'Regenroman' - Kapitel 07 - 10

  • Bin nun in Kapitel 7 vorgedrungen und bin immer noch nicht so begeistert.
    Irgendwie reißt die Autorin ständig neue Dinge an, ohne die bereits erwähnten für mich ausreichend abzuhandeln. (aber das hatte ja schon jemand vor mir treffender beschrieben)
    Irgendwie scheint die Beziehung zwischen Martina und Leon immer mehr abzukühlen..... wie gesagt ich weiß noch nicht, wo das hinführen wird.
    Schnecken kommen auch immer mal wieder vor, aber es geht, ich kann mich beherrschen.


    Ach ja, ich vergaß:


    Die Kotzszenen von Martina gehen mir ziemlich auf den Geist.....



    Also, wenn man das schon so routiniert macht, wie sie es offensichtlich tun soll, dann schafft man das ruckizucki, und der Finger ist ein unzureichendes Hilfsmittel beim Kotzen. Man nimmt den Stil der Zahnbürste, Stöckchen, alles mögliche je länger je besser. Wenn es ganz schnell gehen soll faßt man sich einfach ans Zäpfchen (ist zwar schmerzhaft, aber führt zum sofortigen Erbrechen)
    Auch, daß sie als sie sich bei ihren Eltern übergibt, nicht die Zähne putzt, danach halte ich für nicht glaubhaft. Meine Erfahrung ist die, daß solche Menschen ihre Zahnbürste oder zumindest Kaugummis dabei haben und so den Geruch übertünchen.
    Oder soll dadurch noch mal ausgedrückt werden, wie gleichgültig ihr ihre Eltern und das was sie von ihr denken sind? Hm.. keine Ahnung....


    Den Sinn des Buches suche ich immer noch

  • Zitat

    Den Sinn des Buches suche ich immer noch


    Ich auch. Schade das Tom nicht da ist. Er könnte uns vielleicht auf die Sprünge helfen.


    Wobei wir vielleicht eines bedenken sollen:
    Es ist ein von der Literaturkritik gelobter Roman.
    Das bedeutet oft, dass es nicht einfach eine erzählte Geschichte (wie in einem Krimi oder historischen Roman) ist, sondern dass sich das eigentliche hinter der Geschichte verbirgt. Darauf gekommen bin ich durch den Text in meiner Ausgabe (Ullstein-TB 60028 3. Auflage von 2001). Hier einen Ausschnitt:


    Zitat

    Aber das Moor und der Morast menschlicher Beziehungen sind tückisch. So, wie die Schneckenplage und der unablässige Regen die Grundmauern des Hauses angreifen, so durchdringen Gleichgültigkeit und Kälte Leon und seine Ehe. Ein zugelaufener Hund und die erotischen Verwirrungen um die herbe Kay und ihre nimmersatte, fette Schwester Isadora beschleunigen den Zerfall.


    Und einige Sätze aus Besprechungen:


    Zitat

    Es ist was los im grossen Regen, wer gedrucktes irres Zeugs schätzt, wird hier kurzweilige knapp 300 Seiten lang nicht in selbigem stehen gelassen.


    Zitat

    Selten habe ich etwas so Skurriles und erfrischend Neues gelesen. Kerstin Duve bricht mit sämtlichen Tabus und kann zu Recht als Angehörige einer neuen, jungen Generation von deutschen Schriftstellern gelten, die keinen Traditionen mehr verhaftet sind.


    Zitat

    wobei der Schluß dann wieder amüsant ist und den Leser regelrecht "auskotzt", ihn allein läßt mit seiner angeschlagenen Leserseele - sieh doch selbst, was du damit anfängst, hättest das Buch ja nicht lesen müssen.


    Wasser ist ja auch eine Metapher für "Gefühle".
    Das ganze erinnert mich auch an die Tarotkarte aus dem Crowley-Tarot


    7 der Kelche - Verderbnis



    Noch eines ist mir aufgefallen - die eigentlichen Macher sind die Frauen.


