Sind Autoren Stubenhocker?

  • Wenn ich eine Schreibphase habe und etwas zu einer bestimmten Zeit fertig sein muss, dann gehe ich schon etwas weniger weg (wobei ich auch sonst nicht viel unterwegs bin). Einladungen von/zu Freunden werden erstmal verschoben.


    Aber mit dem Hund muss ich immer mal raus, wobei ich da dann aber meist "weiterarbeite", denn beim Gassigehen habe ich gute Ideen. Wenn ich einen freien Tag habe, an dem ich schreibe, mein Mann aber bei der Arbeit ist (eine seltene Konstellation, aber wäre ich Berufsautorin, dann würde es wohl so aussehen), dann lese ich vormittags durch, was ich am Vortag geschrieben habe, gehe um die Mittagszeit mit dem Hund und überlege mir dabei das nächste Kapitel, lege mich 10 Minuten hin, esse was, dann geht's los. Etwa drei Stunden danach habe ich meist ein Kapitel (6 - 12 Seiten) fertig. Wenn mein Mann nach Hause kommt, muss er es sich durchlesen, :fruehstueck dann mache ich abends die ersten Korrekturen.


    Was in einer schreibintensiven Phase am meisten "leidet" sind Internetforen, die werden nur noch kurz überflogen. Und mein Mann, weil er sich nur noch schleichend durch die Wohnung bewegen darf, sonst bekommt er einen Rüffel. :brabbel Außerdem bleibt dann noch mehr Hausarbeit als ohnehin schon an ihm hängen. :buegeln Aber er ist super lieb, hilft mir, wo er kann und glaubt an mich. :kuss


    Grüßle,
    Judith

    Toni und Schnuffel / Tricks von Tante Trix / Papino und der Taschendieb / Das Dreierpack und der böse Wolf
    Tanz mit Spannung / ... und jetzt sehen mich alle! / Voll drauf / Die Kellerschnüffler u.a.

  • Das Leben eines Schriftstellers bringt es nun einmal mit sich, dass er eine gewisse Zeit an seinem Computer sitzt und schreibt. Deshalb muss er noch lange kein Stubenhocker sein. Andere Leute fahren eine Stunde in die Firma, bleiben dort acht Stunden und fahren dann eine Stunde wieder zurück. So ist nun einmal der Job. Der einzige Unterschied, den ich sehe ist, dass mir die Freuden des öffentlichen Personennahverkehrs erspart bleiben. Sonst muss ich genauso arbeiten wie jeder andere.


    Ein Problem kann es für jene Autoren werden, die neben ihrer normalen Arbeit schreiben. Hier addiert sich die Zeit, die man zuhause am Computer sitzt, zu den in der Firma verbrachten Stunden. Dadurch leiden die Kontakte zur Umwelt, und man spürt auch das Unverständnis der Freunde, die kurz entschlossen ein Bier trinken gehen, während der Autor an seinen Computer muss, weil seine Ablieferungstermine nicht so flexibel sind wie seine Kumpel.


    Da Schreiben eine recht einsame Beschäftigung ist, ist ein entsprechender Ausgleich wichtig. Doch hier sind die Menschen höchst unterschiedlich. Dem einen reicht der Spaziergang um den Block und ein Blick in den Buchladen, andere brauchen den Kontakt zu der sonst arg vernachlässigten Verwandschaft und wieder andere wollen irgendwohin fahren oder fliegen und ein paar Tage in der Ferne ausspannen. Doch was der einzelne Autor an Freizeit und Kontakten braucht, muss er mit sich ausmachen.


    Gheron

  • Wenn man nicht aus der Stube kommt (und nichts erlebt), dann hat man auch nichts zu schreiben. Nach spätestens sechs Wochen "nur im Haus" würde ich wahrscheinlich beginnen, einen ganz abgefahrenen Science Fiction-Roman zu schreiben, um meinem tristen Alltag zumindest gedanklich zu entfliehen ;-)
    Wenn Autoren tatsächlich mehr im Haus sein sollten, dann wohl eher aus Geldmangel. Schreiben bringt ja nicht sehr viel ein und so ziemlich alle Spaß machenden Unternehmungen kosten Geld...

