'Die Kapelle der Glasmaler' - Seiten 306 - 408

  • Ich habe erst 20 Seiten in diesem Abschnitt gelesen, muss aber einen Zwischenstopp einlegen. Die Prügelszenen, in denen Thomas völlig von Sinnen auf seine Mitmenschen einschlägt, gehen mir wirklich nahe. Das ist so unglaublich intensiv geschildert und man steht als Leser fassungslos daneben.


    Schlimm finde ich, dass Etienne, der endlich zum ersten Mal aufbegehrt, weil er Mahaut helfen will, von ihr im Anschluss daran von ihr quasi verraten wird. Anstatt ihm zu helfen, lässt sie sich von Thomas beschenken und kümmert sich nicht mal um Etienne. Sie räumt nur die Spuren des Wutanfalls weg und lässt ihn einfach liegen.


    Nun bin ich mit dem Abschnitt durch.


    Alissende lässt sich mit Ghislain ein, nachdem ihr Bräutigam nicht selber kommt sondern einen Vertreter zwecks Heiratsvereinbarung schickt.
    Ich bin mir nicht sicher, was diese Liaison beiden bedeutet. Liebe ist da m. E. nicht im Spiel. Eher Besitzdenken, zuminindest auf Alissendes Seite. Ich nehme an, dass sie es war, die ihren Bruder auf Ghislain gehetzt hat, nachdem ihr zu Ohren gekommen ist, dass er sich Alix annähert. (Hat mich überrascht, dass sich Ghislain plötzlich wieder ihrer erinnert und es sieht so aus, als wären da Gefühle im Spiel).


    Ob Thomas Folques vom Gerüst gestürzt hat? Er war ja wohl oben auf dem Gerüst. Möglichweise sowas wie Eifersucht Clement gegenüber.


    Und am Ende dieses Abschnittes gerät Ghislain in die Hände seines Halbbruders Donatien. Bin gespannt, was ihn jetzt erwartet.


    Thomas hat Anfangen, Rache zu nehmen. Also doch nur ein perfides Spiel für ihn mit Lise. Dass er sie verstößt, nachdem er sie geschwängert hat, hätte ich nicht gedacht. Eher, dass er sie heiratet und dann mit ihr macht was er will und somit Rache nimmt an Clement.

  • ..ich verstehe sehr gut was du meinst. Ich eule auch alle paar Seiten zur Pause- allerdings nie zu lange, da die Geschichte einen weiter treibt...


    Frage an Solas: Alle Haare- war das nicht anstößig in einem relgiösen Haushalt?

  • Das mit den Haaren habe ich mich auch gefragt. Mir ging dabei allerding eines der Bücher von Diana Gabaldon durch den Kopf, die allerdings ein paar Jahrhunderte später spielen. Jamie und Claire waren da in Frankreich und Claire ließ sich die Haare auf den Beinen und unter den Achseln entfernen und Jamie war darüber fuchsteufelswild, weil er sagte, nur die Huren würden das machen, keine ehrbaren Frauen.


    Gab es denn auch einen religiösen Hintergrund, der die komplette Enthaarung verbot?


    Edit: Mir schwirrt der Kopf, nicht Gable sondern Gabaldon...

  • Zitat

    Original von Bouquineur
    Gab es denn auch einen religiösen Hintergrund, der die komplette Enthaarung verbot?


    Na ja, ich dachte mir, wennSex nur zur Zeugung von Kindern erlaubt ist, was soll dann eine Schamrasur?

  • Ich bin mir sicher, dass ich das irgendwo im Zusammenhang mit Hygiene und Sauberkeit gelesen habe. Ich hoffe, dass ich es noch wieder finde.
    Alissende würde sich - meiner Ansicht nach -, aber ohnehin nicht um Anstößigkeit kümmern.


    Bouquineur
    Was ihre Beziehung zu Ghislain angeht, sehe ich das genauso wie Du.
    Andere Interpretationen sind natürlich möglich.


    LG


    Kirsten


    P.S. Hartmann von Aue liegt mal wieder. Gemeinsam mit Chrétien de Troyes.

