Mein Name sei Gantenbein von Max Frisch

  • Kurzbeschreibung
    Max Frisch hat in seinem dritten großen Roman Mein Name sei Gantenbein (1964) sein zentrales Thema, das Problem der Identität, die Spannung des Ichs zum anderen, nicht verlassen. Radikaler erfaßt, entfaltet es sich heiterer, reicher als bisher. Der Komplexität des Themas entspricht die Form. Der Roman spiegelt die Verschiebung von Realität und Phantasie im Bannkreis einer Situation, die die erprobte Rolle eines Menschen in Frage stellt, sein Ich freilegt. Die Geschichten des Buches sind nicht Geschichten im üblichen Sinn, es sind Geschichten wie Kleider, die man probiert. Es sind Rollen, Lebensrollen, Lebensmuster, die die Wirklichkeit erraten haben.


    Autorenportrait
    Max Frisch, am 15. Mai 1911 in Zürich geboren, starb dort am 4. April 1991. Sein Werk wurde vielfach ausgezeichnet.


    Meine Meinung:
    Puhuhu... endlich fertig.
    Ich hab mich gegen Ende wirklich nur noch zum Weiterlesen gezwungen, wenn die Handlung auch durchaus leicht zu verstehen war, fehlte es mir zum Ende hin immer wieder am Verständnis, WER da wirklich handelt, Gantenbein? Enderlin? Svoboda? Baucis? Mir zu intellektuell und vergeistigt, wenn ich die ausgefeilte Sprache auch durchaus genossen habe, war das Buch eine absolut anstrengende Lektüre!


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  • Mir hat das Buch im Großen und Ganzen ganz gut gefallen.
    Mich hat vor allem die Thematik angesprochen und am liebsten habe ich die Stellen über den "blinden" Gantenbein gelesen.
    Schade finde ich, dass der Leser bis zum Ende verwirrt bleibt, denn eine Auflösung des Ganzen gibt es nicht.
    Das Buch lässt sich besser lesen, wenn man es am Stück liest. Wenn man zu große Pausen macht, wird es umso verwirrender, das war so meine Erfahrung.

  • Sprachlich ein schon recht schönes Buch, aber von der Handlung her eintönig. In den meisten Episoden geht es um eine Dreiecks-Beziehung, in der sich die jeweilige Figur entscheiden muss, wie sie sich verhalten will- und es wird auf Dauer immer langweiliger, wenn das Thema zum xten Male durchgekaut wird. Nichts für mich.

  • Die Prämisse dieses Romans lautet: Wer bin ich? Es geht Max Frisch um Identitätsfindung, um die Überlegung, was sein könnte, wenn... Sehr zutreffend in folgendem Satz formuliert:


    „…manchmal handle ich bloß, weil die Unterlassung, genauso möglich, auch nichts daran ändert, daß die Zeit vergeht, daß ich älter werde…“


    Ich habe mir viele Stellen markiert, die mir sprachlich sehr gut gefallen haben. Auch tauchen immer wieder sehr schöne Gedankensplitter auf, für die sich die Lektüre gelohnt hat.


    Insgesamt muss ich jedoch sagen, dass mir das Buch nicht gefallen hat. Es macht auf mich den Eindruck, als habe Frisch seine Gedankensammlung ohne weitere Bearbeitung in Druck gegeben. Die Gesamtwirkung ist fragmentarisch, ungeschliffen. Frisch wechselt ungerührt zwischen den Identitäten, mischt die Perspektiven und es ist (trotz sorgfältigen Lesens) nicht immer eindeutig, wer nun gerade die handelnde Person ist. Den Lesekomfort seiner Buchkäufer hatte der Autor jedenfalls nicht im Fokus.


