anfangs noch ging und die Abneigung mit der Zeit größer und größer wurde. Für mich hörte sich das auch so an, als hätte er sich nicht scheiden lassen können, wegen seinem Vater und seinem Bruder. Als diese dann tot waren, wurde bei ihr der Wahnsinn festgestellt und eine Scheidung unmöglich. Er hat es wohl in Betracht gezogen.


    Jane ist sehr hastig aufgebrochen und die Geschichte mit den Geschwistern fand ich schon merkwürdig. Was mich etwas ins Grübeln gebracht hat, war, dass der Onkel John den Geschwistern nicht viel hinterlassen hat, sondern einem anderen Erben.
    Dieser Onkel hat ja irgendwie auch die Schuld an deren Armut.


    Aber mich lässt der Gedanke nicht los, dass dieser Onkel auch der Onkel von Jane sein könnte und er ihr den Rest hinterlassen hat.
    Schließlich heißt er auch John (wie so viele andere auch in dem Buch). :gruebel
    Was denkt ihr dazu?

  • @ Joschi
    Tja, diese hals-über-kopf-flucht hab ich auch nie so richtig verstanden... nu ja, ich bin keine freundin von hochzeiten, ein heiratsantrag ist aus meiner warte eher ein grund einen guten freund sausen zu lassen... ist mir viel zu klammerhaft und verbindlich, ich finde ihre argumentation etwas zu klosterhaft.


    Der Heloise-satz aus 'Zeit der Dunkelheit' gefällt mir weltanschaulich wesentlich besser: 'Man soll mich lieber deine Hure nennen, als deine Frau' das ist in meinen augen emanzipatorisch, das ist gleichberechtigung, keine ehemässige unterordnung unter die muntgewalt des mannes; wenn er mir nicht mehr passt, bin ich weg.


    Ich könnt mir vorstellen, dass sie hauptsächlich deswegen getürmt ist, weil er sie in einem so wichtigen punkt belogen und getäuscht hat und sie gekränkt war.

    DC :lesend


    Heinrich August Winkler: Geschichte des Westens I


    ...Darum Wandrer zieh doch weiter, denn Verwesung stimmt nicht heiter.
    (Grabinschrift F. Sauter )

  • So, jetzt hab ich grade eine superausführliche Antwort geschrieben, und alles ist wieder weg :schlaeger !


    Na ja, dann auf ein Neues *seufz*.


    Ich kann Janes Flucht gut verstehen - sie kann Mr. Rochester nun mal nicht heiraten, will aber auch nicht als seine Geliebte leben, da sie befürchtet, dass er so schnell das Interesse an ihr verlieren würde, außerdem ist sie sehr religiös.


    Die Aufnahme in dem Haus von St. John finde ich irgendwie ... konstruiert? Außerdem finde ich es nicht gut, wie Jane die Haushälterin (Hannah?) zurechtweist. Sie ist nicht in der Position dazu.


    Es gefällt mir sehr gut, dass Jane jetzt eine Stelle als Lehrerin hat! Ich sehe auch nicht, wo das jetzt ein Abstieg auf der "Karriereleiter" sein soll. Natürlich lebt sie jetzt zurückgezogener und in bescheideneren Verhältnissen, aber sie hat eine große Aufgabe und ist nicht mehr "nur" Gouvernante von einem einzigen kleinen Mädchen.


    St. Johns Widerstand gegen dieses Mädchen (dessen Namen ich jetzt leider vergessen habe) ist meiner Meinung nach übertrieben stark. Er könnte sich doch auch mal was gönnen, zumal sie ihm helfen könnte, Gutes zu tun!


    Mir fehlt nur Mr. Rochester irgendwie. Hoffentlich taucht er bald wieder auf :grin .

  • Zitat

    Original von SweetCherry
    Es gefällt mir sehr gut, dass Jane jetzt eine Stelle als Lehrerin hat! Ich sehe auch nicht, wo das jetzt ein Abstieg auf der "Karriereleiter" sein soll.


    Das hat sicher etwas mit der Werigkeit zur damaligen Zeit zu tun. Man war eben eher anerkannt, wenn man ein Kind aus "gutem" Hause zu erziehen hatte, als viele "dumme" Bauernkinder. Hinzu kommt sicher noch, das Gouvernanten häufig bürgerlicher Herkunft waren und nur aufgrund ihrer finanziellen Situation eine solche Stellung antreten mussten.