  • Hmmm, Thomas, warum kommt mir immer der ungläubige Thomas in den Sinn? Alle anderen beten, hat er schon mal gebetet? Ich glaube nicht. Und das als Handwerker in einer Kapelle zu Ehren Gottes.
    Ich habe das Gefühl, er hat beides genossen, Lise als Ersatz für Edwige und die Rache an Clement. btw mein Nachname ist eine schlesische Form dieses Namens, mein Schwiegervater hieß mit Vornamen Klemens, also eigentlich Klemens Klemens ;-)
    Ghislain in der Hand von Donatien, wo wird das enden? Ich sage eine kurze Nacht voraus.

    :lesendCharlotte Roth - Grandhotel Odessa


    If you don't make mistakes, you're not trying hard enough. (Jasper Fforde)

  • 20.Kapitel: Foulques erleidet einen tödlichen Sturz vom Gerüst, daessen Bretter durch Schmutz und Feuchtigkeit rutschig sind. Zudem sind die Arbeiter übermüdet.
    Da stellt sich mir die Frage, ob Thomas Rücksichtslosigkeit alleine entscheidend für den Sturz war oder ob es beim Bau in diesen Zeiten generell nicht einmal minimale Anforderungen an die Arbeitssicherheit gab.

  • Was ist Thomas nur für ein Mensch? Kennt sein Jähzorn Grenzen? War er schon immer so oder ist er erst so geworden? Und Lise, ich habe es geahnt, so ein Mistkerl. Aber so unsympathisch mir Thomas auch ist, sein Charakter ist sehr glaubwürdig gezeichnet. Nichts ist an den Haaren herbei gezogen.


    Der Bau meister und der Bettler sind auch sehr eigenartige Figuren. Beide scheinen ein Geheimnis zu haben. Aber ob es das Gleiche ist? Hat Montreuil wirklich die Baupläne gestohlen, wie unter den Leuten getuschelt wird. So richtig kann ich es mir nicht vorstellen. Ich bin gespannt wie sich das alles noch auflöst.


    Ich bin auch sehr gespannt, wie Clément reagiert, wenn er erfährt, dass seine Tochter schwanger ist und das ausgerechnet von seinem alten Konkurrenten und jetzigen Chef.


    Mir gefällt auch Jehanne sehr gut. Sie ist so ein ganz ruhige. Aber ihr Interesse an der Glasmalerei wächst. Na, es wird wohl doch die junge Frau von Aigues-Mortes sein.


    Ja und dann nach dem wir Ghislain eine Weile begleitet haben, kommt es zu einem Mordversuch gegen ihn und dann wird er von Aimon und seinen Kumpanen abgefangen und Donatien übergeben.


    Ich glaube, morgen werde ich etwas müde auf der Arbeit sein.

  • Wie gewohnt spannend und bunt. Leider wird mein Lesefluss von Papierfressenden Katzen gestört, aber es zieht einen doch immer wieder hin zu den Menschen. Ich mag sie ja fast alle.


    Bei Allissende wünsche ich mehr als dass ich glaube, dass sie ein klein wenig Gefühl investiert hat, aber erst nach und nach. Als Figur gefällt sie mir, launisch, streitbar, eigensinnig, als Mensch möchte ich ihr nicht begegnen. Die Sache mit ihrem Verlobten fand ich schäbig, die Abneigung ihrer Mutter einfach trostlos. Armes reiches Mädchen. Und die unangenehmen Eigenarten ihres Bruders ... Die Geschichten der Menschen werden so nach und nach nebenbei enthüllt. Das ist schön.


    Die Sterbeszene hat mir am besten gefallen. Mitgefühl, Trauer und Glaube. Danneben der Alltag, das Leben geht weiter ... gegen Thomas hege ich allerdings keinen Verdacht, ich bin geneigt, es als Unfall zu betrachten.


    Eindrücklich sind auch die Schilderungen der Huren bis hin zum Fisch- und Zwiebelgeruch.


    Ich war überrascht, als der nächste Aigues-Mortes, wie ich die Kapitelenden für mich nenne, auftauchte. Und ja, ich spekuliere ebenfalls auf Jehanne.

