Radio Nights von Tom Liehr

  • Nu aba... mein Resümee:


    Auch wenn mich der Titel „Radio Nights“ zu der irrigen Annahme verleitete, dass es sich hier um eine Ansammlung von Kurzgeschichten oder Anekdoten handelt, finde ich den Titel, genau wie das Cover, sehr ansprechend! Beides wäre für mich ein Lese- bzw. Kaufanreiz gewesen, hätte ich das Buch irgendwo liegen sehen.


    Der Einstieg in Donnys Geschichte ist ebenfalls gelungen: Die Szene mit dem Lesewettbewerb machte mir auf Anhieb Lust, das Buch zu lesen. Überhaupt haben mich die Ausflüge in die Kindheit des Protagonisten sehr berührt.


    Seine späteren Erlebnisse jedoch ließen mich außen vor. Ich fühlte mich beim Lesen, als würde ich das Geschehen durch eine Glasscheibe betrachten und nicht wirklich miterleben. Dazu waren mir die Charaktere zu distanziert, zu kühl, zu wenig emotional. Mit Ausnahme von Liddy, die mir dann auch am sympathischsten war. In Liddy konnte ich mich am besten hineinversetzen.


    Außerdem ist Liddy wohl die einzige in diesem Buch, die nicht pausenlos alkoholische Getränke in sich hineingießt. Ich bin keine Antialkoholikerin, aber die Sauferei ist für meinen Geschmack zu ausufernd und verleidete mir so manche Figur. Ich war richtig froh, als Donny sich im zweiten Teil des Buches wieder fing und seinen Alkoholkonsum etwas mäßigte.


    Abgesehen davon gefiel mir das Buch, weil es Erinnerungen an vergangene Zeiten weckte und an gute Musik erinnerte, die ich schon fast vergessen hatte. Außerdem habe ich Einblicke in eine Welt bekommen, die ich nicht kannte. Die Radiowelt ist ein interessanter und gut gewählter Stoff für einen Roman, denn dieses Thema wurde noch nicht tausendfach breitgetreten, ist aber so ziemlich jedem aus dem Alltag bekannt.


    Dass die Geschichte rund um Vögler bei mir für Verwirrung gesorgt hat, tut dem Roman im Gesamten keinen Abbruch, denn sie spielt keine tragende Rolle. Im Grunde geht es um Radio, um Musik, um Liebe und um die Leidenschaft zu dem, was man tut.


    Fazit:
    Ein lesenswertes Buch, vor allem für Menschen, die in den Siebzigern und Anfang der achtziger Jahre jung waren und sich für Musik begeisterten, aber auch für Leute, die einen Blick hinter die Kulissen von Radioprogrammen werfen möchten.


    Übrigens:
    Ich habe während der Lektüre beschlossen, mir ein CD-Radio für die Küche anschaffen, denn ich habe richtig Lust bekommen, mal wieder dem Radio-Gedudel zu entfliehen und statt dessen ein paar gute CD’s zu hören! :-)

  • Ich wollte mir mein eigenes, unvoreingenommenes Bild machen und habe die Leserunde deshalb erst nach dem Lesen nachverfolgt. Dort bin ich auf deine Fragen gestoßen!



    a) Welche Nebenfigur hat Euch am besten gefallen - im Sinne von "Sympathie"? Nebenfiguren sind alle außer Donald und Liddy, also Veronika, Lindsey, Hagelmacher, Miles, Alicia usw.
    b) Warum?


    Veronika – weil sie eine so nette Schwester war
    Lindsey – weil er am meisten menschelt



    c) Hat sich Eure Wahrnehmung des/Euer Verhältnis zum Radio geändert, wenigstens kurzfristig - durch die Lektüre?


    Zumindest habe ich über mein Verhältnis zum Radio nachgedacht. Und wie gesagt den Entschluss gefasst, öfter mal CD statt Radio zu hören.


    d) Ist Euch (ggf. positiv oder negativ) aufgefallen, daß viel davon erzählt wird, wie besonders Donald als Radiofigur ist, aber nie genau, worin sich das niederschlägt, also was er exakt macht?