  • Nach der geplatzten Hochzeit erklärt Rochester Jane ausführlich was es mit seiner ersten Verheiratung auf sich hatte.


    Aber nichtsdestotrotz flüchtet Jane. ein Kutscher nimmt sie mit und wie blöd, beim Aussteigen vergißt sie ihre Tasche und steht nun mittellos in der Pampa. Sie schläft im Freien und bettelt um Essen. Dies alles ist mir persönlich etwas zuviel des guten.


    Dann die Entdeckung des einzelnen Hauses im Moor. Sie wird durch die Frau abgewiesen, aber St. John - entpuppt sich später als Pfarrer - gewährt Obdach und etwas zu essen.


    Sie zieht bei den Schwestern ein, freundet sich mit ihnen an, lernt und zeichnet mit ihnen und ich denke für sie eine befriedigende, ausgeglichene Zeit. Dann wird sie Lehrerin in der Dorfschule und bekommt ein kleines Häuschen für sich zum Wohnen. Sie lernt dann die Sponsorin der Schule kennen, Frl. Rosemond, die Tochter des Fabrikbesitzers. Sie will jetzt St. John und Rosamond verkuppeln, da sie die Zuneigung beider sieht.


    Jane ist zu dieser Zeit im Ort anerkannt und geschätzt.

  • Zitat

    Original von SoryuAsuka


    Aber mich lässt der Gedanke nicht los, dass dieser Onkel auch der Onkel von Jane sein könnte und er ihr den Rest hinterlassen hat.
    Schließlich heißt er auch John (wie so viele andere auch in dem Buch). :gruebel
    Was denkt ihr dazu?


    Ich denke auch, daß da noch was kommt, bezüglich des Onkels und ich glaube ebenfalls, daß Jane das Geld bekommt und nicht die übrige Familie :gruebel

  • Ich bin jetzt an der Stelle, wo Jane von St. John aufgenommen wird. Ihr Verschwinden finde ich vor dem Hintergrund der damaligen Zeit schon ziemlich krass.


    Was hätte Jane tun können? Wäre es zu der damaligen Zeit moralisch in Ordnung gewesen als Geliebte an der Seite von Mr. Rochester durch Europa zu ziehen? Heute ist das sicherlich keine Frage mehr. Klar, in Nizza, Paris oder sonst wo hätten sie sich als Eheleute ausgeben können oder bestimmte Kreise hätten sich einfach nicht darum geschert, ob sie verheiratet sind. Sie wäre jedoch vollständig von ihm abhängig gewesen. Und was, wenn er ihrer irgendwann tatsächlich überdrüssig geworden wäre?


    In einer Zeit, in der die Ehe für bürgerliche Frauen das einzig erstrebenswerte Ziel darstellte und berufliche Karrieren ihnen verschlossen waren, nimmt Jane sich stattdessen heraus, ihr Leben in die eigenen Hände zu nehmen. Sie verlässt Thornfield bei Nacht und Nebel und irrt mittellos durch Nordengland.


    Ich kann mir vorstellen, dass dieses Verhalten zu der Zeit, in der der Roman geschrieben wurde, Entsetzen und Befremden ausgelöst hat.

  • Zitat

    Original von chiclana
    Hätte er eigentlich die Möglichkeit gehabt, sich scheiden zu lassen? Oder die Ehe zu annulieren?


    Das wüsste ich auch sehr gerne.


    Zitat

    Original von chiclana ... die Zeit mit St. John und seinen Schwestern fand ich zwar interessant zu lesen, aber gleichzeitig war mir das zu märchenhaft wie Jane kurz vor dem Zusammenbruch gerettet wird und dann lebten alle glücklich und zufrieden zusammen... :grin


    Naja, Jane hatte ja schon eine harte Oddyssee hinter sich. So unrealistisch erschien mir dieser Teil nicht. Zunächst war es ein (für mich selbstverständlicher) Akt der Barmherzigkeit, sie aufzunehmen statt sie dem Tod zu überlassen. Und dann herrschte ein eindeutiges Einvernehmen zwischen ihr und den Schwestern. Zur damaligen Zeit war es ja üblich, Gäste über recht lange Zeiträume zu beherbergen, sodass mir die Gastfreundschaft der Familie nach der ersten Annäherung gar nicht so märchenhaft erschien.