  • Die Vorstellung, dass sich die Arbeitgeber damals schon mit Arbeitssicherheit und Gesundheitsstand beschäftigen, ist für mich merkwürdig. So weit es ging haben sie sicher darauf geachtet, dass eine vernünftige Arbeit verrichtet werden konnte. Aber bei Regen war halt auch mal Schlamm auf den Brettern. Mir hat der arme Kerl wirklich leid getan, dass er dadurch abgestürzt ist. Allerdings hatte ich auch nie eine Absicht von Thomas dahinter vermutet. - Habe ich zu schnell gelesen? - Es passte eben zu seinem Charakter, dass jetzt auch noch jemand ums Leben kommt.


    Andererseits sehe ich es als volle Absicht von Thomas, dass er die Tochter seines Konkurrenten jetzt geschwängert hat.

  • Zitat

    Original von Büchersally
    So weit es ging haben sie sicher darauf geachtet, dass eine vernünftige Arbeit verrichtet werden konnte.


    Ja, ganz bestimmt. So wie man, wenn möglich, auf gute Materialien achtete, weshalb es ja Strafen auf zu viel Sand im Mörtel gab (was ja auch heute ab und an noch zum Problem wird).


    "Absicht" von Thomas insofern, dass er seine Arbeiter nicht schont. Keinen von ihnen.


    Was meint ihr?


    Liebe Grüße


    Kirsten

  • Ohne Zweifel ist Thomas rücksichtslos. Im ist das Wohl der Arbeiter ziemlich egal, solange die Arbeit verrichtet wird, für die er dann das Lob bekommen wird. Trotzdem glaube ich nicht, dass er absichtlich tötet. Es klingt eher nach "passiert halt" und wird hingenommen.

  • Thomas ist wirklich unberechenbar in seinem Jähzorn. Sein Sohn wächst in Angst vor dem Vater auf. Die Haushälterin arrangiert sich so gut wie sie kann mit Thomas. Er weiß genau, dass andere Menschen von seiner (flüchtigen) Gunst abhängig sind. Das nutzt er aus und er scheint nur daran Freude zu haben. Anders als bei Clément und Jehanne habe ich nicht den Eindruck, als hätte Thomas Freude an seiner Arbeit mit dem Glas. Ich glaube nicht, dass es nur an dem hohem Druck liegt, unter dem er beim Bau der Kathedrale steht. Spätestens bei der Sexszene mit Lise war mir klar, dass er nicht zu ihr halten würde. Mit welch miesen Psychotricks er sie überlistet hat. :-(


    Ich bin gespannt, wie Clément und Edwige auf Lises Schwangerschaft reagieren werden. Sie werden Lise wohl glauben, aber keiner kann beweisen, dass es Thomas' Kind ist. (Davon ausgehend, dass Lise das Kind gesund zur Welt bringen wird.) Welches Motiv Thomas bei der Sache hatte? Da bin ich mir nicht ganz sicher. Wenn ich sehe, wie jähzornig er ist, bin ich froh, dass Edwige sich für den nicht seßhaften Clément entschieden hat.


    In diesem Abschnitt des Buchs hatte ich ganz stark den Eindruck, dass die Hauptfiguren keine engen Freunde haben, bzw. es innerhalb der Familien keine starken Bindungen gibt, geschweige denn viele Gespräche. Edwige hat den Eindruck, dass Thomas sich von ihr entfernt. Lise steht mit ihrem Problem ganz alleine da. Durch die vielen Umzüge (und die damalige Lebenserwartung) haben weder die Kinder noch die Erwachsenen langjährigen Freunde oder Verwandte in der näheren Umgebung. Jehanne ist die einzige Ausnahme. Der kleine Etienne hat weder liebevolle Verwandte noch Freunde. Auch im Haushalt der reichen Familie de Luzy sieht es nicht besser aus.


    Zitat

    Original von LiesbettBei Allissende wünsche ich mehr als dass ich glaube, dass sie ein klein wenig Gefühl investiert hat, aber erst nach und nach. Als Figur gefällt sie mir, launisch, streitbar, eigensinnig, als Mensch möchte ich ihr nicht begegnen. Die Sache mit ihrem Verlobten fand ich schäbig, die Abneigung ihrer Mutter einfach trostlos. Armes reiches Mädchen.


