'Hexenschwester' - Seiten 001 - 096

  • Okay, ich bin jetzt mit dem ersten Teil durch. Der ging runter wie Butter und man hat immer Lust weiter zu lesen.


    Velten? Na ja, meinen ersten, negativen Eindruck muss ich etwas revidieren. Da trat er so auf, dass ich meinte, er wolle unbedingt alle merken lassen, wie ungeheuer schlau er doch ist. Vielleicht sollten es aber nur die Leser merken. :lache Danach verhält er sich etwas zurückhaltender. Nach Lenchens Enttäuschung dachte ich mir wieder, ich wäre mit meinem negativen Urteil ganz richtig gelegen. Was knutscht er mit der Einen rum, wenn er die Andere will? Zunächst beide ausprobieren oder so was? Aber dann klärt es sich ja auf.
    Trortdem, irgendwie ist mir dieser Velten zu glatt und selbstgefällig. Ich kann mich eher für verachtete Außenseiter erwärmen, wie vielleicht den Sohn des Scharfrichters, der dann allerdings die arme Marie im Stich läßt.


    Und das liebe Lenchen könnte ich momentan packen und schütteln. Wie kann sie nur so doof sein, einen Mann zu heiraten, der ihr nicht nur gleichgültig sondern geradewegs unsympathisch ist. :bonk Ihr Vater gibt ihr ja immerhin die Möglichkeit, nein zu sagen. Aber wer jung und unglücklich ist, macht sich eben leichtfertig das Leben kaputt.


    Wie gesagt, man ist immer sehr gespannt, wie es weiter geht.


    Liebe Grüße


    Tereza

  • Zitat

    Original von Booklooker
    Ich mag ihn nicht... Der scheint der Herzensbrecher in der Gegend zu sein... Sowas mag ich ja schon mal gar nicht ;-)


    Ich glaub, der kapiert sowas überhaupt nicht. Will wissen, wie die Welt so geht, aber keine Antenne dafür, was sich direkt neben ihm bei den Weibsleuten so abspielt.


    Wenn Gnädigste ihren Posteingang a wengle leeren würde ...

  • Zitat

    Original von Tereza
    Velten? Na ja, meinen ersten, negativen Eindruck muss ich etwas revidieren. Da trat er so auf, dass ich meinte, er wolle unbedingt alle merken lassen, wie ungeheuer schlau er doch ist. Vielleicht sollten es aber nur die Leser merken. :lache


    Neenee, das hast du schon ganz richtig gesehen. Er ist da schon der Sonnyboy, der sich auch über Contz lustig macht. Er hat einfach die selbstverständliche Sicherheit eines Menschen, der auf der Sonnenseite des Lebens steht.


    Zitat

    Und das liebe Lenchen könnte ich momentan packen und schütteln. Wie kann sie nur so doof sein, einen Mann zu heiraten, der ihr nicht nur gleichgültig sondern geradewegs unsympathisch ist. :bonk Ihr Vater gibt ihr ja immerhin die Möglichkeit, nein zu sagen. Aber wer jung und unglücklich ist, macht sich eben leichtfertig das Leben kaputt.


    Das müsste man eher den Papa schütteln, find ich. Der ist zwar nett, aber halt doch auch ein bisschen schwach. (Kein Wunder, wenn man so eine starke Mutter hat, dass man sich auch der Frau Gemahlin gern mal unterordnet.)
    Bedenken muss man bei der ganzen Geschichte, dass eine Eheschließung in der Regel mit Liebe halt nicht viel zu tun hatte. Liebe hatte generell keinen guten Ruf, man sah sie eher als eine Spielart des Wahnsinns an, die zu nix Gutem führt. :grin
    Von daher verhält sich Lene absolut als Frau ihrer Zeit. Ihr steht die Schwester näher als jeder Mann, und sie will ihr weiter nahe bleiben. Wenn sie schon Velten nicht kriegen kann, dann will sie wenigstens annähernd das, was ihre Schwester hat.
    Jeder von euch hat vielleicht schon mal erlebt, wie freundschaftsgefährdend es sein kann, wenn eine Freundin plötzlich heiratet und Kinder kriegt. Davor hat Lene Angst. Sie will die Erfahrungen ihrer Schwester teilen, will nicht Mädchen bleiben, wenn die zur Frau wird. Und ich glaube nicht, dass Contz ihr unsympathisch ist. Er ist ihr einfach so fremd wie jeder Mann außer Velten.
    Uuund: Es ist das zweite Mal, dass sie den Mann verloren hat, den sie liebt. Als Kind hatte sie sich ja schon mal einen ausgeguckt, den sie verloren hat. (Lenhard.) Und für sie ist das jetzt der Beweis, dass die Liebe halt wirklich nichts ist, auf das man sich verlassen kann. Und liegt damit, wie gesagt, voll im Zeittrend ...