    Kay, die alles reparieren kann
    Isadora, die Leon "verführt" nicht umgekehrt
    Martina, die, wenn sie etwas nicht kann, sich Ratgeber besorgt.


    Die Männer dagegen beauftragen andere mit den Dingen und setzen sie unter Druck (Pfitzner) oder bringen nichts wirklich auf die Reihe, wie Kerbel und Leon. Der Arzt tut zwar besserwisserísch herrisch, aber helfen kann er auch nicht.


    Ich habe jetzt noch 80 Seiten. Die werde ich heute abend schaffen. Vielleicht schließt sich der Kreis ja doch noch. Ich bin sicher mit Martina wird ncoh etwas geschehen.


    LG Dyke

    "Sie lesen?"
    "Seit der Grundschule, aber nur, wenn's keiner sieht."


    Geoffrey Wigham in "London Calling" von Finn Tomson

  • Stimmt die Karte paßt....


    Auch das letzte Zitat aus den Besprechungen find ich passend, denn genauso fühle ich mich gerade und dabei bin ich ja noch nicht mal am Ende.


    Allerdings ist ein Buch nicht dann gut, wenn ich mich am Ende befriedigt fühle? Dieses Gefühl fehlt mir gänzlich, weil mir einfach zuviel zur Interpretation offen bleibt, bzw. zu viele Stränge und Fäden einfach angerissen und nicht mehr aufgegriffen werden.

  • OK, ich bin durch und genauso schlau wie vorher.


    Mag sein, daß mir der Intellekt fehlt um die zwischen den Zeilen verborgene Geschichte interessant zu finden. Mag aber auch sein, daß die Autorin, lediglich eine Aneinanderreihung von (sinnlosen) Ereignissen fabriziert hat.... keine Ahnung was da nun zu trifft.


    Mein Buch war es zumindest nicht. Und das sag ich nicht nur wegen meiner Schnecken-Kotz-Orgie.
    Auch das Ende empfinde ich als nichts sagend und irgendwie seicht... aus diesem Buch hätte man ne Menge machen können, aber irgendwie hatte die Autorin da wohl keine Lust zu... oder das Lektorrat hat zu viel gestrichen (so kommt es mir vor, irgendwie scheint einiges zu fehlen).

  • Hi BJ und die anderen Mitleser,


    bin jetzt auch durch und irgendwie hat sich doch ein Kreis geschlossen:


    Die Bösen Pfitzner und Harry werden gebraten


    Der ewige Optimist Kerbel sieht endlich ein, dass nicht alles so ist, wie er meint.


    Die Schwestern Kay und Isadora machen weiter wie bisher


    Der Macher Leon wirft den Bademantel und verschwindet im Moor.


    Die ewig fremdbestimmte Martina nimmt endlich ihr Leben in die eigene Hand.



    Karin Duve hat an einigen Stellen wirklich originelle Formulierungen verwendet. Auch schafft sie es, mich bei der Stange zu halten, ohne dass eigentlich ein nachvollziehbarer Handlungsstrang zu erkennen ist. Trotzdem hat er auch einen eigentümlichen Reiz auf mich ausgeübt. Aber letztendlich kann ich mich dem Schlusssatz der Rezension von Florian Illes in der FAZ anschließen


    Zitat

    Wo die Tatsache, dass es Bindfäden regnet, der einzige konsequente Handlungsstrang ist, wächst von Seite zu Seite die Gewissheit, dass es sich bei diesem Buch nicht umeinen Roman handelt, sondern um einen irreparablen Wasserschaden. FLORIAN ILLIES


    Wenn der Roman wirklich so eine „Erneuerung“ der deutschen Gegenwarts-Literatur ist, wie hie und da geschrieben, dann muss es darum wirklich sehr schlimm stehen.
    So schnell nehme ich kein Buch von Karin Duve mehr in die Hand, egal wie hochgelobt.


    Ich hoffe wirklich, dass Tom noch etwas dazu schreibt.


    Was soll man noch dazu schreiben?? Irgendwie sind meine Gedanken im Dauerregen im Moor ertrunken.