    Trotz ihrer Gefühlskälte tut Alissende mir leid. Persönlich kennen möchte ich sie aber auch nicht. :grin In ihrer "Beziehung" zu Ghislain vermute ich eher Besitzdenken als Liebe. Sie stellt erst in ihrem Schlafzimmer fest, welche Augenfarbe er hat. So genau kann sie ihn vorher nicht angeschaut haben. Dafür hat er schon zu lange bei ihrer Familie gelebt. Rache am ferngebliebenen Ehemann war das Ausgangsmotiv. Später dann vielleicht die körperliche Nähe, die sie seit dem Tod der Amme vermisste. Sie hat nicht gelernt, Gefühle anderer Lebewesen zu respektieren. Oder sie kann es einfach nicht, so scheint es mir nach der Szene mit den Lämmern.


    Bei Foulques Tod bin ich auch von einem Unfall ausgegangen, nicht von Mord. :gruebel Es passt auch zum Wesen von Thomas, dass er nicht zu seinem sterbenden Lehrling gekommen ist - zeigt aber gleichzeitig seinen Angestellten, wie gleichgültig andere Menschen ihm sind.


    Ghislain wurde zwei Mal fast ermordet und hat keine Ahnung, wer hinter den Anschlägen steckt und weshalb jemand ihn offensichtlich umbringen (lassen) möchte. Er hat immer noch nicht herausgefunden, woher er kommt. Auch er sucht Nähe zu anderen Menschen und wird von Alix abgewiesen. :-( Am Ende des Abschnitts taucht sein Bruder auf. Donatien würde ihn immer noch lieber tot als lebendig sehen, scheint sich aber den Anweisungen des Vaters zu fügen.
    Ob René de Luzy wirklich so unschuldig an den Anschlägen auf Ghislain ist? Immerhin ging die ominöse geheime Botschaft ihn.


    Das wird wieder eine lange Nacht. :lesend

    "It is our choices, Harry, that show what we truly are, far more than our abilities." Albus Dumbledore
    ("Vielmehr als unsere Fähigkeiten sind es unsere Entscheidungen, die zeigen, wer wir wirklich sind.")

  • Zitat

    Original von ottifanta


    Bei Foulques Tod bin ich auch von einem Unfall ausgegangen, nicht von Mord. :gruebel


    Nein, Mord war es auf keinen Fall.
    Was geschehen ist, hat Thomas nicht gestört, vielleicht sogar gefreut, aber es war ein Unfall.


    Was Du zu Allissende schreibst, finde ich sehr, sehr treffend.


    Thomas ist ein unglücklicher Mensch, der die Schuld dafür auf andere schiebt. Oder?


    Liebe Grüße


    Kirsten

  • Zitat

    Original von Solas
    Thomas ist ein unglücklicher Mensch, der die Schuld dafür auf andere schiebt. Oder?


    Oh ja und er lässt andere Menschen er übel für seine eigene Unzufriedenheit büßen.

    "It is our choices, Harry, that show what we truly are, far more than our abilities." Albus Dumbledore
    ("Vielmehr als unsere Fähigkeiten sind es unsere Entscheidungen, die zeigen, wer wir wirklich sind.")