  • Zitat

    Original von Tereza
    Und das liebe Lenchen könnte ich momentan packen und schütteln. Wie kann sie nur so doof sein, einen Mann zu heiraten, der ihr nicht nur gleichgültig sondern geradewegs unsympathisch ist. :bonk Ihr Vater gibt ihr ja immerhin die Möglichkeit, nein zu sagen. Aber wer jung und unglücklich ist, macht sich eben leichtfertig das Leben kaputt.


    Sie hat sich wohl ganz nüchtern gesagt, was ich hab, hab ich (ein Heim in der Nähe von Clara), und was sonst noch kommt, kann auch nicht schlimmer sein, die große Liebe ist ja eh weg. Damals hatte man doch eh keine richtige Wahl.


    Katerina, was war denn nun am Schuhmacherhandwerk so nicht-ganz-ehrenhaft? Verrätst dus noch? *g*

  • Zitat

    Original von SabineW
    Katerina, was war denn nun am Schuhmacherhandwerk so nicht-ganz-ehrenhaft? Verrätst dus noch? *g*


    Um Gnädigster die Mühe zu ersparen, eine Seite zurückzublättern, wiederhol ich es hier nochmal:
    "Meiner Meinung nach muss man den Begriff "unehrlich" eher mit etwas wie "unehrenhaft" übersetzen. Ich denke, dass die Einteilung in "ehrliche" und "unehrliche" Berufe zumindest zum Teil auf Angst vor dem Tod zurückgeht, denn sie betraf vor allem Berufe, die mit Tod oder der Verarbeitung toten Materials zu tun hatten, z.B. gehörten auch die Abdecker und die Gerber dazu. Wichtig ist, dass die "Unehrlichkeit" sozusagen ansteckend war.
    Es gibt den absurden Fall eines Försters, der vor Gericht dagegen klagte, dass sein Beruf als "unehrlich" bezeichnet worden sei. Die absurde Begründung der Gegenseite war, ein Förster habe einmal einem Scharfrichter während dessen Amtshandlungen den Wein gebracht.
    Auch der Schuster steht ja an der Grenze zur "Unehrlichkeit". Meine persönliche Vermutung ist, dass das daher kommt, weil er von dem Gerber das Leder bezieht.
    Falls uns das heute absurd erscheint, brauchen wir uns lediglich vorzustellen, dass nur wenige Eltern davon begeistert wären, wenn die Tochter sich in einen Bestatter verliebt. (Es sei denn, die Eltern sind sehr gothic-mäßig drauf.)"
    Eine andere Erklärung hab ich dafür leider auch nicht.

  • Zitat

    Original von Katerina
    [ Und ich glaube nicht, dass Contz ihr unsympathisch ist. Er ist ihr einfach so fremd wie jeder Mann außer Velten.


    Ich finde, das ist besonders schoen dargestellt: Contz ist immerhin kein Unbekannter, es ist nicht der Alte (DAS war ja ihre Angst!), er wird sie nicht aus Claras Naehe fortbringen, er ist nicht in irgendeiner Weise verschrien.
    Das mag ich so an dem Roman (unter vielem anderem): Lene handelt hier ganz wie ein Maedchen ihrer Zeit: Es haette viel schlimmer kommen koennen, also schluckst sie's und findet sich ab.
    Zugleich handelt sie aber in einer Weise, die uns deutlich zeigt, dass die, die vor uns kamen, keine Aliens waren, sondern die, die vor UNS kamen - wir koennen ihre Handlungsweise nachvollziehen. Wie Tereza so eindringlich schrieb: Sie ist jung, sie ist sehr, sehr ungluecklich, dass sie ihr Leben zerstoert, erscheint ihr kaum mehr als die noetigsten Gedanken wert.


    Alles Liebe von Charlie

  • Zitat

    Original von Charlie
    Zugleich handelt sie aber in einer Weise, die uns deutlich zeigt, dass die, die vor uns kamen, keine Aliens waren, sondern die, die vor UNS kamen - wir koennen ihre Handlungsweise nachvollziehen. Wie Tereza so eindringlich schrieb: Sie ist jung, sie ist sehr, sehr ungluecklich, dass sie ihr Leben zerstoert, erscheint ihr kaum mehr als die noetigsten Gedanken wert.