    Zitat

    Original von Joschi
    Jane ist äußerst tugendhaft. Vermutlich kommt hier die Pfarrerstochter bzw. die strenge christliche Erziehung besonders zum Vorschein. Sie liebt ihn, könnte aber nicht mehr in den Spiegel sehen, würde sie ihren geheimen Wünschen nachgeben.
    Mr. Rochester hat mein Mitgefühl, seine Wünsche und Sehnsüchte sind nachvollziehbar. Man kann ihm hoch anrechnen, dass er seine geistesgestörte Frau versorgt. Ein Anderer hätte mit Sicherheit den direkten oder indirekten Mord (wie im Roman angedeutet) gewählt, eine Möglichkeit die nicht mit seinem Gewissen vereinbar wäre.


    :write
    Genau das habe ich mir auch gedacht, Joschi.


    Zitat

    Original von Joschi
    Meine romantische Seite wünscht sich bei diesen Kapiteln immer, Jane möge Mr. Rochester nachgeben, anstatt ihn zu verlassen. Mit ihm Europa bereisen, lieben und geliebt werden.


    Da bin ich ebenso skeptisch wie sie. Was, wenn die erste Verliebtheit nachlässt? Was, wenn Rochester sich eines Tages abwendet und sich anderweitig verliebt? Dann bleibt Jane als abgelegte "Mätresse" zurück und hat ihre Ehe, ihren Beruf, alles, was sie hatte, aufs Spiel gesetzt...



    Zitat

    Original von Richie
    Aber nichtsdestotrotz flüchtet Jane. ein Kutscher nimmt sie mit und wie blöd, beim Aussteigen vergißt sie ihre Tasche und steht nun mittellos in der Pampa. Sie schläft im Freien und bettelt um Essen. Dies alles ist mir persönlich etwas zuviel des guten.


    Aber ist es nicht durchaus realistisch? Heute, wo es Telefonzellen, Handys, Autos und öffentliche Verkehrsmittel gibt, auch Frauenhäuser, Obdachlosenasyle, Polizeireviere, Sozialstationen usw., ist es unvorstellbar, wie leicht man damals in größte Not geraten konnte...



    So, ich hoffe, ich finde heute Abend Zeit, noch meine Eindrücke zu den letzten beiden Buchabschnitten zum Besten zu geben. Gelesen habe ich sie ja schon längst... :-)

  • Zitat

    Original von Joschi
    Meine romantische Seite wünscht sich bei diesen Kapiteln immer, Jane möge Mr. Rochester nachgeben, anstatt ihn zu verlassen. Mit ihm Europa bereisen, lieben und geliebt werden.


    Original von Waldfee
    Da bin ich ebenso skeptisch wie sie. Was, wenn die erste Verliebtheit nachlässt? Was, wenn Rochester sich eines Tages abwendet und sich anderweitig verliebt? Dann bleibt Jane als abgelegte "Mätresse" zurück und hat ihre Ehe, ihren Beruf, alles, was sie hatte, aufs Spiel gesetzt...


    Wie gesagt meine romantische Seite, nicht meine realistische!

  • So, der Markt hat sich zwar schon fast verlaufen, aber der Vollständigkeit halber...


    Kapitel 1: Nach heutigen Maßstäben empfindet man Rochesters Drama als gar nicht so dramatisch. „Stell dich nicht so an! Dann heiratet ihr eben nicht.“ möchte man Jane sagen, aber für damalige Verhältnisse war das natürlich undenkbar. Sie würde sich zur Mätresse machen, vollkommen abhängig von ihrem Geliebten und „Gönner“. Etwas fragwürdig finde ich Rochesters Charakter schon: Seine einsame Entscheidung, Adèle auf eine Schule zu schicken, ist sehr egoistisch. Jane bleibt zu Recht standhaft, obwohl Rochester droht, sie werde ihn ins Verderben stürzen. Sehr unglücklich verlässt sie am frühen Morgen unbemerkt Thornfield Hall…


    Kapitel 2: Plan- und ziellos begibt Jane sich auf eine abenteuerliche Reise. Schließlich irrt sie völlig mittellos und hungrig durch eine ihr unbekannte Gegend, versucht erst Arbeit zu finden, dann zu betteln. Kurz vor dem Zusammenbruch wird sie schließlich von Pfarrer St. John und seinen gelehrten Schwestern aufgenommen und in ein Bett gelegt.