    Ja. Ist mir aufgefallen. Das einzige, was der Leser erfährt, ist, dass er eine tolle Stimme hat. Ich hätte gern ein paar Dialoge mit Anrufern „gehört“. Denn so konnte ich den Hype um seine Person nicht so richtig nachvollziehen.


    e) Habt Ihr seine "Stimme" gehört? (Ich hoffe, Ihr wißt, wie ich das meine.)


    Ich habe eine Stimme gehört. Ob das seine war?? :grin


    f) Wie stellt Ihr Euch Donald vor, als Person, körperlich?


    Irgendwie wie Tom Liehr auf dem Coverfoto…


    g) Und Liddy?


    Grünäugig mit schwarzen kurzen Haaren, klein, schlank und wendig mit sympathischem Gesicht.


    Liebe Grüße von der Waldfee :wave

  • Habe am Sonntag "Radio nights" auf einer Busfahrt vom Saarland nach Berlin gelesen...


    Ich habe es wirklich "verschlungen". Im Saarland angefangen und noch vor der ehemaligen innerdeutschen Grenze abgeschlossen...


    Das Buch hat mir sehr gut gefallen, wenn ich auch an einigen Stellen gedacht habe, dass bestimmte Wendungen zu "dramatisch" waren. Der Selbstmord von Veronika war passend, aber der Unfalltod von Alicia hat mich irgendwie gestört...


    Die Szene des großen Auftritts vor der Aktionärsversammlung war etwas klischeehaft (Marke: "Der große Bellheim" ), aber insgesamt war ich begeistert.


    Besonders sprachen mich die zynischen und sarkastischen Passagen an, in denen ich den "Tom aus dem Forum" wiedererkannte...


    Überrascht war ich über die "romantischen" Anflüge und das Happy End (das mich schon irgendwie freute, aber unerwartet traf )...

    „Streite niemals mit dummen Leuten. Sie werden dich auf ihr Level runterziehen und dich dort mit Erfahrung schlagen.“ (Mark Twain)

  • Hallo, Churchill.


    Zitat

    Ich habe es wirklich "verschlungen". Im Saarland angefangen und noch vor der ehemaligen innerdeutschen Grenze abgeschlossen...


    Wow. :-) Es ist zu kurz, oder?


    Zitat

    Das Buch hat mir sehr gut gefallen, wenn ich auch an einigen Stellen gedacht habe, dass bestimmte Wendungen zu "dramatisch" waren. Der Selbstmord von Veronika war passend, aber der Unfalltod von Alicia hat mich irgendwie gestört...


    Dem ersten Teil will ich nicht widersprechen, dem zweiten Teil könnte ich widersprechen, aber das macht natürlich keinen Sinn. Alicia ist die erste Frau, auf die sich Donald richtig einläßt, nach sehr, sehr langer Zeit, aber ich hätte sie ihm natürlich nicht auf so dramatische Weise nehmen müssen.


    Zitat

    Die Szene des großen Auftritts vor der Aktionärsversammlung war etwas klischeehaft (Marke: "Der große Bellheim" ), aber insgesamt war ich begeistert.


    Ja, das habe ich schon von einigen Lesern gehört (ersteres) und akzeptiere es - das ganze Szenario um die Vögler-Demaskierung ist nicht ganz so geworden, wie ich es mir gedacht hatte. Umso mehr freut es mich (unbändig), daß Dich das Buch begeistert hat. :anbet :anbet :anbet


    Zitat

    Besonders sprachen mich die zynischen und sarkastischen Passagen an, in denen ich den "Tom aus dem Forum" wiedererkannte...


    Wie sagte Doc, nachdem wir uns IRL kennengelernt hatten? "Authentisch". :grin


    Zitat

    Überrascht war ich über die "romantischen" Anflüge und das Happy End (das mich schon irgendwie freute, aber unerwartet traf )...


