'Das Mysterium' - Seiten 091 - 184

  • Du meine Güte, die Szene im Schlachthaus... Total spannend. Und wäre es ein Film gewesen hätte ich mir mit Sicherheit die Augen zugehalten.
    Wie an mehreren Stellen im Buch einfach fesselnd erzählt.
    Man hat das Gefühl direkt dabei zu sein, konnte schon fast den fahlen, eisernen Geruch in der Nase haben. Uaa... diese grünen Augen...

  • Dieser zweite Abschnitt hat die Spannung weiter aufgebaut. Langsam wird das Netz das Amiel von Ax aufgebaut hat immer deutlicher. Er hat sich hier ja eine sehr heterogene Gruppe an "verschwörern" (falls sie überhaupt Verschwörer sind) zusammengesucht.


    Interessant fand ich vor allem den Vergleich zwischen William Ockham und Amiel in ihrer Begründung für ihr handeln. Einerseits die Begründung Ockhams dafür, dass er den Inquisitor Vinzenz einschaltet, dass Gott auch den Israeliten befohlen hat zu töten und töten etwas schlechtes ist, aber Gott nur gutes befehlen kann und es daher gut sein muss.
    Amiel hingegen sieht die Welt als Teufelswerk und den Mord an seinen Sohn als Rettung seiner Seele, damit diese schneller in einen neuen Kreislauf kann, um am Ende vll erlöst zu werden.


    Stammt die Begründung, warum man trotz Fasten Fisch essen darf von den Katharern bzw. ist die Begründung für Christen gleich? Ich wundere mich schon lang warum Fisch an den Fastentagen immer ausgeklammert ist und das wäre eine interessante Begründung. Ob sich das auch auf die Vegetarier ausgewirkt hat, die ja größtenteils auch Fisch essen?

  • Dieser Amiel von Ax ist ja wohl... :pille Ich sage mal salopp: wahnsinnig. Ob er alles glaubt, was er so erzählt??? Ich bin wirklich gespannt, wie die Geschichte zwischen Amiel und Nemo ausgeht, denn eigentlich habe ich Nemo für jemanden mit einigermaßen gesunden Menschenverstand gehalten.... :wow

  • Nein, wahnsinnig ist der Perfectus bestimmt nicht- wahnsinnig überzeugt von der Rechtmäßigkeit seines Tuns und der Wahrheit seines Glaubens- das sicher- aber im Kopf nicht verwirrt, sondern ein tief gläubiger Mann, der nach dem Kreuzzug die Lehren der Katharer offenbar in nicht ganz reiner Form aufgenommen hat.

  • Zitat

    Original von taciturus
    Interessant fand ich vor allem den Vergleich zwischen William Ockham und Amiel in ihrer Begründung für ihr handeln. Einerseits die Begründung Ockhams dafür, dass er den Inquisitor Vinzenz einschaltet, dass Gott auch den Israeliten befohlen hat zu töten und töten etwas schlechtes ist, aber Gott nur gutes befehlen kann und es daher gut sein muss.


    Wie viele der spannenden Gedankengänge im Buch ist auch dieser von William Ockham und nicht von mir. :grin Es lohnt sich, William im Original zu lesen. Seine Schriften gibt es als Reclam-Bändchen.


    Zitat

    Original von taciturus
    Stammt die Begründung, warum man trotz Fasten Fisch essen darf von den Katharern bzw. ist die Begründung für Christen gleich? Ich wundere mich schon lang warum Fisch an den Fastentagen immer ausgeklammert ist und das wäre eine interessante Begründung. Ob sich das auch auf die Vegetarier ausgewirkt hat, die ja größtenteils auch Fisch essen?


    Das ist eine gute Frage!


    Über Fische gab es im Mittelalter sehr unterschiedliche "Wissensgrade". Manche ordneten Wale, Robben, Rochen und Haie in die Kategorie "Meerungeheuer" ein, andere wußten schon recht genau Fischarten auseinanderzuhalten. Manche glaubten, daß z.B. Heringe sich nur von Wasser ernähren, andere haben Süßwasserfische in künstlichen Teichen gezüchtet und müssen Ahnung davon gehabt haben, was sie essen und wie sie sich fortpflanzen. Sagen wir es mal so: Das Wissen über Fische war recht ungleichmäßig verteilt. ;-)


    Katharerperfecti lehnten alle Speisen ab, die durch Zeugung entstanden sind. Fische aßen sie gern und viel. Ich gehe davon aus, daß sie zu denen zählten, die nicht wußten, wie Fische entstehen.