  • Es ist ja mitnichten so, dass Autoren zwischen dem Aufstehen und dem Wiederzubettgehen (und nachfolgend obligater Schriftstellergattenbegattung) unablässig schreiben, schreiben und nochmals schreiben. Die meisten Autoren betreiben das erstens im Nebenberuf (nur ganz wenige können davon leben und tun ergo nichts anderes) und zweitens besteht das Schreiben nicht nur aus der Schreibtätigkeit selbst. Sondern zudem aus Recherche (die nicht selten in Reisetätigkeiten mündet), Plotten und Feldforschung. Außerdem schreiben auch nicht alle einen Roman am Stück runter und dann gleich den nächsten und dann den übernächsten. Autoren sind viel unterwegs - auf Buchmessen, Lesereisen und natürlich auf ihren Zwanzig-Millionen-Euro-Yachten in der Karibik, wo sie sich dann alle bei Schriftstellerregatten treffen, um sich anschließend über die Leser lustig zu machen, die die Boote finanziert haben. ;-)


    Ich schreibe etwa zur Hälfte "drinnen" (im Büro) und zur Hälfte "draußen", in Cafés, Kneipen oder im Zug. Seit ich den Eee 1000H besitze, bin ich diesbezüglich auch echt mobil (sechs Stunden Akkulaufzeit). Meistens nehme ich mir je Projekt auch noch eine Woche Schreibklausur in irgendeinem Hotel, wo ich dann fast rund um die Uhr tippe, im Zimmer, in der Bar, auf dem Balkon, auf der Terrasse. Aber meine Schreibzeit beträgt bei einem Roman (plusminus) pro Jahr sowieso netto höchstens zwei Mannmonate. Während der restlichen Zeit bin ich ein halbwegs normaler Mensch mit einem Standard-Sozialverhalten (<hüstel>) und -umfeld, das ich auch benötige, weil ich daraus meine Ideen und Figuren beziehe. :grin


    Das Bild vom Schriftsteller-Eremiten ist meiner Meinung nach grundfalsch. Eigentlich gilt sogar das Gegenteil. Weil man ein guter Beobachter sein muss, muss man auch viel beobachten können. Und das geht drinnen nur sehr eingeschränkt, weil die Schriftstellergatten nach dem ersten Roman als Figurenvorlagen ausgereizt sind und im Fernsehen nichts läuft, das sich nachzuerzählen lohnen würde.

  • Ich gestehe ich bin beides: Ein absoluter Stubenhocker, manchmal Wochen lang, fast wie ein Eremit. Dann gehe nicht aus dem Haus, hocke vor dem PC und schreibe, schreibe, schreibe. Vernichte so manches und schreibe dann wieder drauf zu. Das hat aber auch mit meiner Vergangenheit und meiner Biographie zutun. Wenn ich aber Geld verdienen muss und in meinem Job als Reiseleiter arbeite, dann bin ich natürlich ein vollkommen anderer. Könnte ich vom schreiben leben, wäre ich sicherlicher ein Sonderling der nicht soviel unter die Leute ginge.

    _______________________________________
    "Die Totenbahre ist die Wiege des Himmels..." (Aus: Verschlungene Wege/wahre Geschichten von Pilgern und Gottsuchern. ISBN 978-3-86744-074-5)
    :grab

  • Mit tränenden Augen schreibe ich diesen Kommentar, weil ich den ganzen Tag Haare raufend vor dem Rechner gesessen habe und mich mit den letzten Korrekturen meines nächsten Romans herumgeschlagen habe. Also Klausur pur. Dafür war ich gerade 6 Wochen auf Recherchereise, irgendwo da draußen, wo es keinen Strom, ergo kein Internet oder sonstige Ablenkungen gibt. Also das Leben pur.
    Die nächsten Monate werde ich damit zubringen, das neue Buch zu verfassen (ich bin leider Gottes nicht so schnell wie Tom), und das bedeutet im Großen und Ganzen für mich: 9 to 19. Am Rechner. Nebenan sitzt harimau und haut ebenfalls von morgens bis abends in die Tasten - Abgabetermin!
    Und nach Feierabend treffen wir Freunde, gehen ins Kino und zum Sport.
    Hört sich nach einem ganz normalen Job an. Ist es irgendwie auch. Irgendwie auch nicht. Macht nämlich Spaß. Einen Heidenspaß.


    Liebe Grüße von
    SteffiB, die mal in der Stube hockt und mal nicht ...

  • Guter Diskussionsfred! Nachdem ich hier grad was von Recherche-Reise gelesen habe, hab ich mir DAS JADEPFERD bestellt. Ich bin fasziniert von der Seidenstraße. Und einen Roman zu lesen, der dort spielt, verfasst von jemandem, der dort war ... das passt optimal in mein Beuteraster.


    Ach ja ... und ein Stubenhocker bin ich (schon) immer, ein Autor nur gelegentlich.

    Und was die Autofahrer denken,
    das würd’ die Marder furchtbar kränken.
    Ingo Baumgartner

  • Zitat

    Die meisten Autoren betreiben das erstens im Nebenberuf (nur ganz wenige können davon leben und tun ergo nichts anderes) und zweitens besteht das Schreiben nicht nur aus der Schreibtätigkeit selbst.