    Kapitel 3: Drei Tage später kann Jane wieder aufstehen. Für eine 18jährige ist ihr Auftreten reichlich selbstbewusst, aber immerhin verfügt sie auch schon über zwei bis drei Jahre Berufserfahrung. Sie berichtet Diana, Mary und St. John von ihrem Lebensweg, ohne auf die Geschichte mit Mr. Rochester einzugehen. Jane bittet St. John, ihr bei der Suche nach einer Arbeit behilflich zu sein. Er ist kühl und unnahbar, verspricht aber, ihr zu helfen, auch wenn er vielleicht nur eine niedere Arbeit für sie finden wird.


    Kapitel 4: Jane fühlt sich den beiden Schwestern sehr nahe, nur St. John bleibt distanziert. Denkt Jane eigentlich noch an Rochester? St. John bietet Jane die „niedere“ Stelle einer Dorfschullehrerin für Mädchen an, und Jane nimmt sie sehr gerne an. 30 Pfund im Jahr, eine eigene Wohnung und Unabhängigkeit klingen nach ihrem Geschmack. Dann bekommen die Geschwister eine Nachricht vom Tod ihres Onkel Johns, der sein Vermögen einer anderen Person hinterlassen hat. Mich dünkt, das ist Onkel John aus Madeira, und die Alleinerbin ist Jane…


    Kapitel 5: Welcher Konfession ist St. John? Darf er sich nicht verlieben oder binden? Offensichtlich hat er sein Herz an Miss Oliver verloren, die das Schulhaus eingerichtet hat. Nach ihrem ersten Schultag kommen Jane leise Zweifel, ob sie nicht doch besser mit Mr. Rochester nach Südfrankreich gegangen wäre…? Aber dann ist sie doch wieder überzeug, die richtige Entscheidung getroffen zu haben.


    Kapitel 6: Jane versucht es mit Ehestiftung zwischen St. John und Miss Oliver (offenbar darf er heiraten), aber St. John will nicht – trotz seiner Verliebtheit. Er glaubt, die Ehe wird auf Dauer nicht halten. Er will lieber seiner Berufung folgen und Missionar werden.

  • So, der Abschnitt hat aufgrund einer etwas stressigen letzten Arbeitswoche länger gedauert. Kann aber auch daran liegen, dass er mir bis jetzt von allen am wenigsten gefällt. Der verzweifelte Versuch von Rochester Verständnis für seine Situation zu wecken und seinen Wunsch auf eine "heilende" Ehe haben mich schon sehr berührt und er tat mir furchtbar leid. Sicher ist er kein Heiliger, er hätte einiges anders machen können, aber seine Verzweiflung wirkt einfach echt.


    Jane hat zum einen ihre strengen religiösen Vorstellungen und zum anderen die auch vorher schon unterschwellige Angst, er könne sie einfach so wie einen alten Handschuh abstreifen sobald er ihrer überdrüssig ist. Noch dazu bei einem unehelichen Verhältnis, da wäre das ja gar kein Problem für ihn. (allerdings denke ich da wohl besser von ihm als sie, ich hätte es ihm nicht zugetraut).


    Was danach folgt war für mich zum Großteil irgendwie unglaubhaft und auch langweilig. Die Odysee durchs Moor, auf der Flucht vor Menschen, betteln nach Nahrung... ich glaube zwar schon, dass es mit dem sozialen Abstieg sehr schnell gehen kann aber irgendwie erschien mir das alles zu übertrieben. Vor allem hätte ich an Janes Stelle die Haushälterin des Pfarrers um Rat oder Hilfe gebeten und wär nicht einfach wieder abgedüst. Es ist ja nur dem Zufall zu verdanken, dass sie dann genau auf diesen Pfarrer stieß.