    Alles Liebe von Charlie


    Ich finde so eine Verhaltensweise gibt es heute noch: vom geliebten Mann abgewiesen, werfen junge Mädchen sich manchmal jemanden an den Hals, den sie garnicht besonders leiden können. Nur sind die Folgen meist weniger katastrophal, weil sich diese Beziehungen leichter wieder auflösen lassen.


    Vernünftig wäre es von Lenchen gewesen, auf einen Mann zu warten, den sie wenigstens wirklich sympathisch findet. Das haben einige meiner Jugendfreundinnen getan, nachdem sie mit der großen Liebe auf den ersten Blick immer wieder auf die Nase fielen. Angeblich ging es gut.


    Also soviel hat sich da garnicht verändert, nur dass Lenchen damals eben baldmöglichst heiraten musste, während wir heute ja genug andere Möglichkeiten haben, uns von einem gebrochenen Herzen abzulenken.


    War da nicht eine Andeutung, dass sie bestimmte Verhaltensweisen - so eine Zungenbewegung vor dem Sprechen oder so - an ihrem Zukünftigen als suspekt empfindet? Deshalb habe ich bei der Ehe ein ziemlich ungutes Gefühl.


    Tereza

  • Zitat

    Original von Tereza
    War da nicht eine Andeutung, dass sie bestimmte Verhaltensweisen - so eine Zungenbewegung vor dem Sprechen oder so - an ihrem Zukünftigen als suspekt empfindet?


    Suspekt nicht direkt. Es gibt eine Winzigkeit, die sie an ihm bemerkt, die sonst niemand wahrnimmt. Und man kann sich vorstellen, wie so etwas mit den Jahren anfangen kann zu nerven ...
    Diese Winzigkeit habe ich übrigens der Realität entnommen. Ein winziges, kaum wahrnehmbares Schmatzen bei jemandem, den ich nicht persönlich kenne, das aber außer mir niemand wahrzunehmen scheint.
    Contz ist übrigens meine Lieblingsfigur in dem Roman.

  • Zitat

    Original von Katerina


    Könntest Du dazu vielleicht noch ein, zwei Sätzchen sagen? Das fände ich sehr interessant!


    Huhu, Katerina,
    ich hab das Posting erst jetzt entdeckt (musste doch die Hexenschwester zu Ende lesen und fühle mich noch ziemlich durchgeschüttelt - aber dazu mehr, wo's hingehört).
    Ich habe also die ersten zwanzig Seiten gerade noch einmal überflogen und versucht, meine "Stolpersteine" dingfest zu machen. Interessanterweise fand ich gerade das, was mir am Anfang seltsam erschien, nun als die Stärke. Da liegt eine gewisse Naivität in der gesprochenen Sprache, die den Protagonisten ungemein gerecht wird, ebenso in Lenes Gedanken. Wobei Naivität es auch nicht richtig ausdrückt. Die Dialoge und Gedanken sind einfach - anders. Anders, als ein moderner Dialog gestaltet würde, und das hat mir dann ja auch ziemlich schnell ausgesprochen gut gefallen. Sie sind so, wie ich mir vorstelle, dass die Büdinger zu dieser Zeit gesprochen haben – und darum geht es ja: Ich als Leser soll es als richtig empfinden. Und das ist dir verdammt gut gelungen.
    Verstehst du, was ich meine?
    Liebe Grüße von Steffi

  • Zitat

    Original von SabineW


    Ich glaub, der kapiert sowas überhaupt nicht. Will wissen, wie die Welt so geht, aber keine Antenne dafür, was sich direkt neben ihm bei den Weibsleuten so abspielt.


    Das kann ja sein, aber er muss doch merken, dass die Weiber ihn anhimmeln... :rolleyes Er hat schliesslich ungewollt die falsche Frau geküsst. Ich glaub nicht, dass er das nie bemerkt hat. Es küsst doch nicht jeder gleich.... Oder kann man das bei Zwillingen nicht so sagen? ;-)


    Zitat

    Original von SabineW
    Wenn Gnädigste ihren Posteingang a wengle leeren würde ...


    :rolleyes Schon passiert...

  • Zitat

    Original von Katerina


    Suspekt nicht direkt. Es gibt eine Winzigkeit, die sie an ihm bemerkt, die sonst niemand wahrnimmt. Und man kann sich vorstellen, wie so etwas mit den Jahren anfangen kann zu nerven ...
    Diese Winzigkeit habe ich übrigens der Realität entnommen. Ein winziges, kaum wahrnehmbares Schmatzen bei jemandem, den ich nicht persönlich kenne, das aber außer mir niemand wahrzunehmen scheint.
    Contz ist übrigens meine Lieblingsfigur in dem Roman.


