Öland – Johan Theorin

  • Ich kann mich den positiven Rezis hier voll und ganz anschließen. Johan Theorin hat nicht nur einen hervorragenden Krimi geschrieben sondern auch eine Liebeserklärung an Öland und seine Bewohner.
    Ein bestechend klarer und ruhiger Schreibstil, Charaktere mit vielen Facetten und Tiefgang und eine Handlung, die sich entwickelt. Was damals passiert ist, wird Stück für Stück aufgedeckt und der Vergangenheit entrissen, trägt sogar dazu bei, dass auch die seelischen Wunden der Protagonisten heilen. Das Ende ist völlig überraschend und nicht vorhersehbar. Ich hab mich bis zum Schluss in die Irre führen lassen.


    Wenn das der Auftakt war, dann freue ich mich umso mehr auf folgende Bände.


    Von mir volle 10 Punkte.

  • Danke für die Info :-)


    Hoffentlich wird der auch zügig ins Deutsche übersetzt. Bei Piper ist noch nichts zu finden.


    Ich bin eigentlich jemand, der immer abwechselnd was aus einem Genre liest und schon gar nicht mehre Bücher eines Autors gleich hintereinander weg, aber hier würde ich wirklich eine Ausnahme machen, gäbe es schon weitere Bücher auf Deutsch.

  • Sowas finde ich echt ärgerlich *grummel*.


    "Öland" war von Anfang an als der Beginn einer vierbändigen Reihe ausgelegt- wie kann man sich da als Verlag noch keinerlei Gedanken gemacht haben, ob man auch die weiteren Bände veröffentlicht?
    Wahrscheinlich wird erst noch der finanzielle Erfolg abgewartet, bevor entschieden wird.


    Im Kinderbuchbereich ist mir das schon öfter passiert und ich bin dann meist auf das englische Original ausgewichen.
    Im Notfall weiche ich hier auch auf das Original aus. Zumindest die schwedische Leseprobe von "Öland" schien nicht so schwer zu lesen zu sein.

    Ich weiß nicht, was das sein mag, das ewige Leben.
    Aber dieses hier, das diesseitige, ist ein schlechter Scherz. (Voltaire)

  • Vermutlich bin ich die ungeeignetste Person einen Kriminalroman zu beurteilen, die man sich vorstellen kann. Die Anzahl der Krimis, die ich gelesen habe, lässt sich an zwei Händen abzählen. Ich kann daher nicht beeurteilen, ob dieses Buch besonders originell oder außergewöhnlich ist und diese Rezi ist daher auch gar keine richtige, sondern eher ein sehr persönlicher Leseeindruck. Mir wurde dieses Buch als ein Krimi präsentiert, "bei dem die Krimihandlung aber gar nicht so wichtig ist." Und für den ersten Teil des Romans stimmt das auch. Die Handlung spielt auf der schwedischen Insel "Öland", die dem Roman den Namen gibt. Vor zwanzig Jahren ist ein kleiner Junge verschwunden. Da man seine Leiche nie gefunden hat, geht man davon aus, dass er ertrunken ist und von den Sundströmen ins tiefe Wasser gezogen wurde. Nur seine Mutter, Julia, kann sich mit dem Tod des Jungen nicht abfinden. Und dann tauchen Hinweise auf. Der Täter, auf den sie hinweisen, ist allerdings schon viele Jahre vor dem Verschwinden des Kindes gestorben...
    Die Geschichte spielt auf zwei Zeitebenen. Es wird die Geschichte des Täters, beginnend mit seiner Jugend erzählt. Nils Hals ist der Sohn einer der wohlhabensten Familien Ölands. Sein Vater ist früh gestorben und seine Mutter zieht ihn mit der Überzeugung auf, dass ihr Sohn etwas besonderes sei. Da diese Auffassung von den Inselbewohnern nicht unbedingt geteilt wird, wird Nils Kant zum Außenseiter.
    Die zweite Zeitebene beschreibt das Leben von Julia, der Mutter des Kinders 20 Jahre nach dem Verschwinden. Behutsam beschreibt der Autor ihre Suche nach der Wahrheit, die ihr hilft den Verlust ihres Kindes zu verarbeiten.
    Der Anfang des Romans ist eher eine psychologische Studie von Tätern und Opfern und wie beide mit den Verbrechen leben. Dieser Teil hat mir sehr gut gefallen. Die Krimihandlung kommt sehr langsam in Fahrt. Ausführlich beschreibt der Autor auch die öländische Natur und das Leben auf einer Insel, die im Winter vollkommen verlassen ist und im Sommer von Touristen heimgesucht wird. Ich denke, jeder Skandinavienurlauber fühlt sich bei der Lektüre an seine Sommerurlaube erinnert.
    Der zweite Teil widmet sich dann stärker der Krimihandlung und hat mir deshalb auch weniger gut gefallen. Die Auflösung und die überraschende Wendung fand ein bißchen an den Haaren herbeigezogen, bzw. nicht so sehr die Ereignisse an sich, aber wie sie aufgedeckt wurden. Ich weiß nicht genau, ob dass an diesem Krimi speziell liegt oder ob es das ist, was mich an Krimis generell stört. Es wäre wirklich erfrischend mal einen Krimi ohne "überraschende" Wende zu lesen oder zu schauen.
    Für Leute, die eher langsame Erzählungen mögen, eignet sich das Buch bestimmt, für Liebhaber von Skandinavienkrimis sowieso.

