Nasses Grab - Helena Reich

  • Blanvalet Tb 2008, 474 S.


    Inhalt:
    Prag im Sommer 2002: am Wenzelsplatz spült das Jahrhunderthochwasser einige Särge ans Tageslicht, die jahrelang in einem Lagerraum der Metro gestanden haben. In einem davon findet die Feuerwehr eine mumifizierte Leiche. Die Polizei zeigt zunächst kein Interesse und lässt sie ins Archäologische Institut zu Dr. Xenia Bondy bringen. Die jedoch stellt bald fest, dass sie es hier keinesfalls mit einer uralten Mumie zu tun hat und gibt die Leiche weiter an ihre Freundin Dr. Magda Axamit, die im Gerichtsmedizinischen Institut arbeitet. Bei der Obduktion wird schnell klar, dass die Frau keines natürlichen Todes gestorben sein kann und ihre Identifizierung schwierig werden wird. Da wird der Reporterin Larissa Khek von einem anonymen Anrufer zugetragen, dass es sich bei der Toten um die vor fünfundzwanzig Jahren angeblich bei einem Autounfall verunglückten Schauspielerin Dana Volná handeln soll. Und nun kommt doch die Polizei in der Gestalt von Kriminalkommissar David Andel ins Spiel.


    Über die Autorin:
    Helena Reich wurde 1965 im westböhmischen Bäderdreieck (Tschechoslowakei) geboren und lebt seit 1969 in Deutschland. Nach einem Studium der Politik, Amerikanistik und Geschichte arbeitete Reich zunächst als Journalistin u. a. für die "Süddeutsche Zeitung, The Prague Post, Vital sowie natur&kosmos". Seit 1999 ist sie praktizierende klassische Homöopathin. Nach Stationen in München, Bonn, Berlin und Prag, lebt Helena Reich mit ihrer Familie derzeit wieder in Berlin.


    Meine Meinung:
    Erzählstil und Sprache dieses Buches gefallen mir sehr gut. Der Inhalt erfordert die hellwache, ungeteilte Aufmerksamkeit des Lesers. Die Autorin entwickelt eine recht komplexe, undurchsichtige Geschichte, die die volle Konzentration verlangt.
    Obwohl, bis auf ein paar Höhepunkte passiert eigentlich nicht viel in diesem Roman. Er ist aber gespickt mit immer neuen Wendungen und Enthüllungen, die gekonnt in die Irre führen. Die meisten Geschehnisse liegen bereits mehr als zwanzig Jahre zurück und die Folgen werden erst jetzt spürbar. Who is who in dieser Geschichte? Fast niemand ist der, der er zu sein scheint oder vorgibt, alle Personen hüten die Geheimnisse ihrer Vergangenheit, die nach und nach ans Tageslicht kommen.
    Am Anfang ist es die geballte Frauenpower, die diesen Fall überhaupt in Gang bringt. Die Polizei ist nicht interessiert und ohne die Initiative der Archäologin Xenia, der Gerichtsmedizinerin Magda und der Reporterin Larissa wäre gar nicht erst mit den Ermittlungen begonnen worden. Dann aber nimmt Kommissar Andel die Sache in die Hand und trägt mit Hilfe der drei Damen und seiner Mitarbeiter Steinchen für Steinchen zusammen.
    Freunde, Verbindungen an den richtigen Stellen, aber auch Kommissar Zufall helfen kräftig mit, Licht ins Dunkel zu bringen. Aber so ganz will die Geschichte lange nicht zusammenpassen, irgendwo hakt es immer und so wird der Leser bei der Stange gehalten.


    Obwohl von der Anzahl her überschaubar, hatte ich hatte ziemliche Schwierigkeiten damit, die Personen auseinanderzuhalten und mir die Namen zu merken. Bei den tschechischen war es schon nicht ganz einfach und dann haben einige Personen auch noch mehrere davon und zudem werden einige auch noch gelegentlich mit ihren Spitznamen genannt. Das fand ich recht anstrengend, wobei die Autorin sichtlich viel Mühe auf die Namen verwandt hat, ihre Übersetzungen vom Tschechischen ins Deutsche ruft ganz amüsante Assoziationen hervor.
    Manch Kurioses gibt es am Rande zu lesen: So wählt ein Restaurantkritiker das Pseudonym Chat Aubriand und einer der Gerichtsmediziner verfasst seine Berichte schon mal gern in lyrischer Form.


    Insgesamt bin ich zwiegespalten, was diesen Krimi angeht. Der Schauplatz hat mir gut gefallen, die Autorin liefert einen glaubhaften Blick auf das heutige Prag und die tschechische Mentalität, der Plot ist sauber konstruiert. Aber die Geschichte läuft so vor sich hin, das Tempo ist gemächlich, es gibt kaum Höhepunkte und auch keinen hervorzuhebenden Schluß. Und dieses Durcheinander an schrecklichen Personennamen hat den Lesespaß dann doch etwas getrübt.


    Ach ja: Dies ist der Auftakt zu einer Serie mit dem Ermittlertrio Gerichtsmedizinerin, Reporterin und Kommissar.

