"Der fremde Tibeter" - Eliot Pattison

  • Klappentext:
    (Kann ich leider nicht beisteuern, da ich nur die Weltbild-Ausgabe habe)


    Amazon - Kurzbeschreibung:
    Eliot Pattison entführt die Leser seines Debütromans in eine innerhalb des Krimi-Genres bisher völlig unbeachtete Region -- Tibet. Und, um es gleich ganz deutlich zu sagen, es gelingt ihm eine fesselnde Darstellung des inneren Zustandes dieses kleinen Landes im Himalaya allein durch die Schilderung der rätselhaften Vorgänge in einem chinesischen Arbeitslager. Zugleich stellt er mit seinem Helden, dem wegen angeblich konterrevolutionärer Aktivitäten einsitzenden Chinesen Shan, eine der interessantesten und ungewöhnlichsten Romanfiguren der letzten Zeit vor.
    Tibet unter chinesischer Herrschaft. Schauplatz der Handlung ist das Arbeitslager 404 hoch in den Bergen des Himalaya, das mit dem Bau einer Straße durch das Hochgebirge beauftragt ist. Hauptsächlich Mönche der aufgelösten und zerstörten tibetischen Klöster verrichten hier Zwangsarbeit, aber auch Shan, vor Jahren hoher politischer Funktionär und Ermittler in Korruptionsfällen, der der Konterrevolution beschuldigt worden war, ohne sich eines Vergehens bewusst zu sein. Shan hat Freunde unter den Mönchen gefunden, hat sich mit deren Lebensweise beschäftigt und steht seinem bisherigen Leben distanziert gegenüber.


    Eine Leiche ohne Kopf wird von den Häftlingen gefunden. Das fehlende Stück findet sich schließlich in einem buddhistischen Schrein und legt offen, dass es sich bei dem Toten um den chinesischen Polizeichef der Region handelt. Shan wird vom Befehlshaber des Arbeitslagers von seinen dortigen Aufgaben entbunden und mit der Aufklärung des Falles beauftragt. Doch als man ihm einen Schuldigen in Gestalt eines tibetischen Mönchs präsentiert, wird Shan endgültig misstrauisch.


    Pattisons Roman, der in den USA mit dem Edgar Allen Poe Award ausgezeichnet wurde, beschreibt vor der grandiosen Naturkulisse des Himalaya im Mikrokosmos eines kleinen Arbeitslagers das Schicksal eines faszinierenden Landes unter fremder Herrschaft. Ein großartiger und unbedingt empfehlenswerter Erstlingsroman! --Ulrich Deurer


    Meine Meinung:
    Eliot Pattisons Kriminalroman "Der fremde Tibeter" hat mich überrascht, fasziniert und gefesselt. Hervorragend verknüpft der Autor tibetisches und chinesisches Denken unter buddhistischen, taoistischen und kommunistischen Einflüssen und stellt einfühlsam die Situation buddhistischer Mönche in Tibet sowie das politische und kulturelle Umfeld dar. Insbesondere der Charakter des Ermittlers Shan Tao Yun und dessen geistige Entwicklung ist detailliert herausgearbeitet, aber auch Nebenfiguren wie z. B. Oberst Shan sind in ihrer Persönlichkeit klar umrissen und lebendig, sensibel und anschaulich beschrieben. Für mich ist der Roman ein etwas anderer, durchaus anspruchsvoller Krimi, den man durchaus auch bei Belletristik einordnen könnte.


    Ich möchte nicht verhehlen, daß aufgrund der mir doch sehr fremden Welt, der Einstieg in diesen Roman schwierig war und daß seine Lektüre zunächst doch einiges an Konzentration erforderte. Es hat sich aber gelohnt und ich werde sicher mindestens ein weiteres Buch von Eliot Pattison lesen.


    Eine Warnung noch an Action-Liebhaber: Eliot Pattisons Erstlingswerk ist kein Action-Krimi!


    Ein außergewöhnlicher, absolut empfehlenswerter Krimi!


    Pelican :wave

  • Hm, ich hatte den Einstieg nach der Hälfte noch nicht gefunden und es sein lassen. Aber mein Mann war ganz begeistert.
    Der Roman ist sicher sehr anspruchsvoll, also eher etwas für den anspruchsvollen Leser. Ich will immer nur unterhalten werden, für mich war es nix!


    lg Bea

  • Hallo zusammen,


    ich habe gestern das Buch zu Ende gelesen und würde ihm auf einer Skala von 5 Punkten nur 2 geben :-( .
    Das Buch mag anspruchsvoll sein, trotzdem entschuldigt das meines Erachtens nicht, dieses teilweise sehr sprunghafte Erzählen, bei dem man zu schnell den Überblick verliert. Ich vermisse etwas Stringenz in diesem Buch. Außerdem machte es mich fast wahnsinnig, dass es so gut wie kein Glossar gibt :fetch . Es werde so viele Fachbegriffe aus der buddhistischen Religion verwendet, die müssen einfach erklärt werden. Ich glaube, das ist nicht zu viel verlangt.


    Die Atmosphäre stimmt allerdings, die Stimmung kommt gut rüber. Auch sprachlich lässt sich nichts meckern.


    Trotzdem, ich werde wahrscheinlich kein Buch von Pattison mehr lesen. Nichts für ungut.


    Liebe Grüße, Elke :wave

  • Hallo Elke,


    danke für Deine Kommentierung.


    Als sprunghaftes Erzählen habe ich es eigentlich nicht empfunden.