    Das ist ein sehr interessanter Aspekt. Ich habe in meiner Vorstellung immer das Bild vom Vollzeit-Autor, der sich nur dieser einen Tätigkeit widmet. Wenn man das von der finanziellen Seite her betrachtet, ist natürlich verständlich, dass ein Zweitberuf her muss. Vermutlich sichern erst mehrere Veröffentlichungen (wobei Anzahl der Auflagen und Erfolg auf dem Markt natürlich auch eine maßgebliche Rolle spielt) ein regelmäßiges monatliches Einkommen, das den Lebensbedarf deckt.


    Insofern ist das Schreiben wahrscheinlich die ideale Betätigung für Rentner, Hausfrauen und Empfänger von Sozialleistungen, weil hier mehr Zeit zur Verfügung stehen dürfte - sowohl für die Stubenhockerei als auch für die Outdoor-Recherche. ;-)

    :flowersIf you don't succeed at first - try, try again.



    “I wasn't born a fool. It took work to get this way.”
    (Danny Kaye) :flowers

  • Hier muss man tatsächlich unterscheiden.
    Ich gehe auch einem 8-Stunden-Job (meistens mehr) nach und schreibe abends und an den Wochenenden.
    Da kann es dann schon oft passieren, dass das Schreiben zur zeitplanerischen Meisterleistung wird. Schließlich will meine Frau auch ab und zu was von mir haben außer einem geistesabwesenden Mm-mm; der Rasenmäher schreit nach mir oder ein defekter Kühlschrank. Zumal wirklich gutes Schreiben voraussetzt, sich intensiv mit der Geschichte auseinander zu setzen. Wenn ich dann nach dem Alltagsstress endlich die Tür zu meinem Schreibzimmer hinter mir schließe, kann ich auch nicht auf Kommando in dem Text zu versinken, an dem ich arbeite. Darum wundere ich mich manchmal ein bißchen, warum manche hauptberuflichen Autoren nur ein Buch pro Jahr herausbringen. Wenn ich den ganzen Tag zum Schreiben Zeit hätte, wäre der Stapel beschriebenes Papier, den ich produziere, wesentlich höher. Aber ich vermute mal, dass professionell arbeitende Schriftsteller noch mit einer Menge anderen Dingen beschäftigt sind, wie Lesereisen, Recherche usw.


    Dean

  • Sich vom Leben Inspirationen zum Schreiben zu holen, finde ich wichtig.
    Allerdings kann man ja aus vergangenen Erfahrungen auch wunderbar schöpfen! Irgendwann tut es trotzdem gut, wieder neue Anregungen zu bekommen.


    Deshalb sehe ich das Stubenhocken auch als eine zeitlich begrenzte Extremphase an, die so lange dauert, bis eine Idee ausgearbeitet, ein neues Kapitel fertig geschrieben ist. Vielleicht auch, bis ein ganzes Buch fertig geschrieben ist - allerdings kommt das ja aufs Thema an, denn manche Bücher brauchen eine lange Zeit, wenn viel Recherche im Spiel ist, der Plot sehr kompliziert gestrickt ist.


    Da muss ich nun glatt einen Spruch zum Besten geben, der hier gut passt, da es doch für einige Schriftsteller auch Phasen der Einsamkeit und Zurückgezogenheit gibt: Er ist von Leo N. Tolstoi:


    "Vergiß nicht, unter Menschen lebend,
    was Du in der Einsamkeit erkannt hast.
    Und erwäge in der Einsamkeit,
    was Du im Verkehr mit den Menschen erkannt hast"


    Erleben, verarbeiten, das Verarbeitete kreativ verwenden und in eine Geschichte einbringen - wieder erleben. Ein fruchtbarer Wechsel.


    Bei mir ist es ein Wechsel, es sind Phasen, die ich durchlaufe. Mal fast wie besessen nur noch in der Geschichte leben und am liebsten den Laptop unters Kopfkissen legen, das Telefon abschalten, Oropax in die Ohren, nervöse Attaken bekommen und böse knurren sobald es jemand wagt, mich vom Schreiben abzuhalten. Im Zug, in den langen Pausen am Buch arbeiten. Bis es auffällt und im Kollegenkreis schon wilde Gerüchte kursieren, warum die denn da nie vom Computer wegkommt, wo sie doch wie sichs gehört bei den Kollegen sitzen sollte.
    Dann flaut das wieder ab, und es kommt der Hunger danach, Orte des Geschehens aufzusuchen,
    oder raus unter die Leute zu gehen: Mittendrin sein, dabei sein, sich austauschen, zuhören, der Phantasie was zum Futtern geben. Das Bild wieder zurechtrücken, das die Kollegen und andere so langsam zum grübeln bringt..... ;-) - da ich nicht Vollzeit arbeite, geht das ganz gut so.

  • @ BunteWelt


    oh ja ich auch, ich träume vorallem immer im Unterricht. Meine meisten und besten Ideen entstehen im Unterricht. Auch wenn ich schlafen gehe, und ihm Bett liege entstehen diese Ideen.
    Ich habe ständig Tagträume....

