'Die Königin der Quelle' - Seiten 189 - 283

  • In geradezu atemberaubendem Tempo geht es voran.


    Seite 190, als Lillia mitteilt, daß sie nun alles gesehen habe und nach Hause könne, ist vermutlich wieder ein Wendepunkt. Wie der Scheitel der Flugbahn eines Pfeiles. Ab diesem Punkt geht es unweigerlich zurück zur Erde ins Ziel. Wo auch immer das in diesem Falle sein mag.


    Seite 213 sagt Anrynan etwas interessantes:
    Ihr Menschen widerruft vieles“, sagte sie schließlich. „Gegebene Versprechen, alte Freundschaften und euren Glauben. Ihr verleiht den Göttern Bedeutung. Entzieht ihr uns die Macht, sind wir nicht länger mächtig.“



    Seite 221 hat sogar Kajlyn-Gua einen lichten Moment: “Du Narr - Freiheit gibt es auf dieser Insel für niemanden, nicht einmal für die Götter.“ - Der alte Konflikt zwischen Willensfreiheit und Vorbestimmtheit (oder sollte ich „Sachzwänge“ sagen?).



    Seite 242: “Von dieser Reise kehren wir nicht mehr zurück - keiner von uns. Amra, du und ich: In der letzten Runde im Spiel des Wandels geben wir unser Leben für Lillia und ihre Prophezeiung.“
    Oh, oh.


    Gorun überrascht mich immer wieder, mal in die eine, mal in die andere Richtung. Als er Jemren das Klanzeichen seines verstorbenen Bruders gibt, ist das so eine Stelle. Das hätte ich ihm gar nicht so zugetraut bzw. erwartet.



    Zwischendurch immer wieder was von Harat. “Schenkt Kaseiras Worten ruhig Glauben“ - aha, Goruns Mutter lebt also noch. Sind das Überlebende aus Calaxi? Ich schätze, aus der Höhle kommt noch eine Überraschung für die Nraurn.



    Dann wieder der andere Gorun, der anscheinend nichts dazu lernen will. Ich vermute, es wäre besser, wenn er gleich auf die Nraurn-Seherin hören würde (S. 258). Na ja, das Ergebnis läßt nicht lange auf sich warten.



    Seite 262: (...) während sie Stoßgebete an die Ewigen sandte.
    Angesichts dessen, was die Ewigen hier im Buch sind, empfinde ich das irgendwie als Anachronismus. Doch zu der Thematik bzw. dem „Konzept der Ewigen“ im Schlußteil mehr, wenn ich das Buch durch habe.



    “Das Eine Kind mahnt uns, mit der gegebenen Zeit etwas Sinnvolles anzufangen - so fasse ich ihre Bedeutung nun auf.“
    An diesen Worten Goruns (S. 271) ist eine Menge dran. Was ist in unserer Welt wohl das Eine Kind?



    Drei Begleiter, die keine Begleiter mehr sind, bringen ein Kind, das niemals ein Kind war, an einen Ort, den man nicht erreichen kann. (Seite 273)
    So gesehen, ist natürlich alles irgendwie vergebens, hoffnungslos, sinnlos - oder etwa nicht? Andererseits könnte in einem solchen Satz die Lösung stecken, man muß sie „nur“ finden bzw. sehen können.



    Zur Handlung: Akkan entspricht voll und ganz meinen Erwartungen. Will der aus Machtgier und Eifersucht denn alles zerstören; er lehnt sich damit doch gegen seinen eigenen Kriegsherrn auf. Wie will er diese Meuterei rechtfertigen? Aber Lillia ist in seiner Gewalt. Gute Voraussetzung für eine Katastrophe.


    Die Mnek verhalten sich in sich schlüssig, nur aus der Nraur-Seherin werde ich noch nicht so ganz schlau. Aber die tauchte auch nur zu kurz bisher auf.


    Doch auch Nesyn, falls das seine Truppen waren, verstehe ich derzeit nicht so ganz. Nun, noch rund 120 Seiten, dann sollten sich alle Geheimnisse aufgeklärt und Rätsel gelöst haben.



    Was das Verhältnis der drei Begleiter untereinander angeht, habe ich mich offensichtlich geirrt. Das Gorun sich zu Amra hingezogen fühlt, ist an mehreren Stellen inzwischen angeklungen. Daß das auf Gegenseitigkeit beruht, habe ich jedoch entweder überlesen oder es war bisher nirgends zu finden. Da wird im letzten Abschnitt wohl noch einiges an Verwicklungen kommen.