    Sie wird von den Rivers liebevoll aufgenommen und etwa aber der Stelle, als Jane Lehrerin im Dorf wird, fängt die Geschichte wieder an mich mehr zu interessieren (trotzdem, Rochester fehlt mir schrecklich).
    Vor allem die Geschichte zwischen St. John und Rosamond. Fast schon ironisch wie Jane da versucht zu vermitteln. Die Parallelen zu ihr und Mr. Rochester sind ziemlich deutlich finde ich. Auch sie, Jane, hätte einfach nur der Versuchung nachgeben müssen und hätte ein sorgenfreies und angenehmes Leben an der Seite von Mr. Rochester gehabt, so wie St. John bei seiner Geliebten. Und doch versteht sie seinen Verzicht nicht. Ist schon komisch wie man andere Leute beurteilt, dass aber so gar nicht auf die eigene Person übertragen kann.


    Ich denke schon, dass St. John und Rosamond heiraten könnten (aus religiösen Gründen meine ich), aber ihr Vater würde sicher darauf bestehen, dass er dann auch das Erbe als Schwiegersohn antritt, dann wäre nix mehr mit raus in die Welt und missionieren. Und wie er schon sagte, als Missionarsfrau kann er sie sich einfach nicht vorstellen. Vielleicht tut er ihr da aber auch genau so unrecht wie Jane ihrem Mr. Rochester?


    Ich hoffe auf jeden Fall, dass Mr. Rochester wieder auftaucht und es doch noch zu einem guten Ende für ihn und Jane kommen wird. (ich und Happy Endings? :yikes Sowas gibts auch? *g*)



    Interessante Anmerkungen aus der Reclam-Ausgabe:


    - Bei dem deutschen Buch, welches die Schwestern Rivers lesen handelt es sich um Schillers "Die Räuber".


    - Hannah, die Magd, ist vermutlich zum Teil der alten Haushälterin der Brontes, Tabby, nachempfunden, die die Bronte-Schwestern auch immer "Kinder" nannte.


    - eine Guinee war damals 21 Shilling wert, ein Pfund 20 Shilling.


    - Die Stadt B- in Kapitel 30: Möglicherweise der Ort Bath (dürfte den Lesern von Pride & Prejudice auch bekannt sein).


    - Die Stadt S- in Kapitel 31: Sehr wahrscheinlich Sheffield.


    - Damals wurde gegen aufbegehrende Arbeiter und Handwerker auch das Militär eingesetzt.


    - lusus naturae: Spiel, Scherz der Natur


    - Am 5. November wurde des Gun-Powder-Plots von 1605 gedacht.


    - Cui Bono: Wem nützt es?



    Und nun stürze ich mich auf den letzten Abschnitt dieses Buches. *hält die Daumen gedrückt für Mr. Rochester*

    „Furcht führt zu Wut, Wut führt zu Hass. Hass führt zu unsäglichem Leid.“

    - Meister Yoda

  • Zitat

    Original von Paradise Lost
    Interessante Anmerkungen aus der Reclam-Ausgabe:


    - Bei dem deutschen Buch, welches die Schwestern Rivers lesen handelt es sich um Schillers "Die Räuber".


    Ich habe mein Buch schon weitergetauscht, drum kann ich nicht mehr nachschauen, wie das deutsche Buch beschrieben wurde... aber woher weiß Herr Reclam, dass es sich um "Die Räuber" handelt??

  • chiclana
    Es werden ja ein paar Stellen daraus zitiert und auch die Namen der Figuren genannt, ich schätze da war es dann nicht so schwer für einen Kenner das zu identifizieren. Später wird dann ja auch noch der Name Schillers genannt.

    „Furcht führt zu Wut, Wut führt zu Hass. Hass führt zu unsäglichem Leid.“

    - Meister Yoda

    Dieser Beitrag wurde bereits 1 Mal editiert, zuletzt von Paradise Lost ()

  • Ich habe übrigens gerade die Aufzeichnung des neuen BBC-Vierteilers Jane Eyre angesehen. Kommt im Februar 2008 auf DVD bei uns raus, meine uneingeschränkte Empfehlung!


    In dieser Verfilmung unterhalten die Rivers-Schwestern sich übrigens über Goethes Faust. Sie rennen lachend über den Rasen und rufen "Heinrich, mir grausts vor Dir!" *g*


    Jane Eyre auf BBC.com

    „Furcht führt zu Wut, Wut führt zu Hass. Hass führt zu unsäglichem Leid.“

    - Meister Yoda