    Also, mich würde dieses Schmatzen irre machen. Das hab ich gleich gedacht, als ich davon gelesen habe. Und mit dem will sie es ihr Leben lang aushalten?


    Ich bin mal gespannt - die letzten zwei Tage konnte ich - wie ich schon geahnt habe - nicht viel lesen und hab noch ca 20 Seiten vom ersten Teil vor mir.... :bonk Was wollte ich sagen???? Ach ja - bin mal gespannt, warum Contz deine Lieblingsfigur ist. Bisher hab ich ihn noch nicht so wahrgenommen... Aber er wurde ja nur erwähnt. Vielleicht kann ich ja dann über das Schmatzen hinwegsehen.... :-)

  • Zitat

    Original von Booklooker
    Er hat schliesslich ungewollt die falsche Frau geküsst. Ich glaub nicht, dass er das nie bemerkt hat. Es küsst doch nicht jeder gleich.... Oder kann man das bei Zwillingen nicht so sagen? ;-)


    Das war ja nur auf dem Fest. Würd ich einfach unter "angeschickert" verbuchen. Und unter "Dramaturgie". :grin

  • Zitat

    Original von SteffiB
    Ich habe also die ersten zwanzig Seiten gerade noch einmal überflogen und versucht, meine "Stolpersteine" dingfest zu machen. Interessanterweise fand ich gerade das, was mir am Anfang seltsam erschien, nun als die Stärke. Da liegt eine gewisse Naivität in der gesprochenen Sprache, die den Protagonisten ungemein gerecht wird, ebenso in Lenes Gedanken. Wobei Naivität es auch nicht richtig ausdrückt. Die Dialoge und Gedanken sind einfach - anders. Anders, als ein moderner Dialog gestaltet würde, und das hat mir dann ja auch ziemlich schnell ausgesprochen gut gefallen. Sie sind so, wie ich mir vorstelle, dass die Büdinger zu dieser Zeit gesprochen haben – und darum geht es ja: Ich als Leser soll es als richtig empfinden. Und das ist dir verdammt gut gelungen.
    Verstehst du, was ich meine?


    Ah okay, Du meintest die gesprochene Sprache, das war mir nicht klar!

  • Zitat

    Original von Booklooker
    Ach ja - bin mal gespannt, warum Contz deine Lieblingsfigur ist. Bisher hab ich ihn noch nicht so wahrgenommen...


    Ich meinte damit nicht, dass ich ihn in echt besonders sympathisch finden würde. Wahrscheinlich fände ich ihn aber auch nicht unsympathisch, wenn er bei einem Schützenfest am gleichen Tisch sitzen würde. Und wahrscheinlich täte er mir leid.
    Aber rein aus Autorensicht fand ich ihn die interessanteste Figtur. Aber mehr möchte ich dazu JETZT noch nicht sagen. ;-)

  • So spät zu posten hat auch Vorteile. Viele Fragen wurden schon gestellt und beantwortet *gg


    Das Leben in diesem Haus war für alle sicherlich nicht einfach. Wenn die beiden Frauen (Lenes Mutter und Großmutter) sich nicht grün sind, wirkt sich das natürlich auf die gesamte Familie aus.
    Aber wer hatte wirklich das Sagen im Haus? Die Oma oder die Mutter? Wer war stärker? Fakt ist, dass der Mann vor beiden kuschte, oder? War das in der damaligen Zeit nicht eher die Ausnahme?


    Die sonstigen Eindrücke zum Buch, davon abgesehen, dass ich ein ganz besonderes Exemplar in Händen halte, sind sehr positiv. Der Einstieg ist sehr leicht und das die Handlung in der Nähe spielt, gefällt natürlich sehr gut.

  • Zitat

    Original von Sabine_D
    Aber wer hatte wirklich das Sagen im Haus? Die Oma oder die Mutter? Wer war stärker? Fakt ist, dass der Mann vor beiden kuschte, oder? War das in der damaligen Zeit nicht eher die Ausnahme?


    Dass es manchmal in den Ehen heftig zuging, ist auch für Büdingen bezeugt. :hau Ich hab an einer Stelle auch erwähnt, dass einem Mann, der sich zu viel von seiner Frau gefallen ließ, auch schon mal die Haustür ausgehängt und aufs Dach geworfen wurde. Was andererseits aber auch heißt, dass dies vorkam. :grin Es wurde in dieser Zeit von einem Fall berichtet, wo eine Frau den Mann verdrosch und beide eine Strafe bekamen. Sie, weil sie's tat, und er, weil er sich's gefallen ließ.