    Edit. Ergänzung

    Unter den Büchern finden wir wieder, was uns in der Fremde entschwand, Frieden im Innern und Frieden mit unserer Umgebung.
    (Gustav Freytag, 1816 - 1895, aus "Die verlorene Handschrift")

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  • Die Beziehung zwischen Gorun und Amra beruht auf den vielen kulturellen Missverstaendnissen, die ich in den Text einfließen lassen wollte. Sie darf gar nichts fuer in empfinden, weil sie ja Lairen ist. Andererseits ist es schon beim Kampf um Defagos oder vielleicht schon vom ersten Augenblick an zu spaet. Das ist der Kampf, den Amra mit sich ausfechten muss: die Ueberwindung der inneren Barrieren, der Tabus und Beschraenkungen, die man sich selbst auferlegt.


    Der wichtigste Kampf, den die drei Protagonisten austragen muessen, findet vielleicht nicht auf der Insel, sondern im Inneren statt. Sie muessen ihre Vorurteile und kulturellen Praegungen ueberwinden. Das ist unter Umstaenden schwieriger, als einen äusseren Feind zu besiegen.


    (Edit: :-( Sorry, dass ich so viele wirre, kryptische Zeichen verwende... Das waren die Computer in Portugal. Aber jetzt bin ich wieder da.)

  • Was ich vergessen hatte: in diesem Abschnitt kommt auch so manches Gemeinsame zwischen dem Norden und dem Süden ans Tageslicht. Etwa, als Amra von Harats und Jemrens Fähigkeit, den Toten zu lauschen, erfährt. Manches hat nur verschiedene Bezeichnungen.



    Zitat

    Original von Heide-Solveig
    Der wichtigste Kampf, den die drei Protagonisten austragen muessen, findet vielleicht nicht auf der Insel, sondern im Inneren statt. Sie muessen ihre Vorurteile und kulturellen Praegungen ueberwinden. Das ist unter Umstaenden schwieriger, als einen ausseren Feind zu besiegen.


    :write Genau das hat mich immer wieder so fasziniert und zum Nachdenken angeregt, weil das Dinge sind, die auch in der realen Welt sehr präsent und aktuell sowie für viele Konflikte, zwischen Menschen wie Völkern, verantwortlich sind.

    Unter den Büchern finden wir wieder, was uns in der Fremde entschwand, Frieden im Innern und Frieden mit unserer Umgebung.
    (Gustav Freytag, 1816 - 1895, aus "Die verlorene Handschrift")

  • Lillia hat Akkan also aus gutem Grund angegriffen, er scheint wirklich von Antiles geleitet zu werden. Jetzt ist Lillia in seiner Macht, doch sie wird sich schon irgendwie gegen ihn wehren können. Wahrscheinlich ist es ihr auch egal, wer sie nach Hause bringt, Amra, Jemren und Gorun können ihr folgen und ihr später behilflich sein.


    Antiles ist schon in der Stadt der Götter und die Götter scheinen ihre Macht verloren zu haben. Antiles ist der Schatten von Lillia (oder umgekehrt), ich bin gespannt was passiert wenn Lillia die Stadt erreicht.


    Nesyn verstehe ich immer noch nicht, seine Ideen sind nicht so leicht zu durchschauen.

  • Zitat

    Original von xania
    Antiles ist der Schatten von Lillia (oder umgekehrt), ich bin gespannt was passiert wenn Lillia die Stadt erreicht.


    Genau! Vielleicht waren so manche Ängste gegenüber dem Einen Kind doch nicht so ganz unberechtigt...


    Zitat

    Original von xania
    Nesyn verstehe ich immer noch nicht, seine Ideen sind nicht so leicht zu durchschauen.


    Nesyn ist stur und schlau und sehr auf die Wiederherstellung seiner Ehre bedacht. Aber er ist auch noch jung und beeinflussbar. Und er spürt, wo sich der Einfluss von Magie bemerkbar macht: im alten Zauberer Qyon und natürlich auch in Lillia. Außerdem ist er hin- und hergerissen in seiner Verachtung für die Menschen und seiner maßlosen Enttäuschung über seine Königin.