    Ich glaube, Frisch konnte sich diese schriftstellerische „Extravaganz“ nur erlauben, weil er sich in der Literaturszene bereits einen Namen gemacht hatte. Ein Newbie hätte vermutlich sehr viel Rotstift vom Lektor geerntet.
    Im Gegensatz zu „Homo faber“, das sich auch hervorragend als Lektüre für Jugendliche eignet, würde ich den Gantenbein nur für geübte Vielleser und Hardcore-Fans von Max Frisch empfehlen.


    Zum Thema „Wer ist man wirklich?“ hat mir persönlich „Die Identität“ von Milan Kundera weitaus besser gefallen.

  • Ich habe letzte Woche dieses Buch zu Ende gelesen, das seit einem halben Jahr auf meiner Bücherregal ungelesen gewartet hat. Ich muss wie die meisten meiner Vorredner sagen, dass ich enttäuscht bin. Homo Faber hatte mir schon nicht besonders gefallen, aber dieses Buch fand ich schlicht und einfach schlecht. Die Sprache ist nicht meins, ich finde diese abgehackte, aneinandergereihte, collagenartige einfach nicht schön, das ist aber wohl Geschmackssache.


    Zur Geschichte ist noch zu sagen, dass Frisch mit Identitäten spielt und sozusagen Gedankenexperimente mit unterschiedlichen, denkbaren Charakteren macht und dabei zentrale Themen für Paarbeziehungen wie Treue, Vertrauen, Privatsphäre trotz des Zusammenlebens, Intimität usw. bearbeitet. An sich fand ich seine Gedankenansätze sehr interessant, aber für mein Geschmack wurden sie dann zu wenig verfolgt und sind schwammig geblieben. Das Experiment mit wechselnden Identitäten fand ich nicht schwer zu folgen aber auch nicht besonders interessant oder einfallsreich.


    Es mag sein, dass diese Collagenartige in dem Verlauf der Erzählung und in der Sprache für die Erscheinungszeit des Buches innovativ und revolutionär war, für mich ist es aber nicht ausreichend, um aus diesem Buch einen guten Roman zu machen.

  • Ich habe diesen Roman nun durchgelesen. Einerseits liest er sich leicht, weil es wenige Personen gibt, die miteinander in Beziehung stehen, andererseits verwirrt er, weil alle möglichen Versionen von Handlungsabläufen durchgespielt werden und die Perspektiven ständig wechseln. Im Groben geht es um eine gescheiterte Beziehung - oder mehrere Beziehungskonflikte aus verschiedenen Blickpunkten betrachtet.


    Der Autor spielt mit seinen Figuren und scheint verschiedene Ansätze in seiner Charakterisierung zu probieren. Leider führt das zu keinem wirklichen Ergebnis. Alles bleibt möglich, nichts wird konkret - am Ende bleibt ein Verlassener zurück, der sich selber nicht kennt.


    Es könnte als Kritik an der Toleranz aufgefasst werden in einer Zeit, in der sich das Verhältnis zwischen Mann und Frau grundlegend ändert. Die Frau scheint selbstbewusst ihre Karriere und Bewunderer zu pflegen und leistet sich einen Blinden als Heimatpunkt, den sie gewissenlos so lange betrügen kann bis seine Blindnis (?) als Grundbetrug eingestanden wird.

    Der Mann glaubt zunächst an seine tolerante Liebe und gönnt ihr alle Freiheiten, die sie sich nimmt, bis er schließlich doch von Eifersucht zerfressen wird. Parallel versucht er sich in den Konkurrenten einzufühlen und entwickelt sogar Verständnis für dessen Gewissenlosigkeit, ihm seine Frau auszuspannen.


    Die Sprache ist schön ausgefeilt und manche Gedanken zu Beziehungsgeflechten und Geschichtenerzählen bemerkenswert. Trotzdem bleibt mir unklar, was der Autor eigentlich beabsichtigte - falls es mehr als nur eine Gedankenspielerei sein sollte. :gruebel

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    Von den vielen Welten, [...] ist die Welt der Bücher die größte. (Hermann Hesse)


    :lesend Siegfried Lenz: Der Verlust