    Daß Christen beim Fasten Fisch aßen, hatte aber mit der Fortpflanzung der Fische nichts zu tun. Fisch war eine typische Fastenspeise (zumindest bei der Art des Fastens, wo man etwas aß - es gab ja auch völliges Verzichten auf Nahrung für einen begrenzten Zeitraum). Außer Fischen wurden auch Enten und Feldhühner während der Fastenzeit gegessen. Verboten waren Schwein, Hirsch, Rind usw.


    Warum man heute Vegetariern oft Fisch anbietet und dazu sagt: "Aber das ist doch kein Fleisch!", das entzieht sich meiner Kenntnis. :rolleyes


    Herzlich,


    Titus

  • so, ich bin nun auch mit diesem Abschnitt fertig geworden.
    Ich habe nur leider unterwegs gelesen und konnte mir daher keine Spickzettel schreiben - ich hoffe ich bekomme noch alles zusammen :grin


    Ganz so schlecht finde ich den Roman jetzt nicht, obwohl ich durchaus verstehen kann, warum es einige nicht mögen. Es ist kein leichtes Buch zu lesen, man muß sich sehr darauf konzentrieren. Die Hauptperson Nemo ist unsymphatisch und es spielt im tiefsten & düstersten Mittelalter. Es liest sich nicht eben mal locker und leicht so weg wie z.Bsp. die Kaufmannstochter. Vereinzelt muss man Dialoge 2 x lesen (jedenfalls ich) um den Sinn zu verstehen.


    Es gibt sehr viele Rätsel und man versteht die Handlung der Personen nicht. Das Buch lädt definitiv zum mitdenken ein!!!!!!! Ein Buch das unterhält und nach dem Zuklappen noch eine Weile im Leser nachwirkt, das man nicht so schnell vergessen wird.


    Sehr gut gefällt mir bisher William Ockham, wie er z.Bsp. sofort registriert, dass sich der Hauptmann Ermenrich auf keinen Fall um den Mord kümmern wird, war doch genial. Sowas nenne ich gesunde Menschenkenntnisse.
    Er beobachtet sein Umfeld eben sehr genau.
    Auch ein schönes Sahnestückchen in diesem Roman waren für mich die interessanten Erklärungen beim Schachspiel oder die Bracke mit Namen Knochen! Er ist ein Hund der mir gefällt .....


    Da ich seit 1960 in München lebe, interessiert es mich besonders, etwas über diese Stadt im 14. Jahrhundert zu erfahren - sehr interessant daher für mich zu erfahren, dass München damals 100 Türme und 8 Tore hatte und ca. 10.000 Menschen darin gelebt haben.
    Auch das die St. Peter Kirche damals 2 Türme hatte? Heute gibt es nur noch einen Turm, da bin ich schon mal raufgegangen, ist gleich am Viktualienmarkt.


    Auf jeden Fall will ich jetzt wissen, wie es weitergeht, wie die einzelnen Fäden zusammenhängen und wie sie verknüpft werden......


    Heute werde ich leider nicht mehr zum lesen kommen, bin gleich auf einer Weihnachtsfeier .....


    PS: Frage an Titus: hat man wirlich als Farbe damals frisches Ochsenblut mit Kalk gemischt????

    to handle yourself, use your head, to handle others, use your heart
    SUB 15
    _______________________________________________________
    :kuh:lesend

  • Ich verstehe mich selbst wirklich nicht- ich interessiere mich für die Zeit- ich behaupte über Katharer und die Albigenserkreuzzüge einiges zu wissen und - soweit man das wissen kann, da die Quellen in der Regel römisch- katholische Hetzschriften gegen den Glauben der Bonhommes sind- auch darüber einiges. München finde ich auch einen schönen Schauplatz, das Buch ist spannend geschrieben und doch kämpfe ich mit jeder Seite und bin jetzt nach drei Tagen gerade am Ende dieses Abschnitts. Es ist wirklich nicht so, dass ich das Buch nicht mögen würde- aber ein Lesefluss will sich einfach nicht einstellen. Irgendwas sperrt sich alle zwei, drei Seiten lege ich das Buch für einige Minuten weg. Sicher werde ich weiterlesen (die Hundertseitengrenze ist ja lange überwunden) aber ob ich mit dem Buch bis zum ersten Dezember fertig bin?

  • Zitat

    Original von beowulf
    Nein, wahnsinnig ist der Perfectus bestimmt nicht- wahnsinnig überzeugt von der Rechtmäßigkeit seines Tuns und der Wahrheit seines Glaubens- das sicher- aber im Kopf nicht verwirrt, sondern ein tief gläubiger Mann, der nach dem Kreuzzug die Lehren der Katharer offenbar in nicht ganz reiner Form aufgenommen hat.