    Wie schon ein paarmal in dieser Leserunde erwähnt, sind natürlich auch die Nraurn von der Frage "Wer bin ich eigentlich?" betroffen. Und Nesyn hat da auch die eine oder andere Lektion zu lernen. Noch hält er sich jedenfalls für einen großen und mächtigen Krieger...

  • War das hier in dem abschnitt, was mich verwirrt hat?


    Naja, ich nenn es hier:
    :wow Kann man kupfer aus dem berg laugen? :wow
    Ich dachte, das geht nur mit gold... kupferhältiges gestein wird doch geröstet, oder? - Nun ja, stimmt: in der urgeschichte hat man zumindest zwischen Fahlerz, Bronze und Gold keinen besonderen unterschied gemacht: alles leuchtet und schimmert schön, und bronze ist noch dazu viel stabiler...


    Ich geb zu, moderner bergbau ist nicht meine stärke, ich bin bei den diversen bergbautechniken irgendwo am beginn der neuzeit bei den ersten sprengungen geistig steckengeblieben, denn ich halte es für sehr 'unhöflich' löcher in berge zu sprengen... (sorry, solche gedanken stammen von Bowbaq aus einem anderen buch, aber der schamane in den magiern spricht mir nur aus der seele)
    Wie die Nraurn einfach ätzendes thermalwasser durchzuleiten wäre prinzipiell etwas weniger unhöflich, aber wenn man viel wasser braucht und sich da dann was giftiges daraus bildet, das einen ganzen fluss verseucht, allerdings schon...

    DC :lesend


    Heinrich August Winkler: Geschichte des Westens I


    ...Darum Wandrer zieh doch weiter, denn Verwesung stimmt nicht heiter.
    (Grabinschrift F. Sauter )

  • Ich finde es hier sehr interessant, wie die figuren beginnen, ihre althergebrachten handlungen zu hinterfragen, und versuchen aus ihren alten verhaltensmustern auszubrechen.
    Sie erkennen, dass das, was sie für 'götter' gehalten haben, nicht so ist, wie sie sich dachten, dass die ganzen alten legenden und überlieferungen, und damit auch ihr verhaltenskodex auf sehr tönernen füssen steht...

    DC :lesend


    Heinrich August Winkler: Geschichte des Westens I


    ...Darum Wandrer zieh doch weiter, denn Verwesung stimmt nicht heiter.
    (Grabinschrift F. Sauter )

  • MagnaMater: Es gibt tatsächlich spezielle Verfahren, bei denen Kupferoxyde und -sulfide mit Schwefelsäure gelaugt werden. Auch Gold wird beispielsweise durch Cyanidlauge gewonnen (nachzulesen bei Wiki oder im Internet). Das hatte ich noch im Hinterkopf, als mir diese Idee kam.


    Ich gestehe jedoch, dass es mir hier nicht so sehr auf naturwissenschaftliche Präzision ankam (diejenigen Leser, die sich weitaus besser auskennen als ich mögen, mir verzeihen), sondern vielmehr auf dieses ungeheuer starke Bild, dass man sein eigenes Land und eine der wichtigsten Lebensadern vergiftet, um sich zu bereichern!

  • Na, es kann auch nicht jeder experimentalarchäologe sein, oder solche kennen :lache Gold ist mir bekannt, wegen dem tal in Rumänien, das so heiss umkämpft ist.

    DC :lesend


    Heinrich August Winkler: Geschichte des Westens I


    ...Darum Wandrer zieh doch weiter, denn Verwesung stimmt nicht heiter.
    (Grabinschrift F. Sauter )

  • Das Gegenden, in denen Edelmetalle geborgen werden, oft chemisch verseucht sind wusste ich, allerding sind die Ausmaße, dass der gesamte Fluß verpestet wird, in diesem Falle natürlich erschreckend!


    Später wird von Nesyn der Gedanke formuliert, der mir auch sofort in den Kopf schoss: in etwa, was hat man von all den Reichtümern, wenn man kein Land mehr hat, das einen versorgen kann, sondern nur verseuchtes Gebiet, und die Feindschaft aller anderen Völker, die einem das Überleben sichern würden.


    Ich habe die Tatsache, dass die Nraun die Metalle der Erde bergen, quasi als Sündenfall der sonst so naturnah lebenden Völker der Nraun empfunden.
    Sie haben auf jeden Fall einen hohen Preis gezahlt für den Besitz dieser Metalle, selbst wenn der Handel mit ihnen einen unmittelbaren Fortschritt und Vorsprung vor den Menschen beschert hat, hat es sie in großen Schritten auf einen Krieg zugetrieben :gruebel


    Ist Antiles sogar so etwas wie die Schlange im Paradies, der das gesamte Gleichgwicht zwischen den Völkern und damit der Insel zerstört hat?? :wow


    Auf jeden Fall ein interessanten Abschnitt, der zeigt, auf welchem Holzweg sich eigentlich alle Völker der Insel befinden.