    Halt! Eine Frage an die Mitleser: Wo war der „schmutzige Sex“?? Ich habe nichts gefunden, nur Sex pur, ohne Gefühle wie Liebe, Zuneigung usw.


    LG Dyke – der sich jetzt wieder einem Venedig-Krimi (Edward Sklepowich: Tod in der Serenissima zuwendet

    "Sie lesen?"
    "Seit der Grundschule, aber nur, wenn's keiner sieht."


    Geoffrey Wigham in "London Calling" von Finn Tomson

  • Nach ein (etwas gequälter) Versuch (habe überhaupt keine Lust zu arbeiten) mehr Licht in KDs Welt zu bringen:


    Für was könnten verschiedene Dinge stehen??


    Das Moor?


    Für das Leben, mit all seinen Unwägbarkeiten, seinen unbekannten seinen Fallgruben, aus den man sich häufig nur sehr schwer befreien kann, aber auch seinen, oft bizarren Schönheiten,

    Der Dauerregen?


    Für den Alltag mit seinen ständigen Routinen, die gerne alles verwässern, gleich machen.


    Die Schnecken?


    Für alle die kleinen, lästigen Dinge, denen wir einfach nicht entkommen können.
    Die eine Telefonrechnung ist bezahlt, die nächste kommt bestimmt.


    Das verfallene Haus, mit all seinem Schimmel?


    Für die Angewohnheiten, die wir haben, aber nicht mehr bewusst sind. Wie wir uns eingerichtet haben. Änderungen sind häufig nur mit einer persönlichen Grundrenovierung möglich.
    Die tägliche offene Zahnpastatube, die tägliche Bürste voller Haare, bestimmte Gesten. Dinge, die anderen tierisch auf den Zeiger gehen können, die wir aber gar nicht mehr bemerken.


    Noah, der Hund?


    Unser Unbewusstsein, das uns durch schwierige Situationen leiten kann, dass wir aber meist nicht beachten oder aber beherrschen wollen.


    Kay?


    Das Praktische, Realistische, Planende, Vorausschauende


    Isadora?


    Der pure Genuss, das auf den Moment fixierte


    Kerbel?


    Das Laissez-faire, wird schon irgendwie werden, die rosarote Brille



    Zu Pfitzner und Harry fällt mir im Moment nix ein


    Was meint ihr dazu??



    LG Dyke

    "Sie lesen?"
    "Seit der Grundschule, aber nur, wenn's keiner sieht."


    Geoffrey Wigham in "London Calling" von Finn Tomson

  • Zitat

    Halt! Eine Frage an die Mitleser: Wo war der „schmutzige Sex“?? Ich habe nichts gefunden, nur Sex pur, ohne Gefühle wie Liebe, Zuneigung usw.



    Nachdem Leon mit Isadora Sex hatte schreibt K. Duve folgendes:


    "Ein Körper ohne Muskeln - wie eine weiße Schnecke. Isadora war besonders schlimm, aber eigentlich waren alle Frauen so, jedenfalls nicht viel besser, nicht einmal Martina. Diese schlaffen Extremitäten .... diese duftlosen Körper - bis auf den Gestank zwischen ihren Beinen. Überhaupt das weibliche Geschlechtsteil - Haare, Schrumpeliges und ein tiefes rotes Loch - und hinterher fühlte es sich an wie zerkochte Nudeln."


    Das ist das, was ich als "nieder" als "verachtend" als "mehr als schmutzig" empfinde. Dort ist Ekel das Grundgefühl Leons, Ekel gegenüer den Frauen und wahrscheinlich gegen sich selbst, weil er den Sex möchte, egal, mit welcher Frau. Das kann ich nicht als "Sex pur" ansehen ... Ich finde diese Gedanken abstoßend in gleichem Maße, wie Leon sich von Isadora, ihrem Fett und ihrem Loch zwischen den Beinen abgestoßen fühlt, das er kurz zuvor als gut und weich empfunden hatte ...


    denkt euch hier nen Smilie, der sich übergibt ....

  • um Dykes Fragen fortzusetzen:


    Wofür steht der Hund, den Harry mies ertränkt?