    Hm, naja, also ich finde schon, er hat Züge von religiösem Wahn (Stichwort Mord an seinem Sohn und vor allem das Motiv!) - und nach weiterem Überlegen finde ich, dass dein Zitat oben da gar kein Widerspruch ist, sondern eher eine sehr diplomatische Umschreibung *g*

  • Ist religiöser Wahn identisch zu dem was wir üblicherweise (im landläufigen, nicht wissenschafftlichen Sinne) zu Wahnsinn verstehen?


    Ist es nicht vielmehr so, dass wir üblicherweise bei religiösem Wahn eine größere Toleranz entwickeln?


    Also hier- dem Katharer mehr zulassen, als wir es einem nichtreligiösen Menschen zulassen würden??? (Entschuldigungsgrund- er glaubt wirkllich an das was er tut???)

  • Interessant finde ich, wie Titus Müller scheibchenweise den religiösen Wahn aus der Tüte lässt. Da bekommt es der Leser nicht mit Holzhammer, sondern langsam Stück für Stück. Der "Wahnsinn" dieses Amiel wird nur langsam sichtbar.


    Zudem gewinnen auch die anderen Personen von Seite zu Seite immer mehr an Konturen. Man sieht den Handlungsfaden, aber man sieht sein Ende noch nicht.

    Ich mag verdammen, was du sagst, aber ich werde mein Leben dafür einsetzen, dass du es sagen darfst. (Evelyn Beatrice Hall)


    Allenfalls bin ich höflich - freundlich bin ich nicht.


    Eigentlich mag ich gar keine Menschen.

  • Hm... ich bin mit vielen Fragen asu dem ersten Abschnitt gekommen und nun sitze ich hier nach dem zweiten und habe schon wieder viele Fragen, die mich beschäftigen :grin


    Interessant fand ich, dass Amiel wohl wirklich geglaubt hat, sich mit Ockham verbünden zu können. Wieso hat er sich da so verschätzt?


    Die Szene im Schlachthaus war wirklich recht heftig, vor allem frage ich mich jedoch, welchen Zweck Amiel damit verfolgt hat Adeline laufen zu lassen.


    Diesn und allen weiteren Fragen werd ich jetzt mal nachspüren gehen - ich lese jetzt weiter :grin

  • Zitat

    Original von bonomania
    Ganz so schlecht finde ich den Roman jetzt nicht, obwohl ich durchaus verstehen kann, warum es einige nicht mögen. Es ist kein leichtes Buch zu lesen, man muß sich sehr darauf konzentrieren. Die Hauptperson Nemo ist unsymphatisch und es spielt im tiefsten & düstersten Mittelalter. Es liest sich nicht eben mal locker und leicht so weg wie z.Bsp. die Kaufmannstochter. Vereinzelt muss man Dialoge 2 x lesen (jedenfalls ich) um den Sinn zu verstehen.


    Es gibt sehr viele Rätsel und man versteht die Handlung der Personen nicht. Das Buch lädt definitiv zum mitdenken ein!!!!!!! Ein Buch das unterhält und nach dem Zuklappen noch eine Weile im Leser nachwirkt, das man nicht so schnell vergessen wird.


    Hallo bonomania,


    das ist für mich sehr interessant zu lesen. (Auch deine Kommentare, beowulf, und die von euch anderen.) Ich frage mich beim Schreiben oft: Bin ich zu simpel? Formuliere ich zu flach? Oder ist es zu geschraubt, zu kompliziert, zu anstrengend? Ich registriere: Noch komplizierter sollte ich nicht schreiben, sondern eher ein bißchen die Zügel locker lassen, auch was den Plot angeht. :-)


    Zitat

    Original von bonomania
    Frage an Titus: hat man wirlich als Farbe damals frisches Ochsenblut mit Kalk gemischt????


    Diese kleine Seitengeschichte habe ich aufgeschnappt, als ein Maler erzählte, er habe als Lehrling geholfen, eine alte Kirche mit den alten Methoden zu erneuern, und dann hatten sie die Farben in der Kirche stehengelassen und sie waren über Nacht schlecht geworden ...


    Wie so oft: Ich denke mir Sachen nicht aus. Ich bin gar nicht so kreativ, wie ihr vielleicht denkt. Bin einfach ein Sammler.


    Herzlich,


    Titus

  • Zitat

    Original von beowulf
    Ist religiöser Wahn identisch zu dem was wir üblicherweise (im landläufigen, nicht wissenschafftlichen Sinne) zu Wahnsinn verstehen?


    Ist es nicht vielmehr so, dass wir üblicherweise bei religiösem Wahn eine größere Toleranz entwickeln?


    Also hier- dem Katharer mehr zulassen, als wir es einem nichtreligiösen Menschen zulassen würden??? (Entschuldigungsgrund- er glaubt wirkllich an das was er tut???)