    Akkans Verrat hat sich so deutlich angebahnt, dass er mich nicht im mindesten überrascht hat, auch habe ich sofort nach der Entführung Lillias gedacht, dass er eigentlich eine tragische Figur ist, die bestimmt den Tod finden wird, ohne irgendeines seiner eigenen Ziele zu erreichen und siehe da, ich sollte Recht behalten :-]


    Zu der Beziehung von Amra und Gorun, dass er sie liebt, hat sich mir ganz deutlich dargestellt, allerdings gibt es neben den Kulturellen Hürden ("Lairen"), den wirren des Krieges und ihrer Suche nach Lillias Heim auch noch den Eifersuchtsfaktor, das sind natürlich einige Hürden auf dem Weg zum Ziel, ob Gorun sie überwinden kann, und ob Amra dies überhaupt will!

    “In my opinion, we don't devote nearly enough scientific research to finding a cure for jerks.”

    ― Bill Watterson

  • Zitat

    Original von Elbereth


    Ich habe die Tatsache, dass die Nraun die Metalle der Erde bergen, quasi als Sündenfall der sonst so naturnah lebenden Völker der Nraun empfunden.
    Sie haben auf jeden Fall einen hohen Preis gezahlt für den Besitz dieser Metalle, selbst wenn der Handel mit ihnen einen unmittelbaren Fortschritt und Vorsprung vor den Menschen beschert hat, hat es sie in großen Schritten auf einen Krieg zugetrieben :gruebel


    Ist Antiles sogar so etwas wie die Schlange im Paradies, der das gesamte Gleichgwicht zwischen den Völkern und damit der Insel zerstört hat?? :wow



    Sündenfall! Das gefällt mir! Das trifft genau den Kern der Sache.


    Antiles sehe ich allerdings weniger als Schlange im Paradies, sondern eher als Naturgewalt oder als ein unumstößliches Gesetz: Jeder muss sterben. Und das gefällt ja bekanntlich den Wenigsten - also lehnt man sich gegen das Unvermeidliche auf.
    Aber das führt im Verlauf meines Romans nicht zu einer sinnvollen Lösung, sondern steigert sich ins Absurde: Man verbannt den Tod von der Insel.


    Da wir hier noch nicht ganz am Ende sind, möchte ich dem Schluss nicht vorgreifen, sondern auf ein spannendes Buch hinweisen. Es hat mir klar vor Augen geführt, dass in der Angst vor dem Tod ein wichtiger Grund für die Entstehung von Religionen liegt: In "Wir brauchen keinen Gott - Warum man jetzt Atheist sein muss" analysiert Michel Onfray sehr klar: Es geht immer um die Tatsache, dass das Leben irgendwann einfach zu Ende ist. Das ist und bleibt für viele einfach unfassbar, und um dieser letzten Konsequenz nicht ins Auge sehen zu müssen, entwickelt man alternative Vorstellungen.

  • Zitat

    Original von Elbereth
    Ist Antiles sogar so etwas wie die Schlange im Paradies, der das gesamte Gleichgwicht zwischen den Völkern und damit der Insel zerstört hat??


    Nun, über die Schlange im Paradies und ihre Funktion (bzw. das Ergebnis ihres Wirkens) kann man auch etwas anderer Meinung sein, als das landläufig so gesehen wird.



    Zitat

    Original von Heide-Solveig
    (...) In "Wir brauchen keinen Gott - Warum man jetzt Atheist sein muss" analysiert Michel Onfray sehr klar (...)


    :grin Also klar war mir an diesem Buch nur, daß das „ein Rundumschlag gegen Vernunft, Logik und Sachverstand“ ist. (Nachzulesen >hier<.) Ich glaube, das ist das Buch, was vom in-die-Ecke-pfeffern recht bestoßen ist. :grin

    Unter den Büchern finden wir wieder, was uns in der Fremde entschwand, Frieden im Innern und Frieden mit unserer Umgebung.
    (Gustav Freytag, 1816 - 1895, aus "Die verlorene Handschrift")