  • Es geht offenbar doch schneller weiter als erwartet. Der zweite Teil ist bei Amazon bereits gelistet und erscheint am 9. Oktober


    Nach seinem gefeierten Kriminalroman »Öland« legt der schwedische Bestsellerautor Johan Theorin sein zweites Buch vor: »Nebelsturm« – während der berüchtigten Winterstürme auf Öland stirbt eine junge Frau an einem mystischen Ort, der seinen Bewohnern seit Jahrzehnten Unglück bringt.


    Johan Theorin gelang mit seinem ersten Kriminalroman »Öland«, ausgezeichnet als bestes Krimidebüt des Jahres, ein großer internationaler Erfolg. Als Herbst-Teil seines geplanten Jahreszeiten-Quartetts wurde es in 14 Sprachen übersetzt. »Nebelsturm«, dessen Filmoption bereits verkauft ist, spielt im rauen
    ölandischen Winter und erhielt den Preis für den Besten Kriminalroman.

  • huhu! ich hab das buch noch nicht gelesen, aber das neue von piper schon mal vorab bekommen, kurz angelesen und habe jetzt eine frage: scheinbar spielt ja auch schon der erste teil in den 90ern. gibt es dafür einen grund? also, hat der autor die bücher in den 90ern geschrieben und jetzt erst veröffentlicht bekommen? (obwohl, er ist ja noch recht jung.) weiß das zufällig jemand?
    ich lass "nebelsturm" mal liegen und fang jetzt ersmtal mit "öland" an, wenn alle so davon schwärmen :)
    danke euch!

  • Ich habe "Öland" soeben zu Ende gelesen - und bin noch ganz in der Stimmung gefangen...
    Das Buch hat mir ausgesprochen gut gefallen, es gab keinen Held im herkömmlichen Sinn, keine Liebesgeschichte im herkömmlichen Sinn und kein Happy-End im herkömmlichen Sinn.
    Ein ruhiger, aber dennoch sehr spannender Kriminalroman - und jetzt freue ich mich auf den "Nebelsturm" (ich such schon mal einen warmen Schal raus)!

  • Über zwanzig Jahre ist es her, dass der damals fünfjährige Jens auf Öland spurlos verschwand. Seine Mutter Julia konnte aufgrund der Ungewissheit, was mit Jens geschah, niemals mit dem Verlust abschließen, wurde depressiv, trank und nahm Tabletten.
    Als dem Großvater Gerlof ein „Beweisstück“ in Form einer Kindersandale zugespielt wird, kehrt Julia nur widerwillig von Göteborg nach Öland zurück.
    Was zunächst nach einer üblichen Kriminalgeschichte klingt, entwickelt sich zunehmend zu einer sehr viel umfassenderen Erzählung über Öland, seine Landschaft und deren Bewohner.


    Parallel zu dem Haupterzählstrang, der auf Öland Mitte der 1990er Jahre spielt, wird die Geschichte von Nils Kant erzählt. Beginnend mit dem Jahr 1936, in dem Nils beschuldigt wurde, am Ertrinken seines Bruders Schuld zu sein, wird sein wechselvolles Leben über Jahrzehnte verfolgt. Denn viele Ölander halten Nils auch für den Mörder von Jens, obwohl Nils damals schon tot war.


    Johan Theorin vermittelt eine melancholische, bisweilen düstere Gesamtstimmung. Die kurzen Herbsttage, der Nebel, die Kargheit der Insel, scheinen dabei die Menschen zu prägen: verschlossen, schweigsam, geheimnisvoll.
    In ruhigem, sehr stimmungsvollem Schreibstil baut der Autor die Spannung in diesem mysteriösen Kriminalfall auf, der immer wieder unvorhersehbare Wendungen nimmt. Die Charaktere sind facettenreich und glaubwürdig beschrieben. Theorin lässt seine Protagonisten eine Entwicklung durchmachen, die besonders im Wandel der Vater-Tochter-Beziehung zwischen Gerlof und Julia nachvollziehbar dargestellt ist.


    Johan Theorin hat mit „Öland“ einen ungewöhnlichen Kriminalroman geschrieben, dem man die Liebe des Autors zu der Insel und seinen Bewohnern anmerkt.