    Er hat es einfach verdient, irgendwie. :grin


    Allersuperherzlichsten Dank! :-)

  • "Radio Nights" habe ich am Samstag im Zug gelesen. Die Fahrt nach Mönchengladbach war dafür ideal, hätte ich keine Pause eingelegt und auf der Hinfahrt kurz die Bahnzeitschrift "mobil" gelesen, hätte ich das Buch während der Fahrt komplett geschafft.


    Nun aber zum Buch:
    Das Thema fand ich interessant und ansprechend. Den Protagonisten Don fand ich zunächst zwar sehr arrogant, mit der Zeit wurde er mir aber sympathisch. Beim Lesen habe ich mir immer öfter gewünscht, seine tolle Stimme wirklich zu hören. Ich konnte sie mir zwar in etwa vorstellen, aber es hat mir gefehlt, dass sie nicht wirklich da war. Genauso habe ich den Soundtrack vermisst, ich hätte gerne die Songs gehört, die als Kapitelüberschriften verwendet wurden. Vor allem, weil ich einige Songs gar nicht kannte. In den späten 70ern und frühen 80ern war ich einfach zu jung, um viel von der Musik mitzubekommen.


    Sehr gut gefallen haben mir übrigens einige Wortneuschöfpungen, allen voran multifrisural. Dieses Wort erweckte bei mir sofort Erinnerungen an die verrückten Frisuren der 80er.


    Weniger gut gefallen haben mir viele Wiederholungen innerhalb einer Aufzählung. Folgender Satz ist mir z.B. negativ aufgestoßen: "Meine Schwester, das vierte Familienmitglied, sieben Jahre älter als ich, kraushaarig, krausköpfig, despotisch wie meine Mutter, stur, halsstarrig [..]". Hier und bei ähnlichen Sätzen haben mich die Verdoppelungen gestört, ich mag es lieber kurz und knapp. Ansonsten fand ich den Stil OK.

  • Hallo Tom


    Ich möchte dir von meiner bessern Hälfte Grüße bestellen. Dein Buch ist "GENIAL" sagt er. Und er fragt nach wann bitte schön das nächste kommt?
    Er wird sich Kapazitäten frei halten und kein anderes Buch anfangen. :-)


    Ich bin ja froh er hat dieses Jahr 3 Bücher gelesen.
    "Per Anhalter durch die Galaxis", "Idiotentest" und "Radio Nights" genau in der Reihenfolge.
    Gruß oemchenli
    :wave

  • Hallo Tom
    Jetzt habe ich dein Buch auch gelesen und ich fands toll. Eigentlich habe ich mich ja gesträubt es zu lesen. Aber habe mich durch die Anmache meines Mannes breit schlagen lassen. Ich habe es nicht bereut.
    Es gab drei Stellen wo ich mich fast nicht mehr eingekriegt habe einfach göttlich dein Humor, ich sage nur "boxen" :lache.
    Gruß oemchenli


    a) Lindsey
    b) cooler Typ mit viel Herz
    c) nee nicht wirklich, aber ich glaube draußen vor den Radios gibt es viele Donald Don FM Kunze
    d) ?
    e)nee
    f) gutaussehend mit einer fantastischen Stimme
    g) Grünäugig mit schwarzen kurzen Haaren die gut zu Don Kunze passt


    Gruß oemchenli

  • Hallo, Oemchenli.


    Zitat

    Jetzt habe ich dein Buch auch gelesen und ich fands toll.


    Hey, das freut mich! :anbet :anbet


    Lindsey ist neben Frank auch meine Lieblings-Nebenfigur.


    Viel Spaß mit "Running On Empty". Muß man sich vielleicht erst ein bißchen dran gewöhnen, aber wenn man Songs wie "Rosie" oder "The Load-Out/Stay" ein paar Male gehört hat, ... :-)

  • Hi Tom
    Mein Mann sagte gerade zu mir das "Rosie" gut ist und er die B- Seite besser findet als die A- Seite obwohl "Rosie" auf der A- Seite ist. :-]


    Na "Stay" ist ja in anderen Versionen bekannt (mir fällt da gaaaaaaanz spontan "Dirty Dancing" und Die Bitburger Bierwerbung ein) :grin


    Und dann vor ein paar Tagen spielten die auf irgendeinem Sender "Stay" und ich sagte das ist doch Jackson Browne, kam promt zurück ach nee wa kann ja nicht sein. Ich hatte aber Glück diesmal haben sie angeagt wer da gesungen hat , und ich hatte recht.