    Mit den buddhistischen Fachbegriffen gebe ich Dir vollkommen recht (wäre auch ein wichtiger Punkt für die Rezi gewesen). Hier wäre ein entsprechendes Verzeichnis oder ein Nachwort des Autors wirklich hilfreich gewesen. Da ich das Buch im Urlaub gelesen habe, hat es mich nicht wirklich gestört, zumal ich erst vorher ein Buch über die sieben Weltreligionen gelesen hatte. Wenn ich mir aber überlege, daß ein Leser sich eventuell noch nie damit auseinandergesetzt hat, müßte derjenige auf jeden Fall immer nachschlagen, was wirklich mehr als lästig sein kann.


    Viele Grüße
    Pelican :wave

  • Hallo Pelican,


    vielleicht hängt das Nicht-Verstehen von einigen Begriffen auch mit der Sprunghaftigkeit zusammen, die ich empfunden habe.
    Viele Geschehnisse, Reaktionen konnte ich einfach nicht richtig nachvollziehen - vielleicht bin ich auch zu kopflastig :gruebel


    Ich habe mir jetzt in der Biblio ein Buch zu Tibet ausgeliehen (hätte ich wohl eher vor der Lektüre tun sollen) Gebetsfahnen im Wind - Begegnungen mit Tibet.


    Vielleicht kommt die "Erleuchtung" ja ein bisschen später :lache


    Liebe Grüße, Elke

  • Meine Schwester hat sich das Buch mittlerweile von mir ausgeliehen und hat es gleich zweimal gelesen.


    Und sie hat sich schon einen weiteren Band von Eliot Pattison gekauft, den ich mir bestimmt dann mal ausleihen kann...


    Bye
    Pelican :wave

  • Das Buch hat mir sehr gut gefallen. Ich fand es eher anstrengend zu lesen und hin und wieder habe ich auch mal den Durchblick verloren. Ich musste mich beim Lesen schon konzentrieren. Die Häppchen aus Shans Geschichte und chinesische Politik in Tibet fand ich interessanter als den Kriminalfall selbst. Ich werde bestimmt noch mehr Bücher aus der Reihe lesen.

  • Ich tue mich echt schwer mit diesem Buch...
    Bin mit dem ersten Drittel durch und kämpfe ständig mit mir, ob ich es weglegen soll.
    Irgendwie verliere ich andauernd den Faden.
    Einzig das Auftauchen der Amerikanerin empfinde ich als erlösend, wobei mir nicht ganz klar ist, worin eigentlich ihre Aufgabe in diesem Land besteht.
    Kann mir da jemand auf die Sprünge helfen?

  • Es ist jetzt schon ein wenig länger her, dass ich es gelesen habe. Aber ich habe es schon 2 mal gelesen, weil ich es einfach toll fand!!

    "Leben, lesen - lesen, leben - was ist der Unterschied? (...) Eigentlich doch nur ein kleiner Buchstabe, oder?"


    Walter Moers - Die Stadt der träumenden Bücher

  • Ich habe das Buch auch nach ca. einem Drittel weggelegt, obwohl ich es sehr athmosphärisch und in sich stimmig fand. Die Figuren waren toll beschrieben und sehr facettenreich. Trotzdem konnte mich das Ganze nicht so fesseln, daß ich dabei bleiben mochte.
    Vielleicht lese ich es wann anders zu Ende, aber da ich im Moment eh in einer Leseflaute stecke, brauche ich jetzt etwas leichter verdauliches.

  • Shan, ein ehemaliger chinesischer Ermittlungsbeamter, lebt als Strafgefangener in einem Lager in Tibet. Er war einst ein hoher Beamter, dem seine Intelligenz und Wahrheitsliebe zum Verhängnis wurden. Weitab von Peking fristet er ein sein Dasein zwischen schwerer Arbeit, Hunger und drakonischen Strafen. Kraft gibt ihm dabei ein tibetischer Mönch, der ihm Einblick in die buddhistische Religion gewährt.


    Als bei der täglichen Arbeit eine Leiche entdeckt wird, erinnert sich der Lagerkommandant an Shans Fähigkeiten und macht ihm zum Ermittler. Ein Wettlauf gegen die Zeit beginnt, denn es gibt einige Chinesen die eine konkrete Vorstellung von der Lösung des Falles haben.


    Die Lektüre des Buches ist mir nicht immer leicht gefallen. Mich hat entsetzt, was der Autor über die Zustände in Tibet enthüllt, wie die Chinesen mit der Bevölkerung, deren Religion und den Kulturschätzen umgehen. Vieles davon war mir schon zuvor bekannt. Trotzdem ist es entsetzlich, wenn es einem erneut so deutlich vor Augen geführt wird.
    Der Autor erzählt gerade genug, dass man den Schrecken erahnen kann, ohne sich in grausigen Details zu ergehen.


    Im Laufe seiner Ermittlungen begegnet Shan den unterschiedlichsten Tibetern, wodurch der Leser ein paar Informationen über Land und Leute bekommt. Die Lösung des Falls ähnelt einem Puzzlespiel, das Shan mühsam zusammensetzt.


    Ich bin froh, dass ich das Buch endlich im Rahmen des Tamka-Wettbewerbes gelesen habe, denn es hat zu Unrecht so lange auf meinem Sub geschlummert. Allerdings bin ich mir nicht sicher, ob ich noch weitere Teile der Reihe lesen werde, da ich für den ausführlichen Schreibstil des Autors in der richtigen Stimmung sein muss.


    Fazit: Ein Krimi bei dem nicht nur die Lösung des Falles im Mittelpunkt steht, sondern auch das tibetische Volk.