    Hmmm interessante Fragen, ich persönlich würde sie FÜR MICH so beantworten:


    a) im landläufigen Sinn ok, kann ich zustimmen, im wissenschaftlichen natürlich nicht - wobei der Begriff Wahnsinn sowieso kein bisschen wissenschaftlich ist ;-)


    b) ich nicht - also wenn ich mal salopp sage, ob derjenige mit akustischen Wahnvorstellungen beispielsweise denkt, Gott oder Satan würde ihm etwas einflüstern oder aber seine tote Oma, macht hinsichtlich der Toleranz keinen Unterschied


    c) hm, nein immer noch nicht (persönliche Meinung!!!) Aber ein wirklich interessanter Aspekt - zielt doch eigentlich auf das Motiv ab oder? :gruebel Obwohl, bleibt Mord nicht Mord, unabhängig davon ob der Täter glaubt, das Richtige getan zu haben? Uaaargh das hier wird ein Riesen-Fass :lache

  • Hallo Titus,


    Zitat

    Original von Titus
    Ich registriere: Noch komplizierter sollte ich nicht schreiben, sondern eher ein bißchen die Zügel locker lassen, auch was den Plot angeht.


    Zumindest für mich und meine Leseverhalten trifft das zu.


    Allerdings bin ich mittlerweile in der Geschichte und den Figuren drin. Es gefällt mir sehr gut und ich habe nur kurz unterbrochen, weil ich neugierig war, was hier so geschrieben wurde. Warum ich mich anfangs so schwer getan habe, kann ich gar nicht sagen, aber jetzt faszinieren mich die Personen. Ich frage mich auch, warum Amiel Adeline laufen ließ. Überhaupt bin ich jetzt richtig neugierig geworden, warum die Personen so handeln und wie es weiter geht.


    Vor allem finde ich aber auch die "Nebeninformationen" sehr interessant: Die Herstellung der Farben, das Wissen über die Fortpflanzung bei Tieren und die damit verbundenen Essgewohnheiten, die sich bis heute nur teilweise geändert haben. Mir fielen auch sofort viele Vegetarier ein, die sagen, sie seien Vegetarier und essen deshalb kein Fleisch, aber Fisch essen sie. Das habe ich noch nie verstanden.

  • Ich finde den Roman nicht kompliziert!
    Ich habe auch noch nicht ganz genau verstanden, was ihr als kompliziert erlebt.
    Ich finde ihn verflochtener als die vorigen, es gibt mehr facettenreiche Figuren mit eigenen Konflikten und vielleicht gibt es sogar noch mehr herrliche Details im Hintergrund (da muesste ich, um gerecht zu urteilen, aber die Todgeweihte rasch zum Vergleich noch mal lesen, denn auch da hatte ich den Eindruck, ein Fuellhorn farbigster historischer Detailinformatinen sei in den Roman geschuettet worden) - aber ist es das, was fuer Euch das Komplizierte ausmacht?


    Ich bin noch am Ueberlegen.


    Alles Liebe von Charlie

  • Zitat

    Original von milla
    Obwohl, bleibt Mord nicht Mord, unabhängig davon ob der Täter glaubt, das Richtige getan zu haben?


    Hier triffst du genau diesen Grenzbereich- ein Totschlag wird zum Mord, wenn er aus niedrigen Beweggründen begangen wird.


    Ist religiöse Überzeugung ein niedriger Beweggrund? Beispiele die Killer von Abtreibungsärzten in USA, die Ehrenmorde der Traditionalisten, die sich (zu Unrecht) auf den Islam berufen- wird dort nicht das Motiv religiöse Überzeugung als schuldmindernd angesehen (auch bei uns in Deutschland!).


    (Religiöser Wahn ist ja, wenn krankheitrelevant, strafrechtlich eh aussen vor- geschlossene Abteilung der Psychatrie statt lebenslänglich.)

  • Zitat

    Original von Titus Müller


    das ist für mich sehr interessant zu lesen. (Auch deine Kommentare, beowulf, und die von euch anderen.) Ich frage mich beim Schreiben oft: Bin ich zu simpel? Formuliere ich zu flach? Oder ist es zu geschraubt, zu kompliziert, zu anstrengend? Ich registriere: Noch komplizierter sollte ich nicht schreiben, sondern eher ein bißchen die Zügel locker lassen, auch was den Plot angeht. :-)


    Mein letzter Tutus Müller war "Die Totgeweihte"- da kam ich wesentlich besser in einen Lesefluß, auch wenn die Zahl der Hauptfiguren nicht wesentlich geringer, die Hintergründe und Abgründe nicht wesentlich seichter waren und ich zu dem Thema mehr googeln mußte als zu den Katharern- auch wenn ich über die Jahreszahl überrascht war, da ich bisher geglaubt habe, nach dem Feuer an den Hängen des Montségur sei das Thema erledigt gewesen.