    10/10 Punkten

    Liebe Grüße, Sigrid

    Keiner weiß wo und wo lang

    alles zurück - Anfang

    Wir sind es nur nicht mehr gewohnt

    Dass Zeit sich lohnt

  • Vor zwanzig Jahren verschwand Julias Sohn Jens spurlos. Eine Kindersandale, die ihrem Vater zugeschickt wurde, veranlasst sie und ihren Vater dazu, die Suche nach der Wahrheit, was Jens’ Verschwinden betrifft, erneut aufzunehmen …


    Die Handlung findet auf zwei Ebenen statt: In Rückblicken, die sich von den Dreißiger- bis in die Siebzigerjahre erstrecken, befasst sich Theorin mit dem Werdegang des Nils Kant, der im Verdacht steht, Jens ermordet zu haben, obwohl er zum Zeitpunkt von dessen Verschwinden – eigentlich – bereits tot war. Im Rahmen der Parallelhandlung, die Mitte der Neunzigerjahre spielt, wird geschildert, wie sich Julia, Jens’ Mutter, und deren Vater auf die Suche begeben, um nach etlichen Jahren die Wahrheit über Jens’ Verschwinden ans Tageslicht zu fördern.


    Ich habe diesen Roman regelrecht verschlungen, denn Theorins Schreibstil fesselt ungemein. Stück für Stück gibt er Informationen preis, zeigt die Verbindungen der einzelnen Personen zueinander auf und bietet eine Auflösung des Ganzen an, die sich alles andere als vorhersehbar gestaltet. Zudem lebt dieses Buch von der gezeichneten Atmosphäre: Die Beschreibung der kargen Landschaft, der fast ständig präsente Nebel, die während den Wintermonaten fast unbewohnte Insel und das Gerücht, dass Kants Geist möglicherweise immer noch über dem Ort herumgeistert – das alles kommt schon recht gruselig und mysteriös daher.


    Insgesamt ist „Öland“ ein absolut empfehlenswerter Titel für Freunde atmosphärischer Krimis, die ohne bestialische Morde oder das detailliert geschilderte Sezieren irgendwelcher Leichen auskommen und sich dennoch äußerst spannend lesen. Klasse!

  • Ich war mir nicht sicher, was mich bei diesem Buch erwarten würde, ein Krimi oder ein Gruselroman. Bekommen habe ich beides, wobei die Krimi-Elemente deutlich die Oberhand haben. Trotz des Klappentextes taucht kein Geist in dem Buch auf, doch ein- oder zweimal kam der Hauch eines Grusels auf. Die Handlung ist durchgehend spannend, immer fragt sich der Leser, was aus dem kleinen Jungen wurde. Öland ist eine in sich geschlossene Gemeinschaft und nach und nach wird rekonstruiert, wer sich an jenem Tag wo auf der Insel aufhielt. Gleichzeitig wird die Geschichte der Gegenwart erzählt, weder die Mutter noch der Großvater kamen über das Verschwinden des Jungen hinweg, die Großmutter starb vor ein paar Jahren.
    Die Charaktere sind durchweg glaubwürdig und die Landschaft Ölands wird deutlich und vor allem sehr schön geschildert. Die Auflösung des Verschwindens fand ich überraschend und passend.
    Ich bin in diesem Buch versunken und für mich war es ein Krimi-Highlight!

    liebe Grüße
    Nell


    Ich bin zu alt um nur zu spielen, zu jung um ohne Wunsch zu sein (Goethe)

  • Zitat

    Original von JaneDoe
    Muss ich zum besseren Verständnis "Öland" vorher gelesen haben?


    Nein, beide Bücher sind voneinander unabhängig. Sie spielen nur beide auf der Insel Öland und man trifft die ein oder andere Person in beiden Büchern an. Thematisch haben sie nichts miteinander zu tun.

    liebe Grüße
    Nell


    Ich bin zu alt um nur zu spielen, zu jung um ohne Wunsch zu sein (Goethe)

  • Zitat

    Original von Nell


    Nein, beide Bücher sind voneinander unabhängig. Sie spielen nur beide auf der Insel Öland und man trifft die ein oder andere Person in beiden Büchern an. Thematisch haben sie nichts miteinander zu tun.


    Uups da warst du schneller mit der Antwort :-]

  • Eigentlich hatte ich genug von skandinavischen Krimis und depressiven Ermittlern und wenn ich nicht zufällig über diesen Thread hier gestolpert wäre, hätte ich Öland sicher nicht zur Hand genommen... doch so hat es mich von einer Leseflaute mit x Buchabbrüchen befreit. :lache


    Mir hat Öland sehr gut gefallen, die Insel wird toll beschrieben und auch die Story ist spannend und geschickt aufgebaut. Auch die Personen sind prima dargestellt und die Wechsel zwischen Gegenwart und Vergangenheit fand ich sehr gelungen. Die Auflösung fand ich überraschend, besonders wer der Mörder war. Das Warum für den Mord an dem Jungen hat mich nicht so überzeugt, aber das stört nicht weiter.


    Alles in allem ein lesenswertes Buch, das von mir 9 Punkte bekommt.

  • Zitat

    Original von chiclana
    Eigentlich hatte ich genug von skandinavischen Krimis und depressiven Ermittlern [...]


    Genau so geht es mir mit skandinavischen Krimis auch oft und deshalb habe ich lange Zeit nichts aus dem Genre gelesen. :-)

    liebe Grüße
    Nell


    Ich bin zu alt um nur zu spielen, zu jung um ohne Wunsch zu sein (Goethe)