    Gruß oemchenli :wave


    Habe das Album jetzt ehört. Sehr gut Klasse Mucke

  • Wie immer bin ich etwas spät dran :grin, aber was soll’s: zwischen 7 und 14 Jahren mochte ich die frühen Beatles, dann kam eine Depeche Mode-Phase, dann entdeckte ich den Punk. Ich bin mir sicher, bei irgendeiner Retrowelle bin ich irgendwann mal zwangsläufig ganz vorne dabei.
    Dafür, dass mich die Büchereulen auf dieses Buch aufmerksam gemacht haben, bin ich sehr dankbar. Ich habe es mit großem Genuss gelesen. Es ist schnoddrig und – jawohl! – wunderbar romantisch. Es ist ein Buch zum "Noch- mal- lesen".
    Ganz einfach: :anbet


    Liebe Grüße


    Solas :wave

  • @ Solas


    Dann solltest Du unbedingt auch den Idiotentest lesen! Der hat mir sogar noch besser als die Radio Nights gefallen. Er ist.... hmm... intensiver, in jeder Beziehung.

    Lieben Gruß,


    Batcat


    Ein Buch ist wie ein Garten, den man in der Tasche trägt (aus Arabien)

  • @ Solas
    Du hast vergessen zu erwähnen, das mindestens Eine dir zwar die Liehr-Bücher aus der Hand reisst
    - neidisch, nicht als Erste lesen zu dürfen und hektisch blätternd, ob noch alle Buchstaben da sind -
    aber dass jene welche nicht länger als vier Wochen braucht, um sich das Werk dann doch selbst gekauft und (möglichst) handsigniert ins eigene Regal zu stellen :grin


    Dieses Anfüttern Scheint Mir Eine Clevere Strategie Zu Sein ...


    Liesbett


    PS.: Funktioniert nur bei lesenswerten Büchern ;-)

  • Hier nun meine Rezension, die keine sein wird.
    Gesagt bzw. geschrieben ist ja fast alles, das selbe hinzuzufügen (?) wäre überflüssig.


    Nur ein Fazit: Das Buch war, nein ist, echt lesenswert und ich empfehle es jedem und jeder, der oder die an kurzweiliger Literatur im schnellen schnoddrigen Stil interessiert ist und sich nebenbei noch gerne über Dinge informieren lassen möchte, über die man sonst nur per Zufall stolpert. Die Charaktere sind lebendig und vor allem realistisch und bei aller frecher Wortwahl doch erfrischend romantisch ohne schmusig zu sein.


    Hier lieber ein paar Worte zur Auswirkung des Werkes:


      - Wildkirschteekonsum im Hochsommer bei gefühlten 50° C Außentemperatur
      - langsames Gut finden des Namens Donald in Form von Don
      - gezielte Recherche über unabhängige Radiosender (leider bisher ohne Erfolg)
      unuuuund
      - das Benutzen der Worte "das fetzt", die man doch eigentlich längst abgelegt glaubte


    Wenn das kein Erfolg ist :grin


    Liesbett


    PS.: Schreibfehler meinerseits bitte ich unkommentiert zu tolerieren

  • Das Buch ist ja seit August vergriffen, und es wird noch eine Weile dauern, bis es wieder verfügbar ist, wahrscheinlich noch mehr als ein Jahr. Nun bekomme ich inzwischen gehäuft Anfragen von Leute, die "Radio Nights" lesen möchten, es aber nicht mehr kriegen - und von meinen verbliebenen drei Belegexemplaren will ich mich nicht trennen. Wenn jemand von Euch (s)ein gebrauchtes Exemplar verkaufen möchte - natürlich zum Sammlerpreis :grin -, bitte melden, ich könnte Kontakt zu ein paar potentiellen Käufern herstellen.