  • Zitat

    Original von JaneDoe
    Vor allem, wenn sie so schreckliche Namen wie Krasnohokarskaja oder so ähnlich (ich weiß schon nicht mehr genau :grin) haben. Ich fand's wirklich schade, denn ansonsten hätte mir das Buch sehr gut gefallen.


    Oje, nix für mich. Hatte schon Probleme bei "Und hüte dich vor dem Bösen" mit den niederländischen Namen. Und das waren nicht mal so viele :wave

    Ein Raum ohne Bücher ist ein Körper ohne Seele.
    - Cicero


    :lesend Harlan Coben - Ich vermisse dich

  • Danke JaneDoe :-]


    für die ausführliche Rezi. Irgendwie spricht mich die Geschichte an, aber so ganz schlüssig bin ich mir noch nicht, da sie doch etwas langsam läuft und vor allem auch die vielen Namen. Werde es aber im Auge behalten und vielleicht einmal den zweiten Fall abwarten.:wave

  • Ich habe es jetzt abgebrochen.


    Anfangs hatte ich mit den Namen auch Schwierigkeiten, nach einer gewissen Zeit ging es dann. Aber die Geschichte tröpfelt wirklich vor sich hin.


    Jetzt habe ich nach einem Tag Pause wieder angefangen und auf einmal ging das Verwirrspiel los - ich wußte nicht, ob es in der Jetztzeit handelt oder Vergangenheit, sehr verwirrend.


    Da es mich nicht so gefesselt hat und ein geliehenes Buch war, gebe ich es zurück.


    Übrigens Chat Aubriand fand ich auch köstlich.


    Eigentlich schade, hatte mir mehr erhofft.

  • Da sich Blanvalet im neuen Vorschaukatalog Mai - Okt 2009 am Ende bei den Buchhändlern für diesen heimlichen Bestseller bedankt


    Zitat

    Es gibt immer wieder Bücher, die sich vom reinen Geheimtipp zum Bestseller entwickeln. Dieser Erfolg ist ohne Zweifel auf das Engagement der Kolleginnen und Kollegen im Buchhandel zurückzuführen


    musste ich ihn einfach lesen.


    Mein Urteil:
    Na ja. Ein netter Krimi, mit interessanten Einsichten in das heutige Prag, netten Protagonisten und einem etwas ungewöhnlichen, aber ordentlich ausgefeiltem Plot. Mehr in die Richtung romantic suspense als reinen Kriminalroman.
    Durch die Mehrfach-Namen einiger Personen scheint sich das beteiligte Personal zu vervielfältigen, so dass es nicht ganz einfach ist, den Überblick zu behalten. Da schon Mitte des Romans ziemlich klar ist, wer wenn warum umgebracht hat, wird die Spannung durch den Protagonisten unbekannte Verwicklungen und Zugehörigkeiten nochmals angezogen.
    Nur empfand ich alles etwas sehr geschwätzige, je weiter es dem Ende zu geht. Immer wieder durchdenken die beteiligten Personen den Fall an A bis Z, ohne von einander abweichende Fakten zu haben oder zu irgendwelchen Schlüssen zu kommen. Hier hätte eine Straffung insgesamt gut getan.


    Kein Roman den man jetzt unbedingt gelesen haben muss (welcher ist das schon), aber er lässt ein Potential erkennen, dass die Autorin hoffentlich in ihrem 2. Roman mit einer strafferen Handlung und weniger zeilenfüllendes Geschwätz abruft


    wünscht sich Dyke und vergibt 6 Punkte inkl. eines Abzuges von 1 wegen Geschwätzigkeit

    "Sie lesen?"
    "Seit der Grundschule, aber nur, wenn's keiner sieht."


    Geoffrey Wigham in "London Calling" von Finn Tomson

  • Am Anfang dachte ich noch, naja....alles etwas komisch. Doch ich muss sagen, ich fand das Buch wirklich super spannend. Gut, so manches Mal hatte ich wohl auch Probleme mit den ganzen Namen oder auch damit das Alter einzuordnen. Auch war mir das grundgerüst recht schnell klar. Wer ist da wer und wer ist die Tote...aber ich fand das nicht so schlimm, dass ich das schon raus hatte. Das 'Warum' fand ich interessant und ich wollte unbedingt wissen, was da passiert ist. Letztlich war das Motiv so simpel wie banal. Aber ist Mord das nicht immer?


    Die Geschichte fand ich gut konstruiert die Finten gut gelegt. Interessant fand ich auch die ganzen Fakten um die Ausreise ect. Das ganze System im Kommunismus. Ich 2002 in Prag und fand die Atmosphäre der Story daher auch ganz besonders. Und ich Lust dort nochmal hinzu fahren.


    Alles in allem, ein gelungener Krimi. Und das das ne Serie ist, ist gut, ich werde mich da mal auf die Suche machen, nach mehr.

  • Auch ich hatte Schwierigkeiten die ganzen Namen auseinander zu halten. Letztendlich war mir alles zu gewollt und konstruiert, man hat den Eindruck Prag hat nur 100 Einwohner und genau die sind hier alle mit dabei (übertrieben ausgesprochen) . Ganz nett - aber kein "muß".