    Wofür steht diese detailliert geschilderte Vergewaltigung?


    Ohne diese Beschreibungen, die nichts der Phantasie überlassen und nichts mit einem "Mantel der Unwissenheit des behüteten Lesers" verhüllen, hätte mir das Buch wesentlich besser gefallen.


    Das "Verderben" der Personen miteinander, durcheinander und letztendlich durch sich selbst, ist schon interessant zu verfolgen, wie sich Vorgeschichten mit der aktuellen Situation vermischen und in Begleitung des Dauerregens zum Untergang von Harry, Pfitzner und Leon führen.
    Ob Martina sich durch das Abfackeln des Autos in irgendeiner Weise tatsächlich "befreien" konnte, bezweifle ich. Dass Kay und Isadora in ihrem Haus weiterleben, wie bisher verströmt auch nicht gerade Frohsinn...


    Ich schließe mich dem an:

    Zitat

    So schnell nehme ich kein Buch von Karin Duve mehr in die Hand, egal wie hochgelobt.

  • Hm... ich hab gar keine Lust mehr da noch viel rein zu interpretieren, ich fand manche Handlungen so sinnlos......(Das Ertränken des Hundes, die Vergewaltigung, die Moorleiche hatte m.E. n. auch keinerlei wirklichen Sinn)


    Ansonsten schließe ich mich allen anderen an:


    Erstmal schluß mit Karen Duve Büchern.




    TOM... könntest du vielleicht was schreiben? Warum fandest du das Buch gut?

  • Also ich bewundere euer Durchhaltevermögen- ich hatte das Buch irgendwann im Sommer ja mal aus der Bibliothek ausgeliehen und fand es schon nach den ersten Seiten richtig grotte. (hab ich hier auch irgendwoe geschrieben aber finde ich nicht mehr).


    Wenn es so schlecht geblieben ist, hab ich ja wohl nichts verpasst.

  • Huhu.


    Ups. BJ hat mich darum gebeten, mal in den "Regenroman"-Thread zu schauen - Ihr scheint ja irgendwie der Meinung zu sein, daß ich den Schlüssel zu diesem Buch habe, aber das stimmt nicht wirklich.


    Jedenfalls.


    Ich glaube nicht, daß in "Regenroman" sehr viel hintergründige Metaphorik steckt, ein Geheimnis zu entdecken ist, eine Metaebene sozusagen. Duve erzählt sehr lakonisch - ich liebe Lakonie, die hohe Kunst des Humors - eine trübe, aussichtslose Geschichte um Randexistenzen, die von einer Katastrophe in die nächste stolpern, das eigene Scheitern immer vor Augen, aber sie haben keinen Blick dafür. Ich habe es als Unterhaltungs-, Stimmungsroman gelesen, ich habe keinen Kontext gesucht, obwohl sich natürlich viele Bilder und Gleichnisse anböten - danach war mir einfach nicht. Ich habe Tränen gelacht und mich köstlich unterhalten gefühlt, davon abgesehen empfand ich es sprachlich als sehr flockig, insgesamt rasant und eben - ganz dem Titel widersprechend - knochentrocken.


    Nach der Lektüre Eurer Anmerkungen und einiger Rezensionen im Netz kann ich mich allerdings der Frage anschließen, für wen dieses Buch sein soll - und zu welchem Zweck. Beide Fragen kann ich nur subjektiv beantworten: Bei mir paßte es in eine Zeit und in eine Stimmung, ich habe es als dramaturgisches und sprachliches Experiment auf durchaus hohem Niveau verstanden, aber ich habe, wie gesagt, keinen weitergehenden Sinn darin gesucht. Ich mag Underdoggeschichten einfach, und "Regenroman" ist mindestens eine, eigentlich aber ein halbes Dutzend in einer. Ein Buch über das Scheitern und über Mißverständnisse, über nicht zu ändernde äußere Umstände und die Rätselhaftigkeit des Seins, wenn man will. Muß man aber nicht. <schulterzuck>


    Sorry, wenn ich Euch durch meine Empfehlung sozusagen habe im Regen stehen lassen. :-)