  • Schöner Thread! Und viele interessante Aspekte, die angesprochen wurden.


    Bei mir ist es so, dass ich sehr schnell in der Schreibphase bin. Wenn ich schreibe, dann täglich zwei bis drei Seiten, wenn es fließt, dann auch mehr, und das geht am besten so von Mitternacht bis zwei, drei. Daher leidet das Sozialleben kaum, allerdings bin ich darin ohnehin nicht besonders extrem, sondern bin gerne und viel bei meiner Katze daheim und treffe Freunde meist zum essen. Dazu kommt aber, dass ich einen Theaterjob habe, wo ich unregelmäßig aber immer wieder beschäftigt bin, schätzungsweise ein Drittel des Jahres. Während ich am Theater arbeite, sammle ich zwar Ideen, recherchiere, schreib an meinem Blog, schreib Gedichte oder redigiere, aber ich krieg die Konzentration nicht zusammen, um konsequent einen Roman zu schreiben. Dafür brauche ich zwar nicht Klausur, aber doch ein in mich zurück ziehen. Am liebsten und besten arbeite ich wenn ich unterwegs bin. London ist da meine Hauptzuflucht, wo ich insgesamt ca 3 Wochen im Jahr intensiv schreibe. Das sieht dann so aus: Rumlaufen - schreiben bei Starbucks - rumlaufen - schreiben bei Starbucks - rumlaufen - schreiben bei Starbucks - Theater - schreiben bei Starbucks - schlafen. ;-) I love it! Das mit Starbucks ha ich mir auch daheim angewöhnt, sprich mittlerweile arbeite ich im Café besser als daheim. Starbucks hat Steckdosen, da ist mir die Akkuzeit egal, aber selbst ohne kann ich locker drei, vier Stunden sitzen und schreiben. Handschriftlich und abtippen, das wär mir viel zu öd, daher hab ich mir das Computerschreiben angewöhnt. Stubenhocker? Nein, so würde ich mich nicht nennen. Bin zwar kein "Fortgehmensch" oder Discobesucher, aber ich bin schon gern unter Menschen, liebe meinen Theaterjob, wo ich viel unter Leuten bin, gehe auch sonst viel ins Theater, in schöne Restaurants, shoppen, Freunde treffen, Schi fahren und werde meist nur dann nervös, wenn ich tief in meiner Geschichte stecke. Dann aber richtig! :rolleyes


    Zitat

    Was mir ein bisschen fehlt, ist direkter Kontakt zu anderen Autoren.


    Ja, mir auch. Ich kenne ja auch keine persönlich. Ich war so lange beim Theater, dass mein Freundeskreis zum Großteil aus Sängern, Pianisten, Schauspielern etc. besteht. Das Forum hier ist toll, aber das ist eben nicht das Gleiche wie persönlicher Kontakt. Ich hoffe, es gibt mal sowas wie ein "Autorentreffen", das fände ich nett...


    lg Claudia

  • Zitat

    Original von Syddy
    @ BunteWelt


    oh ja ich auch, ich träume vorallem immer im Unterricht. Meine meisten und besten Ideen entstehen im Unterricht. Auch wenn ich schlafen gehe, und ihm Bett liege entstehen diese Ideen.
    Ich habe ständig Tagträume....


    Oh ja..
    Dann wirst du irgendwann erwischt,wie in deinem Matheheft 3 Seiten Stichpunkte stehen ö.ä.
    Im Bett - wie ich es hasse.
    Ich ´& Hochbett..
    Ich muss runtersteigen - aufschreiben.
    -raufsteigen - wieder runter
    :bonk

  • BunteWelt



    hm ja, ich habe auch ein Hochbett, doch ich behalte meine Ideen und Träume immer in meinem Kopf, deshalb schreibe ich sie meistens auch erst später auf, außerdem habe ich ein Notizbuch, ehergesagt ungefährt 6 Hefte, wo ich alles hineinschreibe was mir in den Sinn kommt, so auch im Unterricht...


    Zum Thema Stubenhocker, ich denke das teilweise schon, es gibt Tage wo ich raus gehe, und spaß habe und Tage wo ich keinen Bock habe, weil ich schreiben, lesen oder mir ideen ausdenken möchte, es kommt meistens auf meine Laune an

  • Also, ich persönlich schreibe ziemlich viel, aber bin nicht wirklich oft drin! Ich schriebe meistens in meinen Block, und zwar draußen im Wald, wenn ich mit den Hunden unterwegs bin! Meistens kommen mir die besten Ideen auch nur wenn ich irgendwo draußen bin, und eigentlich garnicht die Absicht habe was zu schreiben! Da ich das mitlerweile aber weiß, geh ich persönlich eigentlich garnicht mehr ohne einen Block aus dem Haus!