  • Dieser Leseabschnitt hatte für mich Licht und Schatten, was mein Lesevergnügen betraf.
    Ich fange mit dem Schatten an: Die Szene, in der der Messerwerfer das Attentat auf Ghislain verübt, ist für mich unglaubwürdig. Ich versetze mich dabei in den Attentäter hinein. Warum, um alles in der Welt, sollte ich den Mord während einer Feier verüben, umgeben von 100 Zeugen, im Haus von jemandem, der meinem Vorhaben nicht wohl gesonnen ist und der auch noch über eine Menge Bewaffneter gebietet? So blöd kann man doch gar nicht sein, dass einem nicht klar ist, dass man da nicht entkommen kann. Wenn ich also der Attentäter wäre, würde ich so ziemlich alles machen, nur nicht das. Zum Beispiel dem guten Ghislain folgen, wenn ihn mal ein menschliches Bedürfnis drängt, und die Sache im Schatten durchziehen. Oder ihm erzählen, dass wir doch beide hervorragende Gaukler sind und mal zusammen eine Nummer einstudieren sollten (dabei könnte ich dann einen "Unfall" provozieren). Falls der Attentäter samt seiner zwei Komplizen nicht auf so etwas kämen, dann hätte ich Ghislain zumindest mit dem ersten Wurf direkt angegriffen und ihn nicht durch Vorführung meiner Kunststückchen gewarnt. Zudem gefällt mir die Szene auch sprachlich nicht. Ich mag keine lautmalerischen Darstellungen wie "Tschack", ich finde die Erzählung wirr (musste ein paar Passagen doppelt lesen um zu verstehen, wer wann was macht) und zudem die Kunstfertigkeit des Messerwerfers übertrieben, wenn er selbst mit geschlossenen Augen so zielgenau werfen kann, als hätten seine Werkzeuge einen Leitstrahl.
    Man merkt: Diese ganze Szene ist für mich der Tiefpunkt des Romans.


    Weniger schlimm, aber auch zu einem Stirnrunzeln Anlass gebend ist für mich die Verführung von Lise. Sie erscheint mir für eine junge Frau des Mittelalters etwas naiv. Die schamhafte Vermeidung sexueller Themen ordne ich deutlich später ein - vielleicht im Biedermeier. Immerhin schläft Lise oft mit Vater und Mutter in einem Zimmer, da sollte sie Einiges mitbekommen. Auch die den Sinnenfreuden eher abgeneigte Grundhaltung würde ich nicht mit der katholischen Religion in Verbindung bringen, sondern mit protestantischer Sittenstrenge, und dazu spielt der Roman zu früh. Aber okay, in der Welt des Romanes ist das so - meinetwegen.


    Jetzt habe ich viel im Negativen gewühlt, Zeit, zu dem zu kommen, was den Roman auch in diesem Leseabschnitt noch überdurchschnittlich macht:
    Die Ankunft des Werbers war für mich schön erzählt. Es begann ähnlich wie die Adoptivgeschichte im ersten Leseabschnitt - mir war sofort klar, dass der junge Adonis wohl nicht der Bräutigam ist. Ich gebe zu: ich rollte die Augen. :rolleyes Aber: Im Gegensatz zum ersten Leseabschnitt führt mich die Autorin hier gekonnt in die Irre und überrascht mich damit, dass auch der ältere Knabe nicht der Bräutigam ist, wovon ich seit seinem ersten Auftreten ein paar Seiten früher fest ausgegangen bin. Dieser "Twist" hat mir gut gefallen.


    Foulques' Tod war für mein Empfinden ebenfalls eine ausgesprochen starke Szene. Nicht, weil ich einen Anschlag Thomas' vermutet hätte, sondern, weil er als etwas so Alltägliches geschildert wird. Sicher, zunächst sind alle bestürzt, aber noch bevor sich die Augen endgültig schließen, wird bereits weitergearbeitet. Hier wird die Einstellung der damaligen Menschen zum Tod für mich greifbar. Das ist eine reife Leistung der Autorin, denn diese Akzeptanz unterscheidet sich ja deutlich von der heute üblichen Verdrängung. Statt: "Das kann doch gar nicht sein!" ist es hier: "Traurig - aber solche Dinge passieren." Wirklich sehr, sehr gut geschrieben, auch in der einfühlsamen Passage der Sterbebegleitung durch Clement, bei der die religiöse Verwurzelung der Figuren nochmals besonders in den Vordergrund tritt. Dieser religiöse Resonanzboden ist ohnehin etwas, was den Roman als Untergrundströmung durchzieht und das Geflecht der erdachten Welt zusammenhält.


    In diesem Leseabschnitt tritt auch Alissende ins Rampenlicht. Sie ist im Moment die Figur, die mich am meisten interessiert. Eine lupenreine Sadistin, so schätze ich sie ein mit ihrem Vergnügen an sterbenden Tieren und Menschen. Damit könnte sie mit Donatien ein schönes Paar abgeben. Der taucht ja auch wieder auf. Das ist doch eine vielversprechende Besetzung - also auf in den nächsten Leseabschnitt.